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geschichten.von.buechern

Bewertungen

Insgesamt 124 Bewertungen
Bewertung vom 15.02.2024
Wörmann, Elina

Die Glut in ihr


gut

Trilogie-Auftakt mit Potenzial

Das Cover hat meine Aufmerksamkeit direkt magisch angezogen. Das Farbenspiel und der Titel machen gelungen neugierig und passen zum Fantasy-Genre.
Worum geht’s?
Drei Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Drei Schicksale, die miteinander verbunden zu sein scheinen. Können sie sich ihrer Vergangenheit stellen und dabei zueinander finden?
Mein Start ins Buch war etwas holprig. Es ist grundsätzlich gut lesbar, allerdings auch sehr nah am alltäglichen Geschehen geschrieben. Das war etwas ungewohnt. Noch dazu hat es etwas gedauert, bis man den Klappentext hinter sich lässt. Die kurzen Einblicke ins Erleben der drei Protagonisten Aska, Yukon und Elias sorgen für unterhaltsame Abwechslung und bauen Spannung auf, allerdings fand ich es durch die häufigen Perspektivwechsel zuerst schwer, eine Beziehung zu den Charakteren aufzubauen. Irgendwann in der ersten Hälfte hat sich dieses Gefühl jedoch gelegt. Von da an war ich mit so mancher Frage und Theorie zur Handlung völlig im Rätselfieber gefangen und konnte mich ganz der düsteren, geheimnisvollen Atmosphäre hingeben.
Die drei Protagonisten sind sehr verschieden und alles andere als moralisch schlicht schwarz oder weiß, was mir gut gefallen hat. Yukon ist ein eher nüchterner Charakter, der mir insgesamt etwas fremd blieb. Die Schicksale von Aska und Elias konnten mich deutlich mehr mitreißen. Gemeinsam mit Aska entdecken wir die Bandbreite ihrer Fähigkeiten, während wir Elias auf der Suche nach Antworten für ein vergangenes Ereignis begleiten. Trauerbewältigung spielt eine große Rolle innerhalb der Handlung und der Umgang mit ihr überzeugt auf ganzer Linie, geht dadurch aber auch ans Herz.
Teilweise merkt man diesem Buch zwar seinen Debütcharakter an, nichtsdestotrotz bin ich sehr gespannt, wie die Trilogie sich weiterentwickelt. Das Potenzial für eine weiterhin fesselnde, geheimnisumwobene Handlung ist in jedem Fall da.
Wer auf der Suche nach einem mysteriösen urban fantasy-Buch mit Tiefgang abseits von ausgetretenen Wegen ist, sollte einmal in die Flammen-Trilogie reinlesen.

Bewertung vom 08.01.2024
Lameika, Kiara

Die dritte Klinge (eBook, ePUB)


