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Benutzername: 
hasirasi2
Wohnort: 
Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1212 Bewertungen
Bewertung vom 13.03.2025
Wenn die Tage länger werden
Stern, Anne

Wenn die Tage länger werden


sehr gut

Große Ferien

„Seit Jahren war sie vor allem die Mutter eines Kindes gewesen, hatte in einem alterslosen, körperlosen Raum geschwebt, war mehr Funktion gewesen als Mensch, geschweige denn Frau.“ (S. 77)
Lisa ist 38 und seit 6 Jahren Mutter. Alles andere ist ihr gleichgültig geworden, nachdem ihr Partner sie und ihren Sohn Paul verlassen hat. Sie fühlt sich zu alt und hässlich, zu groß und dick, mit einem Wort – unansehnlich. Auch ihre Arbeit als Musiklehrerin im Gymnasium macht ihr nur bedingt Spaß. Die Balance zwischen Kind, Haushalt und Job gelingt ihr schon lange nicht mehr. Doch jetzt sind endlich Sommerferien und Paul fährt für 3 Wochen mit seinem Papa in den Urlaub. Erst hat sie Verlustängste, weiß nichts mit sich anzufangen, weil sich jeder Gedanke um Paul dreht. Dann genießt sie die plötzliche Freiheit und macht sich Vorwürfe, dass sie ihn nicht mehr vermisst. Ist sie eine schlechte Mutter, wie ihre Mutter immer behauptet?! Steht es ihr zu, ohne ihren Sohn glücklich zu sein, zum ersten Mal seit 6 Jahren wieder durchzuschlafen und auszugehen, vielleicht jemand Neues kennenzulernen?! Sollte sie nicht lieber sehnsüchtig und einsam auf seine Heimkehr warten?!
Zur Ablenkung will sie wieder Geige spielen, aber das Instrument ist in einem schlechten Zustand. Also bringt sie sie zu einem Restaurator. Dabei lernt sie dessen Tochter Ute kennen. Die Obstbäuerin hat ihr ganzes Leben dem Erhalt des Hofes ihrer Eltern gewidmet, aber jetzt hat sie wahrscheinlich nicht mehr lange zu leben. Ihre Mutter ist schon vor Jahren gestorben, ihr Vater über 90 und sie selbst hat nie einen Partner gefunden oder Kinder bekommen. Wofür also weiter kämpfen und die letzten Kraftreserven verschwenden? Sie kommt sich vor „Wie ein besiegter Feldherr, der mit einem Krückstock über ein altes Schlachtfeld schlich und von vergangenen Zeiten träumte.“ (S. 29). Doch dann platzt Lisa in ihr Leben und packt einfach mit an, stellt keine Fragen, heuchelt kein Mitleid, guckt nicht betroffen weg. Eine zarte Freundschaft entsteht, die ins Schwanken gerät, als Utes Vater etwas an der Geige entdeckt und Lisa sich mit ihrer totgeschwiegenen Familiengeschichte auseinandersetzen muss.

Ich habe (passend zum Titel) etwas länger gebraucht, um in das Buch zu kommen und mich in Lisa einzufühlen, weil ich ihre dauernden Selbstzweifel und fast schon komplette Selbstaufgabe nicht immer verstehen konnte – aber ich bin auch keine Mutter. Und wenn einem der Partner und die eigene Mutter immer wieder suggerieren, dass man nicht gut genug ist, glaubt man das leider irgendwann. Doch dann bemerkt Lisa zum Glück, dass sie mehr ist, als „nur“ eine unzureichende Mutter und Lehrerin, dass sie immer noch eine begehrenswerte Frau ist. Und auch, wenn aus ihr nicht die Stargeigerin geworden ist, auf die ihre Mutter sie trimmen wollte, hat sie doch Spaß am Musizieren – ohne Zwang und Wettbewerbe, ohne ein Instrument, das in der Familie vererbt wurde und an dem große Erwartungen hingen.

„Wenn die Tage länger werden“ ist ein sehr poetischer Roman. Anne Stern schreibt über die Gleichberechtigung und Wahrnehmung von Frauen und Männer als Mütter und Väter und ihren Aufgaben innerhalb der Familie. Ich musste dabei sofort an die Empörungswelle denken, die eine Podcasterin mit der Aussage, dass Väter gefeiert werden, wenn sie allein zum Kinderarzt gehen, ausgelöst hat.
Sie schreibt aber auch über die Versöhnung mit sich selbst, der Familie und der Vergangenheit bzw. Herkunft, über das Erkennen und Verstehen von (geerbten) Traumata, das Vergeben, aber nicht Vergessen, über Freundschaften und das Wiederfinden des Lebenswillens.
In gewisser Weise ist es auch ein Coming of Age Roman, weil Lisa erst mit Ende 30 in ihrer Rolle als Mutter, Alleinerziehende und trotzdem noch Tochter ankommt, sich endlich selbst findet.

