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seschat
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Bewertungen

Insgesamt 938 Bewertungen
Bewertung vom 26.03.2025
Montell, Amanda

Das Zeitalter des magischen Zerdenkens. Notizen zur modernen Irrationalität


gut

Ich fand Amanda Montells Sachbuchidee und das dazugehörige auffällige Cover auf Anhieb spannend. Stilistisch bzw. farblich spricht das leicht psychodelisch designte Cover wohl eher die weibliche Leserschaft an. Inhaltlich kann ich diesen Eindruck nur bestätigen, denn die amerikanische Sachbuchautorin berichtet in ihrem Buch von persönlichen Erfahrungen wie aktuellen Studien. Montell gehört der sog. Generation Z an und hat viele Methoden, wie Streichelzoo oder Meditation, ausprobiert, um das tägliche Gedankenkarussell zu stoppen. Durch den anhaltend hohen Medienkonsum und die damit verbundene Informationsflut kommt nicht nur die Autorin psychisch nicht mehr mit. Verzerrungen bzw. eigene Denkgebäude machen krank und anfällig für einfache Erklärungsmodelle, so Montell. Wir lassen uns immer mehr von äußerlichen Trends beeinflussen und denken dabei weniger nach. So weit dürfte das Sujet bekannt sein. Die Umsetzung konnte mich trotz Montells selbstironischer Sprache hingegen nicht überzeugen. Das lag vor allem an den wenig strukturierten und mit Fakten überfrachteten Kapiteln. Unter den langatmigen Ausführungen litt die Lesbarkeit gravierend. Natürlich gab es auch starke Momente, nämlich immer dann, wenn Montell über die eigene Kindheit und toxische Beziehungen plauderte. Auch ihre Selbstkritik in Sachen falsche Vorbilder und Schönheitswahn zeigte Reife. Es gab viele psychische Fachbegriffe zu entdecken und von der Bezeichnung "Frenemy" habe ich sogar das erste Mal gehört. Also konnte ich auch etwas dazulernen. Zusammenfassend lässt sich sagen, weniger Details und mehr Fokussierung hätten dem Sachbuch gut getan. Hier wurde Potenzial verschenkt, leider. Montells Gesellschafts- und Zeitstudie verstehe ich nichtsdestotrotz als wichtigen Weckruf.

Bewertung vom 19.03.2025
Jack, Vera Conny

Acht (un)geplante Tage mit dir


ausgezeichnet

Was für eine herzzerreißend schöne Geschichte! Vera Conny Jack hat mir mit ihrem Roman "Acht (un)geplante Tage mit dir" das Lesen versüßt.

Worum geht's?
Hazel ist überzeugter Single und reist als Übersetzerin um die Welt. Für ihre beste Freundin Milena springt sie als Reisebegleitung für Milenas Bruder Lukas ein. Beide kennen sich nicht wirklich und sollen jetzt acht Tage gemeinsam in New York verbringen...

Meinung
Vera Conny Jacks Rom Com hat mich auf Anhieb gepackt. Ihre Hauptfiguren - Lukas und Hazel - sind komplett verschieden und zutiefst menschlich. Während Wirtschaftsmathematiker Lukas alles im Voraus plant und keine Sehenswürdigkeit verpassen möchte, lebt Übersetzerin Hazel in den Tag hinein und lässt sich treiben. Von Anfang an ist also Feuer im Spiel und beide geraten mit ihren unterschiedlichen Auffassungen von einem gelungenen Tag im Big Apple natürlich aneinander. Während ihrer Reise erkennen sie aber auch, dass sie sich im jeweils anderen getäuscht haben und gehen einen verhängnisvollen Deal ein. Was in NY passiert, bleibt in NY. Doch dann überwältigt die gemeinsame "glückliche Auszeit" beide.

Die Autorin hat mit Hazel und Lukas zwei ungemein sympathische wie realistische Charaktere geschaffen. Dementsprechend fand ich die Idee, beide die Erzählerrolle zuzugestehen, nur stringent. Ich bin sehr gern mit beiden auf Sightseeingtour in New York gegangen, zumal ich selbst noch nie dort gewesen bin. Dank Jacks versierten Beschreibungen und der abgedruckten Karte im Einband habe ich mich schnell innerhalb der genannten Örtlichkeiten zurechtgefunden. Auch die Kulinarik und die verschiedenen Gesichter des Big Apples, inkl. Glossar am Buchende, kamen nicht zu kurz. Am meisten hat mich der humorige Umgangston, die Offenheit sowie die kindliche Verspieltheit von Hazel und Lukas begeistert. Sie füllen jeden Urlaubstag mit echten Leben, was ungemein ansteckend wirkt, gerade in diesen gegenwärtig düsteren Zeiten. Ich konnte herrlich bei dieser romantischen Lektüre vom Alltag abschalten und mich in Tagträumen verlieren. Also war die Geschichte auch für mich ein Time-out.

