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LichtundSchatten

Bewertungen

Insgesamt 235 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2024
Die einsame Buchhändlerin von Tokio
Hanada, Nanako

Die einsame Buchhändlerin von Tokio


ausgezeichnet

Fast alle Bücher, die wiederum von Büchern oder Buchhandlungen, gerne auch Verlagen handeln, lese ich. So also war auch dieser Roman nicht Pflicht, sondern mitten in meinem Kern-Interesse als Buchliebhaber.

Nanako Hanada, eine Buchhändlerin, hat sich von ihrem Mann getrennt und verabredet sich auf der Plattform ThirtyMinutes (Erfindung) mit unbekannten Menschen. Ziel: ein 30-minütiges Gespräch, in dem man sich kennenlernt und austauscht, die Sicht- und Denkweise von anderen kennenlernt, in hin und her fließenden, guten, hilfreichen Gesprächen. Hanako inseriert als sexy Buchhändlerin zu Beginn und verspricht jedem nach dem Gespräch eine passende Buchempfehlung.

Mit den Erfahrungen dieser Gespräche wird sie immer selbstbewusster und charakterisiert im Buch die unterschiedlichsten Gespräche, auch die Korrektur ihres Profils - weg vom üblichen, Äußeren hin zu anderen Werten. Jedes Gespräch beantwortet sie dann mit passenden, hilfreichen Buchempfehlungen.

Angeblich würde sie über 10.000 Bücher kennen, so gibt sie in ihrem Profil vor. Natürlich kann sie nicht alle gelesen haben, aber den Kern eines Buches ist etwas anderes als alle Seiten zu kennen. Leider sind viele der Bücher nicht bei uns präsent, trotzdem war es spannend alle Rezensionen und Tipps zu lesen. Dieses Buch von Nanako Hanada hat mich bereichert, gefesselt und bewegt.

Eine der Gesprächspartnerinnen sagt ihr z.B. das: „Bitte schlage mir ein Buch vor, das mir das Herz langsam auseinanderreißt.“ Ich dachte dabei an Kafka’s Aussage: „Das Buch sei die Axt für das gefrorene Meer in Dir.“ Zufriedene Menschen fand Nanako auf ThirtyMinutes nicht, sondern jene, die an einem Wendepunkt des Lebens standen oder gingen.

Ihr selbst geht es genauso und spannend ist zu beobachten, wie sie sich durch die Begegnungen verändert. „Ich lernte auch, auf das Bedürfnis zu verzichten, um jeden Preis dazugehören zu wollen. Ich ließ mein lange antrainiertes Höflichkeitslachen fallen und lachte nur noch, wenn ich etwas wirklich lustig fand. Ich wurde zu einer in sich ruhenden Person, die keine Angst vor dem Unbekannten hatte.“

So entwickelt sie sich weiter, anschaulich und tiefgehend beschrieben, ein sehr schönes, nicht lautes, sondern selbst erkennendes Buch, in dem es auch darum geht, wie man mit anderen gute Gespräche führt und sich selbst als mitfühlenden Menschen weiter bringt - vor allem hin zu einer Tätigkeit, die einen begeistert. Weil Arbeit dann keine mehr ist, sonder tägliche überraschende, fließende Erkenntnis.

Interessant ist, wie höflich man in Japan miteinander umgeht und dass andere Kulturen im Grund kein Thema sind. Aus diesem Grund würde ich Hanako Hanada ein Buch von Sabatina James empfehlen, mit dem Titel „Gefangen zwischen zwei Welten.“ Es könnte ihr die Perspektive auf Europa eröffnen bzw. die Problematik, die hier aktuell die Menschen beschäftigt.

Bewertung vom 17.09.2024
Die Realität der Ideale
Boehm , Omri;Adrian, Michael

Die Realität der Ideale


schlecht

Mir fällt es sehr schwer Boehm zu lesen und noch schwerer, ihn zu verstehen. Ein Konvolut von paraphrasierten Gedanken, die er auf Israel und Gaza anwenden will. Kann es nach dem 7.10.23 noch israelisch-palästinensische Freundschaften geben? Für ihn schon.