sehr gut

Spannender historischer Krimiroman mit Lerneffekt

Das Cover hat meine Aufmerksamkeit sofort magisch angezogen und deutet gelungen auf den Inhalt hin.
Worum geht’s?
Ulm, 1499: Der junge Mathes muss in den Schwabenkrieg ziehen. Verletzungen zwingen ihn und seine Freundin Ennlin jedoch zu einem Zwischenstopp in einem Armenspital vor Ulm, wo die beiden schon bald über eine tote Frau stolpern und ihr eigenes Leben in Gefahr sehen.
Eigentlich handelt es sich hier um einen dritten Band, aber ich hatte auch ohne Vorkenntnisse keinerlei Probleme der Handlung zu folgen.
Unterschiedlich lange Kapitel haben mir das Lesen teilweise etwas erschwert, was durch die wechselnden Erzählperspektiven jedoch abgemildert wurde. Dieses Buch bietet einen wahren Genremix aus Historie, Krimi, coming-of-age sowie einer Prise Mystik und liest sich teilweise auch ein wenig wie ein Sachbuch, ein Eindruck, der durch das Vorhandensein von Fußnoten noch verstärkt wird. Der liebevoll recherchierte Roman bietet Geschichtsinteressierten daher viel Input.
Das soll nun allerdings nicht bedeuten, dass ich mich gelangweilt hätte. Die düstere, bedrohliche Atmosphäre konnte mich von Beginn an fesseln und auch wenn ich den Krimiteil teilweise vorhergesehen habe, saß ich doch immer gespannt auf der vorderen Stuhlkante. Zum einen, weil ich dennoch unbedingt wissen wollte, was als nächstes passiert, zum anderen, weil mich so manche Wendung gekonnt überrascht hat.
Ennlin und Mathes sind sympathische und nahbare Protagonisten. Ich habe mit ihnen gelacht und gelitten. Ihre Gefühle wirken jederzeit gut nachvollziehbar, wenn sie sich gemäß der Zeit, in der wir uns hier bewegen, auch nicht wie ein heute typischer Teenager verhalten. All diese kleinen Details haben zum großartig ausgearbeiteten Setting beigetragen.
Seit ich begonnen habe, Geschichte zu studieren, meide ich historische Romane. Eigentlich. Ich bin froh, es mit diesem hier versucht zu haben, denn es hat sich definitiv gelohnt und ich kann ihn guten Gewissens an alle Mittelalter-Interessierten, Fans von historischen Kriminalromanen und solchen, die es werden wollen, weiterempfehlen.

Bewertung vom 28.12.2023
Hayle, Olivia

The Billionaire Scrooge Next Door (MP3-Download)


sehr gut

Hörenswerte Weihnachtsgeschichte

Das Cover passt durch die liebevollen Details und die bunte Farbgebung super zur weihnachtlichen Liebesgeschichte dahinter. Auch wenn die Gesichter für meinen Geschmack etwas weniger gruselig leer sein dürften.
Darum geht’s: Holly fährt über Weihnachten zu ihrer Familie. Dort angekommen trifft sie überraschenderweise auf Adam, ihren Ex-Schwarm und ehemaligen besten Freund ihres großen Bruders. Während Holly das Familienfest liebt, ist Adam eher Zyniker und es bräuchte schon ein kleines Weihnachtswunder, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen…
Ich habe die Weihnachtsnovelle nur so verschlungen. Humor trifft auf eine anfangs ruhig startende Liebesgeschichte. Klar ist die Story keinesfalls unvorhersehbar und trieft gelegentlich vor rosarotem Zuckerüberzug, dennoch ist sie aufgrund ihrer Kürze schnell weggehört und hat mich zum Dauerschmunzeln gebracht. Damit habe ich bekommen, was ich von einer Weihnachtsgeschichte erwarte.
Die beiden Hörbuchsprecher machen einen guten Job, auch wenn ich manchmal Probleme hatte, die einzelnen Figuren in Dialogen auseinanderzuhalten. Das hat mich bei der Handlung jedoch nicht sonderlich gestört.
Letztlich hat mich die Geschichte sogar aus mehreren Gründen positiv überrascht: Die Protagonisten sind Ende 20/Anfang 30, verhalten sich dementsprechend und haben nachvollziehbare Probleme und Wünsche. Auch ihre jeweiligen Familiendynamiken sind authentisch und mit erstaunlich viel Tiefgang dargestellt. Im Klartext heißt das: Die Protagonisten waren mir sympathisch und ich habe ihre Entwicklung gerne mitverfolgt, vor allem, da sie als Paar sichtlich gut füreinander sind. Einzig den etwas ausufernden Ausklang hätte ich nicht wirklich gebraucht, aber eine Prise Kitsch gehört zu Weihnachtslektüre eben einfach dazu.
Insgesamt konnte mich die unterhaltsame Gute-Laune-Novelle in etwas mehr Weihnachtsstimmung versetzen, weshalb ich sie allen auf der Suche nach einem mood-booster oder einer weihnachtlichen Geschichte mit liebenswürdigen Charakteren und wenig Drama nur empfehlen kann.