Das pastellfarbene Cover korreliert ganz wunderbar mit der lockerleichten Story. Besonders die haptisch erhabenen Bestandteile (u.a. Freiheitsstatue) und das mitgelieferte Lesezeichen trafen meinen Geschmack.

Fazit
Eine rundum gelungene Lektüre über die Leichtigkeit der Liebe, die nachwirkt und einem unweigerlich ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.

Bewertung vom 16.03.2025
Rosen, Jessie

Something Old, Someone New


gut

Das Cover von Jessie Rosens Roman fand ich auf den ersten Blick sehr spannend. Es ist mehrfarbig, streifenförmig strukturiert und der Titel spielt eindeutig auf eine Hochzeit an. Doch die Story verlief anders als erwartet.

INHALT

Shea Anderson ist seit 3 Jahren mit ihrem Freund John liiert, der nun den nächste Schritt wagt und ihr einen Heiratsantrag macht. Doch der Verlobungsring aus einem New Yorker Secondhandladen macht Shea Angst. Basierend auf den Aberglauben ihrer italienischen Oma könnte der Ring durch seine Vorbesitzer verflucht bzw. mit schlechtem Karma belegt sein. Daher will Shea erst einmal gar nicht an Hochzeit denken, sondern mehr über Vorbesitzer des Rings und deren (Liebes-)Geschichte erfahren. Was folgt ist ein spontaner Roadtrip von New York über Italien und Portugal nach Boston.

MEINUNG

Jessie Rosens Romanidee hebt sich positiv von den üblichen Liebesromanen ab, indem die Hauptfigur Shea an der Institution der Ehe zweifelt und sich nicht gleich Hals über Kopf in rauschhafte Hochzeitsvorbereitungen stürzt. Im Endeffekt ist der Verlosungsring nur ein Vorwand für ihre eigene Unsicherheit. Durch die unharmonische Beziehung ihrer Eltern ist Shea ein gebranntes Kind in Sachen Ehe. Die ursprünglich nur für zwei Wochen geplante Reise verlängert sich mit jedem neuen Hinweis auf Vorbesitzer XY. Infolgedessen brauchte man als Leser schon Langmut, um bis zum entscheidenden letzten Drittel der Story vorzudringen. Sheas Entwicklung innerhalb des Plots ist einerseits positiv zu bewerten, andererseits negativ. Sie agiert nach meinem Geschmack zu zögerlich und am Ende zu rational. Romantik spielte überhaupt keine Rolle. Obschon Shea gestärkt nach New York zurückkehrt, führt sie mit ihrem Verlobten einen hanebüchenen Eiertanz auf und man fragt sich: Welcher Mann macht so etwas mit? Ich hatte mir ein anderes Ende mit mehr Emotionen und Herzschmerz gewünscht. Rosens unaufgeregte wie flüssige Schreibe machte die Lektüre leicht. Die fremdsprachlichen Einsprengsel haben mir sehr gefallen. Auch die Bezugnahme auf Musiktitel empfand ich als gelungen. Nur mit dem Handlungsverlauf sowie der starken Fokussierung auf die Lebens- und Liebesgeschichten der Ringvorbesitzer konnte ich mich nicht anfreunden.

FAZIT

Ungewöhnlicher Selbstfindungstrip, bei dem Potenzial verschenkt wurde.

Bewertung vom 16.03.2025

Kintsugi


ausgezeichnet

Der Kintsugi-Ratgeber von arsedition ist das perfekte Vademecum für die herausfordernde Gegenwart.
Ich muss gestehen, dass mich das Cover mit den goldenen Bruchkanten angelockt hat. Ich kannte diese Reparaturkunst und Lebensphilosophie aus Japan vorher nicht. Im Grunde geht es um die Verarbeitung von verletzenden bzw. negativen Ereignissen im Leben. Mithilfe von Gold werden sozusagen Scherben wieder zusammengesetzt. Auf diese Weise kann der Mensch metaphorisch heilen. Innerhalb des Heilungsprozesses sind Achtsamkeit, Geduld und Loslassen unerlässlich. Hierfür bietet der kleine Ratgeber 99 wunderbar illustrierte Tipps, die Kraft geben und die Resilienz fördern. Letztere lassen sich häppchenweise oder fortlaufend lesen. Jede der Anregungen ist kurz formuliert und führt unweigerlich zum Reflektieren. Insgesamt ein wirklich bestärkendes Buch mit ansprechendem Design.