Überraschend, wo Boehm überall Rechte und Rechtsextreme sieht, nur bei der Hamas verwendet er diesen Terminus nicht, obwohl er vermutlich höchst angebracht wäre. Immerhin gesteht er den rechten Israelis zu, dass sie sich verteidigen dürfen.

Kolonialismus und Palästinenser, meines Erachtens müsste das auf das Osmanische Reich angewendet werden, nicht aber auf die Europäer. Osmanen haben nach 500 Jahren ohne Buchdruck den Gaza Landstrich als nichts hinterlassen. Juden kamen und kauften ihr Land erneut, sie machten aus ihm einen Garten Eden, während die Hamas den Gaza-Streifen im grauen Müll der Korruption verenden lässt.

Nichts lese ich in diesem Buch von einer Analyse der islamischen Religion, die auf die Ungläubigen wenig anwendet, um Freundschaften zu erzielen. Ganz im Gegenteil. Ungläubige sind höchsten zur Zahlung von Strafsteuern wert.

Kant, Lessing, Hannah Arendt u.v.a. werden in diesem schmalen Büchlein zitiert, im Kreis gedreht und so unleserlich bzw. unverständlich wie möglich dargeboten.

Sein Aufruf an Europa: Besteht auf der Realität Eurer Ideale des kosmopolitischen Universalismus, der Menschenrechte mithin, die überall zu gelten hätten. (Aha, und was haben die islamischen Staaten dazu beschlossen?) Kann man trotzdem so sagen, aber wo bleibt die Realität dieser einen Kultur, die keine Freundschaft und keine Versöhnung will. Sondern, wider alle modernen Erkenntnisse, herrschen mit einer Welt von VorVorVorgestern?

Bewertung vom 17.09.2024
Tu was!
Polenz, Ruprecht

Tu was!


schlecht

Ruprecht Polenz sei einer der reichweitenstärksten deutschen Politiker in den sozialen Medien und hätte ca. 100.000 Follower bei X (genau 99.500). So wird er in diesem Buch angekündigt. Es mag durchaus stimmen und ich rate jedem, Polenz auf X zu besuchen und ihn dort als Verteidiger der Demokratie zu erleben. Er wiederholt in diesem Buch im Grunde das dort Geschriebene, allerdings ohne Diskussion.

Am 13. Juni 2022 postete Polenz: „Allein debattieren wird nicht reichen. Wir werden eine ImpfPflicht brauchen, endlich bessere Corona Daten durch repräsentatives Testen und Maskenpflicht in geschlossenen Räumen abhängig von den Inzidenzzahlen.“ Hier zeigt sich ein Geist, der hinter Diskussionen reicht, die wer auch immer diktatorisch zu beenden habe. Damit ist vieles über Polenz gesagt. Im Grunde das Meiste.

Immerhin muss er erleben, dass ihm auf X direkt widersprochen wird, jeder sollte diese Antworten mindestens bei 10 Themen lesen. Polenz könnte erkennen, dass er auch mit diesem Buch auf einem Holzweg ist, der dazu beiträgt, die so genannte nicht-demokratische Partei weiter anwachsen zu lassen. Sie vermittelt das Programm der CDU aus den 90ern, bevor Merkel den Marsch nach links antrat.

Massive Ausgrenzungen der sogenannten demokratischen Parteien gegen die Unsägliche haben nur weiter zum weiteren Erfolg der letztgenannten beigetragen. Polenz baut den Popanz der üblichen Verdächtigungen in diesem Buch massiv auf, wiederholt das bis zur Grenze des Erträglichen Vorgetragene und auch der Beck Verlag muss sich fragen lassen, warum er diesen Wiederholungen Raum gibt, während Maaßen das Wort verboten wurde.