Ein tiefsinniger Sommerroman über dunkle und helle Tage.

Bewertung vom 09.03.2025
Stumme Zypressen / Commissario Luca Bd.4
Riva, Paolo

Stumme Zypressen / Commissario Luca Bd.4


sehr gut

Ein Fremder, zwei Verbrechen

„Kaum vorstellbar, dass all das heute Morgen mit zwei toten Gänsen angefangen hat.“ (S. 175)
Montegiardino flirrt in der Sommerhitze. Commissario Luca hat nicht viel zu tun, muss nur in einem Nachbarschaftsstreit wegen eines hyperaktiven Hahns und zwei Dutzend Gänsen vermitteln. Ansonsten kann er sich ganz seiner frischen Beziehung mit Dottoressa Chiara widmen. Da reist nachts plötzlich ein unheimlicher Fremder an, der komplett schwarz gekleidet stundenlang über den Marktplatz patrouilliert. Die Einwohner bekommen Angst, Luca soll was unternehmen. Doch noch bevor er dazu kommt, werden zwei der Gänse getötet – das muss der Fremde gewesen sein! – und ein Wanderer wird angeschossen, der dem Fremden extrem ähnlich sieht. Plötzlich läuft Luca und Vice-Questora Aurora die Zeit davon.

„Stumme Zypressen“ ist bereits der vierte Teil der Reihe von Paolo Riva. Luca ist endlich wieder glücklich und genießt das Familienleben mit seiner Tochter Emma und Chiara. Darum nimmt er das Problem mit dem Fremden auch erstmal nicht ganz so ernst, schließlich ist diesem nichts nachzuweisen. Auch die toten Gänse beunruhigen ihn noch nicht, der verletzte Tourist sorgt allerdings für sehr viel Wirbel – und ausgerechnet Emma entdeckt einen sehr wichtigsten Hinweis.

Ich mag das toskanische Flair, die kulinarischen Genüsse – eben das Dolce Vita. Immer wieder spannend finde ich das Zusammenleben in der Kleinstadt, in der jeder jeden kennt, und wie sich die Protagonisten weiterentwickeln. Emma wird langsam erwachsen und nabelt sich ab bzw. interessiert sich nicht mehr nur aus Neugierde für die Fälle ihres Vaters, sondern weil sie mit ermitteln will – wächst da etwa schon die nächste Generation heran?!

Die Handlung kam diesmal etwas später in Fahrt und war insgesamt weniger aufregend als in den Vorgängerbänden, aber trotzdem war der Hintergrund des Falls sehr interessant und die Auflösung gut gemacht.

Bewertung vom 07.03.2025
»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1
Klüpfel, Volker

»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

Saubere Ermittlungen

„Hilf mir.“ (S. 31) steht auf dem Zettel, den Möchtegern-Schriftsteller Tommi und seine ukrainische Putzfrau Svetlana im Rucksack eines kleinen Mädchens mit Down-Syndrom finden, das allein auf einer Landstraße unterwegs ist. Da sie sonst keine Hinweise auf ihre Identität bei sich hat und nicht spricht, rufen sie die Polizei. Die bringt das Kind erst in ein KKH und dann in ein Heim, weil sich niemand meldet. Das will Svetlana nicht hinnehmen, ein Kind gehört zu seiner Mutter! Und wenn die Polizei die nicht findet, sucht sie nicht richtig. Also muss sie das zusammen mit Tommi selbst in die Hand nehmen, ob der nun will oder nicht. Schließlich kann er die Recherche doch für seinen Thriller nutzen, an dem er seit 3 Monaten schreibt.

„Wenn Ende gut, dann alles“ ist der Auftakt einer Krimireihe von Volker Klüpfel, von der es hoffentlich noch viele Teile geben wird. Tommi und Svetlana sind Originale, die man sofort ins Herz schließt. Tommi, weil man ihn bemitleidet, da er als einziger nicht begreift, dass die „Beziehungspause“ seiner Freundin vor einem Jahr eine nette Umschreibung fürs Schlussmachen war, und Svetlana, weil sie ihn einfach zum Mitmachen zwingt, mit ihren grammatikalisch (und manchmal auch inhaltlich) recht fragwürdigen Sprichwörtern in den Wahnsinn treibt, ganz zu schweigen von den Hausmitteln, mit denen sie ihn traktiert (Knoblauch, Wodka und blaue Fäden gegen … ach, das lest ihr lieber selbst).

