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hasirasi2
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Dresden

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Insgesamt 1230 Bewertungen
Bewertung vom 14.05.2025
Farnsworth, Lauren

Das Pubquiz für einsame Herzen


gut

Deprimierende Schicksale

Donna wollte eigentlich nur 3–4 Leute finden, die donnerstagabends mit ihr am Pub-Quiz im „Five Bells“ teilnehmen. Doch als es beim ersten Mal ganz gut läuft und sie erfahren, dass das große Jahresturnier der London Pub Quiz League ausgerechnet in ihrer Kneipe stattfindet – mit 10.000 £ Preisgeld – entscheiden sie sich spontan, mitzumachen. Und obwohl es ihnen angeblich nur um den Spaß geht, wird schnell klar, dass sie vor allem Gesellschaft brauchen und das Preisgeld einige Probleme lösen würde.

Lange hat mich ein Buch nicht mehr so zwiegespalten zurückgelassen. Es beginnt als locker-leichte Unterhaltung: Fünf junge Londoner suchen Anschluss und Zerstreuung – wobei es eigentlich nur vier sind, denn Luke wird von seiner Freundin Jaime mitgeschleppt. Sie hat genug von seiner Sozialphobie. Nach ihrem Kunststudium ist er mit ihr nach London gezogen. Während ihm seine Autorennspiele am PC völlig ausreichen, sehnt sie sich nach neuen Freundschaften.
Harry wurde gerade entlassen – und gleichzeitig von seiner Freundin verlassen. Bryony wurde mit 17 zum ersten Mal Mutter und will mit Anfang 30, als ihre Kinder langsam selbstständiger werden, endlich auch mal wieder etwas für sich tun, statt sich nur um den Haushalt zu kümmern. Donna hatte früher schon einmal eine Quiz-Runde, aber ihre Mitstreiter sind irgendwann abgesprungen.
So weit, so gut.
Doch dann beginnt das Drama. Nach und nach erfährt man von den Problemen der Quizzer, die sie voreinander geheim halten – was alles nur noch schlimmer macht. Man begleitet sie beim Scheitern, beim Abgleiten in persönliche Krisen. Sie wirken unbeholfen, teils sogar unreif, obwohl die Jüngste immerhin schon 24 ist – und alle (oder zumindest bis vor Kurzem) einen Job haben. Das empfand ich als wenig glaubwürdig. Am liebsten hätte ich sie regelmäßig geschüttelt und zu einem Therapeuten geschickt. Mit der Zeit wurde die Geschichte zunehmend bedrückend und hat mich beim Lesen ganz schön runtergezogen.

Und auch wenn am Ende dann doch vieles irgendwie wieder gut wird, konnte mich Lauren Farnsworth leider nicht begeistern.

Bewertung vom 09.05.2025
Kuhlmann, Stefan

Umweg zum Sommer


ausgezeichnet

One-Hit-Wonder?

„Martin, ich will dir nicht zu nahe treten, aber dein letzter großer Hit ist sechsundzwanzig Jahre alt.“ (S. 11) Martin ist 49, Bassist und versucht seit Jahren erfolglos, an seinen einzigen Hit von 1999 anzuknüpfen. Sein Agent lässt sich schon lange am Telefon verleugnen, und wenn ihm seine Schwester Nicole nicht immer wieder Geld leihen würde, müsste er in seinem uralten Volvo wohnen. Seine ganze Hoffnung ruht auf einem Rock Festival im Portugal, wo er für einen ausgefallenen Bassisten einspringen soll. Eine Gage gibt es nicht und auch die Anreise muss er selber finanzieren, aber er darf seinen alten Hit und zwei neue Songs spielen. Ausgerechnet da hat Nicole einen Burnout, wird in eine Reha-Klinik eingewiesen und Martin soll auf seinen zwölfjährigen Neffen Karl aufpassen, den er für einen Nerd, Besserwisser, Klugscheißer und uncool hält. „Halb Physiker, halb Kind… Mit Zahlen und Statistiken konnte Karl souverän jonglieren, aber seine Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen, war immer noch komplett unterentwickelt. (S. 20) Wenigstens sind gerade Sommerferien, aber der Plan, Karl heimlich bei seiner Oma zu lassen, wird von diesem boykottiert. Stattdessen machen sie zu zweit einen Roadtrip quer durch Europa, ernähren sich überwiegend von Fast-Food und versuchen, die Nächte bei Martins Verflossenen zu verbringen, um das Geld für die Übernachtungen zu sparen. Immer dabei sind das schlechte Gewissen und die Angst, dass Nicole ihnen auf die Schliche kommt und sie abbrechen müssen.

