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Glüxklaus
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Franken

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Insgesamt 629 Bewertungen
Bewertung vom 24.06.2021
Nilsson, Ulf

Meine kleine Schwester Kaninchen


ausgezeichnet

Erfrischende, abenteuerliche Bildergeschichten mit ein bisschen Gefahr und viel Witz

Kleine Schwester Kaninchen stolpert ganz unfreiwillig von einem gefährlichen Abenteuer ins nächste: Sie begegnet dem Fuchs, verirrt sich im Wald oder ertrinkt beinahe im Meer. Zum Glück hat sie einen großen Bruder, auf den sie sich verlassen kann und der immer wieder da ist, wenn sie ihn braucht. Er inspiriert Kleine Schwester Kaninchen sogar zu einer perfekte Lösung für alle Tierkinder, wenn sich diese mal nicht einigen können.

Ulf Nilssons Texte sind klar, gut verständlich und kindgemäß formuliert.
Die Illustrationen von Eva Eriksson stellen die Handlung sehr anschaulich dar, stellenweise ist die Druckqualität der Bilder nicht ganz makellos. Die süßen Illustrationen sind aber generell sehr hübsch anzusehen. Sie sind in dezenten, eher dunklen Farben gehalten und machen einfach Spaß.
Das Buch enthält vier Geschichten und eignet sich zum Vorlesen für unerschrockene drei- bis fünfjährige Kinder.

Keine Schwester Kaninchen ist wie kleine Kinder manchmal so sind: verspielt, neugierig, abenteuerlustig, aufgeweckt, pfiffig, willensstark, manchmal ein bisschen ängstlich und oft ganz schön mutig. Eine Figur, in die sich die Zuhörer sicherlich gut hineinversetzen können. Wie Kleine Schwester Kaninchen in bestimmten Situationen reagiert, ist recht erfrischend und sympathisch.

Manchmal geraten Kinder sehr zum Leidwesen ihrer Eltern in nicht ganz ungefährliche, ungewohnte Situationen. Kleine Schwester Kaninchen zeigt, dass es dabei häufig ganz genau richtig ist, intuitiv zu reagieren. Oft können Kinder viel mehr als man ihnen zutraut, auch wenn das mitunter in Vergessenheit gerät. Und manchmal, wenn man alleine nicht weiterkommt, ist jemand anderes da, der einem hilft, z.B. ein toller großer Bruder. Und vielleicht ist es ganz gut, dass Eltern nicht alles wissen, auch wenn sie das immer gerne täten. Es erspart ihnen auf alle Fälle ein paar Sorgen, wenn sie eben nicht genau mitbekommen, was der Nachwuchs so treibt.
Die letzte Geschichte „Kleine Schwester Kaninchen und alle ihre Freunde“ zeigt auf wunderbare Weise, wie unterschiedlich Kinder und wie vielfältig Bücher sind. Ein Buch kann man immer zusammen lesen, auch wenn nicht jeder Leser an der gleichen Stelle lachen muss. Bücher verbinden.
Meinem dreijähriger Sohn musste ich die vier Geschichten schon mehrmals vorlesen und er hat immer wieder besonders motiviert und aufmerksam zugehört.
„Meine kleine Schwester Kaninchen“ ist eine gelungene Sammlung erfrischender, witziger, mutmachender Geschichten, die zurecht zum 75. Jubiläum des renommierten Oetinger-Verlags neu aufgelegt wurde. Dass es manchmal etwas beängstigend zugeht und zum Beispiel ein Fuchs auftaucht, gehört zu einer richtig guten, spannenden Geschichte einfach dazu. Ganz ohne Gefahren und Herausforderungen wäre das Leben ja irgendwie auch langweilig.

