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LichtundSchatten

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Insgesamt 291 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2025
Sisyphos im Maschinenraum
Heßler, Martina

Sisyphos im Maschinenraum


ausgezeichnet

Eine Enzyklopädie des 18. Jahrhunderts beschrieb uns so: «Wir sind alle Menschen, d. i. eingeschränkte, schwache, den Fehlern und Irrthümern unterworfene Menschen.“ Es war dies die Sichtweise vor der industriellen Revolution, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Dampfkraft startete.

Barbara Stollberg-Rilinger kennzeichnete das Uhrwerk als Symbol für die Fortschrittsgläubigkeit der damaligen Zeit: „Sie liefert als Urbild planmäßiger Herstellung, gesetzmäßiger Bewegung der Teile im Raum, gleichförmigen Ablaufs und strenger Funktionalität das Modell für die Welt, den lebendigen Körper, das methodische Schließen und schließlich für den Staat.“

Dabei wurden Menschen zunehmend als Störfaktor für das Funktionieren technischer Abläufe bewertet. „Sie behinderten demnach reibungslose Prozesse und meist, so das Diktum, funktioniere Technik besser ohne sie – eine Haltung, die bis in die 1970 er Jahre dominant blieb.“ Mit zunehmender Komplexität und den Computern/Software änderte sich diese Einstellung. Die Mensch-Maschine-Interaktion begann.
Solange Maschinen von Menschen in hochkomplexen Systemen erdacht, gebaut, gefüttert, gesteuert und repariert werden, sind menschliche Fehler möglich. Ich lese viel in Zeitschriften ab dem Jahr 1850 bis 1900 und habe dort unglaubliche, phantastische Bilder vorgefunden in eine Zukunft zeigend, in der Maschinen das Meiste regeln. Dem Optimismus schienen keine Grenzen gesetzt. Aber die Katastrophen hielten schnell Einzug und störten die instrumentelle Vernunft, die Hoffnung auf immer mehr zuverlässiges Funktionieren unserer Umgebung ohne unser Zutun.

Martina Heßler führt uns durch die erste industrielle Zeit bis ins heute und zeigt die Fallstricke, auf die unsere Vorfahren und wir heute trafen/treffen und oft vor große Rätsel stell(t)en. „Maschinen läuteten also nicht, wie gehofft, ein fehlerfreies, technologisch errichtetes Paradies ein. Vielmehr präsentieren sie sich als eine permanente Aufgabe: Sie wurden immer komplexer und bleiben stets unfertig.“

Ein Software-Ingenieur sagte im Jahr 2005: «We put a man on the moon. So why can’t we make software that works?» Technikfixierung wird zur permanenten Herausforderung, die unser Nachdenken erfordert. Wenig geschieht alleine, wie der Sisyphos sitzen wir immer in Hab Acht Stellung, um die Maschine zu durchleuchten und sie am laufen zu halten.

Ein höchst spannendes Buch, das herausfordert, vielen Dinge neu ordnet und am Ende mit einem Hinweis auf Elon Musk eine nahe Vision erkennbar macht. Der Chip in unserem Gehirn, der diesem System auf die Sprünge helfen soll. Nur wenn Menschen so schnell denken lernen wie Chips kommt es zu einem Gleichgewicht?

KI und ihre nahe Vergangenheit der Maschinengläubigkeit, das Weitergehen in Bereiche, für die uns heue noch Begriffe fehlen. Das Buch von Martina Heßler bringt die Gehirnzellen auf Trab, es regt an zum skeptischen Denken. Wer hat noch nicht festgestellt, dass KI nicht immer dieselben Antworten gibt und bei harter Diskussion schnell seine Meinung ändert?

Besonders spannend war für mich das Kapitel über das Autofahren, ein Thema, dem wir alle nahe sind. Jeder kann den Verkehr in San Francisco in 1900 heute auf youtube beobachten. Immer wieder bewundere ich den Fahrradfahrer zwischen allen Kutschen und ersten Autos, er versucht auf den Schienen zu fahren bzw. zu balancieren, weil dieser Untergrund besonders fahrbar scheint. Es gab damals die sog. Herrenfahrer, Menschen also, die das Gefährt selber steuerten, statt es einem Auto-Kutscher zu überlassen. Ich bezweifle, dass sie besonders rücksichtslos fuhren, kann es aber nicht nachweisen. Adenauer hatte in den 20ern als Mitfahrer in einem Auto einen Unfall, an dessen Folgen er lebenslang laborierte. Kurz: Problem des Verkehrs war immer der Sünder, der schwache, nicht alles im Blick habende Mensch. Die Verkehrssünderkartei ist heute noch eine Analogie zu diesem Begriff des sündigen Menschen aus dem 18. Jahrhundert, seit Ende März 25 endlich nur noch digital und nicht mehr in Hängeregistrauren auf Papier.

