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Furbaby_Mom

Bewertungen

Insgesamt 493 Bewertungen
Bewertung vom 18.10.2019
Turton, Stuart

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle


ausgezeichnet

Mordsspannend! - "In diesem Haus trägt jeder eine Maske."
Stuart Turton ist mit diesem Werk ein Geniestreich gelungen; ich kann mich nur verneigen vor der Genialität dieses komplizierten Plots, der bis ins letzte Detail stimmig ist und wahrlich Spannung bis zum Schluss garantiert. Bravo! Ich habe den Roman als Audiobuch, sensationell stimmungsvoll gelesen von Sprecher Frank Stieren, genießen dürfen und möchte an dieser Stelle seine gelungene Interpretation hervorheben. An manchen Stellen standen mir die Haare vor Angst zu Berge, weil er die Atmosphäre so authentisch zu erzeugen vermag, dass man vor Nervosität (und Angst um das Schicksal der Figuren) den Atem anhält. Besser hätte man dieses Werk nicht lesen können, Hut ab!
Hinsichtlich des Inhalts fasse ich mich kurz, da ich keineswegs in Gefahr geraten möchte, etwas zu spoilern. - Du bist zum Ball geladen: auf ein in die Jahre gekommenes, verlassenes Anwesen mit dem düsteren Namen "Blackheath", dessen Vergangenheit ebenso dunkel ist wie die Seelen der anderen Partygäste. Der Tag des feierlichen Events wird sich immer wiederholen – bis du den Mörder enttarnt hast, der für den Tod der Tochter des Hauses, Evelyn Hardcastle, verantwortlich ist. Ansonsten gibt es auch für dich kein Entkommen. Der Haken an der Sache: du erwachst jeden Tag in einem anderen Körper…und der Mörder ist bereits auf der Suche nach dir. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
Wer komplizierte Rätsel und einen vor Kreativität strotzenden Schreibstil schätzt, wird diese Geschichte lieben. Fantasy meets 'Und täglich grüßt das Murmeltier' mit einem Schuss von Agatha Christie. …definitiv ein Whodunnit der ungewöhnlichen Art, im positiven Sinne. Überhaupt gibt es nichts an diesem Werk, das nicht außergewöhnlich ist. Warnung: Mitdenken ist angesagt. - Jeden. Einzelnen. Moment! Aufgrund der Vielzahl der Charaktere, die noch dazu in verschiedene Rollen schlüpfen bzw. an unterschiedlichen Tagen im Körper eines Anderen erwachen, muss man wirklich höllisch aufpassen, um nicht den Faden zu verlieren – was gewiss so beabsichtigt ist, da die Handlung wie ein (höchstwahrscheinlich blutverschmiertes) Wollknäuel dahergekullert kommt, das es zu entwirren gilt. Es ist so viel mehr als der gewöhnliche Mordfall und bei Weitem vielschichtiger als die 'üblichen' Verdächtigen bzw. die 'typischen' Spekulationen!
"Nicht zum ersten Mal beschleicht mich das sichere Gefühl, mich auf dem Holzweg zu befinden." - Stets wenn ich dachte: 'Okay, jetzt habe ich eine Ahnung, wer welche Rolle spielt' (= wer Täter oder Opfer ist), gab es plötzlich eine Wendung, die ich so nie und nimmer hätte kommen sehen – immer und immer wieder. Wem kann man trauen?
Fazit: Abwechselnde Perspektiven, Zeitsprünge und ein komplexes Rätsel, das mit jeder scheinbaren Antwort eine neue Frage aufwirft… Ja, es ist ein gedankliches Mammutwerk, aber bis ins kleinste Detail durchdacht – Dranbleiben und Mitfiebern lohnt sich.

