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Pharo72
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Büchersüchtige, introvertierte Leseratte!

Bewertungen

Insgesamt 479 Bewertungen
Bewertung vom 27.03.2011
Hammesfahr, Petra

Der Frauenjäger


sehr gut

Die 42jährige Marlene Weißkirchen hat im Vergleich zu ihren drei Freundinnen bei der Männerwahl den Haupttreffer gelandet. Ihr Mann Werner ist attraktiv, gut situiert und liebt sie über alles. Sie muss sich nur um den Haushalt und die Erziehung der Kinder kümmern. Dies allein genügt ihr jedoch nicht länger, sie vermisst das Gefühl gebraucht zu werden.

Im Buchladen ihrer Freundin Annette lernt sie bei einer Lesung die Autorin Heidrun Merz kennen, die vom spurlosen Verschwinden ihrer Schwester in einem Tatsachenbuch berichtet. Kurz darauf verunglückt sie tödlich. Einziger Zeuge ist Marlenes Mann. Tage später findet sich Marlene in völliger Dunkelheit in einer Art Höhle wieder. Und das Grauen nimmt erst seinen Anfang …

Der neueste Roman der deutschen Autorin Petra Hammesfahr nimmt seinen Anfang mit einem Prolog, der in die Psyche eines Serienmörders blickt, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Männer von ihren nutzlosen und untreuen Frauen zu befreien. Marlene ist bereits Opfer Nummer 9. Abwechselnd erhält der Leser Einblick in das Leben von Marlene, ihrer drei Freundinnen sowie der dazugehörigen Männer, vor allem in den letzten zwei Wochen vor der Entführung, und in die aktuelle Situation von Marlene, die sich betäubt in einer dunklen Höhle wieder findet.

Die Beschreibungen in der Höhle sind durchweg spannend zu lesen und nehmen an Dramatik zu, wobei man einige Male über Marlenes Schlussfolgerungen den Kopf schütteln und sie dennoch für ihren Einfallsreichtum bewundern möchte. Dahingegen fallen die Erläuterungen zu den einzelnen Lebensabschnitten der anderen Akteure vor allem zu Anfang eindeutig zu ausführlich aus. Hier geht die Autorin zu sehr ins Detail, was oftmals den Lesefluss empfindlich stört und auch die Handlung nicht voranbringt. Auch fällt es schwer, durch die Vielzahl der Personen, nicht den Überblick zu verlieren.

Die Auswahl an möglichen Verdächtigen ist nicht sehr groß, was leicht auf den Täter schließen lässt. Dennoch steigert sich die Spannung zum Ende hin enorm, sodass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen mag. Ohne zu viel zu verraten, möchte ich dennoch noch mein absolutes Unverständnis gegenüber der Handlungsweise der Figuren zum Ende des Buches hin, ausdrücken. Es bleiben Fragen offen (Herbert König) und auch die Handlungen des Täters sind nicht immer nachvollziehbar.

Alles in allem ist das Buch jedoch ein solider Thriller, der besonders zum Ende hin den Leser zu fesseln weiß.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2011
Ritter, Todd

Das Schweigen der Toten


sehr gut

Im verschlafenen Perry Hollow hat Polizeichefin Kat Campell ein ruhiges Leben, denn außer ein paar Kleinstdelikten passiert nicht viel. Das ändert sich, als in einer sargähnlichen Kiste ein Einwohner des Städtchens bestialisch ermordet aufgefunden wird. An ihm wurde eine Einbalsamierung nach altem Verfahren vorgenommen. Mysteriös wird der Fall, als sich herausstellt, das Henry Goll, ein verschlossener, mit Narben gezeichneter Einzelgänger, der Nachrufe auf verstorbene Personen verfasst, ein Fax mit dem Todeszeitpunkt erhält, noch bevor die Leiche gefunden wurde. Es kann also nur vom Mörder stammen.

Die Landespolizei wird zur Unterstützung eingeschaltet und ein Verdächtiger ist bald gefunden und hinter Schloss und Riegel gebracht, wo er den Mord gesteht. Erst vier Monate später stellt sich raus, dass er aus Geltungssucht diesen Mord zu seinen eigentlich verübten dazugezählt hat und in Perry Hollow geht erneut ein Fax mit einer Todesankündigung ein.

