Benutzer
Benutzername: 
easymarkt3
Wohnort: 
...

Bewertungen

Insgesamt 867 Bewertungen
Bewertung vom 02.08.2023
Page, Sally

Das Glück der Geschichtensammlerin (eBook, ePUB)


sehr gut

Jeder Mensch hat natürlich mindestens eine Geschichte!
Geschichten, gesammelt von Janice, einer besonderen, sympathischen Person mit vielen Fähigkeiten und Tugenden gegenüber ihrem Kundenstamm als Putzfrau, sie enden leider nicht alle in vollständigen Strängen. Die authentisch dargestellten Charaktere konfrontieren den Leser mit tief gehenden Themen wie Trauerbewältigung, Schuldgefühlen, Vergangenheitsbewältigung, Eheproblemen, Arroganz, Einsamkeit, Freundschaft und Liebe. Besonders die berührende Freundschaft zwischen Mrs. B und Janice mit der spannenden Fortsetzungsgeschichte über Becky Sharp führt zu einer erstaunlichen emotionalen Entwicklung der Hauptfigur, weg von ihren unangebrachten Schuldgefühlen besonders aus ihrer Kindheit und hin zu einer romantischen Beziehung. Die eher nüchterne und zurückhaltende Sprache, bei teils humorvoller, teils trauriger Wortwahl, gefällt ohne lästige Ausschmückungen. Das Buchcover präsentiert lose verteilt einige Motive aus den Geschichten. Insgesamt ein angenehmer Lesespaß!

Bewertung vom 01.08.2023
Garner, Alan

Treacle Walker


weniger gut

Verwirrend mit vielen Fragezeichen für mich
Das künstlerisch gestaltete Cover ist ansprechend entworfen mit einem jugendlichen Kopf als Untergrund für Bäume, einer alten Behausung nebst einer am Baum sitzenden Gestalt. Eine Blätterranke in schwarz umrahmt den mittigen, fjordgrünen Kopf. Der Junge Joseph Coppock liest Comics, sammelt Vogeleier und lebt wohl allein in einem ältlichen Haus mit einem Kaminschrank, kränklich an einem schwachsichtigen Auge, unter der Aufsicht von einem Augenheilkundigen – soweit verstehe ich diesen Teil als Realität. Mit den Figuren Treacle Walker, fahrender Händler und Lumpensammler sowie dem nackten Mann im Sumpf Thin Amren existiert im Buch eine magische Ebene, die in eine andere Zeit zurückführt. Dieser Junge hat mit jedem seiner Augen eine andere Wahrnehmung, kann scheinbar Phantasie und Realität nicht mehr trennen. Der Schreibstil voller amüsanter Wortschöpfungen und Kinderreime wirkt märchenhaft, jedoch ohne eigentlichen roten Faden, mit verwirrenden Ereignissen ohne fassbaren Sinn. Leider enttäuschend für mich!

Bewertung vom 31.07.2023
Vogel, Maja von

Mit der Queen ne Kutsche kapern / Plötzlich wach! Bd.1


ausgezeichnet

Das besondere Geheimnis der Frauen von Familie Wunderlich – humorvoll kreativ!
Dieser Band 1 erzählt von einer besonderen Wachsfigur, die plötzlich lebendig einen Ferientag der Kinder Annemie und Leo zu einem ganz spannenden Erlebnis werden lässt. Sämtliche Charaktere wirken teils etwas verrückt, meist liebenswert. Es geht um Freundschaft, Abenteuer und etwas Glasaugen-Magie samt einem wichtigen Geheimnis. Zusätzlich entwickeln die teils ganzseitigen Schwarzweiß-Zeichnungen eine humorvolle, liebenswerte Szenerie für Kinder ab 8 Jahren. Mit so vielen weiteren Wachsfiguren in diesem Museum lässt sich diese kreative Idee von dem Lebendig werden weiterer Figuren sicher fortsetzen. Außerdem ist der mysteriöse Hintergrund dieser Schwesternschaft als mögliche Bedrohung für Oma Fritz noch ungeklärt. Versehen mit größerer Schrift und lockeren Dialogen sorgt dieses Buch sicher für ein Lesevergnügen!

Bewertung vom 31.07.2023
Parvela, Timo

Der Pakt / Schatten Bd.1


sehr gut

Wer glaubt mit 13 Jahren wie Pete, die Hauptfigur, noch an den Weihnachtsmann?
Die Illustrationen sind überzeugend, das Cover gespenstisch ansprechend mit diesen teuflischen Augen. Es wird vom Weihnachtsland und von einem Tor und von Elpiö geschrieben. Es ist im Norden Finnlands, in Rovaniemi tatsächlich gelegen. Inhaltlich geht es um Schatten und böse und gute Gnome und Wichtel als eifrige Helfer des Weihnachtsmanns in der Weihnachtszeit, die besonders zur gruseligen Nachtzeit aktiv sind. Wie Pete bereit ist, sein voriges Leben gegen Saras Heilung getauscht hat, ist überzeugend als große Freundschaftsleistung herausgestellt worden, jedoch in Band 1 ohne befriedigende Auflösung mit dem Hinweis auf Band 2 in dieser Trilogie beendet. Die dunklen Mächte im Text sorgen natürlich für viel Spannung. Auf zwei Handlungssträngen – Petes Geschichte und die von Uudit, der Schattenflickerin – erfährt der junge Leser viel über die Bedeutung und Wirkung des Schattens für diese Menschen. Insgesamt eine wunderschöne Gestaltung!

