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meany
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Seligenstadt

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Insgesamt 183 Bewertungen
Bewertung vom 26.05.2025
Dicker, Joël

Ein ungezähmtes Tier


gut

Klischee auf Hochglanzpapier

Das war nun mein vierter Roman des versierten Bestsellerautors - ich habe ihn als Hörbuch gehört, eindringlich und unaufdringlich gelesen von Torben Kessler. Und ich denke, bis auf weiteres ist mein Bedarf gedeckt.

Es ist ein höchst vergnügliches Spiel, das Dicker da mit seinem Publikum inszeniert. Mit seinen Rückblenden stellt es immer wieder alles davor Geschehene auf den Kopf. Da er das an den passenden Stellen einflicht, kann man durchaus einigermaßen den Überblick behalten. Nur am Ende, wo es Schlag auf Schlag geht, fiel mir das zunehmend schwer, aber da war es mir auch schon gar nicht mehr so wichtig, denn vor lauter Purzelbäumen schwirrte mir der Kopf. Insofern ist das Buch ein Meisterwerk: kunstvoll wie ein Makrameegeflecht gäbe es einen attraktiven Wandschmuck ab, würde aber als Tasche kein Gewicht tragen können.

Denn Tiefgang darf man hier absolut nicht erwarten. Sophie ist schon von vornherein "schön" für ihre fast vierzig Jahre und wird immer "schöner" - auf welche Weise, das kann sich der Leser selbst ausdenken. Der aufwendige Lebensstil reicher Leute drückt sich im Porsche aus und im Konsum von Champagner und Kaviar. Ob die Handlungsweisen der Akteure psychologisch nachzuvollziehen sind, tritt in den Hintergrund der Dramaturgie, auch wenn sich der Autor bemüht, in mehr oder weniger glaubwürdigen Dialogen die Motive zu erklären.

Wer noch nicht genug von Dickers Masche hat, wird auch hier wieder voll auf seine Kosten kommen. Immerhin ist das Buch ja auch nicht ganz so dick wie die vorangegangenen und deshalb gar kein schlechter Einstieg.

Bewertung vom 18.05.2025
Nicholas, Anna

Das Teufelshorn


gut

Das wahre Juwel in der Krone dieses Tals

Die in Deutschland wie in Großbritannien über die Maßen beliebte Urlaubsinsel Mallorca hat eigentlich das ganze Jahr über Saison. Nun wartet der Diogenes-Verlag mit einer Übersetzung eines bereits vor sechs Jahren erschienenen Krimis auf, der uns in jeglicher Hinsicht Appetit machen soll auf eine Reise dorthin und uns mit allerlei Informationen versorgt über die dortige Natur, allerlei Gebräuche und vor allem auch eine Menge den Mund wässernden Speisen. Als sprachlich Unkundige habe ich allerdings ein Glossar vermisst, auch eine Aussprachehilfe für die mallorquinischen Spezialbegriffe hätte ich als hilfreich empfunden.

Wir haben es hier mit einem Krimi zu tun, in dem sich die sympathische, engagierte Kommissarin mit mindestens zwei Fällen befasst: der Entführung eines kleinen Mädchens und einem brutalen Mord, dessen Spuren nach Südamerika führen. Die Ermittlungen leiten sich logisch aus den vorliegenden Indizien her und sind auch für zartere Gemüter nicht nicht allzu aufregend. Wie immer wieder nach einem Erfolg bei den Recherchen die Ergebnisse in mir reichlich gestelzt vorkommenden Dialogen referiert werden, erscheint mir ausgesprochen realitätsfremd. Das Ende ist so gestaltet, dass man zur Klärung offener Fragen eine Fortsetzung erwartet, die auf Englisch auch bereits vorliegt.

