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Raumzeitreisender
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 761 Bewertungen
Bewertung vom 18.02.2017
Ruiz Zafón, Carlos

Der Fürst des Nebels


sehr gut

Pakt mit dem Fürst der Finsternis

„Der Fürst des Nebels“ ist der erste Roman von Carlos Ruiz Zafón aus dem Jahr 1993. Es handelt sich um ein Jugendbuch, welches auch für Erwachsene geeignet ist. Insbesondere die Kenner der Barcelona-Romane werden neugierig sein auf Zafóns Anfangswerk.

Um den Kriegswirren zu entkommen bezieht Familie Carver im Jahre 1943 ein Landhaus in einem kleinen Fischerdorf. Sie erfahren, dass in dem Haus vor Jahren ein Junge gelebt hat, der auf mysteriöse Weise im Meer ums Leben gekommen ist. Im Haus und im nahe gelegenen Skulpturengarten geschehen seltsame Dinge.

Max, der Sohn des Uhrmachers Carver lernt Roland, den Enkel des Leuchtturmwärters Victor Kray kennen. Zusammen mit Alicia, der Schwester von Max, kommen sie in Berührung mit unheimlichen Mächten. Sie befinden sich im Einflussbereich des Fürsten des Nebels und die Wahrheit wird Schritt für Schritt aufgedeckt.

Auffallend sind die leicht verständliche Sprache und die Struktur, die bei Weitem nicht so komplex ist, wie die von „Der Schatten des Windes“. Einige Namenswiederholungen stechen ins Auge und auch der Umstand, dass statt von „Vater“ und „Mutter“ zu sprechen häufig die kompletten Namen genannt werden. Davon abgesehen hat Corelli einen Vorgänger und Parallelen sind auch zu „Marina“ erkennbar.

Bewertung vom 15.02.2017
Heisenberg, Werner

Der Teil und das Ganze


ausgezeichnet

Ein Klassiker der Wissenschaftsgeschichte

In „Der Teil und das Ganze“ zeichnet der deutsche Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg (1901-1976) seinen Lebensweg nach von seiner ersten Begegnung mit der Atomlehre im Jahre 1919 bis hin zu seiner Zeit als Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik. Das Besondere an dem Buch sind die Erinnerungen an Gespräche mit Fachkollegen (Albert Einstein, Wolfgang Pauli, Niels Bohr u.a.m.), aus denen die Denkweise und der jeweilige Entwicklungsstand hervorgehen.

Die Gespräche drehen sich nicht nur um Quantenmechanik und Atomphysik, sondern insbesondere um den daraus folgenden Wandel in der Philosophie. Das wird besonders in den Gesprächen mit der Philosophin Grete Hermann deutlich, die vehement die Kantsche Philosophie verteidigt. Aber auch die Gespräche mit Albert Einstein, der sich mit den Folgerungen aus der Quantenmechanik nicht anfreunden wollte, drehen sich um erkenntnistheoretische Fragen.

Heisenberg hat den Ersten und Zweiten Weltkrieg miterlebt. Er lernt Niels Bohr kennen, der an der politischen Situation in Deutschland großes Interesse zeigt. Lange arbeiten die beiden eng zusammen und unternehmen Wanderungen, bis die Freundschaft der beiden Fachkollegen in den Wirren des Krieges zerbricht. Heisenberg erläutert ausführlich seine Sicht der Entwicklung.

Das Buch ist 1969 erstmals veröffentlicht und seitdem immer wieder neu aufgelegt worden. Es ist ein Klassiker der Wissenschaftsgeschichte, der weit über den Rahmen der Physik hinausgeht und für ein breites Publikum geeignet ist. Werner Heisenberg gehört zu den führenden Köpfen auf dem Gebiet der Quantenmechanik. Die autobiografischen Elemente, die Ausflüge in die Politik und Geschichte, die Verbindungen zur Philosophie und die Gespräche mit Fachkollegen machen das Buch zu einem zeitlosen Werk.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.02.2017
Perutz, Leo

Nachts unter der steinernen Brücke


ausgezeichnet

Ein magisches Puzzle

Der historische Roman besteht aus vierzehn einzelnen Novellen, die Leo Perutz kunstvoll miteinander verwoben hat. Die Beziehungen zwischen den Erzählungen ergeben sich nach und nach und sind eine Herausforderung für die Leser. Diese werden zu Konstrukteuren einer Rahmenhandlung, die sich aus zeitlich ungeordneten einzelnen Handlungsfäden ergibt.