Bewertung vom 14.12.2023
Herzog, Christian

Aktion Phoenix


sehr gut

Lässt Geschichte lebendig werden

Das Cover ist großartig gewählt, passt super zu einem historischen Roman und hat mich direkt angesprochen.
Zum Inhalt: 1936 möchte die Stadt Berlin sich zu den Olympischen Spielen von ihrer besten Seite zeigen. Hermann Schmidt hat die Aufgabe, genau dafür zu sorgen. Doch dann trifft er auf Anna Kollmann, eine im Widerstand engagierte Kunststudentin. Zur gleichen Zeit träumt Georg Finkbeiner von einer Karriere als Zeppelin-Steward und gerät dabei in ein gefährliches Spiel.
Gleich vorweg: Dieses Buch ist keine einfache Lektüre. Es hat mich häufig aufgewühlt. Erreicht wird das unter anderem durch eine grandiose Atmosphäre, die perfekt eingefangene, bedrohliche Stimmung der Zeit, wodurch mir so manches Mal ein kalter Schauer über den Rücken lief. Wer besagte Atmosphäre noch verstärken will, sollte einmal in das großartig gesprochene Hörbuch hineinhören, dass das Kopfkino noch einmal extra anregt. Alles in allem würde ich dieses Buch jedoch definitiv eher als historischen Roman mit Krimielementen, denn als etwaigen Thriller bezeichnen.
Liebevolle Details, die sich beispielsweise in den Kapitelüberschriften niederschlagen, zeugen vom Herzblut des Autors. Auch der immense Rechercheaufwand wird immer wieder deutlich. So konnte ich auf angenehmste Weise nebenbei mein Zeppelin-Wissen auffrischen.
Der Spannungsbogen erschien mir mitunter etwas unausgeglichen. Eine unterschwellige Grundspannung war zwar durchweg da, was für gute Lesbarkeit sorgt, richtig mitgefiebert habe ich aber erst im letzten Fünftel des Buchs. Das lag vor allem daran, dass ich einfach nicht mit den Charakteren warmgeworden bin.
Ich schätze zwar moralisch graue Charaktere und die Abwesenheit von typischen Heldenfiguren, jedoch stolpern unsere Protagonisten recht naiv durchs Leben. Ohne spoilern zu wollen, sei hier nur erwähnt, dass mich besonders die Linie der weiblichen Protagonistin lange Zeit etwas enttäuscht hat. Dadurch konnte mich die Geschichte letztlich nicht immer mitreißen. Dennoch haben wir es hier immerhin mit authentischen Figuren mit nachvollziehbaren Problemen zu tun, die mit all ihren Stärken und Schwächen portraitiert werden.
Spätestens im großen Finale ist die Handlung auch um Actionszenen nicht verlegen, die jedoch nie völlig übertrieben wirken und die Geschichte zu einem vielleicht etwas zu glatten, aber doch runden Ende führen.
Insgesamt wurde ich gut unterhalten und würde das Buch jedem Fan historischer Romane ans Herz legen.

Bewertung vom 05.12.2023
Masters, Louisa

Spuk und Schmied (eBook, ePUB)