Bewertung vom 08.05.2025
Lugbauer, Eva

Schwimmen im Glas


sehr gut

Die Möglichkeit eines Ausgangs

In dieser Coming-of-Age-Geschichte eines Mädchens auf einem Dorf der Achtzigerjahre erzählt die auch als Lyrikerin erfolgreiche Eva Lugbauer die Vorgänge in Lores Kindheit . Dabei stehen Diskriminierungen durch ihre Brüder und andere männliche Bezugspersonen, aber auch deren Zudringlichkeiten im Vordergrund, konterkariert durch die besondere Rolle von Tante Ursula, der der Absprung in ein selbstständiges Leben als Künstlerin in der Stadt gelungen ist und die sich dann und wann ihrer Nichte annimmt.

Frühzeitig am Lesen interessiert und am Formulieren eigener Texte zum Beispiel im Tagebuch, in dem sie um einzelne Wörter regelrecht ringt, flicht die Autorin durch die Perspektive ihrer Protagonistin Betrachtungen ein über die Sprache an sich und wie diese die Kommunikation prägt. Der elaborierte Stil lebt nicht von langen Sätzen, die vermeintlich kindliche Sprache klingt lakonisch und zieht Andeutungen vor, deren Sinn man zwischen den Zeilen erfasst.

Dabei erörtert sie Themen, die allen vertraut sind: die Neugier auf Sex, die sich im Sammeln von "Busenbildern" äußert, das Nachdenken über "Zungenküsse", deren erste Erfahrung sich schließlich als sehr widerlich erweist. Pubertären Irritationen der introvertierten Jugendlichen stehen verständnislose, kontrollierende Eltern gegenüber. Die Erlebnisse auf dem Kindermaskenball haben mich sehr ergriffen.

Aus jedem Satz sprüht Zorn über die dauernde Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, und mir wird bewusst, wie selbstverständlich das damals das Gros der Gesellschaft akzeptierte. Nach etwa der Hälfte des Buchs kommt auch die Sicht der erwachsenen Lore ins Spiel, die eine gesunde, reflektierte Entwicklung aufzeigt.

Bewertung vom 05.05.2025
Dalton, Chloe

Hase und ich


ausgezeichnet

An der Schwelle zwischen den beiden Welten

Eine weltläufige, beruflich stark eingespannte Londonerin sieht sich durch die Coronamaßnahmen auf ihr Landgut zurückgeworfen, wo sie völlig neue Erfahrungen mit der Natur macht, als sie einen kleinen Feldhasen findet und ihn adoptiert, um sein Leben zu retten.

In grundlegendem Respekt vor dieser wilden Kreatur lernt sie, sich einzufühlen in dessen Erfordernisse. Internetrecherchen und Fachbücher helfen ihr, die richtigen Entscheidungen bezüglich Nahrung, Wohnstätte und Tagesablauf zu treffen, um dieser heiklen Situation gerecht zu werden. Subtil und detailreich beschreibt sie die Gestalt und die Entwicklung des unscheinbaren Tiers. In poetischer Sprache schildert sie fasziniert und eindrucksvoll ihre Beobachtungen einer ihr bis dahin fremden Welt. Dabei erkennt sie diese den Menschen meist verborgene, völlig unspektakuläre Sphäre, zu der sie mit viel Sensibilität Zugang findet und doch die gegebenen Grenzen achtet. Ihr gelingt es, sich harmonisch einzuschwingen in eine bisher unbekannte Existenzform, und die Ruhe, die sich dabei in ihr ausbreitet, vermittelt sie auch ihren Lesern.

Dynamik erhält die Story durch die Geburt zweier Häschen, die auch im Haus wohnen. Als die Population überhand nimmt, wundert es mich, was sich Chloe alles gefallen lässt. Sie teilt uns grundlegende Erkenntisse mit über den Eingriff der Menschen in die Umwelt und deren Auswirkungen und lässt uns teilhaben an philosophischen Betrachtungen zu diesem Thema und welchen Einfluss diese langfristig auf ihre Mentalität ausüben.

Für mich ist es ein Buch zum Durchatmen und zum Hinterfragen unserer gewohnten Prioritäten. Die Lektüre dieser Naturschilderung hat mich regelrecht des Alltagsgetriebes enthoben, das doch oft auch an unseren ganz elementaren Bedürfnissen vorbeigeht.