Tommi hat Svetlana zusammen mit einem alten Wohnmobil von seinem Vater geerbt. Wobei „übernommen“ vielleicht das bessere Wort wäre, denn noch lebt sein Vater, sogar ziemlich gut, im Seniorenheim, wo er rundum versorgt wird und sich ganz seinem, nennen wir es mal „Hobby“, widmen kann (welches, verrate ich natürlich nicht). Eigentlich ist Tommi Schriftsteller, aber er kommt nie zum Schreiben, weil Svetlana ihn angeblich immer wieder unterbricht. Sie kontrolliert, was er liest (russische Klassiker statt John Sinclair!) und isst, dass er sich genug bewegt, und wenn sie mit dem Putzen fertig ist, schneidet sie ihm auch noch die Haare. Kurz gesagt, sie ist die Verkörperung seines schlechten Gewissens. Und sie hat deutlich mehr kriminalistischen Spürsinn als er, ist impulsiv und risikofreudig, wo er konfus ist und erst mal ausgiebig grübeln muss. Doch ihre gemeinsame Verbrecherjagd läuft erstaunlich gut, sogar besser, als die der Polizei. Was aber auch daran liegt, dass sie schnell Hinweise finden, die in die Ukraine führen und Svetlana da einfach Sprach- und Heimvorteil hat.

Volker Klüpfel baut die Spannung langsam, aber kontinuierlich auf. Ich habe das Buch an nur zwei Abenden inhaliert und liebe die Situationskomik. Zudem punktet er mit ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden und schönen Sidekicks. Neben Tommis Vater, der für einige Aufregung sorgt, haben es mir besonders die Rommé-Runde im Café Klatsch und Herr Kleinschmidt vom Ordnungsamt angetan, der einen persönlichen Kleinkrieg wegen Dauerwohnens im Camper gegen Tommi führt.

5 Sterne und meine Empfehlung für diese #krimihighlight.

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Bewertung vom 28.02.2025
Weserleuchten
Lind , Christiane

Weserleuchten


sehr gut

Zwei Frauen, eine Reise?

Emilie ist eine anerkannte Naturforscherin und berühmt für ihre Herbarien. Trotzdem ist sie überrascht, als der reiche Bremer Kaufmann Jost Ostherloh sie zu einer Australien-Expedition einlädt. Bei den Vorbereitungen dazu lernt sie Louise kennen, eine Bürgerstochter und begnadete Zeichnerin. „Sie sind wirklich begabt. Wissen Sie, jemanden wie Sie könnten wir gut gebrauchen.“ (S. 20) Ihre Arbeiten würden sich perfekt ergänzen, aber natürlich ziemt es sich für Sophie nicht. Schafft sie es trotzdem ins Team der Expedition?

Ich hatte aufgrund des Klappentextes gedacht, dass es in „Weserleuchten“ um die Reise von Emilie (und evtl. auch Sophie) nach Australien geht, aber diese wird hier nur vorbereitet und das sehr umfangreiche Personal vorgestellt. Zum Glück gibt es zur besseren Übersicht ein Personenverzeichnis.

Emilie stammt aus einfachen Verhältnissen. Alles, was sie kann und weiß hat ihr ihr Mann beigebracht. Als sie entdeckt, dass er ihre Arbeitskraft nur ausnutzt und ihr das Angebot von Ostherloh verheimlicht, verlässt sie ihn und reist allein nach Bremen. Dort hat sie einen schweren Stand, wird von den männlichen Expeditionsteilnehmern nicht ernst genommen und muss sexuelle Übergriffe erdulden.
Sophie stammt aus gutem Haus, hat aber früh ihre Mutter verloren und wurde vom iVater zu Verwandten gegeben. Inzwischen ist sie alt genug, um verheiratet zu werden, doch sie will aus dem goldenen Käfig ausbrechen und ihr Leben selbst bestimmen. Sie darf ja nicht mal allein ihre Freundinnen besuchen: „Immer war eine Begleitung erforderlich, eine Garantie für Anstand und Tugend in einer Welt, die die Selbstständigkeit einer Frau argwöhnisch beäugte. Wie ein unsichtbares Korsett umschlang die Etikette sie fest und unerbittlich.“ (S. 26) Und wenn sie schon heiraten soll, will sie ihren Mann gern selbst wählen. Sie hat sich in Ostherlohs Sohn Alexander verguckt, der ihr in gestohlenen Minuten immer wieder heiße Liebesschwüre macht, allerdings nie offiziell um ihre Hand anhält. Bald muss sie überlegen, wie viel sie für die Liebe riskieren will.