Bewertung vom 30.07.2023
Martin, Amelia

Salz und Schokolade / Halloren-Saga Bd.2


sehr gut

Halle an der Saale und seine interessante Geschichte
Dieser Roman der Hallorensaga umfasst den Zeitraum von 1905 bis 1923. Neben den politischen Wirren verursacht durch den 1. Weltkrieg geht es besonders um den betrieblichen Ausbau der Schokoladenmanufaktur. Historische Meilensteine wie das Dreiklassenwahlrecht von Männern bis 1914, wie das Fehlen der Witwen- und Waisenversorgung oder die Ballinstadt Hamburg mit der bewegenden Geschichte von fünf Millionen Auswanderern machen deutsche Geschichte hier lebendig neben den Traditionen der Salzwirker und Halloren mit ihren Bruderschaften in Halle an der Saale, bis in unsere Gegenwart gepflegt. Die Geschichte um die reale, älteste Schokoladenfabrik Deutschlands rund um die fiktive Besitzer der Schokoladenfabrik David und Mendel und ihren gutbürgerlichen Familien gefällt. Gegensätzliche Charaktere sowohl aus dem Arbeiter- und Handwerkermilieu der Salzwirker als auch aus dem überaus begüterten Fabrikantenambiente sorgen für ausreichende, bildhafte Beschreibung des Arbeitslebens und der damals geltenden Gesellschaftsschranken.

Bewertung vom 28.07.2023
Storm, Andreas

Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2


sehr gut

Mehr als nur eine Akte……
Auf drei Zeitschienen, hier 1943, 1968 und 2016, verlaufen historisch teils fiktional aufbereitete Vorgänge des Franco-Regimes in Spanien – vorwiegend in Granada und Madrid neben Geschehnissen um Bonn und Berlin. Dabei geht es nicht nur um die Aufarbeitung der Vergangenheit mancher Väter sowohl in Kriegs- wie auch in Friedenszeiten besonders für die nachgewachsene Generation. Wie der Buchtitel suggeriert, geht es jedoch nicht nur um eine besondere, unter Verschluss gehaltene Akte, sondern auch um ein Bild, identifiziert als Beutekunst. Kreativ gestaltete Intrigen und politische Machenschaften an diversen Schauplätzen sorgen für spannende Ermittlungen mit plausiblen, unvorhersehbaren Aufklärungen. Geschichtlich die brutale Franco-Diktatur im Zusammenhang mit Hitlers doch engen Machenschaften zu verstricken, war mir neu. Insgesamt ein umfangreicher, kreativer Plot mit erfolgreicher Einlösung eines Versprechens – interessant geknüpft.

Bewertung vom 26.07.2023
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


gut

Ein interessanter historischer Roman über die Belle Epoche um 1911 in Paris!
Im Mittelpunkt steht der Raub des Gemäldes Leonardo da Vincis der Mona Lisa aus dem Louvre in Paris am 22. August 1911. Das Paris der damaligen Zeit mit ihren Künstlertreffs in Cafes, Bars mit berühmten Künstlern wie den Maler Pablo Picasso und den Dichter Guillaume Apollinaire wird anschaulich beschrieben, das ganze Flair der Kunst- und Kulturszene ist gut nachvollziehbar. Rund um Aufklärung des gestohlenen Bildes La Joconde entfalten sich sehr viele Nebenschauplätze z.B. um die Ausdruckstänzerin Isadora Duncan, die Bonnot-Bande oder den Satanisten Aleister Crowley, die diesen Kriminalfall sehr in die Länge ziehen, ihm viel an Spannung raubt. Die gängige Ausdrucksweise der Zeit um 1911/1912 lässt den Leser vielleicht ab und zu googlen. Gedanken zu Kunstfälscherei, Kopie oder Original werden aufgeworfen. Paris als das damalige Zentrum der Welt wird vorteilhaft und lebendig präsentiert.