Bewertung vom 01.05.2025
Hope, Anna

Wo wir uns treffen


ausgezeichnet

Die verworrenen Netze des Leids

Schon im Vorfeld der Beisetzung ihres Vaters entbrennen die Auseinandersetzungen seiner drei Kinder um das hinterlassene hochherrschaftliche Anwesen in Südengland. Eine sieben Generationen alte Familientradition gilt es fortzuführen und zu entwickeln, und sowohl der Sohn als auch eine Tochter fühlen sich durch widersprüchliche Botschaften des Vaters dazu berufen: sie baut schon seit zehn Jahren einen ökologischen Landwirtschaftsbetrieb auf, ihm steht der Finanzier für ein Wellnessressort zur Seite. Eine periphere Rolle spielen zwei emotional eingeflochtene Angestellte. Die herbeizitierte Tochter einer ehemaligen langjährigen Geliebten des Verblichenen aus den USA befeuert mit ihren Erkenntnissen die Angelegenheit und gibt ihr wie ein Katalysator eine völlig neue Wendung, die sich natürlich auch auf die persönlichen Beziehungen auswirkt.

Es ist spannend zu lesen, wie sich Hope in die Lebensläufe hinein und durch sie hindurchtastet. Ein Muster ergibt sich von schmerzlich einander zugefügten Verletzungen, blinden Stellen, über die sie nicht kommunizieren können. Die Verwicklungen entblättern sich in Einzelepisoden und in Diskursen über Randthemen wie Kunstgeschichte und Umweltschutz im Hinblick auf künftige Generationen. Mit außerordentlicher Sensibilität stellt die Autorin die komplexen psychologischen Zusammenhänge dar, die sie logisch aus der Vergangenheit herleitet. Dabei kristallisiert sich der Grundkonflikt heraus - Tradition versus Erbsünde.

Am meisten hat mich beeindruckt, wie Hope aus der unheilvollen Vergangenheit getreu ihrem Namen (!) einen Hoffnungsschimmer erwachsen lässt, indem sie sich mit der Frage auseinandersetzt, ob Heilung möglich ist, ob aus Üblem letztendlich Gutes entstehen kann, gipfelnd in der Erkenntnis: "Die Zukunft ist da".

Bewertung vom 24.04.2025
Stower, Adam

Bei den Wikingern / Muffin und Tört! Bd.1


sehr gut

Die Trolle jagen sich nicht von allein

Auf dieses Kinderbuch musste ich mich ganz bewusst einlassen, aber die Jugend hat wohl einen anderen Humor als unsereins. Und Humor spielt eine ganz große Rolle in dieser Mischform zwischen einem Comic und einer Geschichte für Leseanfänger.

Die beiden eigenartigen und gegensätzlichen Charaktere Muffin, ein fauler Kater, und Tört, ein quirliges Kaninchen, verschlägt es durch Zufall in ein Abenteuer, im Laufe dessen sie den Wikinger Eierich von den Trollen befreien müssen. Dabei kommen ihnen derart hanebüchene Wendungen zugute, dass sich die Kinder sicher den Bauch halten vor Lachen. In ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Zeichnungen bildet Adam Stower die ganzen Aufregungen deutlich ab, sodass lange Texte überflüssig werden. Trotzdem werden Zweitklässer aufgrund der Dicke des Bands vielleicht erst einmal davon Abstand nehmen, ihn auch nur aufzuschlagen. Tun sie es dann doch, werden sie ihre helle Freude haben.

Bewertung vom 24.04.2025
Scheffel, Annika

Wanda


ausgezeichnet

Können Nashörner lachen?