Christiane Lind schildert, wie Frauen verschiedener Gesellschaftsschichten von Männer bevormundet werden bzw. von ihnen abhängig sind und kaum eine Chance haben, ihr Schicksal zu ändern. Gemeinsam ist ihnen der Traum von einem selbstbestimmten und selbstfinanzierten Leben, das sie der Natur und Kunst widmen wollen.
Außerdem zeigt sie die unterschiedliche Lebensumstände. Während Emilie eine Kammer bei einer Witwe mit mehreren Kindern mietet, die von der Hand in den Mund leben und sich keine ärztliche Versorgung leisten können, wird Sophie alles hinterhergetragen – Hauptsache, sie sieht auf dem nächsten Ball gut aus und angelt sich endlich einen Mann.
Die Gegebenheiten und Personen sind sehr anschaulich beschrieben. Die niedere Bevölkerung spricht Platt, was zwar schwierig zu lesen ist, aber gut zur Handlung passt. Etwas anstrengend fand ich allerdings Sophies Fixierung auf Alexander und das ewige Auf und Ab ihrer Gefühle. Überhaupt sind die Männer bis auf wenige Ausnahmen hier nicht gut weggekommen.

Ein interessanter Auftakt der Reihe mit einigen Längen, ich hoffe, dass es in Australien etwas spannender wird.

Bewertung vom 24.02.2025
Easy Air Fryer
Oliver, Jamie

Easy Air Fryer


ausgezeichnet

Viel mehr als nur heiße Luft

Seit ein paar Monaten haben wir eine Heißluftfritteuse, aber außer Pommes, TK-Backfisch, Brötchen oder Bratäpfeln hatte ich darin noch nichts gemacht. Ich weiß, dass es im Internet unzählige Rezepte gibt, aber zum einen müsste ich da ungefähr wissen, was ich suche, und zum anderen blättere ich lieber ganz altmodisch in Kochbüchern. Wenn es Euch genauso geht, gibt es jetzt Abhilfe – das Easy Air Fryer Kochbuch von Jamie Oliver mit 80 schnellen, einfachen und praktischen Rezepten.

Nach einer kurzen Einleitung zum Airfryer geht es direkt los. Ich war überrascht, was man damit alles zubereiten kann. Wir haben uns jetzt vier Wochen durch das Buch getestet, das in folgende Kategorien unterteilt ist: Fix auf den Tisch (besonders schnelle Gerichte), Klassiker neu aufgelegt (Neuinterpretationen bekannter Evergreens), genussvoll mit Gemüse, super Salate, raffiniert serviert (einfache Gerichte aufgepeppt), pfiffige Häppchen, frisch gebacken und leckere Desserts.
Abschließend gibt es noch allgemeine Tipps für die Küche, zum nachhaltigen Kochen und ausgewogener Ernährung.

Und das sind unsere bisherigen Highlights aus dem Buch.
Ofenkäse hatten wir schon ewig nicht mehr und wenn, dann nur mit Brot. Jamie Oliver peppt den Käse mit Chili, Thymian, etwas Öl und Honig auf und reicht frisches Gemüse dazu – 10 von 10 Punkten, sagt mein Mann.
Die gefüllten BBQ-Backkartoffeln mit weißen Bohnen schmecken auch mit veganen Käse und machen sehr satt.
Habt Ihr schon mal Köfte selber gemacht? Im Buch werden zum Fleisch getrocknete Aprikosen und gehackte Pistazien gegeben, der Couscoussalat passt perfekt dazu. Unser Tipp: etwas weniger Harissapaste für den Joghurtdipp.
Bei uns gibt es freitags traditionell oft Fisch. Wenn es a mal etwas edler sein darf, macht die Fish & Chips. Unter der Panade aus Vollkornbrot und Käse versteckt sich feinstes Lachsfilet. Die Wedges sind natürlich auch selber gemacht, dazu gibt es ein leckeres Erbspüree und als absoluten Clou ein Ketchup aus Cornichons – hatte ich so noch nie gehört und wäre auch nie auf die Idee gekommen.
Wenn Ihr schnelle, asiatische Küche mögt, macht die Hähnchenbällchen mit Sesamöl. Die sind zusammen mit dem Reisnudelsalat wunderbar erfrischend, ein perfektes Sommergericht.
Mögt Ihr vegane Burger? Der Falafel-Bun hat eine schöne Schärfe, der Möhrensalat macht ihn frisch und am Ende ist man pappsatt.
Das erste (!) Schnitzel meines Lebens ist innen super saftig und außen schön kross geworden. Nur wie das Spiegelei oben drauf bleiben soll, ist mir noch nicht klar.
Die Schoko-Kirsch-Küchlein als lecker zu bezeichnen, wäre untertrieben. Im Gegensatz zu Kuchen kommen sie ohne Mehl aus und bestehen nur aus bitterer Schokolade, Eiern, Butter, Zucker und Schnapskirschen – und sind jede einzelne Kalorie wert. Falls Ihr mal jemand mit einem Schokoladentraum beeindrucken wollte, probiert dieses Rezept unbedingt aus. Übrigens kann man sie wunderbar vorbereiten und ungebacken einfrieren. Wenn Ihr dann Gelüste oder unvorhergesehenen Besuch bekommt, könnt Ihr sie direkt im gefrorenen Zustand in den Airfryer geben.