Bewertung vom 23.06.2021
Wilke, Jutta

Das Karlgeheimnis


ausgezeichnet

Familien-, Freundschaftsgeschichte und Krimi in einem - mitreißend und überraschend

Emil ist Krimi-Autor, zumindest schreibt er gerade an einem Krimi, der aber noch nicht so richtig weit fortgeschritten ist. Wie passend, dass er mit Finja eine echte Detektivin kennenlernt. Aber statt sich auf sein Buch zu konzentrieren, muss Emil Ordnung in sein wirkliches Leben bringen: Mama ist immer erschöpft und vermisst Papa, sie braucht dringend Geld für unbezahlte Rechnungen und jetzt möchte Emils Lehrerin, die fiese Bertram, auch noch 200 Euro für die Klassenfahrt einsammeln. Und nicht genug damit: Sie nimmt Emil sein wichtiges, unersetzliches Notizbuch weg. Zum Glück hat Emil in Kioskbesitzer Karl einen verständigen Freund. Doch eines Tages ist der plötzlich spurlos verschwunden. Allerhöchste Zeit für die Detektivin, ihr Können unter Beweis zu stellen.

Autorin Jutta Wilke schreibt gut verständlich, klar und kindgemäß in Ich-Form aus Emils Sicht im Präsens. Fast jedem Kapitel ist der Steckbrief einer mitwirkenden Person vorangestellt. Diese witzigen Steckbriefe sorgen für Abwechslung und lockern auf.
Ulf Ks. Illustrationen habe etwas ganz Eigenes: schwarz-weiß und mit größeren gepunkteten Flächen, ein bisschen „retro“, recht simpel, kantig und großflächig, aber sehr interessant anzuschauen und beeindruckend ausdrucksstark. Sehr gelungen auch die allererste Doppelseite, in grau-weiß sind hier fast alle Mitwirkenden und der Kiosk zu sehen.
Die doch recht umfangreiche Geschichte eignet sich für geübte Leser ab neun Jahren, zum Vorlesen auch schon für jüngere Kinder ab sechs oder sieben Jahren.

Emil ist ein sympathischer, sensibler Junge. Er hat viel Phantasie und weiß ziemlich genau, was richtig und was falsch ist, auch wenn er es wie die meisten Menschen nicht immer schafft, seinen eigenen Grundsätzen treu zu bleiben. Emil ist sehr rücksichtsvoll anderen gegenüber, hilft der alten Frau Janssen beispielsweise mit ihren Einkäufen und sorgt sich immer darum, wie es anderen geht. Weil Emil so nett wirkt, so intensiv und einsichtig fühlt, leidet man als Leser sehr mit ihm und hofft, dass sich all seine Schwierigkeiten auflösen. Emil ist eine liebenswerte Hauptfigur zum Identifizieren und Mitfiebern.
Auch viele andere Charaktere muss man einfach mögen, die aufgeweckte, zupackende Finja, den netten Karl oder die Drei von der Müllabfuhr, die für Emil das Viertel, in dem er noch gar nicht lange wohnt, schon bald zur Heimat machen. Und mit der fiesen Bertram gibt es auch einen ausgewachsen Bösewicht. Jutta Wilkes Figuren sind gelungen, originell, gut gezeichnet und machen Spaß.

Wird Emil aus seiner persönliche Bredouille herausfinden und Mamas Geldproblem lösen? Wo steckt Karl? Und was wollen die mysteriösen Männer an Karls Büdchen?
„Das Karlgeheimnis“ ist eine Familiengeschichte, eine Geschichte über Freundschaft und ein Krimiabenteuer: mitreißend, turbulent, ganz schön spannend und mit einigen unvorhersehbaren Wendungen. Nebenbei wird Verständnis für verschiedene Lebens- und Familiensituationen aufgebaut, die Themen Demenz, Einsamkeit und Armut werden ebenso behandelt. Die Geschichte zeigt, wie schön Zusammenhalt unter Nachbar sein und was er alles bewirken kann.
All meine Mitleser im Alter von fünf bis neun Jahren waren von der unterhaltsamen Geschichte ziemlich gepackt. Für uns ein unerwartetes, absolut lesenswertes Kinderbuchhighlight, eine reichlich gefüllte Wundertütengeschichte für alle, die sich gerne überraschen lassen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.06.2021
Caspian, Hanna