Bewertung vom 16.09.2024
Brief in der Nacht
Polak, Chaja

Brief in der Nacht


weniger gut

Chaja Polak vermischt die Erlebnisse aus dem Holocaust bzw. dem osteuropäischen Judentum mit den aktuellen Ereignissen in Israel, sie schiebt Netanyahu die Schuld zu wie sie eine extremistische Hamas als Verursacher der Probleme sieht. Was sie nicht unternimmt, ist eine Analyse der religiösen Gründe, die man in den Grundlagenwerken des Islam extrahieren kann. Leider.

So bleibt dieses Buch ein Stückwerk, ein emotionaler Griff in die Vergangenheit, in dem ihr Mann auch noch als Zeuge herhalten muss, der das oder das wohl genau so gemacht/gemeint hätte. „Rafael Baroch, ein auf Menschenrechte und Migration spezialisierter Jurist, scheint sich den Gedanken meines Mannes anzuschließen.“ Die wahre Tragödie des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern läge im Verlust ethischer Werte“. Es sei ein Kampf um Menschlichkeit und Ethik.

Natürlich ist es das. Aber wodurch wird es begründet? Durch besonders liebenswerte, nicht aggressive Worte im Koran, den Hadith? Diese Frage stellt sich die Autorin nicht.

„Juden, gerade Juden sollten Empathie mit dem palästinensischen Volk empfinden.“ Israel, kritisiert Polak, sei von einer biblischen Romantik in Geiselhaft genommen. Dies würde alle in den Abgrund reißen. Die Frage wäre, ist es eine jüdische oder islamische, biblische Geiselhaft?

Ich habe die Passagen, die von Holocaust, Vertreibung und jüdischem Leben handeln, mit größtem Mitgefühl und Mitleiden gelesen, alleine die Folgerungen überzeugen mich nicht.

Ihre Position des „Denn das geht nicht, was Israel jetzt tut" kann ich emotional nachvollziehen, aber das reicht nicht. Auch nicht die Aufzählung der Genozide, die bislang stattfanden. Wozu insbesondere die Vertreibung und Tötung der Armenier gehört: „Türken zwangen die Armenier dazu, ihre Häuser zu verlassen, trieben sie wochenlang in endlosen Kolonnen bis tief in die syrische Wüste hinein, wie sie ihrem Schicksal überlassen wurden und an Durst und Erschöpfung starben.“

Woher kommt der Antisemitismus in der islamischen Welt? Ich wünsche der Autorin die Neugierde, z.B. dieses Buch zu lesen: „Frauen sind Eure Äcker“ von Ilhan Arsel. Oder schlicht die Grundlagenwerke des Islam zu studieren. Satz für Satz.

Die Sanftmütigen Menschen, die gegen Netanyahu demonstrieren, die Freunde von Frau Polak, die freundschaftlichen Kontakt mit Palästinensern hatten, sie alle werden nicht richtig informiert in diesen Tage von Twitter und Sozialen Medien. Ernsthaft?

Die Entmenschlichung der Hamas hat ihre Gründe, die in unauslöschlichen Worten definiert sind. Wer diese Gründe nicht kennt und weiß, dass Unmenschlichkeit nicht mit Menschlichkeit beantwortet werden kann, schreibt solche Essays und paraphrasiert ohne Ende Gedanken anderer.

Bewertung vom 16.09.2024
All'italiana!
Reski, Petra

All'italiana!


ausgezeichnet

Petra Reski hat hervorragende Bücher über die Mafia geschrieben und erklärt ihre italienische Lebensart, die sie als Deutsche erlebt, auch in diesem Buch humorvoll und treffend. Wer weiß schon, dass im Italienischen Alphabet kein K vorkommt und Frau Reski demzufolge im Wahlverzeichnis nicht vorkam. Ihr Antrag auf Italienische Staatsbürgerschaft war vermutlich noch komplizierter als die bürokratischen Hürden in Deutschland - „und ich hörte nichts mehr: eine Flaschenpost im Meer der Bürokratie.“