Es beginnt mit zwei Erzählsträngen: in Berlin entweicht eine Bärin aus ihrem Gehege und gleichzeitig beenden Pflegeeltern Wandas Aufenthalt bei ihnen, worauf diese sich einen Unterschlupf in einem leerstehenden Gebäude nahe dem Zoo sucht, um nicht mehr ins Heim gesteckt zu werden. Den Grund dafür erfährt man nur andeutungsweise, der offensichtlich mit einem schicksalsbedingten nicht immer gezügelten Temperament Wandas zusammenhängt. Alle Geschehnisse werden aus ihrer Perspektive berichtet in imaginären Dialogen mit der Sozialarbeiterin Frau Wilhelm und ihrer besten Freundin Toni, deren aufbauende Weisheiten Wanda gerne zitiert. Beide Handlungen verweben sich ineinander, als die Parallelen in Wandas Lebenlauf und dem der Bärin immer offensichtlicher werden und sich Wanda für das Tier engagiert. Auf ihrem Weg trifft sie Menschen, die an Defiziten leiden und Ungerechtigkeiten erdulden müssen, daraus ergibt sich eine liebevolle und fruchtbare Zusammenarbeit. Ganz Berlin steht kopf, weil dem Finder der Bärin die Erfüllung eines Herzenswunschs versprochen wird. Als plötzlich nach dem vermeintlichen Happy End die Realität hart über die Protagonisten hereinbricht, vermeidet Scheffel interessanterweise Polarisierungen, sondern sucht neue Lösungen.

Während der Odyssee durch Berlin auf der Suche nach der Bärin lernt man die Stadt im Laufe des Buchs in einem ganz neuen Licht kennen, indem Scheffel eine ausgesprochen poetische Sprache mit jugendlicher Schnodderigkeit vermischt. Für Gefühle fallen ihr treffende Bilder ein ("Gedanken wie kochendes Wasser") und sie formuliert kluge Gedanken: "Geht etwas gut aus, wenn man seinen größten Wunsch erfüllt bekommt?" Aus der Distanz betrachtet wirkt alles surreal, es entsteht ein gewisser Mysteryfaktor ohne Geistererscheinungen, der in der Erkenntnis gipfelt: bei all den unterschiedlichen Träumen, Wünschen und Ängsten kann die Macht der Fantasie einen Ausweg eröffnen.

Ich habe dieses bewusstseinerweiternde Jugendbuch, bei dem ich elf Jahre für zu früh angesetzt halte, auch als Erwachsener mit Gewinn gelesen.

Bewertung vom 20.04.2025
Gregor, Susanne

Halbe Leben


sehr gut

Vom Rand des Lebens aus betrachtet ist alles möglich

Die Katastrophe passiert gleich zu Beginn, und dann setzt die Rückblende ein, die das Ganze erklären soll.

Scheinbar mühelos aufgrund der beruflichen Vorbildung und eines natürlichen Talents bekommt die rumänische Pflegekraft Paulina die Probleme in Klaras Haushalt in den Griff - eine wahre Perle offensichtlich. Darauf baut Klara voller Vertrauen und Freude, um sich wieder ihren eigentlichen Lebenszielen zuwenden zu können. Wegen ihrer pflegebedürftigen Mutter Irene vernachlässigte sie ihre beruflichen Verpflichtungen und musste den Wunsch nach einen zweiten Kind auf Eis legen: all das scheint plötzlich wieder möglich. Nur zu gern glaubt sie Paulina, dass deren beiden Söhne daheim gut versorgt sind, und ignoriert, als dort die Situation entgleitet.

Ab einem gewissen Kipppunkt driften die jeweiligen Bedürfnisse und Erwartungen völlig auseinander, und es entsteht eine destruktive Dynamik, die ich als Leser atemlos verfolge.

Die Handlungen der Personen entwickelt Gregor folgerichtig aus den Charakteren, die statt einer Symbiose mehr und mehr kontraproduktiv gegeneinander agieren. Dabei spielt das Ungleichgewicht der Lebensumstände die Hauptrolle, wegen derer osteuropäische Frauen solche Dienstverhältnisse im Westen letztendlich erst eingehen. Die Lage eskaliert unaufhaltsam, und am Ende reicht eine kleine Bewegung für die grausame Konsequenz.

Dieser Roman bietet eine gute Vorlage, über die Frauen nachzudenken, deren Einsatz so manches familiäre Dilemma bei uns löst, vor deren persönlichen Folgen in der Heimat wir aber meistens unsere Augen verschließen.