Sternenwende / Gut Greifenau Bd.6


ausgezeichnet

Würdiger und stimmiger Abschluss einer rundum gelungenen Familien-Historiensaga

1928 sind die politische Verhältnisse im Deutschen Reich extrem instabil. Die Nationalsozialisten gewinnen immer mehr Einfluss. Auch auf Gut Greifenau geht es alles andere als ruhig zu. Konstantin hofft auf Kredite aus der Osthilfe, denn finanziell steht das Gut nach wie vor nicht gut da. Um Greifenau zu retten, muss er als Gutsherr Entscheidungen treffen und Prioritäten setzen, die in seiner Familie umstritten sind. Konstantins Schwester Katharina hat ihre Ausbildung als Ärztin beendet und könnte sich nun eigentlich mehr auf ihren Beruf konzentrieren, doch dann stellt ein Ereignis ihr Leben komplett auf dem Kopf. Und Alexander versucht nach seinen schweren Verletzungen wieder auf die Füße zu kommen. Bei den Dienstboten reiht sich ebenfalls ein Ereignis ans nächste: Ein ehemaliger Angestellter kehrt nicht allein zurück und bringt Wiebkes Gefühlsleben gehörig durcheinander. Und Albert, der sich langsam von Idas Tod erholt hat, wird Opfer einer Verleumdung.

Autorin Hanna Caspian schreibt wie gewohnt klar, angenehm und sehr flüssig. Abwechselnd erzählt sie aus der Sicht verschiedener Protagonisten. Gutsverwalter Konstantin, seine Schwester Katharina oder sein Bruder der Monarchist Nikolaus bekommen genauso Raum wie die Angestellten der Verwalter Albert Sonntag, Dienstmädchen Wiebke oder Melker Gustav Minkwitz.

Die Stärke der Reihe „Gut Greifenau“ sind die Charaktere. Die sind so vielfältig, so unterschiedlich, stammen aus ganz verschiedenen Teilen der Gesellschaft und sind einem mittlerweile so sehr ans Herz gewachsen, dass es sich beim Lesen fast so anfühlt wie „nach Hause kommen“. Mit den Figuren, sei es der konservative Gutsbesitzer Konstantin, der alles tun würde, um sein Gut zusammenzuhalten, seine sozial engagierte und tatkräftige Frau Rebecca, Verwalter Albert Sonntag, der mit dem Gut mehr verbindet als die anderen Bewohner ahnen oder Dienstmädchen Wiebke, das zu stolz ist, um sein Glück selbst in die Hand zu nehmen, muss man einfach mitfiebern. Hier wird jede Leserin und jeder Leser sicherlich seine persönliche „Herzens-Figur“ finden, deren Schicksal besonders berührt und mit der man sich gut identifizieren kann. Dank der Nähe zu den vielen sympathischen und menschlichen Charakteren mit Ecken und Kanten entwickelte ich einen besonderen emotionalen Bezug zur Handlung. Der „dunkle“ Teil der Familie Auwitz-Aarhayn wie die rücksichtslose Feodora oder Sohn Nikolaus gestalten den Plot mit ihren Intrigen noch raffinierter.

Wenn Geschichte nicht nur aus sachlichen Daten und Fakten besteht, sondern begreiflich, ja „lebendig“ wird, dann ist ein historischer Roman für mich gelungen. „Gut Greifenau“ ist so eine Reihe, in der auch immer die Geschichte eine Hauptrolle einnimmt. Als Leser erfasst man anhand der Figuren, die die Geschichte erleben, was die historischen Entwicklungen eigentlich konkret für die Menschen wirklich bedeuten. Kuno, Sohn von Katharinas Unterstützer Dr. Malchow erklärt: „Ich bin zu arm, um mir eine Gesinnung leisten zu können. Man rennt halt denen hinterher, die einem Brot versprechen“. Mit diesem Satz wird beispielsweise sehr deutlich und einsichtig, wie es in den ärmeren Bevölkerungsschichten zum starken Zulauf der NSDAP kommen konnte.
Autorin Hanna Caspian kennt sich mit Geschichte gut aus, hat gründlich recherchiert, das beweist sie auch im Abschlussband „Sternenwende“. Immer wieder werden in Vergessenheit geratene Aspekte der deutschen Geschichte wie die „Osthilfe“ oder die Rolle des Adels bei Hitlers Machtergreifung thematisiert. Das macht die Reihe, die unbedingt chronologisch gelesen werden sollte, so interessant. „Sternenwende“ ist der würdige Abschluss einer sehr lesenswerten Familiensaga voller Emotionen mit wunderbaren Figuren vor faszinierender historischer Kulisse. Für mich perfekte Unterhaltung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.06.2021
Kolb, Suza

