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Circlestonesbooks.blog
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Lesebegeisterte Literaturbloggerin, https://www.circlestonesbooks.blog/

Bewertungen

Insgesamt 411 Bewertungen
Bewertung vom 14.01.2020
Lund, Stina

Preiselbeertage


ausgezeichnet

„In Schweden fühle ich mich als Deutsche und in Deutschland fühle ich mich als Schwedin. Ich möchte endlich wissen, wohin ich gehöre.“ (Zitat Seite 143)

Inhalt
Als Jörg Bentheim, anerkannt für seine Reportagen und Fotografien, überraschend stirbt, vererbt er seinen beiden Töchtern Ariane und Jolante ein Manuskript mit dem letzten Wunsch, sie sollen es veröffentlichen. Laut Verleger handelt es sich um autobiografische Aufzeichnungen über die DDR von 1986 bis 1989. Doch diese sind nirgendwo zu finden und ihre Mutter Ina wiederholt immer wieder: „es gibt kein Manuskript“.
Während Arianes Eltern und Jolante seit der Wende in Småland leben, lebt die dreißigjährige Journalistin Ariane seit elf Jahren in Leipzig, wo auch ihre Großeltern wohnen. Doch nun zieht sie zurück nach Schweden, um herauszufinden, worum es bei diesem Manuskript geht. Warum schweigt ihre Mutter so verbissen auf alle ihre Fragen?

Thema und Genre
In diesem Familienroman geht es um die problematische politische Situation in der DDR als Auslöser für Handlungen und Geheimnisse, die das Leben aller Beteiligten verändern. Ein wichtiges Thema ist die Beziehung zwischen Müttern und Töchtern und natürlich geht es auch um die Liebe.

Charaktere
Ariane würde das Verhältnis zu ihrer Mutter Ina als sehr gut, aber etwas distanziert bezeichnen, denn Ina neigt dazu, in entscheidenden Momenten zu schweigen und das Thema zu wechseln. Auch Ariane vermeidet Auseinandersetzungen, geht ihnen aus dem Weg und schweigt lieber. Sie selbst fühlt sich mit ihren dreißig immer noch als Suchende, weiß nicht genau, was sie vom Leben will, bevor sie sich entscheidet, in Schweden einen Neubeginn zu wagen. Im Gegensatz zu ihr ist Jolante offen, fröhlich und unkompliziert.

Handlung und Schreibstil
Die Handlung wird in zwei Zeitsträngen erzählt, die einander abwechseln. Die personale Erzählform stellt in der Jetztzeit Ariane in den Mittelpunkt, in der Vergangenheit Ina. Zeitangaben über den Kapiteln erleichtern die Zuordnung. So erfährt der Leser langsam, was wirklich geschehen ist, wobei es einige Überraschungen gibt. Dies macht die Geschichte spannend. Lebhafte Schilderungen der Landschaft und des Lebens in Småland ergänzen die Handlung.

Fazit
Ein spannender, unterhaltsamer Frauenroman, in dessen Mittelpunkt alte Familiengeheimnisse und Konflikte stehen.

Bewertung vom 14.01.2020
Schiewe, Ulf

Der Attentäter


ausgezeichnet

„Ich danke Ihnen für die Besorgnis um unseren Thronfolger. Aber wegen ein paar Gerüchten können wir nicht die Reise absagen.“ (Zitat Seite 230)

Inhalt
Mlada Bosna ist eine serbisch-nationalistische Organisation junger bosnischer Serben, die mit allen Mitteln für ein vereinigtes Großserbien kämpfen. Auch der neunzehnjährige Gavrilo Princip und seine beiden gleichaltrigen Freunde Nedeljko und Trifko gehören zu dieser Vereinigung. Intensiv geschult und ausgebildet durch Mitglieder des serbischen Geheimbundes Schwarze Hand, bereiten sie ab März 1914 einen Anschlag auf das österreichische Thronfolgerpaar vor. Ausgerechnet am 28. Juni, dem serbischen Gedenktag an die Schlacht auf dem Amselfeld, werden Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gattin Sophie Sarajevo besuchen. Immer wieder hört Major Rudolf Markovic vom österreichischen Geheimdienst Gerüchte über ein geplantes Attentat, doch ein Thronfolger lässt sich nicht durch Gerüchte beeinflussen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…