„1979 war die Rede von «gefährlichen Schleichern. «Seien Sie kein Pfropf», lautete die Aufforderung an zögerliche Autofahrer. Die Lösung wurde nun nicht mehr in einer starren Regeleinhaltung gesehen. Stattdessen sollten die menschlichen Autofahrer vom Computer koordiniert werden, denn diese könnten, anders als der einzelne Fahrer, den gesamten Verkehr überblicken.“ Man sollte also in den Fluss kommen, sich von Maschinen optimieren lassen. Heute soll man nur noch gefahren werden, der Maschinen-Computer-Kutscher möchte die Lenkung übernehmen. Ob man noch Freude am Fahren hat und auch Spaß daran, überall mit Maschinen zu reden? Bei der Einfahrt in Parkhäuser gibt es ein neues System, das mir gefällt. Ich muss keine Karte mehr ziehen, sondern ein Scanner erkennt die Autonummer automatisch. So geht assistierte Erleichterung durch Maschinen, ihre 99%-igkeit wünscht wohl niemand.

Bewertung vom 27.03.2025
Die Kämpfe der Zukunft
Piketty, Thomas;Sandel, Michael

Die Kämpfe der Zukunft


gut

Gleich zu Beginn erklärt Thomas Piketty, dass sich mit der franz. Revolution und der Aufhebung von Adelsprivilegien die Ungleichheit reduziert habe und bis heute dieser positive Prozess anhält. Auch die amerikanische Unabhängigkeit habe dazu beigetragen und der neoliberale Umschwung seit den 80ern hat nichts daran geändert (vielleicht hat er es zum Besseren gewendet?). Insbesondere Frauen haben mehr Teilhabe und gleiche Rechte. Die Einkommensunterschiede waren von 100 Jahren größer und noch ungleicher vor 200 Jahren. Fairer Zugang zu Bildung für alle war ein Schlüsselmoment für diese Entwicklung.

Das geführte Gespräch zieht den Leser in das Denken zweier sozialistischer oder sozialdemokratischer Denker hinein, in dem ihr Denken oft etwas zu abgehoben erklärt wird. Sie springen von Staat zu Staat und wirken hochmoralisch gerecht und sozial mitfühlend. Dabei wollen sie die ganze Welt zu einem Ausgleich und zur Gerechtigkeit führen. Alles kann so gesehen bzw. bedacht werden. Auf Seite 146 lesen wir von Piketty diesen Satz: „Der Wettbewerb hat bis zu einem gewissen Maße zum Wohlstand beigetragen, allerdings mit enormen sozialen Kosten, sozialen Schäden und Umweltzerstörungen.“

Hier bin ich anderer Meinung. Marktwirtschaft oder Kapitalismus wie sie von vielen abwertend umschrieben wird, ist die einzige Möglichkeit, Wohlstand und Gerechtigkeit zu schaffen, weitestgehend im Wettbewerb. Sie war die wesentliche Ursache der Zurückdrängung von Armut. Alle sozialistischen Konzepte sind in der Geschichte gescheitert. Etwas für sich selbst zu erschaffen, Ideen zu entwickeln, sie mit anderen zu tauschen, ist die allen Menschen am meisten Vergnügen bereitende Art zu arbeiten, um etwas zu erreichen. Viele mögen die Zurschaustellung des Besitzes genießen, nach außen, die meisten aber genießen still nach innen, im Sinne einer intrinisischen Motivation.

Menschen mögen kollektivistische Verirrungen und Vorgaben nicht, die von anderen definiert werden. Die Geschichte hat dies bewiesen. Bei uns zuletzt in einer sozialistischen DDR, bei der die kleine Spießbürgerlichkeit durch Honecker oder Mielke zum Himmel schrie. Diese Kernfrage sozialistischer Führung wird von beiden nicht diskutiert. Stattdessen denken sie an die Gemeinschaft, gemeinsame Werte und soziale Teilhabe etc. Es sind durchaus berechtigte Ziele, die aber immer den Identitätskern des Menschseins unterstützen sollten, nämlich für sich selbst und die Familie etwas zu er-wirtschaften. Das darum liegende Gemeinschaftliche ist wichtig, aber dem nachgelagert.

Der Wettbewerb hat m.E. also nicht nur bis zu einem gewissen Maß zum Wohlstand beigetragen, wie das Piketty ausdrückt, sondern ganz entscheidend oder überwiegend. Wer das Buch so liest, erkennt, das beide die negativen möglichen Effekte von Kapitalismus ansprechen und die Frage stellen, wie man diese zurückdrängen kann. Deswegen ist das Buch in jedem Fall interessant und bedenkenswert. Sie wollen z.B. Steueroasen unmöglich machen und plädieren für eine Steuerzahlung nur in den Ländern, wo auch produziert wird. Durchaus sinnvoll, aber schwer zu erreichen ohne eine Weltregierung, die es wohl nie geben wird.

Dass immer wieder Rousseau angeführt wird, der die Ungleichheit ganz wesentlich auf das Bürgertum zurückführt, das mit dem Einzäunen des ersten Hauses alles Negative geschaffen hätte, es wirkt eher bemüht und peinlich. Wichtig wäre der Vergleich seiner Ideen mit seinem tatsächlichen Leben bzw. seinem Tun gewesen.