Alle probierten Rezepte waren unsagbar lecker, unkompliziert, ohne ausgefallene Zutaten und in der vorgegebenen Zeit fertig. Zudem gibt es zu jedem Gericht die Nährwertangaben, das findet man heute ja leider kaum noch in Kochbüchern.
Ein MUSS für alle Heißluftfritteusen-Fans.

Bewertung vom 23.02.2025
Von hier aus weiter
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


ausgezeichnet

Überraschendes Lesehighlight

„Der Wunsch, sich permanent zu betäuben, war ihr irgendwie abhandengekommen. Ihre Sehnsucht nach einem barmherzigen Ende hingegen blieb.“ (S. 61)
„𝐕𝐨𝐧 𝐡𝐢𝐞𝐫 𝐚𝐮𝐬 𝐰𝐞𝐢𝐭𝐞𝐫“ von Susann Pásztor wäre mir in der Buchhandlung wahrscheinlich nicht aufgefallen (Asche auf mein Haupt), auch weil der Klappentext so traurig klingt. Und ja, es ist traurig, wie Marlene nach dem Tod ihres Mannes nicht damit klarkommt, allein weiterzuleben, denn eigentlich war alles anders geplant. „Ich habe mein Leben nie besonders gemocht. Und die Vorstellung, allein alt zu sein, erst recht nicht.“ (S. 115)
Sie hatte sich vorgenommen, nur noch Rolfs Beerdigung hinter sich zu bringen und danach selber abzutreten. Bis dahin ignoriert sie das Klingeln der Haustür und sämtlicher Telefone, beantwortet keine Nachrichten und schottet sich mit Hilfe von Valium ab. Doch dann muss sie einen Klempner rufen, weil ihre Dusche nicht geht und ein junger Mann tritt in ihr Leben, der ähnlich haltlos zu sein scheint wie sie. Jack schläft in seinem Firmenpritschenwagen, kann wahnsinnig gut kochen und bittet seine Kunden, ihre Dusche benutzen zu dürfen. Die beiden bilden für kurze Zeit eine Zweckgemeinschaft. Kann Jack sie davon abhalten, ihren Plan zu vollenden?
Die Geschichte ist berührend, überraschend und traurig, aber auch voller Hoffnung. Ein warmherziges Buch über das Sterben und Über-/Weiterleben, das ich, einmal angefangen, nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Bewertung vom 19.02.2025
Ein Leben für Barbie
Rosen, Renée

Ein Leben für Barbie


sehr gut

Die Puppe

„Wenn Sie einem kleinen Mädchen eine Babypuppe geben, wird es sich für eine Mutter halten. Aber wenn Sie ihr solch eine Puppe geben, kann sie spielen, sie wäre eine unabhängige Frau. Vielleicht spielt sie, dass sie ins Büro geht oder zu einer Verabredung, aber sie wird ganz bestimmt nicht spielen, dass sie Windeln wechselt und einen Kinderwagen schiebt.“ (S 14)
1956 entdeckt Ruth Handler im Familienurlaub in der Schweiz die „Bild Lilli“, eine Puppe, die nach dem Vorbild des gleichnamigen Comics als Werbefigur verkauft wird. Allerdings ist Lilli nicht für Kinder gedacht, dazu ist sie viel zu sexy. Doch Ruth, der zusammen mit ihrem Mann Elliot und einem Geschäftspartner die Spielzeugfirma Mattel gehört, sieht sofort das Potential, das in einer erwachsenen Puppe steckt. Leider steht sie damit allein, denn auch die Ingenieuren von Mattel sagen, dass Lilli wie eine Sexpuppe aussieht. Ruth, die sich bisher nur um Marketing und Verkauf gekümmert hat, kämpft diesmal gegen alle Widerstände und Rückschläge, bis es ihr zusammen mit Chefentwickler Jack Ryan und der Modedesignerin Stevie Klein gelingt, Barbie herzustellen und auf den Markt zu bringen.

Ich hatte als Kind keine Barbie, da es die in der DDR nicht gab, und habe den Hype um die Puppe und das Zubehör ehrlich gesagt auch später bei meinen Nichten nie verstanden. Mir ging es da wie den Barbie-Gegner in Reneé Rosens Buch: Ich fand sie zu dünn und unnatürlich, kein gutes Vorbild für kleine Mädchen. Alles drehte sich ums perfekte Aussehen bzw. das perfekte Leben. Dass Barbie die Mädchen zum Träumen anregen sollte, was sie später alles werden und machen können, kam bei meinen Nichten (und mir) nicht an.