Die Protagonisten sind der Römische Kaiser und König von Böhmen Rudolf II, der vermögende Jude Mordechai Meisl, dessen hübsche Ehefrau Esther und der Rabbi Loew. Das ergibt sich aber erst aus dem Gesamtzusammenhang, da in den einzelnen Geschichten häufig andere Personen im Fokus stehen. Die Geschichten spielen in Prag um 1600.

Perutz ist ein Meister des magischen Realismus. Historie, Humor und Ironie fließen ein. Andere Autoren orientieren sich an seinen Werken. Auffallend ist, dass Perutz den Roman erst 1953, nach fast dreißig Jahren, fertiggestellt hat. Bedauerlich, dass der Roman, vermutlich aufgrund der Judenverfolgung im Dritten Reich, nicht die Aufmerksamkeit erhalten hat, die ihm zugestanden hätte.

Bewertung vom 02.02.2017
Laurain, Antoine

Der Hut des Präsidenten


ausgezeichnet

Antoine Laurain hat ein feinsinniges Buch über Träume und deren Verwirklichung geschrieben. Im Fokus stehen mehrere Menschen, die lediglich einen Anstoß brauchen, um aus dem faden Gleichklang ihres Alltags auszubrechen und sich positiv zu entfalten. Als Katalysator dient ein Hut und zwar der Hut des Präsidenten Francois Mitterrand. Der Besitzer des Hutes spürt die Magie der Veränderung und trifft Entscheidungen, die das Leben in neue Bahnen lenkt.

Es ist ein Buch über die positiven Kräfte, die in jedem Menschen schlummern und nur wachgerüttelt werden müssen. Der Schreibstil ist angenehm, aber nicht sentimental. Der Autor arbeitet mit Symbolen, die über den Hut hinausgehen. Die Geschichte lässt einfache, aber auch tiefergehende Interpretationen zu. Jedoch sollten die Leser sich von der rationalen Analyse nicht vereinnahmen lassen, sondern emotional eintauchen in die Magie des Romans und des Lebens.

Das Buch vermittelt eine Atmosphäre, die ich nach einer Kurzbeschreibung zum Inhalt nicht erwartet hätte. Es ist kein Comic wie „Die Maske“ mit Jim Carrey, sondern ein besinnliches Werk voller Magie. Der Hut symbolisiert eher den geheimnisvollen schwarzen Monolithen aus „2001: Odyssee im Weltraum“. Im Verlauf der Geschichte werden die Handlungsfäden auf wundersame Weise miteinander verwoben und zum Ende entsteht der Eindruck der Zirkularität. Ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt und das ist entscheidend.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.02.2017
Kausch, Thomas

Wie ich meine Tochter durchs Abitur brachte


sehr gut

Erziehung, humorvoll präsentiert

Autor Thomas Kausch, Journalist und Fernsehmoderator, bekennt sich in diesem Buch dazu, ein Helikopter-Vater, also ein überfürsorglicher Vater zu sein. Kennzeichen eines Helikopter-Vaters ist die exzessive Einmischung in die Angelegenheiten des Nachwuchses. Im Fokus steht seine Tochter Pauline, deren Erziehung er aus der Ich-Perspektive humorvoll und ironisch nachzeichnet.

Das Buch besteht aus siebenundzwanzig übersichtlichen Kapiteln, in denen Kausch seine Erziehungsbemühungen einem breiten Publikum verständlich vorstellt. Die Geschichte beginnt mit der Hochzeit in Mexiko und endet zwei Jahrzehnte später mit dem Abitur der Tochter. In der Zwischenzeit wird der Autor mit den Problemen konfrontiert, die viele Eltern kennen. Dazu gehören Kindergarten, Grundschule, weiterführende Schule und Pubertät.