Der erste Roman des Autors Todd Ritter, der bisher nur Theaterstücke und Kurzgeschichten zu Papier gebracht hat, beginnt mit einem in den Bann ziehenden Prolog, wo ein Mann sehr bildhaft zu Tode kommt. Dieser Einstieg baut eine Spannung auf, die sich fast durch den ganzen Roman zieht, um in einem spektakulären und sehr blutigen Finale zu enden. Einigen Lesern wird die genaue Beschreibung alter Einbalsamierungstechniken etwas zu detailliert sein, ich kann den Pressestimmen, die von einem vor Blut nur so triefendem Debüt sprechen, nicht Recht geben. Wirklich Blut fließt nur am Ende und ich habe schon weit Bluttriefenderes gelesen.

Die Kleinstadtatmosphäre von Perry Hollow kommt sehr glaubhaft rüber, ebenso wie der Charakter von Kat. Ihr als behindert beschriebener Sohn kommt, trotzdem ich mich mit der Krankheit nicht so gut auskenne, sehr normal rüber. Weitere Personen, mit Ausnahme von Henry Goll, bleiben relativ blass. Der aufmerksame Leser wird hinsichtlich der Identität des Mörder sehr schnell einen Verdacht haben, was ein wenig schade ist.

Insgesamt kann ich den Thriller, der sich durchweg flüssig liest, aber auch Kennern des Genres empfehlen, obwohl er jetzt nicht unbedingt der angekündigte Bestseller ist.

Bewertung vom 06.02.2011
Bach, Richard

Der Pilot


schlecht

Der Fluglehrer Jamie Forbes hilft der in Not geratenen Maria, deren Mann einen Herzinfarkt erlitten hat, die Cessna, in der sie unterwegs sind, sicher zu landen. Maria äußert, dass er sie hypnotisiert hat, was ihn an ein Ereignis in seiner Jugend erinnert, als er Freiwilliger in einer Hypnoseshow war. Er beginnt sein ganzes Leben aus einem anderen Licht zu sehen.

Ich fand den Einstieg ins Buch, als es um die Landung des Flugzeugs ging und auch die Hypnoseshow, sehr einnehmend. Leider waren das auch die Höhepunkte des Buches. Vielleicht liegt es an meiner leicht pessimistischen Grundhaltung, aber die Kernaussage dieses Werkes, dass alles, was wir sehen und erleben, von uns selbst erlaubte Suggestionen sind, finde ich einfach nicht nachvollziehbar. Dieser Pippi Langstrumpf-Mentalität kann ich mich nicht anschließen. Es wird „suggeriert“, dass auch alles Negative, was uns im Leben widerfährt, so gewollt ist, weil der Mensch an sich die Herausforderung sucht und Probleme dazu da sind, gelöst zu werden.

Tut mir leid, aber dafür gibt es zu viel Not und Elend auf der Welt, Gewalt und Krieg, als dass ich mich diesem Denken anschließen könnte. Der wissenschaftliche Erklärungsversuch hinsichtlich Kreatonen, ließ mich dann völlig den Faden verlieren. Schlussendlich hat mich die Zwiesprache des Piloten mit seinem höheren Selbst nur noch genervt.

Ein Glück, das Buch hat nur relativ wenige Seiten, groß geschriebenen Text und die einzelnen Kapitel werden durch schöne Luftaufnahmen unterbrochen. Es ist mein zweiter Ausflug ins Spiritistische und ich muss mir wohl eingestehen, dass dies ganz und gar nicht mein Genre ist.

Bewertung vom 06.02.2011
Strobel, Arno

Das Wesen


ausgezeichnet

Ein kleines Mädchen verschwindet und ein anonymer Anruf führt die ermittelnden Kommissare Menkhoff und Seifert in die Aachener Zeppelinstraße. Dort öffnet ihnen der Psychiater Dr. Joachim Lichner, der bereits über 13 Jahre für den Mord an einem kleinen Mädchen inhaftiert war. Hat er sich erneut verdächtig gemacht? Ein Psychoduell zwischen dem redegewandten Psychiater und dem von seiner Schuld überzeugten Kommissar beginnt, indem die Exgeliebte beider Männer, Nicole Klement, eine große Rolle spielt.

Nach seinen ebenso zu empfehlenden Kirchen-Thrillern „Magus – Die Bruderschaft“ und „Castello Cristo“ legt Arno Strobel mit „Das Wesen“ seinen nunmehr zweiten Psychothriller vor. Noch besser als im Roman „Der Trakt“ gelingt es dem Autor mit den Erwartungen der Leser zu spielen. Durch den ständigen Wechsel zwischen den Zeitebenen des fünfzehn Jahre alten und des aktuellen Entführungsfalls wird eine unglaubliche Spannung erzeugt. Man findet sich selber in der Rolle des Ermittlers wieder, versucht Fehler zu entdecken und wird doch immer wieder überrascht.