Überhaupt nicht diskutiert werden kulturelle und religiöse Unterschiede als Ursache für Ungleichheit z.B. bei muslimischen Frauen. Hier geht man wohl davon aus, dass dies nicht so wichtig sei. Die Wähler in großen Agglomerationen in Frankreich wählen z.B. Le Pen, auch wegen der Migrantennähe. Dies wird erwähnt, die dafür notwendigen Analysen fehlen aber.

Schade, dass beide Autoren aus dem gleichen (linken) Lager kommen, ein stärkerer Verfechter der Marktwirtschaft wie z.B. Dr. Dr. Zitelmann würde aus diesem Buch ein echtes Gespräch bzw. eine Diskussion gemacht haben, die wirklich weiter bringt. Die Autoren haben völlig Recht, wenn zu große Machtkonzentration als Haupt-Problem eines fairen Wirtschaftens angesprochen wird. Kartellämter aber werden in den meisten Staaten nicht mehr so wichtig genommen. Man kann an den Markt und seine Innovationskräfte glauben wie man an wertebasierte Vorgaben glaubt, beide sollten fein ausbalanciert werden, um langfristig erfolgreich zu sein. Dabei darf der Staat niemals ein Übergewicht bekommen, sondern die freien, kreativen Kräfte sind die besseren Wohlstandsmacher und Ungleichheits-Vermeider.

Bewertung vom 24.03.2025
Glamour
Cohen, Ute

Glamour


ausgezeichnet

Glamour (aus dem Schottischen) ist eine Art Zauberspruch oder eine Verhexung, so glänzt eine Person oder Sache besonders prunkvoll oder betörend elegant, oft schockartig. Der Unterschied zum Alltäglichen wird zur Spannungssteigerung. Das Buch von Ute Cohen zeigt auf, wo kunstvolle Inszenierungen waren oder noch sind, warum sie vergangen sind / vergehen, und ob man noch Hoffnung auf Besserung haben könnte.

Der Einstieg über Ava Gardner vermittelt Glamour als etwas unerklärlich Anhaftendes, mit dem Schwächen überspielt und in ihr Gegenteil gedreht werden können. Diese Frau wusste, dass sie keine gute Schauspielerin war, trotzdem aber wurde sie als Filmgöttin verehrt. Ihre flirrende Eleganz faszinierte und zog Zuschauer in ihren Bann. „Glamour ist elegant und wild, entfaltet sich erst im Widerstreit.“ Heute aber wird diese Leuchtkraft von den meisten abgelehnt. „Der glanzlose Auftritt simuliert eine moralisch makellose Geisteshaltung.“

Glamour ist heute Maskerade, die Kunst sich lustvoll zu exponieren wird als Blendung erlebt, nicht als Verzauberung. Und doch gibt es Licht am Ende des Tunnels, glanzvolle Auftritte könnten bald wieder ihre Strahlkraft entfalten. Denn das Leben hält sich oft in den nicht benennbaren, riskanten Zwischenräumen auf, aus denen neue Kraft, Magie und Energie entstehen können. Ein Kult der Echtheit ist das Contra zum Glamour, der sich über die „Einpökelung abgestorbener Dinge“ am Leben halten will. Seine kalte Demonstranz aber scheint nur ein Zeichen für das Ende einer Epoche.

„Die Bühnen unseres Landes verkommen mehr und mehr zu moralischen Erziehungsanstalten, in denen herrschenden Vorstellungen von Geschlechter- und Sprachgerechtigkeit Genüge getan werden muss, anstatt menschliche Experimentierfreude in Szene zu setzen und auch dem Abgründigen eine künstlerische Form zu verleihen.“ Schon lange war ich bei keiner Theateraufführung mehr und der folgende Satz von Ute Cohen spricht mir aus der Seele: „Die Bühne verwandelt sich entweder in ein steriles Labor normversessener, vermeintlich progressiver Sprechpraktiken oder in ein fetischistisches Sch…haus.“

Vielfalts- und Minoritätenbesessenheit denkt Menschen permanent als Opfer und gibt alle aufklärerischen Impulse auf, so Ute Cohen. Dabei werden neue Dinge inszeniert, die im Gleichklang von Schönheit und Gutem sogar zeigen und sagen kann: „Ich werde tun, was schön ist für Allah.“ Moralische Unanfechtbarkeit wird also mit einer Umdeutung des Schönen hin zu religiösen Verhüllungen zelebriert. Die Influencerinnen verstecken ganz züchtig ihr Gesicht hinter Blumen und Handykameras. Islamische Sprachwissenschaftlerinnen fragen sogar: „Was macht säkulare Sprache mit unserer Spiritualität?“ Solche Leute definieren rationales Handeln mithin als Fehler! Liberale Gesellschaften sind für sie ein Rahmen, der zu fehlerhaftem Handeln führt.