Bewertung vom 14.10.2019
Nikolai, Maria

Die Schokoladenvilla - Goldene Jahre / Schokoladen-Saga Bd.2


sehr gut

Goldene Lesestunden! Meine Vorfreude auf die Fortsetzung der Saga um die Rothmann’sche Kaufmannsfamilie war groß; gespannt fieberte ich einem Wiedersehen mit den liebgewonnenen Figuren aus dem Werk entgegen, welches den Auftakt gebildet und mich bereits vor über einem Jahr begeistert hatte. Welches Schicksal war den Charakteren in der Zwischenzeit wohl widerfahren? Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht, Maria Nikolai hat sich mit diesem stimmungsvollen historischen Roman, in dem die Protagonisten zum Teil auch das für seine Goldenen Zwanziger Jahre berühmte Berlin entdecken, mal wieder selbst übertroffen!
Allen Neuentdeckern/innen, die - eventuell verzückt von besagtem Cover – beherzt zum Buch gegriffen haben und nun nicht wissen, ob sie den Lese-Sprung in die Mitte einer Buchreihe wagen sollen, ohne den ersten Teil zu kennen, kann ich diese Sorge nehmen. Zum einen werden alle Protagonisten ausgiebig vorgestellt, inklusive der Einflechtung von Hintergrundwissen. Zum anderen findet sich im Anhang ein umfangreiches Personenregister. Auch viele neue Figuren bereichern die Handlung und es entsteht nie der Eindruck, dem Geschehen aufgrund mangelnder Vorkenntnis nicht folgen zu können. Würde ich die Vorablektüre des ersten Teils empfehlen? Jein – aus Verständnisgründen wäre dies nicht nötig…aber es ist einfach ein tolles Buch. Mir persönlich hat es viel Freude bereitet, vertrauten Charakteren wieder zu begegnen.
Judith, die einstige Rebellin der Familie, ist mittlerweile selbst Mutter und genießt ihr Eheglück mit Victor; noch immer schlägt ihr Herz für die Herstellung von Schokolade. Ihre zwei kleinen Brüder, Anton und Karl, sind mittlerweile erwachsen; speziell Karl ist ein Lausbube geblieben, der eher unbeständig durchs Leben und von einer Vergnügung zur nächsten zu flattern scheint. Anton hingegen macht einer höchst sympathischen jungen Dame den Hof. Besonders fasziniert haben mich – überraschenderweise - die neuen Figuren, allen voran Serafina (die mutige, selbstbewusste Halbschwester Victors, die nach dem Tod des gemeinsamen Vaters zu den Rothmanns nach Stuttgart zieht), ihre 'Bahnhofsbekanntschaft' – die kesse und doch herzensgute Lilou Roche, die der Crew der berühmten Josephine Baker angehört – sowie Elise, die mehr als nur einem Mann den Kopf verdrehen wird…ohne es zu ahnen.
Noch immer lastet ein altes Geheimnis schwer auf der Familie; Judith und ihr Mann haben Stillschweigen darüber vereinbart. Sie ahnen nicht, dass auch ihr neues Familienmitglied sich davor fürchtet, dass ein dunkles Kapitel ihrer Vergangenheit ans Licht kommen könnte. Hinzu häufen sich plötzlich mysteriöse Vorfälle im Familienbetrieb, die den Verdacht der Sabotage nahelegen. Doch wer würde den Rothmanns Schaden zufügen wollen?
Wundervoll atmosphärische Beschreibungen und ein Schreibstil, der aufgrund verschiedener Perspektiven absolut fesselnd ist, historische Fakten mühelos zum Leben erweckt und die rund 700 Seiten, sprichwörtlich, wie Schokolade dahinschmelzen lässt…was will man mehr? Einzig der Erzählstrang um Robert Fetzer war mir ein klein wenig zu ausführlich – dies mag allerdings daran gelegen haben, dass ich es nicht erwarten konnte, zu den spannenden Handlungen der anderen Figuren zurückzukehren.
Zusätzlich zum Roman wartet noch eine kleine Köstlichkeit im Innencover: ein Rezept für sündig-leckere Himbeer-Trüffel. Abschließend bietet das Glossar einen interessanten Überblick über die wichtigsten zeitgenössischen Begriffe und Entwicklungen dieser faszinierenden Zeitepoche.
Fazit: Sehr empfehlenswert für alle Fans von historischen Romanen! Ein dicker Schmöker, der dennoch gerne die doppelte Anzahl an Seiten hätte haben können. Fundierte Recherche + Kreativität + liebenswerte Figuren = goldene Lesestunden.

Bewertung vom 03.10.2019
Morgan, Sarah

Die Zeit der Weihnachtsschwestern


ausgezeichnet

Weihnachtszauber, der das Herz erwärmt!
Bestsellerautorin Sarah Morgan ist einfach eine Meisterin ihres Fachs, ein Garant für berührende Geschichten und glückselige Lesestunden und nicht umsonst eine meiner Lieblingsautorinnen of all times. Ich habe stets jedes ihrer Werke mit Begeisterung verschlungen und dieses hier ist mein bisheriger Liebling. Bevor meine Euphorie mit mir durchgeht und ich meinen Lobgesang beginne, vorab ein paar kurze Informationen zum Inhalt.
Vor vielen Jahren hat das sympathische Ehepaar Suzanne und Stewart drei kleine Mädchen adoptiert, die bei einem tragischen Bergunglück ihre Eltern verloren hatten. Aus den einst traumatisierten Kindern sind mittlerweile drei erwachsene junge Frauen geworden, die ihren Platz in der Welt gefunden zu haben scheinen. Ihre positive Entwicklung verdanken sie vor allem der unerschütterlichen Liebe und Geduld ihrer Adoptiveltern, die ihnen einen Neuanfang für eine fröhliche Kindheit in der Idylle der schottischen Highlands ermöglicht haben. Mittlerweile lebt nur noch Posy bei ihren Eltern in Glensay, einem malerischen Örtchen, in dem jeder jeden kennt, Gemeinschaftssinn großgeschrieben wird und niemand vor Nachbarschaftstratsch und Gerüchten geschützt ist; ihre Schwestern hingegen hat es nach New York City verschlagen, wo Hannah einen kometenhaften Aufstieg als Unternehmensberaterin erlebt und Beth ihren Traummann gefunden hat. Zum Weihnachtsfest werden sie alle ins verschneite Schottland eingeladen und Suzanne kann es kaum erwarten, ihre Mädchen endlich wieder in die Arme schließen zu können. Aber alle Zeichen deuten darauf hin, dass es wohl keine allzu 'stille Nacht' werden wird: die ohnehin viel zu verschlossene Hannah, die sich im vergangenen Jahr sogar vor einer Heimreise gedrückt hatte, taucht viel früher als erwartet auf – mit rotgeweinten Augen und einem aufwühlenden Geheimnis. Auch Beth steht schon Tage vor ihrer geplanten Ankunft auf der Matte – ohne Ehemann und Kinder. Der charismatische Untermieter Luke lässt Posys Herz schneller schlagen und dann wird Suzanne auch noch von einer Grippe erwischt, mitten in den stressigen Vorbereitungen für die schönste Zeit des Jahres.
Erzählt wird abwechselnd aus vier Perspektiven: Beth, Posy, Hannah und Suzanne. Meisterhaft bringt uns die Autorin gleichermaßen intensiv jede der Figuren so nahe, dass ich mich – obwohl die Frauen kaum unterschiedlicher sein könnten – mühelos in jeden der Charaktere hineinversetzen und ihre Gefühle nachvollziehen konnte. Alle Hauptfiguren sind unheimlich facettenreich gestaltet worden; ihre Unterschiede (und die Beweggründe für ihr Verhalten) müssen gar nicht großartig betont werden – vielmehr gelingt es der Autorin durch Rückblicke in die Vergangenheit und detaillierte Momentaufnahmen ein solch lebensnahes Bild zu kreieren, dass mir alle Figuren nach wenigen Seiten bereits so vertraut waren, als hätte ich sie nicht gerade erst kennengelernt.
Der Schreibstil der Autorin ist unübertroffen und lässt sich am ehesten mit den Worten 'mitreißend', 'emotionsgeladen' und 'beglückend' beschreiben. Für mich als Weihnachtsfan war dieses Werk ein besonderes Geschenk, da es Sarah Morgan wie kaum eine andere Autorin versteht, ein wohlig-festliches Flair und eine authentische Atmosphäre zu erschaffen. Dieser Roman ist weitaus tiefgründiger als übliche Weihnachtsgeschichten, so werden neben Romantik und Festtagszauber auch die Themen Traumabewältigung, Umgang mit Verlust und Schuldgefühlen sowie Familienprobleme und deren Ursachen aufgegriffen. Niemals jedoch wird der harmonische Leseeindruck getrübt; stattdessen standen mir regelmäßig Tränen der Rührung in den Augen.
Fazit: Ein Buch, das glücklich macht – nicht nur zur Weihnachtszeit.