Martin ist nicht besonders reflektiert und hält sich für ein Gottesgeschenk an die Frauenwelt. Um so mehr erstaunt es ihn, dass nicht alle Ex-Freundinnen begeistert sind, wenn er mit Karl auf der Durchreise bei ihnen schlafen will. Im Gegensatz zu ihm haben sie sich weiterentwickelt. Er lebt zwar immer noch für die Musik, kann aber nicht von ihr leben. Zumindest nicht bis zum nächsten großen Hit, wie er nicht müde wird, zu betonen. Um Karl kümmert er sich zwar seit dessen Geburt gezwungenermaßen regelmäßig, ist allerdings nie so richtig mit ihm warm geworden.
Karl scheint Wikipedia auswendig zu können, hasst Obst und Gemüse in jeglicher Form, nimmt überall seinen Plüsch-Orca mit hin (was Martin extrem peinlich ist) und verwandelt sich langsam in ein Pubertier. Außerdem manipuliert und erpresst er Martin, um zu bekommen, was er will – schließlich darf Nicole nicht mitbekommen, dass sie gar nicht zu Hause sind. Und er kann sich wie ein Kleinkind gebärden, wenn er das dritte Pain au chocolat oder Pasteis de Nata will.

Abgesehen von ihren kleinen Problemchen miteinander, ist derr Roadtrip ein echtes Abenteuer, das sie zusammenwachsen lässt. Das alte Auto macht Probleme, sie werden zu Flüchtlingshelfern, treffen Sting, treten gemeinsam als Straßenmusiker auf und Karl klaut und verliebt sich zum ersten Mal. Martin wird klar, dass Karl ein viel besserer Mensch ist als er, mitfühlender und unvoreingenommener. „Diese Reise hatte nicht nur Martin und Karl verändert. Sie veränderte alles.“ (S. 330)

Stefan Kuhlman schreibt unglaublich mitreißend, unterhaltsam und berührend. Ich habe „Umwege zum Sommer“ an nur 2 Abenden förmlich verschlungen und mag, wie er seine Protagonisten auf die Schippe nimmt (vor allem Martin) und sie beide (!) erwachsen werden lässt.

Bewertung vom 07.05.2025
Achilles

Lügen haben schnelle Beine / Laufende Ermittlungen Bd.2


ausgezeichnet

Mission Romeo

„Ein Schuss, ein Tod. Mitten ins Herz.“ (S. 12) Eigentlich ist Kommissar Peer Pedes mit seiner Mutter im Olympiastadion, um das Spiel Hertha gegen Kaiserslautern zu sehen, als ein Politiker auf der Ehrentribüne zusammenbricht. Was wie ein Herzinfarkt aussieht, erweist sich als perfekter Kopfschuss durch einen Scharfschützen. Peer wähnt sich schon als leitender Ermittler, schließlich war er live dabei, aber leider wird ihm wieder sein Konkurrent Koslowski vorgezogen. Doch dann wird am Tatort der Fingerabdruck einer Kollegin gefunden. Marina ist eine brillante Scharfschützen aus dem Präzisionsschützenkommando und hat mit Peer mehrere Jahre zusammen in der Sportfördergruppe der Polizei trainiert. Da die erste Regel in lautet: „Gegen Kolleginnen und Kollegen wird nicht ermittelt, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.“ (S. 38), soll ihr Peer unauffällig auf den Zahn fühlen (schließlich hat es vor Jahren schon mal zwischen ihnen geknistert), während sie zusammen für den Berlin Triathlon in drei Wochen trainiert. Leider kann er weder besonders gut Fahrradfahren noch Schwimmen. Damit die Aktion nicht zu auffällig ist, setzt er durch, dass Koslowski wieder gegen ihn antreten muss.