Bravourös gelingt es Arno Strobel durch kleine Andeutungen die Neugier jeweils so weit zu schüren, dass man das Buch einfach nicht aus der Hand legen kann. Die jeweils recht kurzen und sehr flüssig zu lesenden Kapitel verführen zu immer noch einem weiteren, bevor die Augen zufallen.

Den Beschreibungen der Stadt Aachen ebenso wie des Polizeiapparates merkt man die intensive Recherche des Autors vor Ort an. Die Charaktere, vor allem der Kommissare, mit all ihren Selbstzweifeln und Schwächen sind sehr gut herausgearbeitet. Am liebsten möchte man sie nach Ende des Buches nicht loslassen und vielleicht gibt es ja mal ein Wiedersehen.

In seinem nächsten Psychothriller wird der Leser jedoch erstmal nach Hamburg entführt, wie man der enthaltenen Leseprobe entnehmen kann, welche bereits extreme Gänsehaut verursacht und die Spannung bis zum Erscheinen des Buches kaum ertragen lässt.

Bewertung vom 06.02.2011
Pax, Rebekka

Septemberblut


gut

In Los Angeles, der Stadt der Träume, leben unerkannt mehrere Vampirclans unter den Menschen. Sie unterziehen sich einem strengen Codex und töten ihre Opfer nicht, damit ihr Geheimnis weiter gewahrt bleibt. Einzig Daniel Gordon hält sich nicht daran und scharrt eine Armee von Jungvampiren um sich, will er doch die Herrschaft über alle Clans übernehmen.

Wichtigster Gegenstand in diesem Kampf ist ein magisches Messer, welches die schöne Amber von ihrem Bruder erbt, der vor Vampiren fliehend, den Freitod gewählt hat. Es ist für alle Vampire extrem gefährlich, weshalb Julius, der Jäger des Clans der Leonhardt, auf Amber angesetzt wird. Er soll sie zu seiner Dienerin machen und somit Macht über das Messer erlangen. Doch keiner rechnet damit, dass Ambers Bruder Frederik plötzlich von den Toten aufersteht.

Mit „Septemberblut“ legt Rebekka Pax einen etwas blutrünstigeren Vampirroman als Debüt vor. Ihr Schreibstil ist leicht zu lesen, wenn es auch recht oft zu Wiederholungen kommt. Die plötzlich entstehende Liebe zwischen Amber und Julius nach nur einem Treffen erschien mir ein bisschen sehr übereilt. Gelungen dargestellt fand ich hingegen die Strukturen der Vampirclans und die dazugehörigen Rituale. Die Hauptprotagonisten sind nicht wirklich sympathisch, am interessantesten ist noch Julius’ Meister Curtis.

Die Kampf- und Folterszenen sind nichts für schwächere Gemüter, fließt doch jede Menge Blut. Wünschenswert wäre ein wenig Hintergrundwissen zu dem magischen Messer gewesen. Das durchaus befriedigende Ende lässt nicht den Wunsch nach einer Fortsetzung entstehen, liegt aber im Bereich des Möglichen.

Insgesamt ein solides Erstlingswerk, dessen Autorin sich durchaus noch steigern kann.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2011
Tracy, P. J.

Sieh mir beim Sterben zu / Monkeewrench-Crew Bd.5


sehr gut

Die Spezialisten für Computerkriminalität vom FBI stoßen im Internet auf Snuff-Filme, die live die Tötung von Menschen zeigen. Handelt es sich um nachgestellte Szenen oder echte Morde? Der Ursprung der Videos lässt sich mit ihren Mitteln nicht zurückverfolgen und so bitten sie die Firma Monkeewrench, eine Gruppe von hochspezialisierten Hackern, die bereits in der Vergangenheit an Mordfällen mitgearbeitet hat, um Mithilfe. Als ein Mord in Minneapolis geschieht, werden auch die Detectives Leo Magozzi und Gino Rolseth in den Fall involviert. Erste Erfolge des Monkeewrench-Teams weisen auf eine Vielzahl echter Morde hin, die vorher im Internet angekündigt worden sind. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Endlich ist nach „Memento“ (2006) ein neuer Fall der Monkeewrench-Reihe des Mutter-Tochter-Autoren-Duos P. J. Tracy erschienen. Wer die Serie kennt und sich in die außergewöhnlichen Figuren sowohl der Hacker als auch der zwei unverwechselbaren Detectives Leo und Gino verliebt hat, wird auch vom fünften Teil nicht enttäuscht sein. Mit FBI-Agent John Smith kommt ein weiterer sympathischer Charakter hinzu.