sehr gut

Die Geister, die ich nicht rief

Das Cover passt durch die dunklen, aber dennoch leuchtenden Farben perfekt zu einem Geisterbuch und hat mich direkt neugierig gemacht.
Zum Inhalt: Josh konnte schon immer Geister sehen, was sich nicht gerade vorteilhaft auf sein Leben ausgewirkt hat. Doch dann findet er eine Stelle auf Mannix Estate, einem Hotel, das ganz offiziell mit seinem Spuk wirbt. Zu schön, um wahr zu sein?
Der Schreibstil hat mir grundsätzlich gut gefallen, nicht zuletzt dank der wechselnden Erzählperspektiven, einer großen Prise Humor und urkomischen Schlagabtauschen zwischen den Menschen und der Geisterwelt. Dazu kommen eine Miniportion Gruselfeeling und so manche Spice-Szene. Das Buch lässt sich super schnell lesen, da die Handlung Schlag auf Schlag vorwärtsrast. So wird es zwar nie langweilig, allerdings wirken manche Entwicklungen so doch recht überhastet und Themen werden lediglich oberflächlich angerissen.
Besonders die erste Hälfte der Geschichte hat mir sehr gefallen. Bei einer paranormalen Wendung zur Mitte der Handlung hat das Buch mich kurzzeitig etwas verloren. Allerdings möchte ich lobend herausstellen mit wie viel gesundem Menschenverstand hier an übermenschliche Probleme herangegangen wird. Nichts wird ins Lächerliche gezogen. Nur das Ende enthielt für meinen Geschmack dann doch eine Spur zu viel Kitsch.
Die zu großen Teilen queeren Charaktere sind zwar furchtbar sympathisch, dennoch hätten ihre Hintergrundgeschichten gerne etwas mehr ausgeführt werden dürfen. Das gilt besonders auch für die Geister. Was die menschlichen Protagonisten angeht, hat Ewan als love interest auch mein Herz zum Schmelzen gebracht. Bei Josh hat mir vor allem seine zugegeben nur knapp skizzierte Entwicklung gefallen. Jeder Charakter hat seine liebevoll dargestellten Eigenarten verpasst bekommen, was sie nahbar und authentisch erscheinen lässt.
Insgesamt wurde ich trotz kleinerer Kritikpunkte gut unterhalten und freue mich auf den Folgeband. Wer eine hervorragend lesbare m/m-Liebesgeschichte im Urban Fantasy-Setting mit einer ordentlichen Prise Humor sucht, sollte hier unbedingt einmal reinlesen.

Bewertung vom 30.11.2023

Der Magische Fisch


ausgezeichnet

Eine berührende Graphic Novel

Schon das Cover deutet die unglaubliche Liebe zum Detail und zu Geschichten an, die uns dann auch im Inneren der Graphic Novel weiter begleiten.
Zum Inhalt: Tién ist in den USA geboren und aufgewachsen, seine Mutter hingegen aus Vietnam geflohen. Im Versuch eine gemeinsame Sprache zu finden und ihren aktuellen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, lesen sie sich regelmäßig Märchenbücher aus der Bibliothek vor. Tién hofft außerdem, dass es ihm mithilfe dieser Geschichten gelingen wird, seine Homosexualität vor seinen Eltern anzusprechen.
Wie die Inhaltsangabe schon andeutet, bewegt sich die Graphic Novel auf verschiedenen Zeitebenen: Gegenwart, Vergangenheit und Märchen. Diese Perspektiven sind durch Farbwechsel zur vereinfachten Orientierung kenntlich gemacht. Tiéns Familiengeschichte wird so direkt mit den Märchen verwoben. Nachdem ich anfangs etwas verwirrt war, worauf das ganze hinausmöchte, gelingt die Verblendung dieser Zeitebenen im Lauf der Handlung immer besser.
Der Zeichenstil ist genauso märchenhaft wie die vorgelesenen Bücher selbst. Ich könnte mich stundenlang in der Betrachtung der wunderschönen und detailreichen Zeichnungen verlieren. Die Graphic Novel beweist, dass Bilder mehr sagen können als Worte. In diesem Sinn bietet die Geschichte einen einfühlsamen Umgang mit vielen ernsten und brandaktuellen Themen, beispielsweise rund um kulturelle Identität, familiärem Zusammenhalt, Freundschaft oder Verlust. Aufgrund dieser Fülle ist diese Graphic Novel definitiv eine Kandidatin für einen reread. Die Emotionen werden perfekt eingefangen, weshalb ich spätestens am Ende Tränen in den Augen hatte. Ich habe beim Lesen eine wahre Achterbahnfahrt der positiven wie negativen Gefühle mitgemacht.
Insgesamt wurde ich hervorragend unterhalten. Auch wenn ich die Geschichte schnell verschlungen hatte, beschäftigt mich das Gelesene noch immer.
Wer an die Macht von Geschichten glaubt oder sich dafür interessiert, wie Märchen sie je nach kulturellem Kontext verändern, sollte hier unbedingt einen Blick reinwerfen.
Hierbei handelt es sich grundsätzlich auch um ein Jugendbuch, dass ich aufgrund mancher Zeichnungen und Schwere der behandelten Themen allerdings erst ab dem mittleren Teenageralter empfehlen würde.