Und obwohl ich bis heute kein Fan der Puppe bin und ihre Geschichte schon aus mehreren Podcasts kannte, hat mich der Roman überrascht. Zum einen wartet Reneé Rosen mit vielen neuen Fakten auf, von denen ich noch nicht gehört hatte, zum anderen wirkt er fast so spannend wie einen Krimi, weil sie ihn aus drei verschiedenen Blickwinkeln erzählt.
Da ist als erstes Ruth, die bei ihrer ältesten Schwester aufwuchs, weil ihre Mutter nicht noch ein 10. Kind aufziehen wollte. Ihre Schwester hat ihr zwar gezeigt, wie man erfolgreich ein Geschäft führt, war ihr aber keine liebevolle Mutter. Auch Ruth steckt jede freie Sekunde in Barbie, während sich ihr Mann (neben der Arbeit) um die Kinder kümmert.
Jack, der geniale Chefingenieur, hat früher Raketen gebaut. Er ist hypersexuell, manisch-depressiv und Legastheniker. Letzteres kann er dank seiner Sekretärin vor den anderen verbergen. Aber er braucht ständige Abwechslung und Ablenkung von seinem Gedankenkarussell. Die findet er beim Tüfteln, Fremdgehen und später bei seinen legendären Partys, die wahrscheinlich selbst Hugh Heffner vor Neid erblassen lassen würden.
Stevie, die junge Designerin, wollte eigentlich „richtige“ Haute Couture entwerfen. Sie muss erst lernen, dass man Mode nicht einfach kleiner machen kann, weil Barbies Maße keiner normalen Frau entsprechen. Sie hadert lange mit ihrer Situation, obwohl sie viel besser verdient als ihre KommilitonInnen, machen die sich über „die Puppe“ lustig. Zudem ist sie selber nicht mit dem Bild einverstanden, das Barbie verkörpert.

Reneé Rosen hört nicht mit Barbies schwieriger „Geburt“ auf, sondern erzählt, wie es danach weitergeht, welche Rückschläge Ruth und ihr Team hinnehmen müssen, welche Erfolge und Höhenflüge sie erreichen, wie aus der kleinen Spielzeugfirma eine Aktiengesellschaft und Ruth am Ende aus ihrer eigenen Firma geworfen wird. Aber wie es dazu kam, lest ihr am besten selbst. Das war alles wahnsinnig spannend, aber im letzten Drittel verliert sich die Handlung in den Umwälzungen und Unternehmensstrukturen und es wurde mir zu unübersichtlich und ausufernd.

Ruth hat mir imponiert. Sie sprühte vor Ideen und hatte ein gutes Gespür für Trends und Mode, war die geborene Verkäuferin und wusste, wem sie was zutrauen konnte. In einer reinen Männerwelt setzte sie sich gegen alles und jeden durch, auch gegen den Willen ihres Mannes, und ging ihren Weg. Ohne sie wäre Mattel nie so groß geworden.

Ein sehr interessantes Buch über eine beeindruckende und umstrittene Frau.

Bewertung vom 16.02.2025
Haus der Geister
Goldammer, Frank

Haus der Geister


ausgezeichnet

Geisterstunde

„Ich weiß, was er gesehen hat, meine Herren. Er sah einen Geist!“ (S. 17)
Als im August 1881 ein Kommerzienrat während einer Séance an einem Herzinfarkt stirbt, sollen Kriminalrat Gustav Heller und Kriminalassistent Adelbert Schrumm den Tod untersuchen. Die Villa, in der es passiert ist, steht in einem verwilderten Garten und hat eindeutig schon bessere Zeiten gesehen, genau wie die Besitzerin Frau Blumfeld, die behauptet, ein Medium zu sein. Heller glaubt ihr keine Sekunde, aber weil Medizinalrat Löbbers den Herztod bestätigt, müssen sie den Fall ein stellen. Wenige Monate später werden sie wieder zu der Villa gerufen, erneut ist die Teilnehmerin einer Séance gestorben. Und das ist erst der Auftakt einer Reihe rätselhafter Todesfälle ...