Bewertung vom 16.04.2025
Wauters, Wendy

Die Gerüche der Kathedrale


sehr gut

Stinkende Pilger

Ausgehend von den olfaktorischen Bedingungen im mächtigsten Gotteshaus Antwerpens im 16. Jahrhundert weitet Wauters in ihrer laiengerecht aufbereiteten Doktorarbeit unseren Blick auf die allgemeinen Lebensbedingungen dieser Zeit unter besonderer Berücksichtigung der Spiritualität.

Allgemeinverständlich und übersichtlich strukturiert präsentiert sie erstaunliche Fakten, die sie anhand der damit verbundenen Sinneseindrück fokussiert, wie zum Beispiel die Funktion des Weihrauchs, die Auswüchse bei Prozessionen sowohl im Hinblick auf deren äußere Pracht als auch das Benehmen der Teilnehmer und ganz eindringlich die gesellschaftlichen Herausforderungen durch die Pestepidemien. Ich habe Interessantes erfahren über das Weltbild der Ära, die Sozialstruktur, den Glauben, die Medizin, vor allem auch über die politischen Umstürze im Zusammenhang mit der Reformation. Wauters informiert uns über den Sinn kirchenbaulicher Elemente wie Hochchor und Lettner sowie über die Liturgie und Dogmatik im Wandel der Zeiten und im Vergleich der Konfessionen. So manches für uns Kurioses beschreibt sie voller Respekt und Verständnis.

Durch die Lektüre habe ich einen neuen Blick gewonnen für künftige Besichtigungen, die uns in dem heutigen Bauzustand nicht mehr den Einfluss der Zünfte, Gilden und anderer Verbindungen vor Augen führen, sich manifestierend in der Fülle und Ausstattung der Altäre. Die Ehrfurcht der damals Gläubigen vor dem Sakrament können wir heute nur noch eingeschränkt nachempfinden.

Dem wissenschaftlichen Anspruch wird eine eingehend kommentierte Bibliographie gerecht, die allerdings fast ausschließlich Werke aus dem niederländischen und englischen Sprachraum umfasst.

Bei allem Respekt vor der schriftstellerischen Leistung hat mich am meisten der als opulent angekündigte Bildteil enttäuscht: sind die Illustrationen auch gut gewählt und aussagekräftig, fand ich das dauernde Blättern wegen der Konzentration in der Buchmitte anstrengend. Die geringe Größe der einzelnen Bilder hat mir das Erkennen der angesprochenen Details schier unmöglich gemacht - man müsste sich denn einer Lupe bedienen.

Bewertung vom 04.04.2025
Ægisdóttir, Eva Björg

Verlassen / Mörderisches Island Bd.4


gut

Geschlossene Gesellschaft

Für mich ist der bemerkenswerteste Aspekt dieses Krimis der formale Aufbau: ganz spät erst erfährt man, wer überhaupt das Opfer ist, das schon gleich anfangs ums Leben kommt. In Frage kommen einige, denn gelegentlich vermisst man Teilnehmer dieses chaotischen Familientreffens. Kommissare treten auch frühzeitig auf, aber kaum in Erscheinung. Die Autorin hat also ein neckisches Spielchen eingefädelt für ihre Leser.

Sympathisch ist mir keiner der Akteure, bis auf die Kinder und Jugendlichen, die ja nichts können für dieses begüterte, aber emotional zurückgebliebene Umfeld. Aus deren wechselnden Perspektiven schaut man auf das Geschehen, die blinden Flecken überlappen sich. Alle Verwandten haben Leichen im Keller, und ein aufdringliches Zimmermädchen bringt auch kein Licht ins Dunkel.

Im Vordergrund steht ohnehin das Psychogramm und die Gruppendynamik, aber eine ebenso wichtige Rolle spielt die Dramaturgie, die allerdings das Werkzeug des Cliffhangers etwas überstrapaziert. Zum Schluss hin schlägt der Handlungsverlauf mehr und mehr haarsträubende Kapriolen, bei denen die Logik und psychologische Schlüssigkeit manchmal arg an den Haaren herbeigezogen wird.

Aber wie auch immer: ein Bestseller ist bereits daraus geworden.