Charaktere
Die historisch bekannten Personen, aus den Seiten der geschichtlichen Datensammlungen und Sachbücher in diese dichte Handlung der letzten Woche vor dem Attentat zurückgeholt, werden für den Leser zu handelnden, fühlenden, zweifelnden Menschen. Die Schilderung der Charaktere auf Grund von Quellen und intensiver Recherche ergibt ein neues, erweitertes Bild, in dem auch die Täter nicht automatisch die Bösen sind, sondern junge Idealisten, die glauben, das Beste für Serbien zu tun. Dazwischen schieben sich Wohlfühlszenen des Thronfolgerpaares, zuerst in der Familie, dann während der Reise, die auch Herzogin Sophie sichtlich genießt. Ergänzt werden die realen Personen durch einige fiktive Charaktere, die das Gesamtbild abrunden.

Handlung und Schreibstil
Ein Ereignis, das bereits ob seiner geschichtlichen Tragweite in zahlreichen Biografien, Sachbüchern und Dokumentationen geschildert und im Jahr 2014 nochmals intensiv diskutiert wurde. Ein Anschlag, bei dem Tatzeit, Täter, Opfer, Tathergang und Hintergründe bekannt sind, wir Leser wissen schon vorab, was passieren wird. Dennoch entwickelt der Autor aus diesen Tatsachen eine intensive, packende, neue Geschichte. Unterschiedliche Perspektiven, eine personale Erzählweise, die abwechselnd Gavrilo Princip und die Vorbereitungen des Attentats, Erzherzog Franz Ferdinand und die Reise, sowie Rudolf Markovic und seine Recherchen in den Mittelpunkt stellt, sowie die straffen Zeitangaben mit teilweise minütlich gleichzeitigen Geschehnissen machen aus diesem Roman der Fakten, vermischt mit etwas Fiktion, ein Leseerlebnis, das man am besten mit „Geschichte lebt“ beschreiben kann.

Fazit
Eine überzeugende Mischung aus Biografie und Roman, welche die Tage vor dem Attentat von Sarajevo und den Anschlag selbst facettenreich, straff und spannend schildert. Interessante, genau recherchierte Hintergrundinformationen ergänzen die packend und stimmig neu erzählte Geschichte.

Bewertung vom 03.01.2020
Rehm, Thorsten Oliver

Subliminal. Das Experiment


ausgezeichnet

„Und warum fiel es ihr, einer kleinen Journalistin, nach drei Wochen Recherche zur Entwicklung des Verhaltens der Menschen im Lande auf, entging aber offensichtlich allen anderen?“ (Zitat Seite 137)

Inhalt
Ein nächtlicher Tauchgang im Dunkel der Ostsee, ein Taucher, der etwas verbirgt und alle Spuren verwischt. Doch dies kann eine Gruppe Menschen, eine gefährliche Mischung aus Wissenschaft, Forschung und Macht nicht stoppen. Vier Jahre danach entdeckt die Investigativ-Journalistin Natascha Da Silva, der ein beängstigender Anstieg von Gewalt im Alltagsleben aufgefallen war, geheime wissenschaftliche Experimente, groß angelegte Feldversuche, die mit nichtsahnenden Probanden durchgeführt werden. Zunächst befürchtet sie, vielleicht in ihren Gedanken Realität und Phantasie zu vermengen, weil sie mit einer brisanten Story erfolgreich Karriere machen könnte. Doch rasch muss sie erkennen, dass die Realität weitaus bedrohlicher und erschreckender ist, als zunächst vermutet. Ihre Gegner sind skrupellos und gefährlich und unerklärbare Todesfälle begleiten bald ihre Recherchen.