Wie schon der erste Teil „Nur der Tod ist schneller“ hat mir auch „Lügen haben schnelle Beine“ sehr gut gefallen. Peer ist sowohl im Sport als auch bei der Arbeit ein echter Einzelkämpfer. Zum Glück liebt seine Kollegin Stephanie Recherchearbeit und hält ihm den Rücken frei. Trotzdem wird die Zeit knapp, denn der Sniper schlägt noch zwei Mal zu. Und obwohl vieles auf Marina als Täterin hinweist, hat sie Alibis und kein Motiv für die Morde. Außerdem muss Peer ja auch noch für den Triathlon trainieren, dabei schwimmt er wie eine bleierne Ente und das alte Diamant 167 seines Vaters müsste dringend überholt werden, damit er damit eine echte Chance gegen Koslowskis Hightech-Ausrüstung hat.
Im Rahmen der Ermittlungen erfährt Peer durch ehemalige Freunde und Kollegen seiner verstorbenen Vaters mehr über dessen Zeit nach dem ungerechtfertigten Rausschmiss bei der Polizei, und auch seine langsam in die Demenz abgleitende Mutter trägt zur Auflösung des Falls bei.

Peers Durchhaltevermögen und der unbedingte Wille zum Sieg haben mir wieder imponiert – sowohl im Job als auch beim Triathlon geht er über seine Grenzen und körperliche Leistungsfähigkeit hinaus. Trotzdem kümmert er sich liebevoll um seine Mutter, achtet auf seine Kollegin und die jungen Ukrainerin Uli, die nochmal als V-Frau eingesetzt wird und nebenbei ihr eigenes Süppchen kocht …

5 Sterne für diesen außergewöhnlichen und im doppelten Wortsinn sportlichen Krimi.

Bewertung vom 06.05.2025
Archan, Isabella

Die Schlange von Sirmione (eBook, ePUB)


sehr gut

Das tödliche Poem

„Da begegne ich dem Eistüten–König vom Gardasee und statt leckerem Eis bringt er mir eine arme Schlange vorbei …“ (S. 33)
Weil die Wiener Chefinspektorin Edwina Teufel ihrem Nachnamen alle Ehre gemacht hat und im Dienst zu oft ausgerastet ist, wurde sie für mehrere Monate freigestellt. Die verbringt sie am Gardasee, wo ihr Lebensgefährte Toni als Landschaftsgärtner arbeitet. Damit sie sich nicht zu sehr langweilt, hilft sie regelmäßig im Fundbüro von Rosa Rinaldini aus.
Eines Tages kommt ein verwirrter älterer Kunde und möchte sein „tödliches Poem“ zurück, dass er vor Jahren verloren hat. Da Edwina weiß nicht, wie sie ihm helfen kann, fängt er zu weinen an. Dann entdeckt sie die Schachtel in seiner Hand, deren Deckel sich bewegt. Sie öffnet sie und findet eine verletzte Zornnatter. Rosa erzählt ihr später, dass der Mann Giovanni di Levia war, dem ¾ aller Eisdielen in Sirmione und ein Hotel gehören. Doch sein Geld hat ihn nicht glücklich gemacht. Er hat drei dramatische Scheidungen hinter sich und ist nach jeder wunderlicher geworden.
Am nächsten Morgen erfährt Edwina von ihrer Vermieterin, dass Giovanni nach dem Besuch im Fundbüro zu Hause gestürzt und verstorben ist. Das kommt ihr suspekt vor. Also geht sie zu dessen Villa, um die örtliche Polizei von dem gestrigen Vorfall zu unterrichten und ihre Hilfe anzubieten. Nur leider will der zuständige Commissario Adriano Alceste diese nicht. Sie bittet ihn, wenigstens eine Obduktion anzuordnen und behält recht, bei Giovannis Tod hat jemand nachgeholfen! Als dann auch noch Rosas Enkel Bruno verhaftet wird, muss sich Edwina ja einmischen um zu helfen!