„Das Haus der Tugendprahler aber ist auf Sand gebaut.“ Die Autorin vermittelt jene Aktionen/Ideen, die dem woken Wahn Glamour entgegensetzen, der mit kreativer Lust alle lächerlich macht, die sich zu sehr als Spaßverderber benehmen, sei es aus moralischer oder berechnender ideologischer Motivation. Mein Lieblingssatz aus diesem Buch: „Das Leben hält sich in den nicht benennbaren Zwischenräumen auf.“ Es entspricht einem anderen Satz, den ich mag und in diesem Buch wiedergefunden habe: „Regeln sind Krücken für kreativ Lahme.“ Wer sich zu vielen Regeln unterwirft und den GlamourFaktor aus dem Leben streicht, verliert alle Überraschungen und zieht sich in die Langeweile zurück.

Es gibt wenig Zitate zum Thema Glamour, gefunden habe ich dieses von Walter Fürst, einem Schweizer: „In unserem Gedächtnis treibt sich viel Glamour herum, zuviel Sonntägliches, Ehrwürdiges, Sakrifiziertes und Heroisiertes, erdfreie, bodenfremde Begriffe, die Gespenstern dienstbar sein mögen – doch in den Hausrat eines biederbeinigen Menschen gehören sie nicht.“ Biederbeinige Menschen und Tugendprahler sind wohl identisch und der direkte Feind von Glamour als einem wesentlichen Faktor für Überraschung, Herausforderung, Kreativität und revolutionärem Denken.
Ein sehr gelungenes Buch mit 11 Kapiteln, die Raum geben für weite Sätze der Phantasie in jenen Zwischenräumen, die unser Leben ausmachen als einem Mix aus Ratio, Emotion, Antrieb und neuem Schaffen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.03.2025
Feindliche Nähe
Wolffsohn, Michael

Feindliche Nähe


ausgezeichnet

Das Buch vermittelt auf nachvollziehbare, umfassende Weise tiefe Einblicke in das jüdische, christliche und muslimische Denken und Handeln, in die Geschichte dieser Religionen und die Jetztzeit. Dabei stehen jüdische und christliche Überlegungen im Zentrum, theologische Analysen des Islam sind vorhanden, stehen aber nicht im Vordergrund.

In all den Jahrhunderten wurde das jüdische Volk vertrieben und über den gesamten Erdkreis verteilt. Es war willkommen, wenn es um den Aufbau eines Staates oder einer Region ging, aber meist nur zu Beginn. Michael Wolffsohn benennt diese Tatsache als funktionale Toleranz, sie ging meist schnell zu Ende, wenn Juden nicht mehr gebraucht wurden. Das war so in Polen, Spanien, Deutschland, im osmanischen Reich, überall, wohin Juden freiwillig oder zwangsweise ziehen mussten.

Der Zionismus hatte nach Michael Wolffsohn seinen Ursprung nicht in der Religion, sondern war primär mit der funktionalen Toleranz begründet. „Die Mehrheit hatte nach 2500 Jahren erkannt: Unser Leben als Juden ist, war und wird wohl dies bleiben: Existenz auf Widerruf. Als Minderheit sind wir vom guten Willen der Mehrheit abhängig. Und dieser Wille ist eher selten gut.“ Dies legte die Motivation für einen eigenen Staat, wo Juden Mehrheit sind, nicht Minderheit.

Wir tauchen ein die Geschichte und die Gründung des Staates Israel, der sofort nach Gründung unter Druck der muslimischen Nachbarn stand, bis heute. Wenige wissen noch, dass im Krieg 1973 die deutsche Regierung (Brandt/Scheel) Waffenlieferungen nach Israel verhinderte, die USA aber sorgten für den notwendigen Nachschub, um die Apokalypse Israels zu verhindern. „Wie damals (auch heute) mehr Deklamatorisches als Substanzielles.“

Am 7. Oktober 2024 fand in München (Marstall) eine Veranstaltung statt, in der 3 Personen (Michael Goldberg, Barbara Horvath, Michael Wolffsohn) zur aktuellen Situation nach dem 7.10.2023 sprachen und die Geschichte Israels diskutierten. Dies war für mich der berührendste Teil des Buches (215-251), in dem zentrale Punkte angesprochen wurden, wie eine Zusammenfassung des ersten Buchteiles, vom Stammgebiet Israels bis hin zur unmittelbaren Zukunft von Israel.

Dabei wurde für mich klar, dass der Koran, in der Tradition der hebräischen Bibel stehend, im Grunde auch das Heilige Land den Juden zuordnen muss, denn im Alten Testament wird den ihnen das Heilige Land versprochen. „Der Koran widerspricht dieser Verheißung nicht. Im Gegenteil, er bestätigt sie.“ Israel hat Jerusalem als Zentrum seiner Heilsgewissheit, der Islam den Stadtstaat Medina, beide sollten in Israel neue Wege des Zusammenlebens finden, so das Fazit dieser Veranstaltung und mithin auch des Buches. Diese Schlussbetrachung bleibt eher unverbindlich offen, sie negiert den kompromisslosen Duktus von Koran und Hadith sowie anderen Grundlagenwerken des Islam.