Bewertung vom 13.11.2023
Cambridge, Colleen

Der Cocktailmörderclub / Phyllida Bright Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Überzeugende Fortsetzung für Fans klassischer Krimis

Das Cover ist farblich ein echter Eyecatcher, passt super zum Vorgängerband der Reihe und verweist gelungen auf den Inhalt.
Worum geht’s? Bei einer Wohltätigkeitsorganisation treffen aufstrebende Hobbyautoren auf ihre berühmten Vorbilder. Mittendrin und Organisatorin des Ganzen ist Agatha Christies Haushälterin Phyllida Bright. Doch dann kommt es zu einem Todesfall während der Auftaktveranstaltung und Phyllida muss einmal mehr ermitteln…
Der Schreibstil überzeugt durch die gemütliche und zugleich klatschsüchtige Dorfatmosphäre, unterhaltsame Schlagabtausche und fein beobachtete, authentisch präsentierte zwischenmenschliche Beziehungen.
Der Aufbau ähnelt einem klassischen britischen Krimi, wodurch wir ziemlich früh in etwas ausufernder Weise mit einem großen Kreis Verdächtiger bekannt gemacht werden. Lange Zeit bleibt die Lage dank spannender Wendungen undurchsichtig und so gut wie jede Person wirkt einmal verdächtig. Auch wenn die ausgeklügelte Auflösung für mich als geübte Krimileserin nicht komplett unvorhersehbar war, so habe ich die Lektüre doch sehr genossen. Besonders im letzten Drittel konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen.
Der Krimi besticht neben einer fesselnden kriminellen Einlage vor allem durch seine eigenwilligen, teilweise herrlich kauzigen Charaktere, die wir in diesem zweiten Band näher kennenlernen dürfen. Phyllida Bright als starke Protagonistin stellt mit ihrer scharfen Zunge, ihrem Organisationstalent und ihrer Kombinationsgabe für mich nach wie vor ein Highlight dar. Besonders ihre Auseinandersetzungen mit dem Butler und Chauffeur des Hauses ergeben einen wahren Lesegenuss. Zudem sorgt die Einbindung des Dienernetzwerks für eine gehörige Prise Downtown-Abbey-Charme.
Man kann diesen Band sicher auch ohne Vorkenntnis des Reihenauftakts lesen. Wer jedoch die jeweiligen Beziehungsgeflechte näher erkunden und den Erfahrungswerten der Protagonisten nachspüren will, sollte lieber die Reihenfolge einhalten.
Insgesamt wurde ich trotz kleinerer Abzüge wirklich gut unterhalten und würde jederzeit mehr mit Phyllida Bright als Ermittlerin lesen wollen. Fans klassischer whodunnits im Stil von Agatha Christie sollten hier unbedingt einmal reinlesen.