Wie bei ihrer Reihe um die „MörderMitzi“ setzt Isabella Archan auch hier auf eine Ermittlerin, die in ihrer Vergangenheit etwas Traumatisches erlebt hat und es ihrem Gegenüber nicht auf Anhieb leicht macht, sie zu akzeptieren. Edwina kann nie richtig abschalten und muss sich immer beschäftigen – am besten natürlich mit einem Fall. Leider hat sie eine sehr kurze Zündschnur, was ihr den Spitznamen Zornnatter eingebracht hat, den sie mit Stolz trägt. Sie hat eine gute Nase für Ungereimtheiten bei Todesfällen und ist sie sich sofort sicher, dass Giovanni ermordet wurde. Der reiche Alte war ein Einzelgänger, hatte kaum noch Personal und seine letzte Frau vergrault. Außerdem hielt er sich für einen großen Poeten und trug seine Gedichte jedem vor, ob der sie nun hören wollte oder nicht. Oder wie seine letzte Frau sagt: „Giovanni gehörte zu den Männern, die man sich angelt, weil man sich ein Luxusleben erhofft. Stattdessen hat man seine Allüren zu ertragen.“ (S. 38)
Edwina konzentriert sich bei ihrer Recherche auf die Frage, wem Giovannis Tod nützt bzw. wer ihn beerbt. Vor allem Letzteres interessiert alle sehr, weil er nie Kinder hatte und es auch sonst keine Familie gibt. Zudem geht das Gerücht, dass er überall im Haus Bargeld versteckt hatte – ging es dem Täter vielleicht darum? Oder hängt es doch mit dem ominösen tödlichen Poem zusammen, dass er so dringend gesucht hat? Edwina verbeißt sich wie ihre Namenspatronin, die Zornnatter, in dem Fall und ignoriert, dass der Commissario sie gar nicht dabeihaben will. Schließlich weiß sie es besser als er! Zum Glück kann sie es sich wenigstens verkneifen, ihre Wiener Kollegen um Mithilfe zu bitten. Und eigentlich hat sie ja auch Urlaub und noch längst nicht alle Eisdielen durchprobiert und Sehenswürdigkeiten besucht.

„Die Schlange von Sirmione“ verbindet spannende Unterhaltung, Dolce Vita und Schlangen – man sollte also besser nicht an Ophidiophobie leiden 😉.

Bewertung vom 04.05.2025
Sampson, Freya

Ms Darling und ihre Nachbarn


sehr gut

Die letzte Bastion des Widerstands

„Seit einhundertdreiunddreißig Jahren beschützt Shelley Haus seine Bewohner. Und jetzt, Mr Alexander, ist es an uns, Shelley Haus zu beschützen.“ (S. 145) Seit über 30 Jahren lebt die 77jährige Dorothy Darling in dem alten viktorianischen Haus in Chalcot. Als sie eingezogen ist, war es noch eins von vielen, inzwischen ist es das letzte. Die anderen wurden zugunsten moderner Gebäude abgerissen. Da Shelley House ist schon lange renovierungsbedürftig ist, führt Dorothy jeden Morgen eine Hausinspektion durch. Sie schreibt auf, was kaputt ist, um das dem Besitzer Mr Alexander zu melden, und welcher Mieter was (schon wieder!) falsch gemacht hat. Am meisten regt sie sich über ihren direkten Nachbarn Joseph Cambers auf, der immer wieder untervermietet. „Josef sammelte Heimatlose wie andere Leute Porzellanfiguren von Royal Doulton.“ (S. 22). Kat, seine neueste Mitbewohnerin, ist ungefähr 20, tätowiert und hat pinke Haare! Ein Skandal! Doch das alles verblasst, als den Mietern ein identischer brauner Brief ohne Marke und Poststempel ins Haus flattert – die Ankündigung der Zwangsräumung. Während Dorothy diese einfach ignoriert und die anderen Bewohner nach neuen Wohnungen suchen, protestiert Joseph jeden Tag mit seinem kleinen Hund Reggie vor dem Büro des Vermieters. Als Kat eines Tages von der Arbeit kommt, liegt Joseph bewusstlos mit einer Kopfverletzung in der Wohnung. Er muss ins KKH und Kat kann Reggie nicht mit zur Arbeit nehmen, also bleibt ihr nichts anderes übrig, als Dorothy um Hilfe zu bitten. „Keine Sorge, Dorothy ist exzentrisch, aber bellende Hunde beißen nicht.“ (S. 16)

Das Haus und seine Bewohner sind mir sofort ans Herz gewachsen. Dorothy terrorisiert die Anderen mit ihren Listen und Aushängen, dabei meint sie es eigentlich nur gut, schreckt aber durch ihre brüske Art ab. Und während sie mit dem Haus verwurzelt scheint, ist Kat heimatlos. Sie bleibt nie lange an einem Ort, sondern zieht weiter und sucht sich eine neue Arbeit, bevor ihr jemand zu nahe kommt. Jetzt will sie Reggie loswerden, damit sie abhauen kann, doch Dorothy bringt sie dazu, sie bei ihrem Kampf zu unterstützen. Auch die anderen Mieter machen mit, denn die Sorge um Joseph und Shelley House schweißt sie zusammen. Aber sowohl Kat als auch Dorothy haben ein Geheimnis, das sie um jeden Preis wahren möchten, auch wenn sie dadurch alles verlieren könnten.