Als Ergänzung oder Vorbereitung zu diesem Buch würde ich das eindringliche Werk von Giuseppe Gracia empfehlen: „Wenn Israel fällt, fällt auch der Westen.“ Dort wird der Weg Israels in zentralen Aspekten beschrieben und die unversöhnlichen Grenzlinien zum Islam markiert. Nach Gracia bedroht der Antisemitismus in zunehmendem Maße auch das Leben im Westen.

Bewertung vom 09.03.2025
Feuer der Barmherzigkeit
Serkan;Treibholz, Ronja

Feuer der Barmherzigkeit


ausgezeichnet

Seit ich das Leben von Sabatina James kennengelernt bzw. ihre Bücher gelesen habe (Gefangen zwischen zwei Welten), wurde mir der Unterschied zwischen Christentum und Islam klar. In diesem Buch von Erkan wird mir die Lebensweise von muslimischen Männern hautnah vermittelt, die hier im Westen den Annehmlichkeiten verschiedener Vergnügen frönen, gleichzeitig aber wachsende Schuldgefühle vor Allah empfinden.

Auch Serkan lernt wie Sabatina James Jesus und seine Barmherzigkeit kennen, trotz aller Widerstände aus seiner Familie, die ihn schließlich verstößt. Der islamische Glaube ist auch hier äußerst hart und kennt keine Gnade.
Serkan beschreibt sein Leben, seine Zweifel und die Probleme: „Allah war barmherzig, aber ebenso unberechenbar.“ Durch das sündige Leben im Westen mit Parties, Dance und Alkohol wächst bei vielen Muslimen die Angst: „In den Himmel schaffst Du es wohl kaum. Und das bedeutet, Du wirst Brennholz für das Höllenfeuer.“

Serkan lernt durch seine Freundin Katja und ihre Familie die Bibel und eine Christliche Gemeinde kennen, die ihm Heimat und Zuflucht werden. „Bisher war Gebet für mich eine Abfolge von vorgegebenen Körperhaltungen und auswendig gelernten Sätzen gewesen.“ Der Wille von Allah schien wenig durchschaubar und es blieb unklar, ob man in Liebe angenommen wird.

Jesus gab Serkan die neue, barmherzige, angenommene, liebevolle Richtung vor: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Ohne mich kann niemand zum Vater kommen.“ Er erkennt die untrennbare Einheit der Trinität aus Gott Vater, Gott Sohn und den alle, auch ihn, umschließenden Heiligen Geist.

Serkan gewinnt ein neues Dasein: „Die fensterlosen Wände meines vorherigen Lebens wurden aufgebrochen und in die Löcher wird fortwährend herrlich gemustertes Glas eingesetzt. Jesus ist das Licht, das ein mir alles hell gemacht hat.“

Das Buch beschreibt den ganz normalen Alltag von Serkan höchst spannend und in unterschiedlichen Perspektiven, es lässt einen teilhaben an einem Weg, der sich mit den Worten des Apostel Paulus vollenden möchte: „Ich bin ganz sicher, dass Gott, der sein gutes Werk in euch angefangen hat, damit weitermachen und es vollenden wird bis zu dem Tag, an dem Jesus wiederkommt.“ (Philipper 1,6)

Besonders berührt bin ich von dem Text bzw. den Erlebnissen eines Menschen, der sich nicht in den Vordergrund stellen möchte ob seiner Leistungen, sondern weil er seinen Glauben mit ganzem Herzen lebt und diesen in der gefundenen Nächstenliebe weitergeben und erklären möchte.


Er folgt so auch einer Aussage von Jesus in Matthäus 10.34: „Ich bin nicht gekommen , den Frieden zu bringen, sondern das Schwert“. (Matthäus 10,34) Übersetzt man diesen Satz tatsächlich aus dem Aramäischen in richtiger Weise (Franz Alt: Was Jesus wirklich gesagt hat) , dann heißt er: Seid nicht gutgläubig, seid wachsam! Wenn Ihr Euch mit anderen zusammensetzt, zieht das "Schwert der Worte" und streitet für Eure Sache. Meine Aufopferung, mein Selbstopfer bedeutet nicht Frieden, Erlösung als Automatismus, sie ist eher der Beginn des Kampfes um Wissen und Wahrheit.

Besser als viele Christen, die nicht mehr wissen, was in der Bibel geschrieben steht, erklärte Serkan einem Mann aus Albanien, warum er vom Islam zum Christentum konvertierte. Ich habe den Eindrucke, dass viele Christen einen solchen Nachhilfeunterricht gut gebrauchen könnten.

Buchempfehlungen zu diesem Thema:
Ilhan Arsel, Frauen sind Eure Äcker
Burkhard Hofmann, Und Gott schuf die Angst
Sabatina James, Sterben sollst Du für Dein Glück, Gefangen zwischen zwei Welten

Bewertung vom 08.03.2025
Macht
Modler, Peter

Macht


ausgezeichnet

Merkelismus bedeutet hin und her lavieren, abwarten, irgendwann machen, geräuschlos, bloß nichts von Macht erzählen. Sie ist verpönt in einem Land, in dem einer vor über 80 Jahren zu viel davon hatte.