Bewertung vom 16.03.2025
Rifaat, Laila

Aliya und die Unendliche Stadt 1


ausgezeichnet

An sich lese ich nicht so häufig Kinderbücher, aber diese Zeitreisegeschichte aus Kairo ist es absolut wert. Das spektakulär illuminierte Cover ließ mich ad hoc an Aladin bzw. orientalische Märchen denken. Überall glitzert und funkelt es. Auch die Buchseiten sind orientalisch passend gestaltet. Die große Schriftgröße ist Balsam für erwachsene Vielleser.

Die Erzählung der Halbägypterin Laila Rifaat ist eine rundum gelungene Fantasystory um die Waise Aliya Sultan. Sie wächst bei ihrem Großvater Geddo auf und bekommt zu ihrem 11. Geburtstag eine magisches Diamantenkette (s. Buchcover) geschenkt. Was dann folgt ist ein unglaubliches Abenteuer. Aliya reist in die unendliche Stadt (= Infinitum) und findet an der dortigen Schule nicht nur neue Freunde, sondern auch Hinweise auf ihre verstorbenen Eltern. Um in den Kreis der Zeitreisenden aufgenommen zu werden, muss sie allerdings zwei Aufnahmeprüfungen bestehen. Wird Aliya fortan Kairo in den verschiedenen Zeitepochen entdecken dürfen?

Beim Lesen hat mich vor allem Rifaats reiche Fantasie begeistert. Aliya begegnet im Laufe der Handlung u.a. Dschinns, sprechenden Sphingen und unheimlichen Magiern. An Abenteuern im Stil von Aladin und Harry Potter herrscht auf jeden Fall kein Mangel. Daher bin ich förmlich über die 414 Buchseiten geflogen und habe mit der jungen Heldin mitgefiebert. Wie Aliya über sich hinauswächst und gleichzeitig ihre Liebsten verteidigt ist beispielhaft. Darin ist sie das perfekte Vorbild für junge Mädchen. Sprachlich könnten arabische Wörter und bildungssprachliche Begriffe (wie z.B. sakrosankt) für junge Leser eine Herausforderung darstellen. Erwachsenen kann ich die Story der Englischlehrerin Rifaat ebenfalls empfehlen, weil sie diese in die Märchenwelt zurückreisen lässt und damit die eigene Fantasie beflügelt.

Bewertung vom 09.03.2025
Ibañez, Isabel

What the River Knows / Geheimnisse des Nil Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Das effektvolle wie ästhetisch schöne Cover des ersten Bandes von Isabel Ibañez' Dilogie hat mich auf den ersten Blick in seinen Bann gezogen. Der ägyptische Pylon scheint mit der umgebenden Flora und Fauna zu verschmelzen. Zudem kann ich Geschichten, die vom Alten Ägypten bzw. im Land der Pharaonen spielen, einfach nicht widerstehen. Im Focus von "What the River knows. Geheimnisse des Nils" steht die 19-jährige Argentinierin Inez Olivera. Sie reist 1884 Hals über Kopf von Buenos Aires nach Kairo, als sie vom Tod ihrer Eltern in Ägypten erfährt. Beide halten sich jeweils die Hälfte des Jahres in Ägypten auf, um Inez' Onkel bei Ausgrabungen zu assistieren. Doch vor Ort scheint vieles verworren und niemand will sie über den mysteriösen Tod ihrer Eltern aufklären. Heimlich schließt sich Inez der Grabung ihres Onkels in Philae an. Hier kann sie durch ihre magischen Fähigkeiten, die sich in historischen Flashbacks äußern, wesentlich zur Entdeckung von Kleopatras Grab beitragen. Noch dazu liefert sie sich mit dem englischen Sekretär ihres Onkels - Whitford Hayes - derart hitzige Wortgefechte, dass die Funken sprühen.