Thema und Genre
Dieser Wissenschaftsthriller greift eine Reihe von brandaktuellen Themen auf, welche uns gerade beschäftigen. Es geht um wissenschaftliche Experimente an unwissenden Probanden, um technisch hochentwickelte Formen von subliminalen Reizen und totaler Beeinflussung. Es geht um neuronale Prozesse und die Philosophie des Transhumanismus. Daher ist auch die Frage nach dem ethischen Aspekt einer Forschung ohne jede Grenzen ein wichtiges Thema. „Manchmal müsse man auch Risiken eingehen, sonst gehe nichts vorwärts“, lässt der Autor es einen der Verantwortlichen definieren, und alles sei nur zum Wohle der Menschheit.

Charaktere
Natascha da Silva ist alleinerziehende Mutter einer Tochter und arbeitet als Journalistin bei einem Online-Nachrichtenmagazin. Als die Vorkommnisse ihre Neugierde wecken, recherchiert sie intensiv und mutig. Die einzelnen Protagonisten sind stimmig und realistisch geschildert, überraschendes Verhalten wird im Zuge der weiteren Handlung nachvollziehbar.

Handlung und Schreibstil
Hauptorte der Handlung sind Mallorca, München, Hamburg und die Ostsee. Die Sprache ist eine perfekte Mischung aus spannenden, rasch wechselnden Episoden, unvorhersehbaren Wendungen und den für das Verständnis erforderlichen wissenschaftlichen Erklärungen, die interessant und verständlich geschildert werden. Man erkennt beim Lesen rasch die intensive Recherchearbeit, die den detailliert aufgebauten Hintergrund für diesen Thriller ergeben hat. Die Handlung selbst wird durch einen kurzen Prolog in der Vergangenheit und einem Nachtrag sechs Monate nach den Ereignissen ergänzt.

Fazit
Subliminal ist ein packender, informativer Wissenschaftsthriller. Das aktuelle, vielschichtige Forschungsthema birgt Stoff und Anregungen für weitere eigene Überlegungen, „kann es sein“, „was wäre, wenn“, „was würde ich tun“. Ein Experiment unter transhumanistischen Aspekten, eine gut recherchierte, glaubhafte Handlung und stimmige Figuren ergeben einen spannenden, interessanten Pageturner.

Bewertung vom 19.12.2019
Lund, Stina

Die Frauen von Skagen


sehr gut

„Mir ist, als könnte das Licht jedes Geheimnis aufdecken. Ja, als wäre es gar nicht möglich, in Skagen Geheimnisse zu haben.“ (Zitat Seite 77)

Thema und Genre
Dieser Roman handelt von der berühmten dänischen Künstlerkolonie in Skagen, wo sich im späten 19. Jahrhundert Künstler trafen, die ihren eigenen Stil der realistisch-naturalistischen Freiluftmalerei entwickelten, der später auch vom französischen Impressionismus beeinflusst wurde. Ein wichtiges Thema sind die Schwierigkeiten und Probleme, die Frauen auf ihrem Weg als Künstlerin überwinden müssen. Es geht auch um Freundschaft, Familie und Liebe.

Charaktere
Marie, Tochter aus gutem Hause, will kein gesellschaftlich bequemes Leben führen, sie will die Kunst zu ihrem Beruf machen. Von ihrer Ehe mit dem erfolgreichen, deutlich älteren Søren Krøyer erhofft sie sich Inspiration, Unterstützung und Freiheit.
Asta, aus armen Verhältnissen, ist auf den Verdienst als Maries Gesellschafterin angewiesen und manipuliert diese.
Obwohl Vibeke eine moderne junge Frau des 21. Jahrhunderts ist, fehlt ihr die Sicherheit, ihre eigenen Wünsche konsequent durchzusetzen, weder gegenüber ihrem Vater, noch gegenüber einem aufdringlichen Mitstudenten. Dies dient sicher der Handlung, ist aber nicht immer stimmig.

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte wird abwechselnd auf zwei Ebenen erzählt, das Leben von Marie Krøyer zwischen 1883 und 1940, und Vibekes Erlebnisse in Skagen 2018. Großartig sind die lebendigen Schilderungen des Lebens der bekannten dänischen Künstler in Skagen, gekonnt verbindet die Autorin die bekannten Fakten mit der fiktiven Geschichte ihres Romans. Für die Charaktere hätte ich mir mehr Stärke gewünscht, die starken, intensiven Bilder von Marie Krøyer passen für mich nicht ganz zum Bild, das die Autorin von ihr zeigt.