Trotzdem muss jeder auch heute über Macht nachdenken und mit diesem Buch ist es ein Unterfangen, das nach logisch richtigemen, vernünftig Vorgehen klingt. Niemand kann Macht leugnen, sie ist im privaten ebenso vorhanden wie im Geschäft.

Viele behaupten, dass Macht nur von Menschen mit eigener Schwäche ausgeübt würde oder von jenen mit wenig Spaß im Leben, die langweilig vor sich hin atmen. In Unternehmen wird über Macht nur wenig noch gesprochen. Stattdessen gibt es Hüllworte wie Teilhabe, Vielfalt, Spirit, Work-Life-Balance etc.

Diese Zeit aber ist vorbei, sie war nie richtig da. Entscheiden heißt auch immer, Macht auszuüben und Dinge nach eigenem Gusto zu regeln. Im Privaten wie auch im Unternehmen.

Wer das Thema leugnet, macht sich blind für vorhandene, auch segensreiche Machausübung, er schließt kompetente Machtmenschen aus (fördert damit inkompetente Machtausüber) und verhindert eine gutes Training von guter Machtausübung. Das Ganze kann zu Ohnmacht und Opfergefühlen führen.

Umso wichtiger ist dieses Buch, in dem man durch eine Vielzahl von Geschichten an die Machtprobleme herangeführt und sensibilisiert wird. Interessant besonders die Geschichte des Absturzes von Präsident Kaczynski, in dem der Flugkapitän übermächtiger Macht nachgab und das gesamte Team abstürzte. Macht darf niemals absolut sein, sondern sich auf relevante Fähigkeiten begrenzen.

Peter Model fasst sein Buch am Ende in 10 Regeln zusammen, die übersichtlich kenntlich machen, auf was es ankommt. Ein realistisches Verhältnis zu Machtfragen ist essentiell, man muss Probleme und Chancen kennen bzw. richtig einschätzen lernen.

Von diesen Regeln gefällt mir die letzte besonders gut: „Bleib gelassen. Wahrscheinlich wirst Du Fehler machen. Lass Dich nicht lähmen…Wundere Dich nicht über Widerstand…Setze Deine Macht souverän ein, und mach Dich nicht selbst fertig dafür.“

Bewertung vom 08.03.2025
Monrepos oder die Kälte der Macht
Zach, Manfred

Monrepos oder die Kälte der Macht


ausgezeichnet

Wussten Sie, wie der ehemalige Ministerpräsident zu seinem Landtagsabgeordneten-Mandat kam? In diesem Buch ist es festgehalten. Sein Trick war simpel: am Krankenbett seines Vorgängers sagt er diesem, die Basis wolle ihn als Nachfolger. Er erhält das OK bzw. die schriftliche Empfehlung seines kranken Parteifreundes und geht zur Basis, die natürlich vorher von nichts wusste, jetzt aber einverstanden ist. Ein echter Bauernschachzug!

Der ehemalige DFB-Präsident wird eingehend beschrieben als lustiger, trinkfester Geselle, der bei Festen immer der letzte war. Ja, so haben wir uns das doch immer vorgestellt: Politiker, umgeben von Jasagern und versehen mit einem Herrschaftsgehabe, dass Könige blass vor Neid werden ließe. Im Übergang vom ehemaligen Marinerichter zum Cleverle liegt ein Schwerpunkt dieses Buches - hervorragende, spannende Hintergrundformationen mischen sich mit unglaublichen Szenen, die einem wirklich den Atem stocken lassen. Die Könige von Württemberg haben hier ihre direkten Nachfahren gefunden.

Was müsste sich ändern, damit sich dies ändert? Mehr Bücher von dieser Info-Qualität bitte. Und wir alle wären gespannt auf die teuflische Biographie. Der aufrechte Mann aus Spaichingen wurde später gemobbt von einem studierten Steuer-Rechtsanwalt, er hat verzweifelt versucht, diesen seiner Meinung nach Unfähigen und noch Sprachärmeren zu verhindern, ohne Erfolg. Herr Englisch Desaster wurde sogar EU-Kommissar und durfte sich weiter in Brüssel blamieren.

Bewertung vom 02.03.2025
DITIB und der ferngesteuerte Islam in Deutschland
Güvercin, Eren

DITIB und der ferngesteuerte Islam in Deutschland


weniger gut

Der Autor meint auf Seite 36, dass der Islam sich immer daran gehalten habe, sich an Traditionen und Gebräuche eines anderen Landes anzupassen, wenn man dorthin auswandert. Darüber hinaus könne man die Inhalte der Religion auch an die Zeitläufe bzw. moderne Sichtweisen adaptieren, sie sozusagen weiterentwickeln. Er nennt aber keine Beweise/Belege dafür und ich möchte die Sure 86,13 des Koran dagegen halten: „Dieser Koran ist wahrlich ein entscheidendes, letztes Wort.“