Die streng geheime Tier-Quassel-Maschine / Emil Einstein Bd.1


sehr gut

Ein geniale Erfindung, ein rätselhafter Detektivfall: bunte, originelle Geschichte mit netten Figuren

Emil Einstein macht seinem berühmten Nachnamen alle Ehre. Er ist ziemlich genial, wurde er doch schon mit fünf Jahren eingeschult. Sein Kopf sprudelt über voller toller Ideen für Erfindungen. Emils neuester Plan: er möchte eine Tier-Übersetzer-Maschine konstruieren. Denn zu gerne würde er wissen, was Maus Bertha, Kater Leonardo und der Waldkauzjunge Kauzi, den er im Wald gefunden hat, zu erzählen haben.

Autorin Suza Kolb schreibt lebendig, abwechslungsreich und kindgemäß. Die Geschichte wurde von Anja Grote wunderbar illustriert. Ihre farbenfrohen, teils ganze Seiten umfassenden Bilder machen einfach Spaß und motivieren. Es gibt auf ihnen sehr viele spannende Details zu entdecken.

Das Buch ist ein wenig höher und breiter als DIN A5, aber dennoch handlich. Ein bisschen größer als normal ist auch die Schrift, auch der Zeilenabstand ist leicht breiter als Standard. Geübte Leser ab sieben Jahren werden die Geschichte eigenständig erfassen können. Zum Vorlesen eignet es sich für Mädchen und Jungen ab fünf Jahren.

Emil ist ein überaus pfiffiges, schlaues und einfallsreiches Kerlchen. Er ist oft alleine, weil seine Eltern als Tierärzte viel arbeiten müssen. Mit anderen Kindern hat er wenig zu tun, dafür aber umso mehr mit verschiedenen Tieren. Emil stellt eine prima Identifikationsfigur für die Leser dar. Eine derart tolle Erfindung wie die Tier-Übersetzungs-Maschine (TÜM), mit der man Tiere verstehen kann, zu konstruieren, davon träumen sicherlich viele Kinder und so manche Erwachsene auch.
Mit Leonardo, Berta und Kauzi greifen sehr originelle und unterhaltsame tierische Charaktere ins Geschehen ein. Einen vegetarischen Kater wie Leonardo beispielsweise findet sich sonst eher selten.

Was haben die Tiere so erzählen? Warum ist Kauzi aus dem Nest gefallen? Was geht da im Wald vor?
Emils Abenteuer ist wirklich ziemlich aufregend, spannend und geheimnisvoll, schließlich darf kein Erwachsener von Emils Erfindung wissen.
Natürliche Feind- und Freundschaften in der Tierwelt werden hier kindgemäß thematisiert. Vielleicht würden ja manche Tiere wirklich ihre Essgewohnheiten ändern, wenn sie die Sprache und so die Bedürfnisse anderer Tierarten verstehen könnten? Die Tier-Quassel-Maschine bietet allerhand Potenzial für verschiedene Entwicklungen.
Meinen Kindern und mir hat die bunte, phantasievolle, mitreißende, ausgesprochen hübsch bebilderte Geschichte mit den netten Figuren und dem kleinen Bonus-Detektivfall jedenfalls gut gefallen. Wir würden uns über eine Fortsetzung freuen.