Bewertung vom 03.10.2019
Schilling, Emilia

Herbstblüten und Traubenkuss


ausgezeichnet

Wunderschöner Wohlfühl-Roman aus Österreich!
Dieses war mein 1. Werk von Emilia Schilling, aber es wird gewiss nicht das letzte gewesen sein. War ich schon vom stimmungsvollen Cover angetan, hat der humorvolle und zugleich einfühlsame Schreibstil der Autorin mich restlos begeistert.
Mona gehört zu der Sorte Mensch, die sich lieber an Fakten und Zahlen hält, statt Kontakt zu ihren Mitmenschen zu suchen. Böse Zungen würden sie vielleicht als 'Spaßbremse' bezeichnen. Ihre beste Freundin Bianca allerdings weiß, dass Mona nicht nur unglaublich loyal, sondern auch herzensgut ist. Wie es der Zufall will, findet Mona sich nach einem missglückten Bewerbungsgespräch über Irrwege auf einem Weingut wieder – für eine Detektei hatte sie einen jungen Mann namens Oliver Feeberger ausfindig machen sollen, dessen Großeltern ihn zur Rückkehr auf das familiäre Weingut überzeugen möchten. Der attraktive Herr ist schnell ausgeforscht, den Job in der Detektei bekommt Mona dennoch nicht. Weder möchte sie mit 28 Jahren noch ein neues Studium beginnen (- ihre Eltern versuchen noch immer, Mona für das Gebiet der Zahnmedizin zu begeistern -), noch kann sie auch nur einen Tag länger im Kinderbett von Biancas Sohn schlafen. Zwar ist sie ihrer Freundin zu Dank verpflichtet, dass diese ihr nach einer bösen Trennung Unterschlupf gewährt hatte, aber auf Dauer kann dies keine Lösung sein. Da Mona nun mehr Freizeit hat als ihr lieb ist und dringend eine Finanzspritze braucht, fackelt sie nicht lange, als der junge Feeberger-Spross sie überredet, ihn auf das Weingut am Rande von Wien zu begleiten – immerhin wird dort während der Hochsaison jede helfende Hand benötigt. So ein bisschen kellnern sollte Mona locker schaffen, oder? Allerdings hat sie weder mit der kampfeslustigen Henne 'Cindy' gerechnet, noch damit, mit solch aufrichtiger Herzlichkeit aufgenommen zu werden. Und gerade als Mona so glücklich ist wie selten zuvor, erfährt sie von einem tragischen Geheimnis…
Die Autorin hat in feinfühliger Ausarbeitung solch liebenswerte Figuren, die in ihren Handlungen und Gedanken durch und durch realistisch wirken, erschaffen, dass man das Gefühl bekommt, diese Personen tatsächlich zu kennen. Insbesondere Lore, Nina und Mona sind meine absoluten Lieblinge geworden – jede von ihnen fasziniert und beeindruckt mich mit ihren persönlichen Charaktereigenschaften, sei es Lores Güte, Ninas Power und Optimismus oder Monas Engelsgeduld und Nervenstärke.
Dank der zahlreichen humorvollen Elemente und Dialoge habe ich so manches Mal laut auflachen müssen und mich königlich amüsiert. Auch ernste Themen wie Schuldgefühle, Krankheit und Tod sind in die Handlung eingeflochten worden, jedoch auf eine sensible und zugleich faktische Art und Weise, welche die Ereignisse als völlig selbstverständlich und entsprechend dem Fluss des Lebens ganz natürlich erscheinen lässt. Nie überwiegt ein negatives Gefühl, immer steht die Lebensfreude im Vordergrund.
Während der Lektüre erhalten wir nicht nur viele leckere Rezepte zu herzhaften österreichischen Spezialitäten und interessante Informationen zu landestypischen Bräuchen, sondern werden zudem mit detaillierten und stimmungsvollen Beschreibungen des Weinguts in die wohl schönste Region Österreichs entführt. Ich habe dieses bezaubernde Werk passend zur Jahreszeit der Weinernte gelesen und bekam richtig Lust auf einen Ausflug zum 'Buschenschank' und ein Glas 'Sturm'! Das im Anhang angefügte Glossar bietet die deutsche Übersetzung zu allerlei österreichischen Begriffen und hat mich (als zugezogene Deutsche) schmunzeln lassen. Ich kann gar nicht genug lobende Worte finden dafür, wie lebensnah und 'echt 'dieses Werk das wahre Leben widerspiegelt.
Fazit: Herzzerreißend schön, spritzig-witzig & mit wundervoll-spätsommerlichem Österreich-Flair! Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 03.10.2019
Hunter, Denise