Ich bin von Frank Goldammer ja schon einiges gewöhnt, aber mit „Haus der Geister“ hat er den Gruselfaktor auf die Spitze getrieben. Da ist zum einen die Blumfeld-Villa, immer komplett verdunkelt, vollgestellt mit uralten Möbeln, überall knarzt es, Türen quietschen plötzlich, in der auch außerhalb der Séancen Geister umzugehen scheinen und Heller bei den Ermittlungen behindern wollen. Der lässt sich davon aber nicht einschüchtern. Er ist überzeugt, dass Frau Blumfeld mit Tricks arbeitet oder ihr Dienstmädchen darin verwickelt ist. Das blutjunge, stumme, durch einen Unfall entstellte Mädchen taucht jedes Mal lautlos wie aus dem Nichts auf, scheint ansonsten aber harmlos. Schrumm hingegen ist leichter zu beeinflussen, fürchtet sich bald vor jedem Knistern oder Rascheln. Doch dann kommen sie der grausamen Gemeinsamkeit auf die Spur, die die Opfer verbindet, und nicht nur den Ermittlern das Blut in den Adern gefrieren lässt. Da wird Heller dann doch unsicher. „Ich beginne selbst, Geister zu sehen, und frage mich: Kann es sein, dass geschundene Seelen wie diese Rache oder Gerechtigkeit verlangen? Ich beginne ernsthaft, an mir zu zweifeln.“ (S. 232)

Frau Blumfeld, das Medium, schart immer mehr Anhänger um sich, vor allem die Frauen einflussreicher Männer. Die Gatten wollen das gern unterbinden und Frau Blumfeld loswerden, aber Heller kann ihr nichts nachweisen. Sie nimmt ja nicht mal Geld für ihre Dienste. Heller verbeißt sich wie ein Pitbull in dem Fall (und Frau Blumfeld), doch sie kommen bei den Nachforschungen einfach nicht weiter, wie sie die Fälle auch drehen und wenden. Selbst, als sie die Verbindung zwischen den Toten entdecken, wissen sie trotzdem nicht, wer hinter allem steckt, bzw. können es Frau Blumfeld nicht beweisen. Liegt Heller doch komplett falsch?!

Ich fand es faszinierend, wie fortschrittlich Heller ist, wie er versucht, Erklärungen und Beweise für die unerklärlichen Phänomene zu finden und sich dafür auch selbst in Gefahr begibt. Zusammen mit Medizinalrat Löbbers treibt er die medizinische Forschung und Kriminalmedizin voran, zieht ihn so oft wie möglich hinzu, damit dieser Daten und Fakten sammelt und z.B. Tabellen über die Ausprägung der Totenstarre zu verschiedenen Zeitpunkten sammelt.

Hellers Privatleben spielt diesmal nur eine Nebenrolle. Doch auch bei ihm zu Hause scheint es zu spuken, eine Weiße Frau wird nachts mehrfach in der Nähe der Kirche und direkt in seinem Gehöft gesehen. Dazu kommen die Sorgen um seine Kinder. Sein Sohn will sich abnabeln und eine eigene (nicht standesgemäße) Familie gründen, die Gesundheit seiner Tochter hängt wie immer am seidenen Faden. Zum Glück hält ihm seine Frau den Rücken frei und rückt ihm den Kopf zurecht, wenn er sich wieder mal im Ton vergreift.

„Haus der Geister“ ist wieder ein extrem spannender Pageturner voller überraschender Wendungen und Tricks. Aber Vorsicht: man sollte sich gern Gruseln oder beim Lesen lieber nicht allein sein …

Bewertung vom 13.02.2025
Das Pestmädchen
Stolzenburg, Silvia

Das Pestmädchen


ausgezeichnet

Hexe oder Heilige?

„Ihr Platz war am Fuß der Gesellschaft, und bereits die Hoffnung, irgendwann ein besseres Leben zu führen, erschien gotteslästerlich.“ (S. 101)
Augsburg 1462: Lina ist 16 und ein Findelkind, lebt und arbeitet seit fast 10 Jahren im Heilig-Geist-Spital. Obwohl ihr Alltag von harter Arbeit, strengem Gehorsam und Gottgefälligkeit geprägt ist, ist sie dafür dankbar, denn andere Findelkinder landen in Frauenhäusern oder als Bettler auf der Straße. Trotzdem träumt sie manchmal von einem besseren Leben. Ihr gefällt Ulrich, der Wundarzt, der sich auch in sie verguckt zu haben scheint.
Als die Pest ausbricht, kämpft Lina mehrere Wochen mit dem Tod. Sie überlebt, während alle anderen Erkrankten sterben. Die Meisterin des Spitals sagt, das sei die Belohnung Gottes für Linas reine Seele, eine andere Magd schiebt es auf den Teufel und verbreitet das Gerücht. Dann wird ein reicher junger Mann getötet und Lina dabei schwer verletzt. Da sonst niemand in der Nähe war, wird sie des Mordes angeklagt – kann Ulrich sie retten und ihre Unschuld beweisen?