Petra Reski erzählt ihr Leben spannend und nachvollziehbar, für jeden, der Italienisch lernen will, ist das erste Kapitel (Italienisch für Anfänger) ein Leid-Faden, um besser zu verstehen. Sie geht an den Strand und hört den Italienern zu, die im Wesentlichen im Indikativ Präsens reden, alles ist irgendwie Gegenwart. „Es nimmt mich sehr für Italien ein, dass man so offen über die dunklen Seiten des Lebens spricht.“

„Dalla padella alla brace“ - was meinen Italiener damit, wenn sie über Politik reden? Es ist egal, ob man von Sozialisten oder Christdemokraten regiert wird, sie alle sind korrupt, machtbesessen und egoistisch. 49 Regierungen gab es seit Kriegsende, Italien erlebt die Politik am Rande der Funktionsunfähigkeit, die Motivation für Frau Reski endlich auch wählen zu wollen, als italienische Staatsbürgerin.

Aber sie wendet sich zunächst der Wiege der Kultur zu, der Renaissance in der Toskana. „Ein Land, in dem man das Tonicwater glänzendes Wasser nennt, kann nicht anders, als Poeten hervorzubringen, finde ich.“ Sie lernt Italienisch in Castiglioncello und verbindet die Erlebnisse mit ihrer Tätigkeit als Anfänger-Journalistin beim Stern. Als Bergmannstochter reagiert sie auf überlegene intellektuelle Linke immer etwas verlegen und stellt Fragen, die man dort nicht gerne hört. Das dann auch noch mit den komplexen Fragestellungen der italienischen Sprache zu mixen, ein echter Hochgenuss das zu lesen.

Der sehnige italienische Intellektuelle kocht ihr eine lange vorbereitete Kichererbsensuppe, mit allem Tamtam. Als sie vom Hof dieses Super-Menschen fährt, sieht sie zwei Kirchererbensdosen im Müll. So ist das eben in Italien, wir kommen mit den Erlebnissen von Petra Reski der witzigen, unglaublichen Realität näher als in Reiseführern, sie beschreibt spannend, anschaulich, mit Lust auf den nächsten Satz.

„Der Italiener meines Lebens ist vor allem Venezianer….Er ist allergisch gegen Tomaten und Kaffee, er verabscheut Knoblauch und interessiert sich nicht für Fußball.“ Ein echter Italiener? 48 Kapitel vom Feinsten: im Hinblick auf Sprache und Erklärungen der Unterschiede und des italienischen Lifestyles. „Es war mein Land, von Anfang an. Es ist ein fehlerhaftes Land, es sündigt, es ist perfide und manchmal sogar teuflisch. Dennoch liebe ich es.“

Ob man die Politiker auch lieben muss, es ist eine ganz andere Frage, zu der Petra Reski eine Fülle an Hintergründen und Wissenswertem beiträgt, genau dieser Sichtweisen wegen habe ich dieses Buch mit größtem Interesse gelesen.

Bewertung vom 13.09.2024
Mein Gesundheitsbuch
Koch, Marianne

Mein Gesundheitsbuch


ausgezeichnet

Ein herausragend gelungenes Buch.

Marianne Koch ist eine wirklich kluge Frau, die Sachverhalte perfekt beschreiben und Hilfestellungen bestens erklären kann.

Ein echtes Vorbild.

Bewertung vom 13.09.2024
Die Quandts
Jungbluth, Rüdiger

Die Quandts


ausgezeichnet

Soeben ist Deutschland als einziges Land der Erde dabei, jene Industrie zu vernichten, die dieses Land mit aufgebaut hat. Grund genug, in die Historie einzusteigen. Sie sei eine Geschichte der Einwanderung lesen wir, die auch Friedrich I von Preußen vorantrieb. Er wollte sein durch den 30-jährigen Krieg zerstörtes Land wieder aufbauen und benötigte dafür selbstständig denkende Unternehmer und Macher. Vor allem religiös verfolgte Minderheiten kamen aus ganze Europa, Christen also mit unterschiedlichen Auslegungen der Bibel.