„Ms Darling und ihre Nachbarn“ ist eine berührende Geschichte, die nach und nach die Schicksale der verschiedenen Hausbewohner erzählt und zeigt, wie diese im Kampf gegen den Vermieter und für den Erhalt des Hauses zusammenwachsen, was man als Gemeinschaft schaffen kann und dass man nie nach dem Äußeren urteilen sollte. Mir war sie nur an einigen Stellen etwas zu ausführlich.

Bewertung vom 01.05.2025
Denham, Cherie

Das Irland Backbuch


ausgezeichnet

Eine Liebeserklärung an Irland und irische Rezepte

„Die irische Währung der Gastfreundschaft ist etwas, dass am Morgen gebacken wurde und allen, die zu Besuch kommen oder bleiben, ganz selbstverständlich angeboten wird.“ (S. 15)
Ich liebe die hochwertigen Backbücher aus dem Prestel Verlag, weil sie eine tolle Kombination aus wunderbaren Rezepten und Fotos und berührenden Geschichten von Land und Leuten sind. Das Irland Backbuch ist aus einer Idee und auf Betreiben des Fotografen Andrew Montgomery entstanden, der die Köchin und Bäckerin Cherie Denham über Instagram kennengelernt hatte. Zusammen mit den Rezepten erzählen sie die Geschichten einzelner IrInnen und deren Familien, ihren oft schon seit Generationen geführten traditionellen Familienbetrieben, der harten Arbeit in und im Einklang mit der Natur, angepasst an die Jahreszeiten. In jedem Abschnitt lassen sie die Menschen aus ihrem Leben erzählen, von ihrem geliebten rauen Land, was es ihnen abverlangt und gibt.

Cherie Denham hat sich für die Rezepte von den Frauen ihrer Familie anregen lassen, vor allem ihren Omas und Großtanten. Sie gehören zum irischen Standardrepertoire und werden durch Anekdoten gewürzt. Spannend fand ich das vorangestellte Rezept für hausgemachte Butter und Buttermilch, was ich unbedingt noch ausprobieren will. Für die nachgebackenen Sachen habe ich (noch) gekaufte Butter verwendet.

Die Rezepte sind in Brot, Scones und Plätzchen, Kleingebäck, Pies und Tartes, Kuchen und Torten und Gebackene Desserts eingeteilt und ich habe inzwischen aus jeder Kategorie mindestens ein Stück nachgebacken.
Los ging es mit dem sehr weichen und sehr leckeren Porridgebrot, das aus Hafer, verschiedene Kerne und Saaten und Jogurt besteht und meine Familie sehr gemocht hat.
Da ich bei Irland an irische Butter und Shortbread denke, habe ich natürlich auch das ausprobiert. Cherie Denham verfeinert es mit viel Vanille und bestreut es nach dem Backen hauchdünn mit Zucker. Ich habe noch eine Prise Meersalz als Kontrast mit in den Teig gegeben und lt. meinem Mann ist es das beste Shortbread aller Zeiten (zumindest bis zum nächsten Backbuch).
Der gedeckte irische Apfelkuchen besteht ebenfalls aus butterzartem Mürbeteig mit Apfelfüllung und einer kleinen Zuckerkruste obendrauf. Für den Teig benötigt man das nur Eigelb, darum habe ich aus dem Eiweiß marmorierte Meringe mit weißer Schokolade und zerstoßenen getrocknete Heidelbeeren gemacht, die vor dem Backen in die Schmätzchen eingeswirlt werden.
Der Karotten-Pastinaken-Apfelkuchen mit Ahorncreme klingt erst mal ungewöhnlich, hat aber durch die Rosinen und Nüsse im Teig eine tolle Konsistenz, ist schön weich und herrlich gewürzt.
Und wenn Ihr mal Seelenfutter braucht, probiert den Ofenmilchreis. Dadurch, dass er im Ofen gebacken wird, karamellisiert die Oberfläche und er schmeckt nach Crème Brûlée – ein Gedicht.

Ein wundervolles Backbuch für alle, die sich neben den Rezepten auch für Irland und das Leben dort interessieren.