Fazit
Ein interessanter Roman über das Leben der bekannten dänischen Skagen-Maler. Sehr gut recherchiert, lässt er die Künstlerkolonie lebendig werden und macht Lust, sich näher mit dieser Künstlergruppe zu beschäftigen.

Bewertung vom 17.12.2019
Poschenrieder, Christoph

Der unsichtbare Roman


ausgezeichnet

„Meyrink fühlt sich erloschen. Der Docht nimmt keine Flamme an. Bis über die Knöchel steht er in abgebrannten Zündhölzern.“ (Zitat Seite 153)

Inhalt
Gustav Meyrink, der bekannte Autor des „Golem“, braucht dringend einen neuen erfolgreichen Roman, um seinen aufwändigen Lebensstil weiterhin finanzieren zu können. Demnächst wird er fünfzig Jahre alt und es fehlen ihm die Ideen für einen neuen Stoff. Als er 1917 vom Auswärtigen Amt in Berlin angefragt wird, ob er eine Auftragsarbeit schreiben will, stimmt er nach kurzem Überlegen zu. Allerdings muss der neue Roman beweisen, dass die Freimaurer am Ausbruch des Ersten Weltkriegs schuld sind. Hier beginnt das Problem für Meyrink, denn trotz der umfangreichen Unterlagen, die er aus Berlin erhält, hat er keine Idee, wie er dies umsetzen soll und er will dieses Buch auch nicht schreiben.

Thema und Genre
Dieser biografische Roman schildert eine spannende, wenig bekannte Episode im Leben des Schriftstellers Gustav Meyrink. Der Autor verknüpft gekonnt Fakten mit der Geschichte und Handlung, die er in seinem Buch erzählt.

Charaktere
Der Schriftsteller Gustav Meyrink, Mitglied in mehreren okkulten Geheimbünden, ist ein unpolitischer Mensch, obwohl er natürlich informiert ist und ein guter Beobachter. Er braucht das Honorar, das ihm von Berlin angeboten wird und geht eine Verpflichtung ein, als er den Vorschuss gegen sein besseres Wissen annimmt. Er kämpft mit dem eigenen Gewissen und dies führt zu einer Schreibblockade. Der Autor hält sich bei der Schilderung des Hauptprotagonisten an die bekannten biografischen Tatsachen, die er in die Problematik seines Romans einbaut.

Handlung und Schreibstil
Die Handlung erstreckt sich über einen kurzen Zeitraum 1917/1918, und wird durch Rückblenden ergänzt, welche vergangene Ereignisse im Leben Meyrinks schildern, sodass sich für den Leser aus dem Roman auch eine Biografie des Schriftstellers ergibt. Geschrieben in der personalen Erzählperspektive mit Fokus auf den Hauptprotagonisten Meyrink, wechseln die Erinnerungen in die Ich-Form. Ergänzt wird die Handlung durch sachliche Recherchenotizen, welche einzelne Fakten belegen.
Der Roman mischt gekonnt Tatsachen mit Fiktion und als Leser fühlt man sich mitten in den Ereignissen, spürt die Zerrissenheit Meyrinks, aber auch seine humorvoll-kritische Art, das Leben, auch sein eigenes, zu sehen. Genial ist die Lösung, die der Autor als Meyrinks Idee für die Umsetzung dieses problematischen Auftrags anbietet.
Poschenrieders Sprache ist großartig zu lesen, seine Beschreibungen treffen den Punkt, sie malen Bilder und sehen seine Hauptfigur Meyrink mit sachlichem Humor, dessen Zweifel auf Grund des eigenen Verhaltens werden intensiv und nachvollziehbar charakterisiert. Die Schilderung der Schreibblockade zum Beispiel ist Sprachperfektion und Lesegenuss.