Bewertung vom 01.11.2023
Schmitz-Esser, Romedio

Um 1500


sehr gut

Ein Künstler und seine Zeit

Albrecht Dürer ist einer der wohl bekanntesten Künstler der Zeit um 1500. Anhand seiner Werke und Aufzeichnungen bekommen wir einen Einblick in die alltägliche Lebenswelt eines Menschen am Übergang zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit.
Zuerst ein paar Worte zur äußeren Aufmachung des Buchs: Die Gestaltung von Vor- und Nachsatzpapier, Lesebändchen, Papierdicke und die enorme Abbildungsqualität der Werke Dürers - all das macht einen hochwertigen Eindruck und das Buch so schon oberflächlich betrachtet zu einem Gewinn für jedes Bücherregal.
Der Schreibstil ist für mich der größte Kritikpunkt an diesem Sachbuch. Am ehesten ähnelt der Aufbau einer gut aufbereiteten Überblicksvorlesung für Studierende. Für Leute vom Fach enthält es potenziell nur wenig Neues. In den kurzen und inhaltlich weit reichenden Kapiteln werden die Themen oft nur knapp angerissen, was schnelles Umdenken beim Lesen erfordert. Auch Fachbegriffe werden kaum erklärt; insgesamt wird bei den Ausführungen so einiges an Vorwissen vorausgesetzt.
Die Grundidee überzeugt. Anhand von Dürers Werken und unter Berücksichtigung verschiedener historischer Teildisziplinen werden die familiäre Situation des Künstlers, die ihn umgebenden Personennetzwerke aber auch die Nürnberger Stadtgeschichte als sein Lebensmittelpunkt rekonstruiert. Durch Vergleichsaspekte, deren Untersuchungspersonen allerdings quellenbedingt meist aus Adel und Bürgertum stammen, bekommen Lesende Einblick in verschiedene soziale Schichten. Gleiches gilt auch für betrachtete Regionen, die sich jedoch an Dürers Lebenshorizont und Reisen orientieren, also in der Regel eher nicht aus Europa hinausführen.
Die behandelten Themen reichen von Familie, Geschlechterrollen, Bildung, sozialen Aufstiegsmöglichkeiten, politischen Entwicklungen, Ernährung und Religion bis hin zu Altersvorsorge. Der Autor ist dabei stets um Anschaulichkeit bemüht und behandelt so beispielsweise auch die Frage, wie die Welt um 1500 roch. Besonders durch die alltagsgeschichtlichen Einblicke wird es möglich, sich Dürer und den Menschen der Zeit um 1500 trotz der zeitlichen Distanz näherzufühlen. Dürers Lebenszeit war geprägt von Umbrüchen und Unsicherheiten, dieses Spannungsfeld wird ebenso gelungen deutlich wie die gesellschaftlichen Rahmenbedingen, die die Entwicklung des oder der Einzelnen der Zeit prägten.
Daneben bietet das Buch kunsthistorisch Interessierten viel Input durch die dargebotenen Interpretationsansätze zu den Dürergemälden. Nicht zuletzt führt es das Talent des Künstlers, seine Beobachtungsgabe sowie die Vielseitigkeit seiner Werke vor Augen und lädt so zur tiefgreifenden Beschäftigung mit diesen ein.
Insgesamt stellt dieses Buch eine stimmige Einführung in die europäische Geschichte der Zeit um 1500 und damit dem Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit dar, weshalb ich es geschichtsinteressierten Personen nur empfehlen kann.

Bewertung vom 16.10.2023
Notroff, Jens

Staub, Steine, Scherben (eBook, ePUB)