Bewertung vom 23.04.2025
Handler, Daniel

43 Gründe, warum es aus ist


gut

43 Erinnerungsstücke an die erste Liebe

„Ich will dir sagen, wieso es aus ist, Ed, ich schreibe es dir in diesem Brief, die volle Wahrheit darüber, wieso es dazu gekommen ist.“ (S. 7)
Min ist 16, ein eher unauffälliges Mädchen, geht auf die Highschool, interessiert sich nicht für Sport, liebt alte Filme. Sie hatte schon mal einen Freund, aber richtig verliebt war sie in ihn nicht. Dann tritt Ed, der Basketballstar ihrer Schule, in ihr Leben, spricht sie auf der Geburtstagsparty ihres besten Freundes an und bittet um ihre Nummer. Es schmeichelt ihr, dass er sie „anders als andere Mädchen“ findet, unkompliziert und schlau. Sie haben Dates und sie verliebt sich in ihn, hat eine wunderschöne Zeit, auch wenn es Anzeichen und Warnungen von ihren und seinen Freunden gibt, dass es nicht so perfekt ist, wie es scheint.
Jetzt sitzt sie in einem Café, vor sich ein Karton mit 43 Dingen aus ihrer Beziehung, und schreibt Ed, was sie jeweils damit verbindet. Sie dröselt ihre Beziehung von Anfang an auf und versucht die Stelle zu finden, an der sie ES hätte merken müssen.

„43 Gründe, warum es aus ist“ ist anders als jede Liebesgeschichte, die ich bisher gelesen habe. Min ist für ihr Alter unglaublich reflektiert und wirkt oft älter, als sie ist. Vielleicht ist es das, was Ed an ihr fasziniert, denn sonst haben sie nichts gemeinsam. Er lebt für Sport und Partys, sie für ihre Freunde und den Traum, Regisseurin zu werden. Er hat seinen Ruf als Frauenschwarm weg, sie ist noch unberührt. Ihre Liebe entfaltet sich zart wie eine Rose, die ihre Dornen gut versteckt.

Doch Daniel Handler hat es mir nicht immer leicht gemacht, der Handlung zu folgen. Er schreibt recht ausschweifend und einige Sprünge in der Story haben sich mir nicht sofort erschlossen. Dazu kommen die unzähligen alten Filme, die eine so große Bedeutung für Min und die Geschichte haben – ich habe irgendwann nach ihnen gesucht und festgestellt, dass es die anscheinend nicht gibt, oder sie so unbekannt sind, dass man sie nicht findet. Das ist natürlich schwierig, wenn deren Inhalt in einer Beziehung zum Geschehen steht.
Und auch der Titel passt m.E. nicht ganz so gut, da es keine Gründe, sondern Erinnerungsstücke sind, die sie ihm überlässt. Da finde ich den englische Titel „We broke up“ besser.

Eine bewegende Geschichte über das Entstehen und Scheitern der ersten Liebe, mit kleinen Längen und Ungereimtheiten.

Bewertung vom 20.04.2025
Moore, Georgina

Die Garnett Girls (eBook, ePUB)


sehr gut

Das große Schweigen

„Es hat schon immer zwei Margos gegeben, eine davon ist Ma, nur unsere Ma, und die andere ist Margo, die allen anderen gehört oder in ihrer eigenen Welt lebt. Im Augenblick ist sie, Margo – sie denkt nicht an uns.“ (S. 340) Margo und Richard waren DAS Liebespaar der Isle of Wight, führten als Schriftsteller und Kolumnistin eine erfolgreiche Künstlerehe, hatten 3 bezaubernde Töchter und schmissen trotzdem die besten Partys der Gegend. Bis zu dem Tag, als Richard die Familie verließ, Margo sich für Monate auf ihrem Zimmer einschloss und die Mädchen sich selbst überließ. Wenn Familie und Freunde nicht gewesen wären, hätte ihr die Fürsorge die Mädchen weggenommen. Als sich Margo endlich wieder gefangen hatte, nahmen alle ihren Mädchennamen an und sie durften nie wieder über oder von Richard sprechen. Jetzt sind die Mädchen erwachsen, haben das Trauma des Verlassenwerdens und das große Schweigen nie verwunden. Außerdem gibt ihnen Margo das Gefühl, nicht gut genug zu sein, ihren Anforderungen nicht gerecht zu werden. Also hängen sie in Lebensentwürfen fest, die sie nie wollten.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so eng mit Margos Leben verstrickt sein würde…“ (S. 129) Rachel führt mit ihrem Mann Margos und Richards Leben weiter. Sie haben eine sehr liebevolle Beziehung, leben mit ihren Kindern in deren ehemaligem Haus und verfolgen ihre Karrieren. Aber Margo, die eigentlich ein eigenes Haus hat, ist ständig da, mischt sich ein und veranstaltet ihre legendären Partys weiter hier.