Bewertung vom 12.06.2021

Alles, was wir wissen und was nicht


sehr gut

Interessante, bunte und prall gefüllte Enzyklopädie für die ganze Familie

Die Welt ist voller Wunder. „Alles, was wir wissen und was nicht“ stellt einige davon vor und noch viel mehr. Das Buch ist eine umfangreiche Enzyklopädie der besonderen Art.
Im ersten Kapitel geht es um das „Universum“, seine Entstehung, Galaxien, Planeten, aber auch z.B. um Raumschiffe. Kapitel 2 widmet sich der „Erde“, ihr Inneres wird genauso thematisiert wie Berge, Gesteine, Wasser, Wetter oder Naturkatastrophen. Kapitel drei „Materie“ befasst sich mit Physik und Chemie: Atomen, Energien, der Schwerkraft oder einfachen Maschinen. Im Kapitel „Leben“ nimmt Biologie die Hauptrolle ein, es geht beispielsweise um Evolution, Pflanzen, Tiere oder den Regenwald. Die „Menschen“ stehen im Kapitel 5 im Fokus, ihr Körper, ihre Gefühle, ihr Glaube, Kunst, aber auch Geld, Arbeit oder Gesetze. Kapitel 6 nimmt die Leser mit auf eine Reise ins „Altertum und Mittelalter“: Mesopotamien, Stonehenge, die Alten Perser, Griechen oder Römer. Weiter geht es in Kapitel 7 mit „Modernen Zeiten“: Renaissance, Azteken, Meilensteine der Medizin oder die Weltkriege stellen hier u.a. die Themen dar. Den Abschluss bildet das achte Kapitel „Heute und Morgen“. Hier wird internationaler Handel genauso behandelt wie etwa Internet, Klimawandel, Energien oder die Zukunft.

Jede Doppelseite bezieht sich auf ein allgemeines Thema, das für Kinder ab ca. zehn Jahren relativ altersgemäß aufbereitet wurde. Auf den einzelnen Seiten sind kurze, recht gut verständlich formulierte Informationstexte abgedruckt. Einige Fremdwörter und Fachbegriffe werden Erwachsene jüngeren Lesern vermutlich genauer erklären müssen, aber die Abschnitte sind so interessant und vielfältig aufgemacht, bieten allerhand Bestaunenswertes, dass nicht jedes Wort exakt verstanden werden muss.
Zahlreiche Bilder und Grafiken gestalten die Seiten sehr abwechslungsreich und motivierend. Immer wieder werden bekannte Wissenschaftler vorgestellt, aktuelle Experten und Expertinnen kommen mit Kommentaren zu Wort.

Im Vorwort gesteht Herausgeber Christopher Lloyd ein „Morgenmensch“ zu sein. Er erzählt, dass er schon beim Aufstehen vor Neugier platzt. Und das ist wirklich gut nachzuvollziehen. Das Leben ist verrückt und aufregend, es gibt so viel zu erforschen und lernen. Das zeigt „Alles, was wir wissen und was nicht“ sehr eindrücklich.
Ein dickes Buch voller Wunder, zum Immer-wieder-Anschauen, Nachschlagen, Neueslernen und zum Einfach-nur-Schmökern. Verschiedene Disziplinen der Wissenschaft wie Physik, Biologie, Chemie, Geographie, Geschichte oder Wirtschaft werden in diesem bunt bebilderten Lexikon näher vorgestellt. Die unzähligen Fakten, Fotos, Rekorden machen Lust auf mehr Wissen und laden ein, Dingen auf den Grund zu gehen und Neues zu entdecken. Hier wird die Welt erklärt und dabei gleichzeitig begreiflich gemacht, dass es auch vieles Unerklärliche gibt und dass Wissen Grenzen hat. Ein absolut empfehlenswertes Buch für alle neugierigen Familien mit Forscher- und Wissensdrang.

Bewertung vom 01.06.2021
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen


sehr gut

Ein besonderer Roadtrip zu Fuß mit interessanten Bekanntschaften und vielen Kindheitserinnerungen

Edna und Jacob gehören zu den Schwabenkindern. Sie stammen aus Bergdörfern und werden von ihren bitterarmen Familien vor dem zweiten Weltkrieg als Arbeitskräfte an einen Bauern in Oberschwaben verkauft. Das Leben auf dem Hof ist für beide hart und schrecklich. Sie nehmen sich vor, gemeinsam mit dem Papagei Emil zu fliehen. Jahrzehnte später erfährt Edna, die mittlerweile eine alte Frau ist, aus der Zeitung, dass Jacob einen Unfall hatte und in Ravensburg verletzt im Krankenhaus liegt. Sie macht sich zu Fuß von Südtirol aus auf den Weg, um Jacob im Krankenhaus zu besuchen und um ein Versprechen zu erfüllen, das sie ihm als Kind gab. Unterwegs trifft sie auf einige interessante Menschen und führt mit ihnen intensive Gespräche

Romina Casagrandes Roman „Als wir uns die Welt versprachen“ liest sich angenehm und unkompliziert. Die Autorin schildert Ednas aktuelle Situation, ihre Reise nach Ravensburg und lässt sie in Rückblenden von ihrer Kindheit erzählen. Dabei webt sie immer wieder viele schöne, weise, traurige, manchmal fast poetische Sätze zum Nachdenken in ihre Geschichte mit ein.