Der Preis der Liebe


ausgezeichnet

Ein absolutes Herzensbuch!
Ich liebe, liebe, liebe diesen wundervollen Roman!! Selten hat mich ein Werk so rundum begeistert, hat der Gesamteindruck so perfekt gepasst. Der Begriff 'perfekt' klingt beinahe zu langweilig; 'hinreißend', 'berührend' und 'realitätsnah' trifft es schon viel eher.

Noch während der Lektüre der ersten Kapitel wanderten bereits fünf weitere Bücher der mir bis dahin gänzlich unbekannten Autorin auf meine Wunschliste und dieses Werk hier hat es mir sogar so angetan, dass ich es wohl zusätzlich auch in der englischen Fassung, unter der Titel "On Magnolia Lane", lesen werde.

Den typischen Charme der U.S.-Südstaaten, den ich auf vielen Reisen schon erleben durfte, habe ich direkt in den atmosphärischen Beschreibungen des idyllischen kleinen Städtchen Copper Creek in Georgia (- dem fiktiven Ort der Handlung -) sowie in den Gemeindeaktivitäten, dem Zusammenhalt und der Herzlichkeit der Einwohner wiedererkennen können. Die Autorin schreibt mit unheimlich viel Gefühl, gleitet allerdings nie ins Kitschige oder Unglaubwürdige ab. Ihre Figuren habe ich so liebgewonnen, dass ich richtig melancholisch wurde, als ich die letzte Seite erreicht hatte. Nicht nur die Hauptcharaktere, auch viele der Nebenfiguren sind unheimlich tiefgründig und facettenreich gestaltet worden. So oft standen mir vor Rührung die Tränen in den Augen!

Drei zentrale Themen sind Vergebung, Gottesvertrauen und Hilfsbereitschaft – jedoch nicht auf moralisierende Weise, sondern eher so als würde man mit einer guten Freundin im Spätsommer auf der Veranda sitzen, im Schaukelstuhl wippen und sich bei Sweet Tea und Cookies darüber austauschen…während im Hintergrund leise Country-Musik aus dem Radio ertönt. Apropos Gespräche: Die Dialoge sind durch und durch glaubwürdig, auch Humor kommt nicht zu kurz. Ich hatte während des Lesens immer wieder den Gedanken, dass das Buch sich verfilmt gehört. Zwar mag die Grundidee an den Klassiker "E-Mail für Dich" erinnern, aber die Geschichte um Daisy und Pastor Jack zeichnet sich durch bedeutend mehr aus als lediglich durch Irrungen und Wirrungen von Internetbekanntschaften in Datingportalen! (So lässt die Autorin beispielsweise gekonnt das Problem Legasthenie in die Handlung einfließen.) Erzählt wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Hauptfiguren; die Nebenfiguren bilden eine angenehme Ergänzung (und ich freue mich schon, sie in ihren 'eigenen' Romanen der Blue Ridge-Reihe wiederzutreffen).

Ich kann nur sagen: Sobald ich dieses Buch beendet hatte, wollte ich es am liebsten gleich ein weiteres Mal lesen…es macht einfach glücklich. Ein Wohlfühl-Werk par excellence und ab sofort eines meiner Lieblingsbücher!!