Ganz aktuell werden ein weiteres Mal die Gefahren des Internets thematisiert. Eine kleine Unüberlegtheit, aus Wut geboren, weitet sich zu einer drastischen Mordserie aus und ruft jugendliche Nachahmer auf den Plan, die das ganze Land in Angst und Schrecken versetzen. Man merkt der teils sehr jugendgerechten Sprache den Einfluss der Tochter im Autorenteam an. Mit einfachen Worten, die zum Verschlingen des Romans verführen, wird eine konstante Spannung aufgebaut.

Gerade die besonderen Charaktere der Monkeewrench-Crew kommen in diesem Roman jedoch nur wenig zum Tragen und Neuentdeckern der Serie entgeht daher einiges. Auch blieben für mich beim überraschend zügigen Finale einige Fragen offen, sodass ich dem Buch nicht die volle Punktzahl geben kann. Ein abwechslungsreicher und unterhaltsamer Thriller ist ‚Sieh mir beim Sterben zu’ aber allemal und lässt hoffen, dass die Fortsetzung nicht wieder so lange auf sich warten lässt.

Bewertung vom 23.11.2010
Palma, Félix J.

Die Landkarte der Zeit / Mapa Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Der junge Andrew verliert seine große Liebe Marie an den Serienmörder Jack the Ripper. Auch acht Jahre danach noch in großer Verzweiflung sieht er nur den Ausweg des Freitods. Sein Cousin hält ihn davon ab, indem er ihm vom Unternehmen Zeitreisen Murray berichtet und von der Möglichkeit mit dessen Hilfe Maries Leben zu retten.

Die modern eingestellte Claire ist des Lebens im London gegen Ende des 19. Jahrhunderts überdrüssig und will mit Hilfe von Zeitreisen Murray im Jahr 2000 einen neuen Anfang wagen, zumal sie sich in einen Hauptmann aus der Zukunft verliebt hat. Dieser reist ihr in ihre Gegenwart nach und schreibt glühende Liebesbriefe mit Hilfe des Schriftstellers H. G. Wells.

Ein Inspektor des Scotland Yard soll drei Morde aufklären, die mit Waffen aus der Zukunft begangen wurden. Wird er sich im Dschungel der Zeitreisenden zurechtfinden?

Dies sind die drei Hauptgeschichten, in die der wunderbare Roman von Felix J. Palma aufgeteilt ist. Der Erzähler nimmt den Leser an die Hand und führt ihn durch die Geschehnisse, die voneinander getrennt und doch alle miteinander verquickt sind. Man sollte auf keinen Fall zu viel verraten, weil dies das Lesevergnügen erheblich einschränken würde. Nur so viel – der Autor spielt auf unheimlich gekonnte Weise mit den Erwartungen des Lesers, um ihn dann doch immer wieder zu desillusionieren. Wie immer man denkt, es geht weiter, es kommt doch anders.

Das Buch ist ebenso eine Hommage an den großen H. G. Wells wie an das Genre der Zukunftsromane der damaligen Zeit überhaupt. Die so gefährlichen Logiklöcher bei Zeitreiseromanen umgeht Palma brillant. Wenn es auch nicht einfach ist, den Erklärungen über die Auswirkungen der Eingriffe in die Vergangenheit zu folgen, so macht dieses aufmerksame Lesen den Genuss erst perfekt. Die wunderschöne Schreibweise, von kunstvollen Schachtelsätzen bis hin zu schmerzlich schöner Poesie, ist dann noch das I-Tüpfelchen auf einer Reise durch die Zeit, die den anspruchsvollen Leser begeistern wird.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.11.2010
Drvenkar, Zoran

Du


sehr gut

Fünf beste Freundinnen haben die Schule hinter sich gebracht und sind neugierig auf das Leben. Doch seit einigen Tagen fehlt eine von ihnen. In letzter Sekunde erreicht Tajas Hilferuf den Rest der Mädchengang. Sie ist im Drogenvollrausch und ihr Vater liegt tot in der Tiefkühltruhe. Klar, dass die Mädchen sofort an ihre Seite eilen. Ein großer Drogenfund lädt geradezu ein, einen Deal zu versuchen, um sich den Start ins Erwachsenenleben zu erleichtern.