„Sie hatte immer schon gewusst, dass Venedig für sie eine Bedeutung haben würde, weil ihre Eltern dort die Flitterwochen verbracht hatten.“ (S. 15) Imogen schreibt Theaterstücke und hat gerade den Durchbruch geschafft. Sie verlobt sie sich mit dem älteren William, weil er zuverlässig und gut für sie ist – und Margo es erwartet. Doch dann verliebt sie sich bei den Proben in jemand anderen und traut sich nicht, es William und ihrer Familie zu sagen. Sie flüchtet sich in ein Doppelleben, das sie zerstören könnte.

„Sie vermisse das Mädchen, dass sie eins gewesen war, als sie sich noch gemocht hatte und ohne die Last der Enttäuschung aufgewacht war, ohne die Last des Geheimnisses, das für sie keins mehr war, und der Mauer, die dies zwischen ihr und ihrer Familie errichtet hatte.“ (S. 95) Auch Sasha ist nicht glücklich ihn ihrem nach außen hin so perfekten Leben mit ihrem fürsorglichen Ehemann. Außerdem hat sie heimlich Kontakt mit Richard aufgenommen …

Georgina Moores „Die Garnett Girls“ ist eine interessante Familienstudie über die einzelnen Beziehungen und Verbindungen der Frauen untereinander, die alles überstrahlende Mutter und den alles überschattenden verschwundenen Vater. Die Töchter, inzwischen Frauen, suchen unbewusst einen Ersatz für ihn und finden dabei nicht immer den richtigen. Ihre Mutter mischt sich ein, weil sie ihnen ihr eigenes Schicksal ersparen will, geht dabei aber leider nicht besonders geschickt vor und berücksichtigt die Bedürfnisse ihrer Töchter nur bedingt. Ein gemeinsamer Sommer – ein ganzes Leben – voller Geheimnisse, die ans Licht drängen, das alles ist Garnett-Girls. Gut geschrieben, nicht immer fesselnd, aber aufschlussreich.

Bewertung vom 17.04.2025
Stolzenburg, Silvia

Die Begine und der Sterndeuter


sehr gut

Dieser Turm erzürnt Gott

Mai 1416: Endlich ist im Haushalt von Anna Ehinger und ihrem Mann Lazarus Ruhe eingekehrt. Die ehemalige Begine und der Spitalarzt haben nach ihrer Tochter einen gesunden Sohn bekommen, die meisten Schäden, die der Feuerteufel verursacht hatte, wurden beseitig. Da taucht ein Sterndeuter in Ulm auf und macht den Einwohnern Angst. „Die Sonne wird sich verfinstern, und der Mond wird seinen Schein nicht geben. Und die Sterne werden vom Himmel fallen. So steht es in der Heiligen Schrift! Das Ende der Tage könnte näher sein, als ihr denkt!“ (S. 8) – und zwar schon am übernächsten Sonntag. Viele der reichen Einwohner fliehen sofort aus der Stadt, und wenn sie wenig später zurückkommen, um nach ihrem Besitz zu sehen, wurden sie ausgeraubt.
Parallel dazu taucht immer mehr Falschgeld auf, was vor allem Annas Bruder Jakob schlaflose Nächte bereitet, schließlich ist er als Kämmerer und Säckelmeister dafür zuständig. In seiner Verzweiflung erwägt er, sich an den Propheten mit den düsteren Visionen zu wenden – doch der ist plötzlich verschwunden.
Am nächsten Morgen wird dessen Leichnam tot aus der Blau gezogen und eine Hure des Mordes beschuldigt. Das kann Anna nicht glauben. Sie will den wirklichen Täter finden und bringt sich dabei erneut in Lebensgefahr.