Fazit
Ein biografischer Roman, in dessen Mittelpunkt das abwechslungsreiche Leben des Schriftstellers Gustav Meyrink steht und hier vor allem eine politische Auftragsarbeit, die er gegen Ende des Ersten Weltkriegs auf Grund von Geldsorgen angenommen hatte. Eine spannende, sprachlich großartige Mischung aus Fiktion und Fakten.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.12.2019
Sautner, Thomas

Großmutters Haus


ausgezeichnet

„In Großmutters Haus würde ich diese Tür klar vor mir sehen, wissen, dass dahinter die Antworten auf all meine Fragen, auch die noch ungestellten, lägen. Und nichts weiter wäre zu tun, als hindurch zu spazieren, um hinter dieser Tür lächelnd zu erkennen, dass keine einzige Frage mehr nötig war.“ (Zitat Seite 20)

Inhalt
Bücher haben Malina schon immer fasziniert und ihre Berufswahl beeinflusst. Sie war vom Land in die Stadt gezogen, wo sie ein unabhängiges, zurückgezogenes Leben führt. Geld verdient sie mit einer Teilzeitstelle in einer Bücherei, gleichzeitig studiert sie Germanistik und Literaturwissenschaft. Eines Tages erhält sie ein Paket von ihrer Großmutter. Im wahrsten Sinne von der Familie totgeschwiegen, lebt diese, und dies aktiv, lebensfroh und sehr eigenwillig. Malina zieht ihren Urlaub vor und fährt zu der alten Dame, Kristyna-Oma nennt sie sie und hat viele Fragen, an die Oma und an das Universum. Wird sie Antworten finden?

Thema
In diesem Roman geht es um eine besondere Beziehung zwischen Enkelin und Großmutter, um Familie und Lebensfreude, um Liebe, Freiheit und die Suche nach dem persönlichen Platz im Leben.

Charaktere
Kristyna lebt in einem alten Haus auf dem Land, irgendwo am Waldrand. Alter ist kein Thema für sie, sie hat ihr Leben immer bunt und nach eigenen Vorstellungen gelebt und dies tut sie auch jetzt noch.
Malina hat ein Verhältnis mit einem älteren, verheirateten Mann und hat vor, diese Beziehung, die im Grunde keine echte Beziehung ist, zu beenden. Die erste Antwort auf ihre Frage über den Sinn des Lebens, die sie ihrer Großmutter stellt, ist ein Joint, eine spezielle Kräutermischung, hergestellt von ihrer Oma. Es warten noch einige Überraschungen auf Malena.

Handlung
Die Geschichte erstreckt sich über einen Zeitraum von etwas mehr als zwei Wochen, denn genau zwei Wochen Urlaub hat Malena für den Besuch bei ihrer Großmutter zur Verfügung. Ergänzt durch wenige, erklärende Rückblenden, spielt die Handlung in der Gegenwart, erzählt von Malena in der Ich-Form. Im Mittelpunkt stehen die Gespräche zwischen Enkelin und Großmutter, der ruhige Tagesablauf in Verbindung mit dem Leben in der Natur. Malena fragt nicht nur, sie beobachtet auch und manche Ereignisse haben etwas Magisches. Es ist ein poetisches Buch, erzählt in einer lebendigen Sprache. Man liest die Freude des Autors an Sprachspielereien, die sie seine Schilderungen noch bunter und lebhafter gestalten.

Fazit
Eine poetische, magische und gleichzeitig einfache Geschichte um die Suche nach dem Sinn des Lebens, bunt und üppig erzählt in einer lebhaft-beschreibenden Sprache. Ein Buch für Menschen, die beim Lesen des folgenden Satzes sofort das entsprechende Bild vor Augen haben und jedes einzelne Wort genießen: „Das Auto parkte hinter den Holunderstauden und in der eigenen Staubwolke, die sich zeitverzögert herangewälzt hatte, den Wagen verschlang und nach und nach erst freigab, indem sie, müde und seiner überdrüssig, zu Boden sank.“ (Zitat Seite 149).