Bewertung vom 02.10.2019
Baumheier, Anja

Kastanienjahre


sehr gut

Eine emotionale Reise in die Vergangenheit.
Ich habe Anja Baumheiers Werk als Hörbuch genießen dürfen, wundervoll interpretiert und stimmungsvoll gelesen von Sprecher Wolfgang Berger, dessen Stimme eine ausgezeichnete Wahl für diesen Roman war. Besonders hervorheben möchte ich Herrn Bergers angenehmes Lesetempo, wohl gewählte Intonation und seine deutliche Aussprache, welche die ohnehin mitreißende Wirkung der Geschichte noch verstärkt haben.
Als junges Mädchen hätte sich die modebewusste Elise nie träumen lassen, dass sie eines Tages ihre eigene Boutique in Paris leiten würde. Die französische Hauptstadt war seit jeher ihr Sehnsuchtsort gewesen, hatte sie fasziniert und zum Lernen der Sprache motiviert – doch sie hatte sich damit abgefunden, dass eine Reise dorthin wohl für immer Wunschdenken bleiben würde, denn Elise lebte in der DDR. Während die Gedanken eines jeden Menschen frei sein mögen, waren die Einwohner des kleinen (fiktiven) mecklenburgischen Dorfes Peleroich, Elises Heimat, alles andere als das. Sie lebten ein eingeschränktes Leben, geprägt von Mangel an Konsumgütern, Angst vor Stasi-Bespitzelung und dem Parteifanatismus ihres Bürgermeisters Ludwig, der Peleroich zum Vorzeigeort des Sozialismus machen wollte. Und doch fanden sie einen Weg zwischen Anpassung und Aufgabe, lernten zu improvisieren und ihr Glück in dem Erreichbaren zu suchen.
Dies ist eine Geschichte über die Menschen, die einst in Peleroich (das nun, bald 30 Jahre nach der Wende, abgerissen werden soll) gelebt haben. Das idyllisch gelegene Örtchen, umgeben von dichtem Wald und nahe des Ostseestrandes, ist mittlerweile wie ausgestorben. Die meisten Läden haben vor Jahren geschlossen, die Einwohner sind verstorben oder haben sich ein neues Zuhause gesucht. Manche von ihnen waren bereits zu DDR-Zeiten plötzlich wie vom Erdboden verschluckt und hinterließen eine klaffende Lücke in der Gemeinschaft. – So wie Jakob, für den Elise immer einen besonderen Platz in ihrem Herzen bewahrt hat; Jakob, den sie von klein auf gekannt und als junges Mädchen verträumt angeschaut hatte. Was war ihm zugestoßen?
Paris, 2018: Noch immer hängt das Gemälde mit dem treffenden Titel 'Verpasste Chancen', das sie einst von Jakob geschenkt bekommen hatte, an Elises Wand. Noch immer denkt sie manchmal wehmütig an ihn zurück…und an ihre Zeit in Peleroich, an ihre Familie. "Das Herz hat Gründe, die der Verstand nicht kennt." Da erreicht sie ein anonymes Schreiben – der Verfasser behauptet, über Informationen zu verfügen, die Elises gesamtes Weltbild ins Wanken bringen werden. Um endlich Antworten auf all ihre Fragen zu erhalten, macht sich Elise zusammen mit ihrer Schulfreundin Marina auf den Weg in die Heimat…
Erzählt wird aus mehreren Perspektiven, verteilt auf zwei Zeitebenen: Vergangenheit und Gegenwart wechseln sich ab. Anfangs hatte ich befürchtet, dass es sich bei diesem Roman hauptsächlich um eine Dreiecksbeziehung zwischen Elise, Henning und Jakob drehen würde – dies ist nicht der Fall. Stattdessen erzählt die Autorin eindringlich, schonungslos ehrlich und zugleich einfühlsam, wie das Alltagsleben in der DDR ausgesehen hat. Peleroich ist stellvertretend für so viele ehemalige DDR-Gemeinden und ihre Bürger. Der fesselnde Schreibstil hat mich sofort in die Handlung hineinkatapultiert. Mit der Zeit lernt man die wichtigsten Bewohner des Dorfes kennen und gewinnt sie richtig lieb, verfolgt den Lauf ihres Lebens und hat das Gefühl, ein Stück (Zeit-)Geschichte hautnah mitzuerleben. Freud und Leid liegen oft nah beieinander, dennoch verliert sich die Autorin nicht in Schilderungen von Negativität und Verzweiflung; vielmehr lässt sie uns am Leben ihrer Figuren teilhaben, so wie es eben war. Die lebensbejahende Einstellung der DDR-Bürger lässt sich vielleicht am besten mit den Worten von Elises gutem Freund Tarek beschreiben: "Kannst du kein Stern am Himmel sein, sei eine Lampe im Haus."
Fazit: Authentisch, berührend und intensiv.

Bewertung vom 30.09.2019
Darke, Minnie

Unter einem guten Stern


gut

Mal was Anderes! Vielleicht keine Sternstunde der Literatur, aber lockere Unterhaltung.
Noch ehe ich die vielversprechende Inhaltsangabe gelesen hatte, war ich schon hingerissen von dem wunderschönen Cover: es zeigt einen tiefblauen Sternenhimmel voller funkelnder Sterne (die tatsächlich im Dunkeln leuchten), die Silhouette einer jungen Frau, die nach den Sternen zu greifen scheint, und darüber prangt ein großer goldglitzernder Schriftzug. Wie passend für ein Werk, in dem es um Astrologie geht! Hier wurde bei der Covergestaltung ganze Arbeit geleistet.

Auch die Idee zur Story kann sich sehen lassen. Die junge Justine ist das Mädchen für alles beim beliebten Hochglanzmagazin 'Star' und hofft, eines Tages eine Volontariats-Stelle zu ergattern. Wie es der Zufall will (oder die Sterne), darf sie überraschend den Posten der Redaktionsmanagerin übernehmen. Als sie ihrer Sandkastenliebe Nick Jordan in die Arme läuft und erfährt, dass dieser fest an das Horoskop glaubt, welches der ebenso mysteriöse wie prominente Astrologe Leo Thornbury regelmäßig im 'Star' veröffentlicht, wird es richtig interessant – denn die Kontrolle des Horoskop-Layouts obliegt ab sofort Justine… Um ihrem Glück mit Nick auf die Sprünge zu helfen, nimmt sie spontan ein paar kleine Umformulierungen für sein Sternzeichen (Wassermann) vor und ist überzeugt, dass er die versteckten Hinweise erkennen wird (– sowie seine Zuneigung zu ihr). Nicht nur, dass Nick leider die völlig falschen Schlüsse zieht - es gibt auch jede Menge andere Wassermänner, die den Hinweisen der Sterne folgen und ihr Leben danach ausrichten; Chaos ist vorprogrammiert. Das Schicksal lässt sich jedoch nicht so leicht ins Handwerk pfuschen…

"Zeit verging. Monde umkreisten Planeten. Planeten umrundeten die hellsten Sterne. Galaxien funkelten. Und je mehr Jahre ins Land gingen, desto mehr Satelliten kamen hinzu." Der Schreibstil der Autorin hat etwas Entrücktes und Verträumtes – diese Geschichte liest sich ein klein wenig wie ein modernes Märchen und strotzt vor Phantasie. Das Thema Astrologie findet sich konsequent durch das ganze Werk hindurch wieder, was sehr stimmig ist.