Was ich gleich zu Beginn des Buches also vermisse ist die Ausgestaltung des muslimischen Glaubens des Autors. Wie sieht er die Mekka Zeit und die spätere Medina Zeit von Mohammed? Werden Auswanderungen der Muslime in Länder der Ungläubigen nicht ganz anders gesehen, d.h. man kann sich zum Schein durchaus anpassen, darf aber die zugrunde liegenden Inhalte nicht vergessen. Eine klare Aussage ist dies, Sure 2,2: „Dies ist das Buch, an dem kein Zweifel besteht. Es ist eine Rechtleitung für die Frommen.“

Ich lese das: „Die DITIB realisiert nicht, dass sie immer mehr jungen Muslimen keine relevanten Perspektiven mehr zu bieten hat, dass sie für ein Islamverständnis steht, mit dem sich immer mehr junge Menschen nicht identifizieren können.“ (S. 37) Nun, diese jungen Menschen wählen überwiegend Erdogan und hängen mehr und mehr einem traditionellen Verständnis des Islam an. Der Autor nennt keine Belege für seinen gegenteiligen Befund. Ebenso lese ich nichts Konkretes von den unzeitgemäßen Religionsvorstellungen der Islamverbände.

Alle Maßnahmen deutscher Regierungen haben nur zu einer Verfestigung der islamischen Enklaven in Deutschland geführt. Der Autor stellt das selbst fest auf Seite 121, lässt aber eine saubere Ursachenanalyse völlig aus. Er redet von einem deutschen Islam, wohl wissend dass Bassam Tibi mit seiner europäischen Variante völlig gescheitert ist. Prof. Khorchide muss von der Polizei beschützt werden, ebenso wie andere Islam-Verbesserer (Mansour, Abdel-Samad u.v.m.) Woher kommt das Überlegenheitsdenken der Islam-Verbandsfunktionär, das auf Seite 122 festgestellt wird? Wer im Koran liest, wird fündig, offensichtlich hat das der Autor noch nicht ausreichend getan.

Die Frage ist ganz einfach, ob man Intoleranz einer Religion dulden kann und nicht ob wir eine Verpflichtung zur säkularen Trennung hätten wie vom Autor auf Seite 131 insinuiert. Diese Frage muss der Eigenständigkeit einer Religion vorgeschaltet sein, die von Ungläubigen als einer Gruppe von Menschen spricht, die die schlechtesten aller Geschöpfe seien, mit denen man nicht befreundet sein solle.

Insgesamt gibt Güvercins Buch gute Einblicke in die Netzwerke der Erdogan-Lobby in Deutschland, ohne aber grundlegende Klarheit über den Islam zu schaffen. Für mich ein weiteres Buch der reinen Vernebelung von zugrunde liegenden Tatsachen, die sich aus den Grundlagenwerken des Islam (Koran, Hadith, Biografie Mohammeds) ableiten lassen. Dabei wird die Stellung der Frau nicht ausreichend problematisiert. Ich empfehle stattdessen das Buch des aus der Türkei ausgewiesenen Verfassungsrechtlers, Ilhan Arsel: „Frauen sind Eure Äcker.“ Danach sollte man über die verfassungsrechtlich zulässige Religion des Islam aufgeklärt sein.

Der Verlag C.H.Beck musste inzwischen feststellen, dass das Unterkapitel „Diaspora ist zu Ende“ (S. 21 - 26) nicht, wie in der Anmerkung auf S. 21 vermerkt ist, auf einem Vortrag des Autors selbst beruht, sondern auf einem von Herrn Dr. Aydın Süer verfassten und gehaltenen Vortrag. Der Verlag hat daher beschlossen, das Buch vorläufig nicht weiter auszuliefern. 

Bewertung vom 19.02.2025
Stell dir vor, es ist Alltag, und du freust dich drauf
Melanie Carstens

Stell dir vor, es ist Alltag, und du freust dich drauf


ausgezeichnet

Ist es möglich, die Mühen des Alltags, all seine Routinen und das Immergleiche mit Begeisterung zu erleben? Auf diese Frage gibt dieses wunderschön aufgemachte Buch insgesamt 22 individuelle Antworten. Es lohnt sich sehr, diese spannenden, leisen und doch eindringlichen Ideen und Herangehensweisen zu lesen.

Das OpenDiary von Debora Kuder gefällt mir besonders gut: ein A-Null Plakat (84,1 × 118,9 cm) mit 4 Zeilen für jeden Tag. Wie schnell fließen Tage ins völlig Leere, sind komplett vergessen. Mit dieser simplen Möglichkeit werden Erinnerungsanker für jeden der Familie sichtbar gesetzt, die uns dankbar sein lassen für alles Erlebte und Erkannte der unmittelbaren Vergangenheit. Tagebücher werden oft im Schreibtisch abgelegt und vergessen, aber ein offen gehängtes Plakat erinnert daran, es immer, also täglich, zu führen. Leider habe ich ein solches Plakat nicht zum Kauf gefunden, vermutlich hat die Autorin es selbst entwickelt.