Edna ist eine wirklich besondere Frau mit extrem starken Willen. Die Zeit auf dem Bauernhof ist für sie mit schrecklichen Erinnerungen und harter Arbeit verbunden. Sie hat dort nie ihren Platz gefunden, hielt sich stets für unzulänglich: „Ednas Bestimmung schien es zu sein, rastlos von einem Ort zum anderen zu schwirren wie eine Biene auf der Suche nach ihrem Stock, bemüht, alles gut zu machen, da sie doch zu nichts gut war.“
Die Figur Edna hat mir imponiert. Obwohl sie schon sehr alt ist, hat sie ihren Mut und ihre Tatkraft nicht verloren. Sie tut alles, um zu Jacob zu kommen. Eine beeindruckende Frau, ein Weggefährte fasst es treffend zusammen: „Sie haben alles daran gesetzt, so schnell wie möglich an ihr Ziel zu kommen. Das nennt man Beharrlichkeit. Klar, das hat sicher auch was von Verrücktheit, aber nur für Menschen mit wenig Phantasie. Dabei ist es doch eine Frage von Herz. Und von Mut. Sie haben ihren Traum und kämpfen dafür. Wie die Allergrößten.“

Ednas Reise ist ein wie ein Roadtrip zu Fuß, eine Art Pilgerreise. Edna trifft auf ganz unterschiedliche Leute, denen sie Teile ihrer Geschichte erzählt und die Edna wichtige Gedankenanstöße mitgeben. Jede Begegnung verändert einen Menschen, inspiriert ihn, das wird hier sehr deutlich. Allerdings haben die Begegnungen auch viel Märchenhaftes an sich, sie wirken nicht wirklich realistisch, müssen sie vielleicht aber auch gar nicht. Letztendlich weiß Edna:
„Das wirkliche Leben war kein Märchen. Manchmal geschahen die Dinge ohne logischen Zusammenhang, man musste darauf achten, den Felsbrocken auszuweichen und sich nicht erschlagen zu lassen.“
Das Schicksal der Schwabenkinder ging mir sehr nahe. Grausam, dass auf den Höfen so vielen Kindern ihre Kindheit gestohlen wurde, viele Kinde mussten entsetzlich leiden, einige bezahlten mit dem Leben. Romina Casagrande macht auf diesen unbekannten Teil der Geschichte Südtirols zurecht aufmerksam.
Auch wenn nicht alle Stationen von Ednas Reise hundertprozentig überzeugend geschildert wurden, so hat mir Ednas Geschichte doch recht gut gefallen. Sie liefert einige Anregungen zum Nachdenken über das Leben und macht trotz mancher dunkler Kapitel Mut: „Wo etwas endet beginnt das Neue und was zuweilen grausam erscheint, geschieht manchmal um Gutes zu bewirken. Nur eins ist wichtig, Frau Edna, man darf nie stehen bleiben. Und ich glaube, dass sie diese Lektion gut gelernt haben.“

Bewertung vom 29.05.2021
Wolz, Heiko

Wächter der Lüfte / Falcon Peak Bd.1


gut

Harry Potter trifft auf Animox: Hochspannung zum Schluss, aber wenig einnehmende Hauptfiguren

„Eine ungeheure Energie schoss durch Kendricks Adern und versetzte jede Zelle seines Körpers in Schwingung. Kendrick fühl­te sich, als würde er auseinandergenommen und neu zusammen­ gesetzt. Allerdings verspürte er keine Schmerzen. Im Gegenteil, er hatte nie etwas Angenehmeres erlebt. Es fühlte sich richtig an.“