Justine und Nick stehen im Vordergrund, doch zahlreiche Nebenfiguren (deren Lebenswege auf wundersame Weise alle irgendwie miteinander verbunden sind)/Nebenplots nehmen einen relativ großen Teil der Story ein. Einzelne Episoden davon haben mich berührt, insbesondere das Schicksal des Hundes Brown, auf andere hätte ich gut verzichten können. Es war unterm Strich einfach zu viel des Guten. Ein paar hundert Seiten weniger, dafür mehr Fokus auf die Hauptfiguren – schon wäre ein ganz anderer Leseeindruck entstanden. Insgesamt habe ich mich - und das ist eine Seltenheit - für keine der Figuren wirklich erwärmen können; sie blieben für mich oberflächliche Charaktere, mit denen ich nicht mitfiebern konnte, und wenn ich mich noch so sehr darum bemühte (weil die Story-Idee mir richtig gut gefallen hatte). Was ursprünglich als interessante Abwechslung angefangen hatte (- so wurden Figuren beispielsweise auf folgende Weise vorgestellt: "Drew – Waage, Agrarberater, begeisterter Amateur-Flieger, Pink-Floyd-Kenner und gefürchteter Schlafzimmerspiegel-Luftgitarrist" –) verlor schnell seinen Reiz aufgrund der Überzahl an Charakteren. Auch die ellenlangen gedanklichen Dialoge zwischen Justine und ihrem Gehirn trafen nicht meinen Geschmack bzw. häuften sich zu sehr, was unnötig den Lesefluss drosselte und die Geschichte des Öfteren recht langatmig wirken ließ. Erwähnenswert ist auf jeden Fall die kreativ-witzige Wortwahl in den sehr (!) detaillierten Beschreibungen, die manchmal etwas vom eigentlichen Geschehen ablenkten.

Fazit: Super Idee, in der Umsetzung eher mittelmäßig und deutlich ausbaufähig, gerade im Hinblick auf den schmucken Umfang von knapp 550 Seiten. Eventuell von Interesse für alle Fans von "Die fabelhafte Welt der Amélie".

Bewertung vom 10.09.2019
Johannson, Lena

Die Malerin des Nordlichts / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.10


sehr gut

Die Kunst war ihr Leben: größte Freude und letztlich einziger Trost.
Signe lebt für die Kunst. Sie ist 38 Jahre alt & geschieden – ihre Ehe zum zackigen Offizier Johannes, der im Sinne einer klassischen Rollenverteilung erzogen worden war & dies auch von seiner Ehefrau erwartete (der Mann verdient das Geld, die Frau ist zuständig für den Haushalt), war auf ihren eigenen Vorschlag hin aufgelöst worden. - Nicht, weil Johannes sich längst zu einer anderen Frau hingezogen gefühlt hatte, sondern weil er Signes Passion für die Kunst, die Malerei weder gutheißen noch nachvollziehen hatte können. Zwar fand er ihre "Bildchen", ihr "Gekleckse" teilweise ganz nett, aber es stand außer Frage, d. Signe ihre Werke verkaufen dürfte. Sollten die Leute etwa denken, d. er seine Frau nicht ernähren & ausreichend versorgen könne? Das wäre eine Blamage! Signe entschied sich gegen ihren Mann & für die Kunst. Unterstützt wird sie in diesem Entschluss von der lebensfrohen Lilla, ihrer 20-jährigen Kommilitonin an der Kunsthochschule. Diese steht mit ihrem frivol-koketten, energiegeladenen, leicht naiven Wesen in starkem Kontrast zu Signe, die deutlich besonnener & bodenständiger wirkt. "Nicht nur achtzehn Jahre trennten sie, sondern im Grunde ihr ganzes Leben. Und doch waren sie Freundinnen geworden."
Signe hat ihr Talent für die Malerei quasi geerbt, denn ihr Onkel Edvard war niemand Geringerer als der berühmte Maler Edvard Munch. Er hatte sie gelehrt, d. wahre Kunst jene sei, die es verstünde, Gefühle in den Menschen zu wecken bzw. den Menschen dabei zu helfen, sich über ihre Emotionen klarzuwerden. Im Rahmen ihres Stipendiums hatte Signe ihre Technik in Paris verfeinert & nimmt sogar Unterricht beim Sohn von Paul Gauguin. Sie kann sich nicht vorstellen, je etwas mehr lieben zu können als die Kunst. Dann begegnet sie eines Tages Einar Siebke – er wird ihre große Liebe.
Beim Lesen des Klappentextes kam mir sofort der Titel von Munchs Gemälde 'Der Schrei' in den Sinn: ein Kunstwerk, d. mittlerweile selbst dem größten Kunstverächter ein Begriff sein dürfte. Leider war mir bis dato überhaupt nicht bekannt, dass auch Signe Munch eine Kunstgröße gewesen war. In der Tat hatte ich ihren Namen noch nie gehört & war umso gespannter darauf, mehr über sie zu erfahren.
Es ist kein temporeiches Werk, vielmehr bezaubert es durch seinen Schreibstil: mitreißend, atmosphärisch & einladend, oftmals humorvoll & direkt, dann wieder verträumt und melancholisch. Man kann mühelos in die Geschichte, die im Jahre 1922 in Norwegen beginnt, eintauchen - Oslo hieß damals noch Kristiania. Die weibliche Hauptfigur ist sehr greifbar gestaltet worden; ich habe mich sofort mit Signe identifizieren können; ihre Gedankengänge sind durch & durch nachvollziehbar und lassen tief in ihren Charakter blicken. In diesem Punkt hat mich der Roman sogar mehr überzeugt als Johannsons Werk "Die Villa an der Elbchaussee". Auch die fundierte Recherche der Autorin muss gelobt werden.
Das Cover des Romans an sich finde ich (- Achtung, Wortspiel! –) absolut 'malerisch', ein ganz typisches Merkmal für die historischen Werke des Aufbau Verlags, deren Covergestaltung stets bedacht, stilvoll-elegant und einfach wunderschön ist.
Nun könnte man meinen, die Geschichte habe einzig & allein Malerei im Fokus – dies ist nicht der Fall, auch wenn mich speziell die detaillierten Farbbeschreibungen in ihrer Intensität begeistert haben. Stattdessen erfährt man unheimlich viel über die geschichtlichen Hintergründe Norwegens, das im Jahr 1940 von deutschen Truppen besetzt wurde, und wie harsch mit Widersachern umgegangen worden ist. Es ist bewundernswert, wie sehr Signe sich für ihren Traum von der Malerei eingesetzt hat. Die Tatsache, d. der Großteil ihrer Gemälde seit der Beschlagnahmung durch die Gestapo verschollen geblieben ist, wiegt umso schwerer, da ich das Gefühl hatte, sie dank dieses Romans ein Stück weit kennengelernt zu haben & zu wissen, wieviel Herzblut sie in ihre Bilder gesteckt hatte.