Bewertung vom 17.12.2019
Bánk, Zsuzsa

Weihnachtshaus


gut

„Lilli hat damals gesagt, Weihnachten kann nichts dafür, dass alles so gekommen ist, die Kinder können auch nichts dafür, also lass uns feiern, lass uns Weihnachten feiern.“ (Zitat Seite 53)

Inhalt
Vor drei Jahren, am 6. Dezember, hatten sie das Café Lilli eröffnet. Lilli, die ihre Tochter Claire alleine großgezogen hat und die Ich-Erzählerin, deren Ehemann Clemens vor einigen Jahren plötzlich verstorben ist und die nun alleine für ihre beiden Kinder Luis und Elsa sorgt. Sie haben einen gemeinsamen Traum: ein altes, verfallenes Haus im Odenwald, das sie vor Jahren gekauft haben und dort wollen sie irgendwann alle gemeinsam Weihnachten feiern. Noch steht das Haus ohne Dach und ohne Fenster da. Doch in diesem Advent bringt Lillis Vater einen Gast mit ins Café, den Amerikaner Bill. Gerade wieder ruhten die Arbeiten am Haus, Kälte und Bodenfrost. „There’s gotta be a way, Lilli“, sagt Bill, er werde sich um das Haus kümmern.

Thema und Genre
In dieser Geschichte geht es um die bedingungslose Freundschaft zwischen zwei Frauen, um Trauer und Verlust, um Familie und Kinder. Weihnachten ist hier das Symbol für Aufbruch, Träume und Ziele.

Charaktere
Die Ich-Erzählerin, Mutter von zwei Kindern, vermisst ihren früh verstorbenen Ehemann Clemens auch noch nach Jahren. Sie hat Schwierigkeiten, seinen Tod zu akzeptieren. Verlust und Trauer sind ihre Hauptthemen. Das alte Haus im Odenwald bedeutet Hoffnung für sie. Lilli ist die Seele des Cafés und sorgt dafür, dass sich ihre Freundin nicht zu sehr vor dem Leben verschließt.

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte spielt in der Adventszeit und wird durch Rückblicke in Form von Erinnerungen ergänzt. Inhaltlich lässt sie sich mit einem Tagebuch vergleichen, in dem die Ich-Erzählerin die kleinen täglichen Erlebnisse aufschreibt, ihre Erinnerungen und die Sehnsucht nach ihrem verstorbenen Mann Clemens. Die Sprache ist etwas atemlos, man muss sich daran gewöhnen, sie zieht die Leser voran, obwohl man sich lieber Zeit nehmen möchte, die Sätze zu genießen.

Fazit
Das Weihnachtshaus steht für einen Zukunftstraum, ist ein Symbol für Freundschaft, Hoffnung und dafür, dass das Leben auch nach einem schweren Verlust weitergeht. Auch wenn die Handlung vorwiegend im Advent spielt, ist es in meinen Augen genau genommen ein poetisches Tagebuch einer Ich-Erzählerin und keine Weihnachtsgeschichte.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.12.2019
Skybäck, Frida

Die kleine Buchhandlung am Ufer der Themse


ausgezeichnet

„Alles kam ihr seltsam vertraut vor. Gleichzeitig schien es ihr, als wäre sie hundert Jahre in der Zeit zurückgereist.“ (Zitat Seite 28)

Inhalt
Mehr als fünfundzwanzig Jahre lang hat Sara das Riverside Bookshop geführt, nach ihrem Tod erbt es ihre Nichte Charlotte. Doch Charlotte, nach nur wenigen glücklichen Ehejahren plötzlich eine junge Witwe, hat in Schweden ihr eigenes Kosmetik-Unternehmen erfolgreich aufgebaut und so fliegt sie nur nach London, um das Haus samt Buchhandlung so rasch wie möglich zu verkaufen. Diese gemütliche alte Buchhandlung, die beiden engagierten Mitarbeiterinnen und der eigenwillige Kater Tennyson üben sofort eine besondere Anziehungskraft auf Charlotte aus. Auch der verstorbenen Tante Sara fühlt sie sich in dieser Umgebung eigenartig verbunden, obwohl sie diese nie kennengelernt hat, weil ihre Mutter nie über ihre Schwester gesprochen hat. Wird es ihr gelingen, die stark verschuldete Buchhandlung zu retten und vor allem, will sie es überhaupt versuchen?