Wie hilfreich Stricken sein kann, vermittelt Sandra Geissler und Elisabeth Schoft zeigt, wie schön und entspannend die Wohnnähe zu einem Schwimmbad sein kann. Sie liebt Routinen, ohne sich jedoch zwanghaft immer daran halten zu müssen. Es sollte immer Raum sein für Unvorhersehbares, für Zwischenmenschliches und Gefühle, wenn man so will, also das Göttliche, das den Alltag sprengt!

Bewertung vom 19.02.2025
Die Essenz des Seins
Peterson, Jordan B.

Die Essenz des Seins


ausgezeichnet

Seinen Weg weg von der Hölle hin zum Himmel lenken, es ist für jeden in jeder Minute möglich, an jedem Tag. „Es ist der Aufruf zu einer göttlichen Verantwortung.“ Jordan B. Peterson vermittelt mit diesem ermutigenden Buch jene Essenz des Seins, die jeden von uns tragen und erweitern, die uns verzaubern kann.

„Denken Sie darüber nach, was sie der Welt bieten könnten, wenn wir alles gäben, was wir haben.“ Für den Staat Israel gab es zunächst wenig mehr als Wüste, heute wird dort mit Tröpfchenbewässerung Land urbar gemacht und grün verzaubert. Jedem von uns ist das auch möglich, in fast allen Umgebungen, mögen sie auch noch so depressiv erscheinen.

„Der Staat ist es nämlich, der sich ausdehnt, um all die Zwischenrollen und -verantwortlichkeiten zu übernehmen, die das zu sehr auf sich bezogene Individuum aufgibt.“ Um das zu erkennen, den kollektivistischen Drang des Staates zu ermessen, eignen sich viele Bilder aus der Bibel. Zum Beispiel die „H..e Babylon“ als Symbol für den Übergang vom Hedonismus der Weimarer Republik in das Totalitäre Dritte Reich. „Oder wenn aus dem Anarchismus der Französischen Revolution das zentralistische napoleonische Kaiserreich wird.“
Der Corona Dirigismus ist ähnlich zu sehen, „bei der sich im wahrsten Sinne des Wortes um eine Plage des Autoritarismus handelte…Alle, die sich dagegen aussprachen, wurden verteufelt, bestraft, geächtet und ausgegrenzt. Die Mehrheit machte jedoch begeistert mit und ergriff gerne die Möglichkeiten, einmal mit dem moralisch erhobenen Zeigefinger die eigenen Nachbarn zu verpfeifen.“

Die Lösung aller Probleme durch Bürokratie, Vorschriften und Gängelung durch den Staat führt aber bei Individuen zu Anonymität, Angst und einsamer Hoffnungslosigkeit. Morgens um 6 kann der Laptop abgeholt werden.

Der technische Fortschritt beschleunigt diesen Prozess weiter. Soziale Plattformen sammeln Daten und verwenden sie gegen das Individuum und Konzerne verhängen willkürliche Kommunikationsbeschränkungen, „die an Gefährlichkeit alles übertreffen, was sich selbst Pessimisten wie Aldos Huxley und George Orwell nur erträumen konnten.“ Der absolute Staat verdrängt die individuelle Identität, er macht ihr Angst und führt zu einer Radikalisierung von Personen und Maßnahmen.

Wenn Trudeau sagt, sein Land sei post-national, ergibt sich das aus der Neigung, „über Begriffe wie Inklusion, Vielfalt und Gleichberechtigung eine neue soziale Identität zu schaffen.“ Peterson zeigt das Ergebnis dieser Ideologie auf: „Eine Nation auf Vielfalt und Offenheit zu reduzieren, bedeutet letzten Endes, sie zu zerstören, denn Vielfalt ohne Einheit kann nur Auflösung bedeuten.“ Ein so agierender Meta-Staat verlangt, dass alle konkurrierenden Identitäten sich in ihm auflösen, und nach Peterson mit ihm untergehen.

“Multikultivielfalt” ist nach Peterson mithin eine gefährliche, nicht durchdachte Konzeption. Es ist ein ideologischer Begriff, eine Verkaufslackierung, die ethnischen Stress mit bunter Farbe übertünchen möchte. Demnach soll „jegliche Andersartigkeit und Marginalisierung an sich in den Himmel gelobt werden.“ Peterson erklärt dann weiter: „Damit einher geht die unmögliche Forderung, diese Vielfalt zu einer Art Maibaum zu machen, um den alle glücklichen Kinder der Gegenwart und Zukunft in Ewigkeit zu tanzen haben.“ (S. 95)
Die Regenbogenflagge hat sich nach Peterson zu einem Abbild eines globalisierenden Totalitarismus gewandelt, gegen den sich der Wind der Geschichte aktuell dreht.

Im Zentrum muss gestern wie heute die Familie stehen aus Vater, Mutter und Kindern, die ihr kulturelles Erbe wahrt, anerkennt und in gemeinsamen Feiern die Zukunft in Harmonie auch mit allen Minderheiten zu stehen, ohne diese als neuen Maibaum in die Mitte zu stellen.