Silvia Stolzenburg gelingt es auch im 7. Band der Reihe, eine dichte, beklemmende Atmosphäre zu schaffen. Die Menschen fürchten sich immer noch vor dem Bau des Kirchturms des Münsters. Die düsteren Vorhersagen verstärken die Unruhe zusätzlich. Viele steigern sich in eingebildete Krankheiten – bis eine Regenperiode schließlich wirklich eine Krankheitswelle auslöst. Lazarus hat Mühe, seine Patienten davon zu überzeugen, dass es sich nicht wieder um die Pest handelt.
Luna, die „Zauberin“, ist undurchsichtig wie eh und je und verdient gut, solange der mysteriöse Wahrsager in der Stadt ist. Sie verkauft Leichtgläubigen Gegenzauber und Amulette. Stadtpfeifer Gallus, der in sie verliebt ist, befürchtet, dass Luna und der Sterndeuter gemeinsame Sache machen, denn sie wirken sehr vertraut. „Fast als wäre er ein alter Liebhaber.“ (S. 177)
Der Mord treibt die angespannte Stimmung dann auf die Spitze. Warum musste der Sterndeuter sterben? Und was hat es mit dem Falschgeld auf sich?

Auch wenn mir ein Teil der Lösung relativ früh klar war, ist „Die Begine und der Sterndeuter“ abermals ein hervorragend recherchierter, mit spannenden Fakten und medizinischen Details gespickter historischer Krimi, der gut unterhält und neugierig auf die Fortsetzung macht.

Bewertung vom 16.04.2025
Ribeiro, Gil

Lautlose Feinde / Leander Lost Bd.7 (2 MP3-CDs)


sehr gut

Spionage an der Algarve

Einen Tag vor Soraias und Leander Hochzeit, werden er und seine Kollegen der PJ zum Haus eines ermordeten Zollbeamten gerufen. Während sie den Tatort untersuchen, kommen plötzlich der Sohn und die Schwiegertochter des Toten dazu. Sie suchen ihre Tochter Maria, die ihren Großvater wie jeden Morgen besuchen wollte. Kurz darauf meldet sich ein Erpresser, der das Mädchen entführt hat. In einer ausgeklügelten Aktion versuchen sie, den Entführer während der Übergabe des Lösegelds zu fassen, was leider misslingt – aber Maria kommt frei.
Dann tauchen weitere Tote in Fuseta und Umgebung auf und auf die Ermittler werden Anschläge verübt. Leander Lost ist überzeugt, dass alles zusammenhängt, aber wer warum dahinter steckt, bleibt lange um Dunkeln.

Parallel zu den Ermittlungen gibt es mehrere Erzählstränge über andere Personen und deren Aktionen. Da sind u.a. ein amerikanischer Oberst, der einen wichtigen Koffer nach Fuseta bringt, den er nie aus den Augen lässt, der Russe Viktor Fjodorow, der den Koffer unbedingt haben will und dafür ein ausgeklügeltes Helfernetz aufgebaut hat, sowie der Portugiese Raphael Romao, der Möbel im- und exportiert.
Durch die vielen Beteiligten und Stränge fiel es mir etwas schwer, der Handlung zu folgen, weil ich immer wieder überlegen musste, wer jetzt eigentlich wer ist und wie er in das Gefüge passt. Ich habe in einer Rezension zum Buch gelesen, dass es dort ein Personenverzeichnis gibt, vielleicht hätte man das dem Hörbuch auch voranstellen können. Zudem wird es sehr technisch, weil das Objekt der Begierde an mehreren Stellen detailliert erklärt wird.
Wenn man sich dann aber einmal eingefuchst, ist es ein extrem spannender und dramatischer Fall im Spionagemilieu, bei dem Leander wieder zur Hochform aufläuft und es zum ersten Mal schafft, jemanden auszutricksen bzw. anzuflunkern und eine ironische Bemerkung zu machen, etwas, was ihm bisher fremd war.
Als besonderer Twist wird Graciana Rossado, die Leiterin der PJ, diesmal wegen einem alten Fall degradiert und Miguel Duarte tritt an ihre Stelle. Der Spanier denkt jetzt natürlich, dass seinem Aufstieg nichts mehr im Weg steht und trifft einige fragwürdige Entscheidungen, um im besten Licht dazustehen: „Ich versuche, in der Öffentlichkeit ein breiteres Bewusstsein zu unserer Arbeit zu schaffen.“ „Und ich versuche, zwei Morde aufzuklären.“

„Lautlose Feinde“ ist bereits der siebente Fall mit Leander Lost. Der Asperger-Autist und Eidetiker ist aus dem portugiesischen Team längst nicht mehr wegzudenken. Dank Soraia und deren Familie sowie seinem Mündel Sarah Pinto, die wie er eine Waise ist, ist er endlich angekommen. Ich bin gespannt, wie es mit ihm privat weitergeht und was für einen Fall er als nächstes lösen muss.