Schon auf den ersten Seiten wird deutlich, dass der Autor unterhalten kann. Kausch nimmt sich und seine Erziehungsbemühungen auf die Schippe und das macht ihn sympathisch. Er wirkt als zwanghaft Getriebener, der glaubt, dass ohne seine Einmischung nichts funktioniert. Das führt zu kuriosen und manchmal peinlichen Situationen. Die positive Erwartung an das Buch wird bestätigt. Das Buch ist unterhaltsam.

Bewertung vom 29.01.2017
Jaud, Tommy

Hummeldumm


schlecht

Dumm - Saudumm - Hummeldumm

Das Buch handelt von einer Reisegruppe, bestehend aus neun unterschiedlichen Charakteren, die eine zweiwöchige Rundreise mit einem Bus durch Namibia absolvieren. Die Perspektive ist die des Ich-Erzählers Matze Klein. Als Besonderheit kommt hinzu, dass der Protagonist vergessen hat, die Reservierungsgebühr für seine neue Eigentumswohnung zu bezahlen, die er mit Freundin Sina, die ihn auf der Reise begleitet, beziehen möchte.

Was folgt, sind langatmige, oftmals kitschige Dialoge, die dem Leser die Freude an dem Buch nehmen. Die Charaktere sind klischeehaft und die Erzählung ist einfach langweilig. "Hummeldumm" ist eindeutig das schwächste Buch, welches ich von Tommy Jaud gelesen habe. Ich verstehe nicht, wie ein solches Buch, das mehr peinlich als lustig ist, in die Bestsellerlisten geraten konnte. Dabei bietet der Rahmen Potenzial für eine lustige Geschichte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.01.2017
Roth, Joseph

Hiob


sehr gut

„Erinnere dich … an Hiob. Ihm ist ähnliches geschehen wie dir.“ (125)

In diesem Roman erzählt Joseph Roth die Geschichte von dem Juden Mendel Singer und seiner Familie. Er ist Lehrer in Zuchnow (Russland), ist „gottesfürchtig und gewöhnlich“ (5) und hat vier Kinder, von denen das Jüngste behindert ist. Die Geschichte spielt in der Zeit von ca. 1900 bis nach dem Ersten Weltkrieg. Der Fokus liegt auf den Sorgen und Nöten der einfachen Menschen.

Protagonist Mendel Singer erleidet wie Hiob im Alten Testament schwere Schicksalsschläge, durch die sein Glaube erschüttert wird. Autor Roth zeigt auf, wie der Glaube verloren gehen, aber auch wie er zurückgewonnen werden kann. Das Leben ist nicht berechenbar. Der Mensch darf die Hoffnung nie aufgeben.

Das klingt nach einfachen Weisheiten, der Roman wirkt aber nicht konstruiert oder kitschig. Die gesellschaftlichen Verhältnisse im Ostjudentum werden anschaulich dargestellt. Die Auflösung von Familien und Gesellschaften war bedingt durch Krieg und Flucht real. Autor Roth ist es gelungen, eingerahmt in einen realen zeitgeschichtlichen Hintergrund, eine plausible, verständliche und lehrreiche Geschichte zu schreiben.

Bewertung vom 15.01.2017
Brown, Dan

Inferno / Robert Langdon Bd.4


gut

spannend, lehrreich, verwirrend

Inferno bietet, wie man es von Dan Brown gewohnt ist, eine Schnitzeljagd durch Städte mit historischer Bedeutung (Florenz, Venedig, Istanbul). Der Roman ist spannend und lehrreich, aber auch nicht frei von Widersprüchen bzw. nicht plausiblen Abläufen. Wenn man das Ende kennt, wundert man sich über den Ablauf.

Die Leser erfahren einiges über Architektur, Kunstgeschichte und insbesondere über Dantes „Göttliche Komödie“. Insofern bleibt Brown seiner Linie treu, historische Stätten und Reliquien in einen Thriller zu integrieren. Es ist erstaunlich, wie es Brown gelingt, so viel Handlung in ein relativ kleines Zeitfenster zu packen.

Inferno bietet aber auch ein Verwirrspiel hinsichtlich der Frage, wer welche Motivation hat bzw. wer auf welcher Seite steht. Verstärkt wird diese Verwirrung durch eingestreute Retrospektiven und Gedankengänge, die nicht immer plausibel erscheinen. Aber das zentrale Thema ist aktuell und beschäftigt die Menschheit.