Der dreizehnjährige Kendrick geht seit diesem Schuljahr an die Mount Avelston School. Sein Vater ist dort der neue Headmaster, der Schulleiter. Das macht es für Kendrick, der adlige Vorfahren hat, natürlich auf der Schule nicht gerade leicht. Sein Mitschüler Clarence Dippdale und dessen Freunde provozieren ihn permanent. Die Mount Avelstone School ist eine ganz besondere Schule: Die Internatsschüler, die im weißen Flügel der Schule wohnen, pflegen eine jahrelange Feindschaft zu den Bewohnern des schwarzen Flügels. Als Kendrick seinen Mitschülerinnen heimlich auf den nahe gelegenen Falcon Peak folgt, macht er eine erstaunliche Beobachtung. Die Mädchen können sich in verschiedene Vögel verwandeln. Und damit nicht genug: Kendrick erfährt, dass auch seine Mutter zu den „Aves“ zählte und die Gestalt eines Falken annehmen konnte. Kendricks Lehrerin ist fest davon überzeugt, dass auch Kendrick ein Vogelwandler ist. Es stellt sich heraus, dass sie Recht behalten soll....

Autor Heiko Wolz schreibt gut verständlich, aber auch mitunter ein wenig „ausladend“, was recht gut zur magischen, mystischen Thematik passt. Ich würde das Lesealter bei zehn Jahren ansetzen. Die vielen englischen Ausdrücke erschweren jüngeren Kindern möglicherweise das flüssige Lesen.

Die Charaktere in „Falcon Peak“ haben sehr viel Potential. Menschen, die zu Vögeln werden können, das ist unheimlich faszinierend. Schon allein dieser Umstand macht die Figuren reizvoll. Leider wurde dieser Vorteil nach Meinung meiner Kinder und mir nicht genutzt. Ja, Kendrick und seine Mitschülerinnen haben es nicht leicht, sie befinden sich in der Pubertät, haben mit sich, dem Erwachsenenwerden und den Herausforderungen des Lebens als Aves zu kämpfen. Kendrick hat früh seine Mutter verloren, er hat Schwierigkeiten, sich anzupassen, fühlt sich in seiner Haut nicht wohl, wirkt heimatlos. Dass er sich im Umgang mit anderen nicht unkompliziert und gefällig gibt, ist verständlich. Leider war er uns auch sonst nicht recht angenehm, er blieb uns weitestgehend fremd. Ebenso erlebten wir seine Mitschülerinnen, ob es die überaus ehrgeizige Ivy ist, die besessen von der Vorstellung ist, etwas Besonderes zu sein oder die provokante Sienna, die nicht immer fair spielt. Uns war keine der Hauptfiguren richtig sympathisch und daher konnten wir uns nicht so in die Geschichte hineinversetzen, wie wir uns das gewünscht hätten. Die zahlreichen durchaus netten Nebenfiguren wie Bahar, Scarlett, Kelly, Amber oder Chloe waren für uns zudem schwer voneinander zu unterscheiden.

Das Setting der Reihe ist durchaus interessant. Ein Internat auf einer Burg, verfeindete Schüler aus verschiedenen Wohntrakten, das erinnert stark an Harry Potter. Menschen, die sich in Tiere verwandeln gibt es ebenso auch in anderen Reihen, z.B. in Animox. Der Traum vom Fliegen ist ein ganz besonderer, den jeder wohl schon einmal hatte. Für Kendrick wird er Wirklichkeit. Die Grundidee des Buchs ist gut, aber nicht neu, die Handlung ebensowenig. Gerade zum Schluss beim aufregenden Finale von „Wächter der Lüfte“ kommt zwar extreme Spannung auf, aber durchgehend fesseln und überzeugen konnte uns die Geschichte leider nicht. Uns fehlte das Mitfiebern mit den Hauptfiguren, die sich selbst und ihren eigenen Erfolg oft zu wichtig nehmen und dabei das Zusammenwirken mit anderen zu vergessen scheinen. Zu einem richtigen Abenteuer gehören für uns „richtige“ Helden. Bleibt zu hoffen, dass sich die Charaktere in den Fortsetzungen noch zu solchen entwickeln.