Bewertung vom 08.09.2019
Schweikert, Ulrike

Aufbruch und Entscheidung / Die Charité Bd.2


sehr gut

Solide!
Aufgrund einer vielversprechenden Leseprobe, in der man sowohl die Hauptfiguren dieses in Berlin angesiedelten Romans als auch den Haupthandlungsort (- die königliche Charité -) kennenlernt, wagte ich mich an den Folgeband dieser Buchreihe heran, obwohl mir der 1. Teil noch unbekannt war. Mein Eindruck hatte mich nicht getäuscht & dieses inhaltlich in sich geschlossene Werk kann durchaus ohne Kenntnis des Vorgängerbandes gelesen werden.
Eine Frau, die als Ärztin praktiziert - das ist kurz nach Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland noch eine Seltenheit. "Inzwischen hatte der Bundesrat beschlossen, auch in Deutschland Frauen zum medizinischen Staatsexamen zuzulassen, doch die einzelnen Länder ließen sich Zeit, die Vorgabe umzusetzen. Allen voran Berlin, das seine Universitätstüren für Frauen noch immer nicht geöffnet hatte." Als die ambitionierte, in Zürich ausgebildete junge Dr. Rahel Hirsch im Jahre 1903 in Berlin eintrifft, schlägt ihr das Herz bis zum Hals – sie wird ihre 1. Stelle als Ärztin antreten! Dank ihres Großvaters, der ein bekannter Rabbiner gewesen war & die fortschrittliche Meinung vertreten hatte, d. Frauen in sämtlichen Aspekten des Lebens Gleichberechtigung gebührt, war ihr zunächst die Ausbildung zur Lehrerin & später im medizinischen Bereich ermöglicht worden. Damit hat Rahel eine mehr als privilegierte Position im Vergleich zu ihren Zeitgenossinnen, deren Alltag, sofern sie sich nicht reich verheiraten können, aus knochenharter Arbeit besteht, natürlich für lediglich einen Hungerlohn. Ein Beispiel für dieses andere Frauenschicksal ist die junge Barbara, die in der Hoffnung auf Arbeit vom Land in die Großstadt gezogen war & nun bei ihrer Tante Marlene lebt. Nur mit viel Glück gelingt es ihr, eine Anstellung in der Wäscherei der Charité zu ergattern. Rahel & Barbara könnten unterschiedlicher nicht sein, doch durch eine schicksalhafte Begegnung kreuzen sich ihre Wege. Bald schon zeigt sich, wie wichtig ihre gemeinsame Freundschaft für jede von ihnen werden wird.
Die Autorin hat für dieses Werk eine meisterhafte Recherchearbeit geleistet (- was auch anhand von authentischen Dialogen & fachspezifischen medizinischen Begriffen deutlich wird -) und viele reale geschichtliche Ereignisse & Figuren in den Roman eingebunden, angereichert durch einen Hauch Fiktion. Nach der auf die weiblichen Hauptfiguren fokussierten Einleitung hatte ich erwartet, d. auch im Laufe der Lektüre deren persönliches Schicksal im Vordergrund stehen würde. Zwar sind sowohl Rahel als auch Barbara Dreh- & Angelpunkt der Story, aber aufgrund des allgemein gehaltenen Schreibstils & des massiven Umfangs der (realen) Hintergrundinformationen wirken sie auf mich eher wie Randfiguren; ich konnte mit keiner von ihnen warmwerden. Ein Bsp. dafür ist die Bindung zwischen Rahel & ihrer Schwester Theresa, die mittels häufigen Briefkontakts als besonders innig dargestellt wird, allerdings für meinen Geschmack zu dünn & unglaubwürdig ausgearbeitet worden ist, um zu überzeugen. Auch Rahels Liebesbeziehung zum Piloten Michael hat mich nicht berühren können. Sehr sympathisch & bedeutend tiefgründiger erschien mir hingegen die Darstellung von Rahels Kollegen Dr. Brugsch.
Mir kam es ehrlich gesagt so vor, als würde ich ein sachliches Geschichts(-lehr-)buch lesen, in das ein paar Beispielcharaktere zum besseren Verständnis eingestreut worden waren. Auch die ungewöhnlich großen Zeitsprünge erschweren es, ein Gefühl von Alltag aufkommen zu lassen; oft umfasst ein Kapitel gleich 1-2 Jahre. Hier hätte es mir besser gefallen, wenn etwas Tempo herausgenommen worden & stattdessen die Erzählung eindringlicher angelegt, evtl. auf einen kürzeren Zeitraum beschränkt worden wäre. Der abschließende Zeitsprung zwischen 1919 & 1938 hätte z.B. als Einleitung für einen Folgeroman mehr Sinn gemacht.
Wenn man sich darauf einstellt, d. hier kein gefühlsbetonter Roman, sondern eher eine faktische Erzählung vorliegt, ist dieseine wunderbare Quelle des Wissens.