Keiner ahnt, dass die Drogen Tajas Onkel und damit einem der größten Berliner Unterweltbosse gehören. Niemand nimmt Ragnar etwas weg. Als statt der Drogen die Leiche seines Bruders auftaucht, kennt er nur ein Ziel, die Mädchen müssen bestraft werden. Eine gnadenlose Jagd beginnt. Und dann ist da noch der Reisende, der seit vielen Jahren auf Deutschlands Straßen unterwegs ist und immer ein Meer von Leichen hinterlässt. Völlig unmotiviert, so scheint es, tötet er und kommt damit durch. Sie alle bewegen sich aufeinander zu. Gibt es einen Sieger in diesem Verwirrspiel aus Gewalt, Drogen und Lust?

Nach „Sorry“ erscheint nun der neue Thriller von Zoran Drvenkar. Allein das Buchcover ist schon Furcht einflößend und ebenso ist es der Roman. Wieder greift der Autor auf die etwas gewöhnungsbedürftige Erzählweise in der zweiten Person zurück. Der Leser schlüpft dadurch selbst abwechselnd in die Rollen aller Protagonisten. Dies ist gerade im Fall des Reisenden, der mit unendlicher Gefühllosigkeit einen Mord nach dem anderen begeht, schwer verdaulich. Aber gerade die Nähe zur Figur, die dadurch hergestellt wird, macht das Leseerlebnis so intensiv.

Ist es anfangs noch etwas verwirrend, was alle Personen wohl miteinander zu tun haben, so kristallisieren sich bald die Beweggründe der Einzelnen hervor. Unerwartete Wendungen geben dem Buch Tempo. Spätestens nach der Hälfte kann man das Buch nicht mehr zuklappen, ohne den Showdown in Norwegen miterlebt zu haben. Dieser kommt auch mit einem großen Überraschungseffekt und lässt den Leser dennoch ein wenig ratlos zurück.

Auch wenn mir „Sorry“ einen Tick besser gefallen hat, ist dieser Roman ein intelligent konstruiertes Charakterpuzzle, dass in so manche Abgründe blickt und Leser, die nicht mehr mit Thrillern nach Schema F zufrieden sind, begeistern wird.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.11.2010
Picoult, Jodi

Zeit der Gespenster


ausgezeichnet

Ross Wakeman ist zutiefst unglücklich, obwohl er bereits mehrmals dem Tod von der Schippe gesprungen ist. Durch einen Autounfall verlor er seine geliebte Frau Aimee und damit den Sinn seines Lebens. Er sucht verzweifelt einen Weg zu ihr und da es mit dem eigenen Tod nicht klappt, verdingt er sich als Geisterjäger auf einem indianischen Grundstück, auf welchem es spuken soll. Dort jedoch begegnet er einem ganz anderen Geist und wird in eine Geschichte voller grausamer Wahrheiten und Mystik hineingezogen.

Dies war mein erstes Buch von Jodi Picoult und wird mit Sicherheit nicht das letzte gewesen sein. Nachdem es anfänglich etwas schwierig war, sich bei der Vielzahl der vorgestellten Charaktere zurechtzufinden, geriet ich spätestens mit der Rückblende in die Vergangenheit in einen Sog, der es mir fast unmöglich machte, das Buch wegzulegen.

Meisterhaft verquickt die Autorin die erschütternde, reale Geschichte der Eugenik-Bewegung in Vermont der 20er- und 30er-Jahre, die eine Vorlage für die Projekte der Rassenhygiene der Nazis bilden sollte, mit einem fiktiven Familiendrama großen Ausmaßes. Der Roman ist Krimi, Liebesroman und Historical in einem. Man fühlt und leidet mit den einzelnen Protagonisten, als wäre man selbst Mitwirkender. Der paranormale Touch durch die Geistergeschichten wirkt dabei nicht fehl am Platz, sondern fügt sich perfekt ins Ganze ein.

Geheimnisvolle Entwicklungen, überraschende Wendungen und die geniale Auflösung eines Rätsels nach dem anderen machen das Buch zu einem echten Pageturner. Auch wenn das Ende etwas gewollt positiv wirkt, so gönnt man den gebeutelten Charakteren doch genau dieses. Von mir eine uneingeschränkte Empfehlung für alle Leser, die Anspruch und Unterhaltung gleichermaßen suchen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.