Bewertung vom 28.05.2021
Halls, Stacey

Die Verlorenen (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine Geschichte von zwei Müttern - kleine, feine Romanperle mit Atmosphäre

„Mein Herz war in Papier eingeschlagen. Nur für wenige Stunden hatte ich sie gekannt und doch mein ganzes Leben lang. Die Hebamme hatte sie mir heute Morgen erst gegeben, glitschig und blutig, doch die Erde hatte sich weitergedreht, und nun würde nichts mehr sein wie bisher.“

Bess Bright lebt 1754 in sehr ärmlichen Verhältnissen in London. Als sie sich auf eine kurze Affäre einlässt, bleibt diese nicht folgenlos. Sie wird schwanger und bringt eine Tochter, Clara, zur Welt. Die junge Frau sieht sich gezwungen, ihr Kind im Waisenhaus abzuliefern. Aber sie hat einen Traum, sie möchte ihre Tochter später unbedingt zu sich zurückholen. Nachdem sie genug Geld zusammengespart hat und das Waisenhaus aufsucht, um Clara zu sich zu nehmen, muss sie eine große Enttäuschung verkraften. Ihre Tochter lebt nicht mehr im Waisenhaus. Sie wurde nur einen Tag nach ihrer Ankunft von einer Frau abgeholt, die vorgab, ihre Mutter zu sein. Verzweifelt versucht Bess ihre Tochter zu finden und lernt dabei die reiche Witwe Alexandra kennen.

Stacey Halls Schreibstil liest sich flüssig und klar, wirkt aber dennoch authentisch und passt mit seinen klassischen Formulierungen gut zu der Zeit, in der die Geschichte spielt. Halls schreibt sowohl aus der Sicht von Bess, als auch aus der von Alexandra. Die Autorin schafft mit ihrer Sprache eine Atmosphäre, die es den Lesern leicht macht, sich in die Geschehnisse der Vergangenheit hineinzuversetzen.

Unterschiedlicher könnten die beiden Protagonistinnen Bess und Alexandra nicht sein. Die eine, Bess, muss täglich ums Überleben kämpfen, die andere, Alexandra, ist es gewohnt, bedient zu werden. Bess hat nur einen Traum, sie möchte ihre verloren Tochter zurück. Sie gibt nicht auf, ihre Stärke und Ausdauer beeindrucken. Alexandra hingegen scheint kein höheres Ziel zu haben. Nach dem Tod ihres Mannes lebt sie mit ihrer Tochter Charlotte und einigen Dienstboten sehr zurückgezogen. Als sie Bess, die sich nun Eliza nennt, als Kindermädchen einstellt, ist es mit ihrem ruhigen Leben vorbei und sie muss sich unangenehmen Wahrheiten stellen. Die Figurenkonstellation mit den komplett gegensätzlichen Frauen im Mittelpunkt hat mich überzeugt. Leben konnte damals so - einfach, ruhig, sauber, unkompliziert, komfortabel - und so - hart, ärmlich, schmutzig, gefährlich und ein täglicher Überlebenskampf- sein. Das wird anhand der Situation der beiden Frauen sehr anschaulich und eindrücklich dargestellt.

Mich hat Stacey Halls kleiner, feiner Roman begeistert. Sofort war ich von seiner ganz eigenen Stimmung, seiner Atmosphäre, gepackt, befand mich mitten im London des 18. Jahrhunderts, litt mit Bess, deren Lage so ausweglos scheint. Dass die Leser hier zwei unterschiedliche Perspektiven und Ansätze ein und derselben Geschichte präsentiert bekommen, empfand ich als gelungen. Im Mittelteil hätte es für manche Geschmäcker möglicherweise etwas beherzter vorwärtsgehen können. „Die Verlorenen“ ist ein leiser Roman mit ruhigem Erzähltempo, rund und stimmig aufgebaut, der seine Leser trotz der Düsternis in Bess Leben ein kleines bisschen glücklicher zurücklässt als vorher. Kein gänzlich neues Thema, aber dennoch hat mich diese bemerkenswerte Geschichte überrascht. Eine kleine, bescheidene Romanperle, die ihren unerwarteten Glanz erst nach und nach entfaltet. Ich möchte jedenfalls gerne noch mehr von Stacey Halls lesen.