Thema und Genre
In diesem Wohlfühlroman geht es um eine kleine Buchhandlung in London, um Verlust, Freundschaft, Vertrauen, Familie, ein Familiengeheimnis und Chancen auf einen Neubeginn. Natürlich ist auch die Liebe in unterschiedlichen Facetten ein Thema, und vor allem Literatur und Bücher.

Charaktere
Charlotte Rydberg ist jung, kinderlos und hat den plötzlichen Unfalltod ihres Ehemannes Alex vor einem Jahr noch nicht verarbeitet. Sie ist eine engagierte, erfolgreiche Geschäftsfrau. Dennoch agiert sie immer wieder zögerlich und hält wichtige Fakten vor ihren Angestellten geheim, was wiederum zu Missverständnissen führt. Ihre Selbstzweifel bringen Spannung in die Geschichte, passen aber nicht ganz ins Bild der cleveren Unternehmerin. Sam und Martinique, das Team der Buchhandlung, sind sehr sympathische, in ihrer eigenwilligen Art stimmige Charaktere.

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt. Die aktuelle Handlung spielt in der Jetztzeit in London und betrifft die Situation der Buchhandlung, als Charlotte diese erbt. Sie beginnt Ende August und endet Anfang November. Der zweite Teil betrifft die Charlotte unbekannte Vergangenheit und beschreibt die Jugendjahre von Sara und Kristina, Charlottes Mutter. Beide Handlungsstränge werden abwechselnd in kurzen Kapiteln erzählt, durch Zeitangaben als Kapitelüberschrift ist die Zuordnung einfach.
Der Schreibstil ist dem Genre angepasst, angenehm zu lesen und mischt gekonnt Spannung und interessante Beschreibungen.

Fazit
Ein Wohlfühlroman für entspannte, vergnügte Lesestunden zum Träumen und Abschalten. London als Ort der Handlung ist detailliert und lebendig beschrieben und das Riverside Bookshop möchte man beim Lesen sofort besuchen. Sicher auch ein willkommenes Geschenk für Leserinnen, die gerne Romane über Bücher, Literatur und Buchhandlungen lesen.

Bewertung vom 17.12.2019
Reon, Valeska

Wie auf Sand


ausgezeichnet

„Spätestens an diesem Tag musste ich lernen, dass es Dinge gibt, die nie mehr in Ordnung gebracht werden können.“ (Zitat Seite 197)

Inhalt
Sie kennen sich schon aus der gemeinsamen Schulzeit in Hamburg, Maren, Markus und Stefan. Nun treffen sie einander beim Begräbnis ihres gemeinsamen Freundes Andreas. In einer Woche wäre er dreißig Jahre alt geworden, doch er hatte sich in seinem Keller erhängt. Auch Robert, von dem sie seit vielen Jahren nichts mehr gehört hatten, ist mit seiner Frau Lea angereist. Gemeinsame Erinnerungen, besonders an eine Klassenfete kurz vor dem Abitur und an den Selbstmord ihres Klassenkameraden Michael nach dem Abitur, steigen wieder auf. Damals hatte man die Gründe vermutet, doch niemand kann verstehen, warum der beliebte, erfolgreiche Andreas Selbstmord begangen haben sollte und die Umstände seines Todes sind sehr eigenartig. War es wirklich ein Selbstmord?

Thema und Genre
In diesem Roman mit autobiografischem Hintergrund geht es um die Frage, wer man ist, wer man nach der Meinung anderer sein soll und wer man für sich selbst sein will. Wichtige Themen sind der gesellschaftlich gepflegte, schöne Schein vom perfekten Leben, Schuld und Mitschuld durch Wegschauen, und natürlich auch die Liebe in ihren Facetten.

Charaktere
Die unterschiedlichen Charaktere sind pointiert gezeichnet, aber dennoch einfühlsam und mit Verständnis. Wie im realen Leben, das in diesen Roman sehr präsent ist, geht es bei den Figuren nicht um gut und böse, sondern um die vielschichtigen, tief menschlichen Grautöne. Besonders Maren schließt man als Leser trotz einiger Unsicherheiten ins Herz und vor allem natürlich Lea, die sympathische erfolgreiche Kinderbuchautorin, die mutig ihren eigenen Weg geht.