sehr gut

Grundkurs in Archäologie

Das Cover wirkt ansprechend, passt hervorragend zum Genre eines Sachbuchs und schlägt dank der Illustrationen bereits einen gelungenen Bogen zum Inhalt des Buchs.
Wie sieht eigentlich der Arbeitsalltag von Archäologinnen und Archäologen aus? Wie läuft eine Ausgrabung ab? Durch welche Vor- und Nachbereitungen wird diese ergänzt? Welche technischen Hilfsmittel stehen heute zur Verfügung und wo ist noch Handarbeit gefragt? Wer schon immer mal eine Antwort auf eine oder mehrere dieser Fragen gesucht hat, sollte einen Blick in dieses Buch werfen.
Gleich vorab: Selten hat mich ein Sachbuch in einem solchen Maß zum Schmunzeln gebracht. Der Autor hat ein gut verständliches und dabei auch noch wahrlich unterhaltsames Buch geschrieben, bei dessen Lektüre man fast schon unbewusst Wissen anhäuft. Ich möchte ganz ehrlich sein: Gerade bei den Ausführungen zu technischen Hilfsmitteln oder naturwissenschaftlichen Fachtechniken war das Ganze dann doch schon mal etwas zäher, jedoch schafft Jens Notroff es mit gut gewählten Beispielen und dem ein oder anderen Augenzwinkern für Nahbarkeit und Nachvollziehbarkeit zu sorgen. Dazu haben nicht zuletzt die liebevollen Illustrationen beigetragen, die der Autor selbst beigesteuert hat.
Jens Notroff beschreibt nicht nur die Rahmenbedingungen des archäologischen Arbeitsalltags - verglichen mit so manch idealisiertem Filmhelden - und das Erkenntnispotenzial hinter interdisziplinärer Zusammenarbeit, sondern stellt auch einen Aktualitätsbezug her, durch den sich die zeitlich zum Teil weit entfernten Forschungsgegenstände der Archäologie plötzlich gar nicht mehr so fremd anfühlen. Besonders interessant fand ich die ausgewählten Beispiele aus dem Arbeitsalltag des Autors. Von solchen persönlichen Erfahrungsberichten hätte ich gerne noch etwas mehr gelesen.
Alles in allem eine lohnenswerte Lektüre. Ich wage zu behaupten, dass dieses Buch nicht zuletzt neben einem Überblickswerk für interessierte Laien auch eine gelungene Werbung für das Fach darstellt.
Wer das eigene Wissen rund um Archäologie auffrischen, in einem Pubquiz oder beim nächsten Kreuzworträtsel- oder Filmmarathon mit Expertise glänzen möchte, sollte hier unbedingt einmal reinlesen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.10.2023
Ryan, Anthony

Ein Fluss so rot und schwarz (eBook, ePUB)


gut

Tolle Ansätze, aber nur bedingt überzeugend

Das Cover sieht großartig aus. Die Farbgebung passt super zu einem Thriller mit Horrorelementen und springt direkt ins Auge.
Zum Inhalt: Sechs Fremde erwachen ohne jede Erinnerung und lediglich mit auf den Unterarmen tätowierten Namen auf einem ferngesteuerten Schiff. Wohin sind sie unterwegs? Welches Grauen erwartet sie dort? Und was verbirgt sich hinter den gespenstischen Geräuschen aus dem dichten Nebel?
Kurz nach Beginn des Buchs war ich das erste Mal kurz davor, es direkt wieder abzubrechen. Der Start ist ziemlich verstörend und bereits voller makabrer Beschreibungen. Ich bin dann aber doch drangeblieben, weil mir die düstere Atmosphäre, das dystopische Setting und der sarkastische Humor von Beginn an gefallen haben und ich wissen wollte, was der Autor aus der Story gemacht hat, nachdem ich bereits einige von dessen Fantasy-Büchern kannte.
Richtig mitgefiebert habe ich leider nie, auch wenn das Potenzial dafür durchaus da war und ich eigentlich ein Angsthase bei jeder Art von Gruselliteratur bin. Dazu trägt allerdings auch der Ansatz der Charaktere bei. Wie soll man sich ihnen nahefühlen, wenn sie doch selbst keine Ahnung haben, wer sie eigentlich sind? Außerdem hatte ich bei so manchem Handlungselement Probleme, mir das alles vorzustellen. Somit hat mich das Buch recht kaltgelassen, auch wenn es nie wirklich langweilig war.
Teilweise hatte das Buch etwas zu viel von einem Haudrauf-Actionknaller und hat mich in solchen Situationen immer stark an Filme wie The Expendables erinnert. Wer die mochte, ist mit diesem Buch wohl auch ganz gut bedient.
Insgesamt wurde ich nur solide unterhalten, würde das Buch Fans von brutalen und nicht unbedingt realitätsnahen Actionthrillern mit moralisch grauen Charakteren sowie dystopischer Stimmung allerdings durchaus empfehlen.