Bewertung vom 07.09.2019
Lodge, Gytha

Bis ihr sie findet / DCI Jonah Sheens Bd.1


ausgezeichnet

Ein Pageturner der Extraklasse – einfach genial!
Schon das Cover erweckt einen unbehaglichen Eindruck: ein nebliger Wald, keine Menschenseele in Sicht. Es ist eine für das Genre durch & durch treffende Covergestaltung, die neugierig auf den Inhalt macht.
Ich kann nur sagen: Wow! Dieses Werk hat mich komplett positiv überrascht & ich bin so froh, mich darauf eingelassen zu haben. Ich lese gerne mal einen Krimi/Thriller, oftmals lässt sich allerdings anhand des Klappentextes bereits die Auflösung erahnen & dann entscheide ich je nach verfügbarer Freizeit, ob ich den Roman trotzdem lesen werde. Hier war dies von Anfang an anders. Gleich 6 Verdächtige, darunter die Schwester der Toten. Ich musste unbedingt herausfinden, wie diese Konstellation aufgelöst werden würde & mit dem Ergebnis hatte ich tatsächlich nicht gerechnet. Ein meisterhaft verwobener Plot! Als ich erfahren habe, d. dieses Werk der 1. Band einer Krimireihe um DCI Sheens ist, habe ich mir den Namen der Autorin gleich notiert & freue mich jetzt schon auf Band Nr. 2!
Südengland, 1983. 7 Jugendliche verbringen im Sommer eine Nacht im Wald. Sie wollen gemeinsam zelten, tanzen, Spaß haben – inkl. Drogen & Sex. Unter ihnen ist die 14-jährige, in all diesen Sachen völlig unerfahrene, verträumte Aurora, die jüngere Schwester der hübschen Topaz. Normalerweise hängt Aurora nie mit der Clique ab, die an der ganzen Schule bekannt ist. Brett, der Schwarm aller Mädchen, ist auch mit von der Partie. "Er war der ältere Junge, in den alle verknallt waren, der Star-Sportler, dem sofort ein Dutzend Mädchen zusah, wenn er bloß im Schwimmbecken der Schule trainierte." Sie kann es kaum fassen, d. ausgerechnet sie mit ihm Zeit verbringen darf & er auch noch so unerwartet freundlich zu ihr ist. "Sie empfand eine Mischung aus Dankbarkeit und Ängstlichkeit." Topaz hingegen ist schwer genervt; ihr ist die Anwesenheit ihrer kleinen Schwester peinlich. Aurora nervt sie - wie eine lästige Fliege, die einfach nicht verschwinden will. Und flirtet sie etwa mit Brett, mit dem Topaz ganz eigene Pläne hat?! Topaz ist sexy & sich ihres guten Aussehens – & ihrer Wirkung auf Jungs – voll bewusst. Sie & ihre beste Freundin Coralie spielen diesen Sex-Appeal gerne aus. Vor allem aber bekommt Topaz immer das, was sie will. Die unbeschwerte nächtliche Party im Wald nimmt ihren Lauf, gefolgt von einem ernüchternden Morgen, der sich in Grauen verwandelt, als sich herausstellt, d. Aurora spurlos verschwunden ist. 30 Jahre später stolpert ein Kind, das mit seiner Familie dort einen Campingurlaub verbringt, über menschliche Knochen. Schnell stellt sich heraus: es sind die sterblichen Überreste Auroras. Und mit einem Mal wird der Cold Case um ihr Verschwinden brennend heiß.
Gegenwart & Vergangenheit wechseln sich als Erzählzeit ab. Mal findet man sich als Leser mitten in den aktuellen Ermittlungen der Polizei wieder, die den Fall um Aurora nun groß wieder aufrollt, wobei es äußerst interessant ist, die mittlerweile erwachsenen Mitglieder der damaligen In-Clique 30 Jahre nach der verheerenden Nacht zu erleben, ihren Verhören zu lauschen & vergleichen zu können, wie sehr ihr Wesen sich verändert hat. Kaum jemand hätte beispielsweise dem Troublemaker Connor damals zugetraut, d. er eines Tages Professor werden & ein sittsames Leben führen würde. Oder geahnt, d. die besten Freundinnen Topaz & Coralie sich je entfremden würden. Andererseits stellt sich ohnehin die Frage, wie gut sie alle einander wirklich gekannt hatten. Eine Nacht hatte alles verändert.
Parallel dazu taucht man in die Perspektive von Aurora ein & findet sich plötzlich inmitten des Waldes, in einer warmen Juli-Nacht des Jahres 1983, wieder. Keines der Story-Elemente wird in der Ich-Perspektive erzählt, dennoch werden insbesondere die Gedanken und Gefühle der jungen Aurora so eindringlich beschrieben, d. sie mich – vor allem aufgrund Auroras kindlicher Reinheit, Unbekümmertheit & ihrer menschlichen Güte - schlichtweg an dieses Buch gefesselt haben.