Handlung und Schreibstil
Schon der Aufbau des Buches ist interessant gewählt, ein Prolog führt den Leser kurz mitten in ein Ereignis, das vor zwölf Jahren stattgefunden hatte. Es folgt Teil 1, der in der knappen Zeitspanne zwischen Montag und Freitag in der Gegenwart spielt. Teil 2 mit den Kapiteln 9 bis 17 zeigt die Jahre dazwischen, wobei unterschiedliche Protagonisten ihre Erlebnisse in der Ich-Form schildern, Teil 3 führt den Leser zurück zum Freitag in der Gegenwart. Ein Prolog schließt die Handlung ab. Diese Einteilung bringt Spannung, langsam fügen sich die einzelnen Puzzleteile zu einem Ganzen und auch die Antwort auf die Frage, Selbstmord oder Mord, kann lange nur vermutet werden. Als Geschichte in der Geschichte fügt die Autorin Ausschnitte und Bilder aus einem einfühlsamen Kinderbuch ein, „Charlotte Innendrin“, das innere Kind als beste Freundin der kleinen Charlotte. Die Sprache ist modern, mit einer guten Prise Humor und viel positiver Energie.

Fazit
Ein spannender autobiografischer Roman, der den Leser in den Bann zieht. Modern, nachdenklich, kritisch, mit einer guten Spur Romantik ist dies ein perfekter Roman für Frauen, aber kein typischer leichter „Wohlfühlroman“, dafür ist er zu dicht und intensiv.

Bewertung vom 17.12.2019
Radinger, Elli H.

Der Wolf am Fenster


ausgezeichnet

„Beaver Creek Cabin, südlich von Bozeman, nahe West Yellowstone. Nur mit dem Schneemobil erreichbar. Erbaut um 1900. Ofen, Bett, Matratze, Tisch, Stuhl. Kein Strom oder Wasser. Sehr rustikal. (Zitat Seite 59)

Inhalt
Bald ist Weihnachten und Lindsay Griffin, eine New Yorker Journalistin, hofft auf einen Antrag ihres Freundes Dan Newman. Doch der junge, erfolgreiche Anwalt hat völlig andere Zukunftspläne. Lindsay benötigt dringend Ruhe und Zeit zum Nachdenken und bucht spontan eine einfache, einsame Blockhütte bei West Yellowstone. Am Morgen ihres ersten Tages in der Wildnis trifft sie auf einen großen, schwarzen Wolf, der ihre Hilfe braucht. Brian Johnson, ein Ranger des Forrest Service, hatte ihr am Vortag die Cabin und die Umgebung erklärt, wo es eine alte Rangerstation mit einem Funkgerät für Notfälle gibt. Genau das braucht sie jetzt.

Thema und Genre
In dieser magischen Weihnachtsgeschichte geht es um das Leben in der Natur und vor allem um Wölfe, ihr Verhalten und das teilweise Unverständnis der Menschen. Natürlich ist auch die Liebe ein Thema.

Charaktere
Lindsay muss gerade ihre Zukunft neu planen, sie ist enttäuscht, traurig, aber dennoch positiv und nicht verbittert. Rasch hat sie ihre Angst vor Wölfen überwunden und wird sofort aktiv, als sie die Situation erkennt. Der Wolf wiederum hat gute Gründe, die Menschen zu meiden. Sein feiner Geruchssinn unterscheidet sofort zwischen dunkel, das bedeutet böse, und hell. Lindsay riecht für ihn hell.

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte wird aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln abwechselnd erzählt, einerseits die Geschichte von Lindsay und Brian und andererseits die Geschichte des jungen Wolfes. Weitere Details erfährt der Leser durch Rückblicke in Form von Erinnerungen der einzelnen Protagonisten. Die Handlung selbst dauert nur wenige Tage.

Fazit
Eine magische, leise Weihnachtsgeschichte für verträumte Lesestunden.