Ich fand Isabel Ibañez' Romantasy auf vielfältige Weise spannend. Einerseits wächst in diesem Buch eine junge Frau über sich hinaus und sprengt ihre gesellschaftlichen Fesseln, andererseits kann man mit der Protagonistin vortrefflich auf Zeitreise gehen. Die letzte Pharaonin, Kleopatra VII., ist eine der interessantesten Persönlichkeiten der ägyptischen Geschichte und ihr Grab bis heute verschollen. Schön, dass Isabel Ibañez den Lesern eine mögliche und natürlich prunkvolle Begräbnissituation liefert. Daneben lebt die Geschichte um Inez von persönlichen Intrigen und Enttäuschungen aus ihrem engsten Umfeld. Der gemeine Cliffhanger am Ende lässt nichts Gutes ahnen. Insgesamt bin ich über die Seiten dieses historischen Romans geflogen und habe mich neben der historischen Komponente vor allem für den Sprachmix aus Arabisch, Englisch und Spanisch begeistern können. Als erwachsene und historisch vorgebildete Lesern habe ich den ersten Band von Isabel Ibañez mit Freude und Gewinn gelesen. Nun könnte ich nahtlos zur Fortsetzung übergehen :-)

Bewertung vom 09.03.2025
Higgins, Colin

Harold und Maude


ausgezeichnet

Unkonventionelles Paar feiert das Leben

Bei "Harold und Maude" handelt es sich um eine schwarze Komödie aus den 70ern, deren Veröffentlichung damals in den USA sicherlich für einen Skandal gesorgt hat. Die Story ist so abgründig wie faszinierend. Der 19-jährige Upperclass-Sohn Harold Chasen freundet sich auf einer Beerdigung mit der 79-jährigen Lebefrau Maude an. Während Harold nicht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll und täglich seiner Mutter einen Suizid vorspielt, lebt Maude intensiv und schlägt gern über die Stränge. Dieses ungleiche Paar trifft sich fortan regelmäßig, wobei Harold richtig aufzublühen scheint. Maudes unkonventioneller Lebensstil und ihre überbordende Lebenslust wirken ansteckend. Higgins hält damit der angepassten bis steifen Gesellschaft den Spiegel vor und feiert gleichzeitig die Individualität. Dieses Werk kann also nie aus der Mode kommen. Higgins schwarzer Humor ist zudem eine Lektüre wert. Die Buchseiten verfliegen beim Lesen. Auch das traurige wie mutige Ende passt zur ungewöhnlichen Geschichte.

Bewertung vom 02.03.2025
Jäger, Nicole

Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein


sehr gut

Nicole Jägers Buch "Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein" ist aus einer Lebenskrise entstanden, die in einem spontanen Roadtrip von Hamburg nach Valencia gipfelte. Während sie als selbstironische Stand-up-Comedian auf der Bühne alles gibt, mag sie es privat eher zurückgezogen. Jäger sieht sich als hochsensiblen "Einsiedlerkrebs", der ungern Gewohnheiten durchbricht. Umso mehr erstaunt dann ihre ungeplante Reise nach Spanien. Hier versucht sie getreu dem Motto "Der Weg ist das Ziel" wieder zu sich selbst zu finden und sich selbst zu spüren. In der Fremde scheint vieles einfacher zu sein. Jäger stellt sich Ängsten und wagt Neues. Kindheitstraumata, Bodyshaming und Krankheiten sind weniger wichtig, was zählt ist das eigene Glück.

Mich hat die Autorin vor allem durch ihre Authentizität überzeugt. Ihr Seelenstriptease lässt nichts aus, Verletzendes wie Positives. Die Länder, die Jäger auf ihrer Reise passiert, spielen dabei stets nur eine Nebenrolle. Wieder leben statt nur zu funktionieren, ist nun ihr Credo und das wirkt ansteckend. Alles in allem prima ein Ratgeber für all jene Leser, die auf der Suche nach Lebensglück und Selbstwert sind. Dafür braucht es kein aufwendiges Buchdesign, sondern lediglich eine "menschliche" und mutige Autorin.

Bewertung vom 28.02.2025
Meyerhoff, Joachim

Man kann auch in die Höhe fallen / Alle Toten fliegen hoch Bd.6


sehr gut

Ich habe dieses Buch aufgrund eines ultrawitzigen Auftritts des Autors bei einer Talkshow gelesen. Und ich kann nur sagen, Joachim Meyerhoff unterhält den Leser auf fabelhafte Weise. So nimmt er kein Blatt vor den Mund, wenn er über die eigenen Unzulänglichkeiten klagt, und kann über sich selbst und seine Schwächen lachen. "Man kann auch in die Höhe fallen" ist ein Hommage an seine nimmermüde Mutter.

Worum geht's?