Lina ist eine sehr spannende Figur. Sie stammt zwar aus dem Findelhaus und gilt damit als unehrlich, scheint aber einen reichen Fürsprecher zu haben, der hier am Rand auftaucht – vielleicht doch ein Verwandter?! Sie steht in der Hierarchie des Spitals ganz unten, eine ewige Dienerin, die die schmutzigsten und gefährlichsten Arbeiten übernehmen muss. Gerade weil sie so genügsam und gottesfürchtig ist, ist sie einer anderen Magd mit ehrlicher Abstammung ein Dorn im Auge.
Ulrich steht als Wundarzt nur eine Stufe über den Badern, die z.B. Zähne zogen oder Gelenke wieder einrenkten. Doch durch viel Fleiß, seinen guten Ruf und die Pest verdient er sehr gut und könnte es sich leisten, Lina trotz der Standesunterschiede zu heiraten.

„Das Pestmädchen“ ist der Auftakt einer neuen Trilogie von Silvia Stolzenburg und entführt ins mittelalterliche Augsburg. Sehr bildlich beschreibt sie die Stadt und gibt Einblicke in den Alltag im Spital, erklärt Behandlungsmöglichkeiten, Arzneimittel und die Unterschiede zwischen Bader, Stadtarzt, Wundarzt und Henker, die jeweils nur bestimmte Gebrechen mit festgelegten Methoden behandeln durften. Besonders die Heilmittel, die der Henker herstellt und verkauft, haben mir Gänsehaut beschert.
Das Buch ist eine Mischung aus historischem Roman und Krimi, wobei ich denke, dass der nächste Teil noch spannender wird, da sich Linas Situation am Ende des Buches noch einmal dramatisch ändert. Ich bin sehr gespannt, wie es mit ihr und Ulrich weitergeht.

Bewertung vom 09.02.2025
Crime im Heim
Tannert, Ida

Crime im Heim


ausgezeichnet

Shakespeare statt Sauerstoffmaske

„Wie viele sterben denn in dem Stück?“ „So gut wie alle …“ (S. 20)
Das Seniorenheim Haus Silberblick liegt ruhig in einem Park – zu ruhig, finden einige der Bewohner, die mehr wollen als Bastelnachmittage, Akkordeonkonzerte, Spaziergänge und die pünktliche Medikamentenausgabe. Darum will der ehemalige Feuilletonchef Friedhelm mit anderen Theaterbegeisterten Hamlet aufführen. Die Hauptrolle gibt er seiner heimlichen Angebeteten, Katia, und auch die restlichen Rollen verteilt er nicht passend zum Geschlecht, sondern den Eigenschaften der Mitspieler. Doch schon die erste Probe geht schief – Ophelia wurde ermordet! Nein, nicht die Darstellerin, sondern deren Mops. Und tatsächlich hat sie recht, ein ehemaliger Zahnarzt holt mithilfe eines Nagelsets eine Patrone aus der Leiche. Aber hat wirklich einer von ihnen den Hund erschossen? „Ich bitte Sie: Die eine Hälfte ist zu blind, um zu zielen, und die andere zu zittrig, um zu treffen. So oder so hätten sie es alle inzwischen wieder vergessen.“ (S. 40) Als sie dann auch noch eine menschliche Leiche finden und die Polizei den Fall recht schnell einstellt, gehen sie selber auf Mörderjagd.

„Crime im Heim“ ist mein erstes Buch von Ida Tannert (dem Pseudonym von Tessa Korber), aber garantiert nicht mein letztes. Ich hoffe, die „Grauen Stars“ gehen in Serie, denn ich habe mich über ihren trockenen Humor köstlich amüsiert („So hab ich mir die Hölle vorgestellt. Basteln für immer.“ (S. 178)) und extrem spannend war es auch.

Die Pensionäre sind alle etwas eigen und herrlich skurril. Katja, die frühere Yogalehrerin, sorgt dafür, dass sich alle wohlfühlen, während sie ermittelt. Friedhelm, Spitzname Impresario, appelliert an die Eitelkeiten der Schauspieler und nutzt jede Chance, um das Stück voranzubringen. So eignet sich das Vergraben des Hundes doch prima, um die Beerdigungsszene zu proben. Und eine demente Bewohnerin würde die perfekte, dem Wahnsinn verfallende Ophelia abgeben, wenn er ihr nur irgendwie den Text beibringen könnte. Überhaupt interessiert er sich leider viel mehr für Hamlet, als für die Nachforschungen. Doch Katia lässt nicht locker und kommt zusammen mit den anderen Senioren einigen Ungereimtheiten auf die Spur. So klären sie einen jahrzehntealten Bankraub auf und kommen einem Enkeltrick-Erpresser auf die Spur. Aber wer ist der Mörder?! Am Ende versuchen sie, ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, denn: „Was hatten sie schon zu verlieren? Nichts als ihre Prothesen und die wenigen Jahre, die ihnen noch blieben.“ (S. 247)

Ein extrem komischer und sehr spannender Krimi, mein Tipp für Fans von Tatjana Kruse.