Bewertung vom 24.07.2023
Becker, Jenifer

Zeiten der Langeweile


gut

Was für ein realistisch beschriebenes, digitales Löschprojekt!
In drei Teilen wird ein Prozess des vollkommenen Verschwindens beschrieben, vielleicht auf der Suche nach mehr Freiheit. Während es im ersten Teil um die Abgabe ihrer Doktorarbeit und um die Beendigung ihrer zwei Online-Seminare geht neben dem teils mühsamem Löschen sämtlicher ihrer Accounts und von Datenvolumen im Netz von Google bis zur Arbeitslosenmeldung in Berlin. Mit dem Recht auf Vergessen werden weg von digitaler Ausbeutung und Manipulation führt der Weg hier nicht zu Selbstfindung, sondern eher zu tiefer Einsamkeit und Entfremdung, zu einem Ausstieg aus unserer westlichen Zivilisation. Im zweiten Teil werden Streaming Dienste sowie Accounts bei Amazon Prime, Mubi und Netflix gekündigt, das Smartphone durch ein Dumbphone ersetzt und einschneidende, technische Veränderungen und der Wegfall von Apps verändern massiv den Alltag. Folgende neue Drop-out-Regeln gelten:
Ich lese jeden Tag hundert Seiten. Alles, was Seitenzahlen hatte, zählt.
Ich darf jeden Tag einen Film oder drei Folgen einer Serie auf DVD schauen. Mehr nicht.
Ich mache täglich dreißig Minuten Sport. Das kann alles von HIIT bis Yoga sein.
Überlegungen zu strenger werdenden Gesetzen zum Datenschutz, zu der gefühlten Auflösung vom Recht am eigenen Bild in öffentlichen Räumen, die früher nur für Personen des öffentlichen Lebens gegolten hatte oder zur Verletzung persönlicher Rechte auf Blogs oder Social-Media-Plattformen werden angeschnitten. Während es zunächst um den Ausstieg aus der digitalen Welt geht mit möglichst wenig sozialer Interaktion, geht es im dritten Teil um grundsätzliche Lebensfragen, um strahlungsfreie Zonen, um den herben Verlust von ausgewählten Freundschaften bis zu dem Moment tiefer Ratlosigkeit und Erschöpfung.
Die Benutzung zu vieler englischer Begriffe wie AMP, Unabomber, tradwife, Memes, Sub-Reddit, Flashmob etc. hat meinen Lesefluss sehr beeinträchtigt. Leser:innen älteren Jahrgangs könnten davon abgeschreckt werden.

Bewertung vom 23.07.2023
Lehane, Dennis

Sekunden der Gnade


sehr gut

Rassismus vor 50 Jahren in den USA – immer noch ein tief gehendes Thema.
Dieser Roman beginnt mit einer sehr wichtigen historischen Notiz und setzt Boston im Sommer 1974 in den Mittelpunkt des rassistischen, kriminellen Geschehens mit einem irischen Arbeiterviertel, dessen Schüler der dortigen Highschool per Bus in eine Highschool mit farbigen Schülern gebracht werden sollen. Bevor entschlossener Widerstand der Weißen nicht nur in Demonstrationen ausufert, verschwindet die 17-jährige Jules, Tochter der 42-jährigen, irischen Krankenhaushelferin Mary Pat und zeitgleich vermutet die örtliche Polizei einen Zusammenhang mit dem Tod eines schwarzen, jungen Mannes. Die Hauptfigur Mary Pat nimmt eigene Recherchen auf. Im Rückblick wird ihr ärmliches Familienleben in ihrem irischen Arbeiterviertel näher beleuchtet mit kernigen Dialogen, ihr Arbeitsplatzumfeld detailliert charakterisiert, sodass die damalige Atmosphäre voller Hass, Wut, Gewalt, Drogen und Rassismus eindrucksvoll beschrieben wird. Fast nur unter Einsatz brutaler Gewalt gelangt sie, die in ihrer Trauer nichts mehr zu verlieren hat, zu weiteren Erkenntnissen, die sie der verständnisvollen, menschlichen Gegenfigur Detective Bobby Coyne zuspielt. Der kraftvolle Spannungsbogen, bereichert durch erklärende Passagen voller Emotionen und Bostoner Örtlichkeiten, kulminiert in einer harschen Brutalität mit realitätsnahen Dialogen, die berühren. Eine Gegend mit mehr Problemen als nur Rassismus. Lesenswert!

Bewertung vom 21.07.2023
Fabiano, Germana

Mattanza


sehr gut

Mattanza, das Töten – nur von Thunfisch?
Über den Zeitraum von 1960 bis 2012 wird eine Entwicklungsgeschichte erzählt über eine süditalienische Insel, von einer Fischergemeinschaft vom Thunfischfang lebend bis zu ihrem Niedergang mit all ihren sehr alten Traditionen. Die Tourismusbranche interessiert sich für die kleine Insel Katria und schließlich wird das Überleben dieser Einheimischen sogar durch die zu große Flüchtlingsflut, durch zu viele Schiffsbrüchige aus dem Mittelmeer in überfüllten Zeltlagern bedroht. In diesem Zeitabriss über 52 Jahre Geschichte sterben nicht nur viele Menschen unnötig, sondern es macht sich auch Hoffnungslosigkeit breit in Zeiten von so viel Unglück und Verlust bis zur Enterbung trotz vorhandener Disziplin und Begabung im Zusammenhang mit traditioneller Fischerei. Wozu ist man in der Lage, um das zu bewahren, was man liebt? Andeutungsweise, sprachlich interessant eingebaut, finden sich unerwartete Antworten. Wenn man verklagt wird wegen Beihilfe zu illegaler Einwanderung statt weg zu sehen, wenn man einfach das Bedürfnis hat, einem Hilferuf Folge zu leisten, man aber dafür verklagt werden kann in unserer Gesellschaft – das führt zum Nachdenken. Ein interessanter Roman für mich!