Der Schauspieler und Autor Joachim Meyerhoff befindet sich mit Mitte Fünfzig in einer Lebenskrise. Der Umzug von Wien nach Berlin, sein Schlaganfall und eine Schreibblockade haben Spuren hinterlassen. Um sich selbst wieder zu spüren und zurück ins Leben zu finden, zieht er kurzerhand zu seiner 86-jährigen Mutter an die Ostsee. Hier umgeben von Meer, Garten und Mutterwitz schöpft er Tag für Tag wieder Kraft.

Meinung

Was habe ich mich über das Mutter-Sohn-Gespann amüsiert. Das lag vor allem an der unterschiedlichen Lebenseinstellung. Für Meyerhoffs rüstige Mutter ist das Glas stets halbvoll und jeder Tag ein Geschenk. Der Autor selbst wirkt weinerlich und inaktiv. Doch Mutter Meyerhoff weiß ihren Sohnemann mit festen Routinen, wie Nacktbaden im Meer und Gartenarbeit, auf Trab zu halten. Trotz ihrer 86 Lenze wirkt sie agiler und damit jünger als ihr vom Leben gebeutelter Sohn. Unterbrochen wird dieser heitere "Wiederbelebungstrip" nur durch ebenso unverstellt lockere Kurzgeschichten aus Meyerhoffs Theaterleben. Alles in allem fand ich Meyerhoffs Anekdotensammlung sehr sympathisch und angenehm unterhaltsam. Einzig mit der Länge des Buchs habe ich gehadert, weil sich dadurch die Erzählung etwas zog. Hier hätte Meyerhoff ruhig die Seitenzahl um die Hälfte komprimieren können.

Bewertung vom 23.02.2025
Peinkofer, Michael

Zeitrebellen / Timelock Bd.1


ausgezeichnet

"Timelock - Zeitrebellen" ist das erste Jugendbuch aus der Feder von Michael Peinkofer, das ich gelesen habe. Ravensburger spricht von einem Mystery-Thriller, für mich handelt es sich eindeutig um eine Dystopie. Die actionreiche Handlung hat mich ab der ersten Seite gepackt. Es gibt zwei Erzählstränge, die sicherlich im Folgeband zusammengeführt werden. Einerseits wird die Geschichte des 14-jährigen Außenseiters Jason Wells erzählt, der den Überwachungsstaat Nimropia anzweifelt und immerzu nervenaufreibende Klarträume durchlebt. Andererseits handelt das Buch von dem japanischen Jugendlichen Otaku, der sich um die 8-jährige Waise Hana kümmert und unter dem staatlichen Radar lebt. Was beide Erzählungen eint, ist das Misstrauen gegenüber der gelebten Realität. Sowohl Jason als auch Hana sehen mehr als ihre Mitmenschen und schließen sich letztendlich den Zeitrebellen, einer Widerstandsgruppe, an, die sich gegen den Zeitenherrscher Nimrod richtet. Durch ihre Zeitreisegabe können sie Nimrod gefährlich werden. An Peinkofers Plot haben mich besonders die schnellen Perspektivwechsel und die Kreativität des Autors angesprochen. Insgesamt handelt es sich um ein eklektisches Werk, das stark an Orwells Klassiker 1984 erinnert und noch dazu Bekanntes leicht abwandelt (vgl. Interanto statt Esperanto) sowie die gegenwärtige brisante Lage in Politik, Publizistik und Bildung spiegelt. Kurzum, Perinkofer zeichnet in seinem hoch spannenden Jugendbuch ein Worstcase-Szenario nach, in dem der Mensch von allen Seiten fremdbestimmt, d.h. manipuliert, wird, sofern er nicht bei klarem Verstand ist und Zusammenhänge innerhalb der Geschichte wahrnimmt. Die Zeitsprünge innerhalb der Handlung hat Peinkofer ebenso überzeugend angelegt wie seine jugendlichen Helden. Ich bin gern mit ihn durch die Zeit gereist und habe dabei stets mit Jason und seinen Begleitern mitgefiebert. Alles in allem hat der Autor mit "Timelock - Zeitrebellen" eine hochaktuelle wie überaus vielfältige Geschichte geschaffen, die zeigt, dass jeder über sich hinauswachsen und Großes bewirken kann. Das dreifarbige Cover ist eingängig und verweist optisch auf die sog. Pyramide des Herrschers Nimrod. Nach dem abrupten Cliffhanger sehne ich nun Peinkofers Fortsetzung schnellstens herbei. Für junge als auch für erwachsene Leser eine lohnenswerte Lektüre.