Erster Unternehmer einer langen Reihe von eher darbenden Handwerkern der Quandts war Emil Quandt, der durch die Heirat mit der Fabrikantentochter Hedwig Draeger zum Unternehmer aufstieg und Tuche für die Uniformen der kaiserlichen Marine produzierte. Trotz Börsenkrise in den 1870ern schaffte er es, das Unternehmen seiner Frau voranzubringen und Erfolge zu erzielen. „An der Spitze stand ein erfolgshungriger Aufsteiger, der darum kämpfte, den gerade erlangen Status nicht wieder zu verlieren.“ Unter elf Tuchfabriken in Pritzwalk überlebte nur sein Unternehmen.

Günther Quandt, der erste Sohn des Ehepaars, kam 1881 zur Welt (zum Vergleich: Konrad Adenauer wurde 1876 geboren), zwei weitere Söhne folgten und ein Mädchen. Günther wurde früh auf die Rolle des Unternehmers vorbereitet und entsprechend erzogen. Er liebte es, Firmen zu besichtigen bzw. diese einzuschätzen. Früh schon übernahm er Verantwortung und hatte Freude an seiner Tätigkeit.

Goebbels urteilte über ihn später: „Ein taktloser Flegel. Der typische Kapitalist. Ein Bürger schlimmster Sorte.“ Beide hatten die gleiche Frau, Magda Goebbels und der Propagandaminister heiratete Quandt’s Exfrau sogar im Gut des Industriekapitäns. Quandt überstand die NS Zeit gut und konnte seinen 2. Sohn Herbert auf das kommende Leben als Nachfolger vorbereiten, trotz dessen Sehschwäche. Später übernahmen dann Harald und Herbert Quandt bzw. bauten das Imperium weiter aus.

Die Äußerung von Goebbels zeigt die Stoßrichtung der damaligen nationalen Sozialisten: gegen das Bürgertum und den Kapitalismus gerichtet, obwohl sie beide dringend für die Rüstung benötigten. Sozialistisch kollektivistisch in den Untergang, das Programm der Nationalsozialisten steht den anderen kommunistischen Diktatoren in nichts nach. Bürgerlich Konservative durften mitmachen, später aber wollte man sie entsorgen.

Insgesamt ein spannendes Buch, das die Familie Quandt bis ins Heute begleitet, Leben, über die man moralisch urteilen könnte, durchaus. Das Buch aber berichtet eher als zu werten. Auch was den Sohn Harald Quandt betrifft. Er war anfänglich ein begeisterter Soldat, erkannte aber am Ende den kommenden Zusammenbruch. Goebbels und seine Mutter Magda Goebbels hatten ihn zum fanatischen Anhänger und Soldat „geschliffen“ und waren stolz auf ihn.

Insbesondere beeindruckt hat mich die Beteiligung an BMW, ein Investment, das nicht ohne Risiko von Herbert Quandt vorangetrieben wurde. Seine Kinder Susanne Klatten und Stefan Quandt sind heute die zentralen Eigentümer von BMW, die eher im Hintergrund, aber doch bestimmend arbeiten.

Eine Vielzahl von Beteiligungen werden heute von den Kindern der beiden Brüder Herbert und Harald Quandt vorangetrieben, wobei bereits die Enkelgeneration eingebunden ist. Dabei nimmt der unternehmerische Anteil tendenziell ab. Das Buch bietet einen großen Querschnitt deutscher Firmen, die gekauft, optimiert, gehalten und verkauft werden/wurden. Ein Blick hinter die Kulissen, die mich fasziniert hat.

Bewertung vom 10.09.2024
Wie wir uns Rassismus beibringen
Sahebi, Gilda

Wie wir uns Rassismus beibringen


schlecht

Denken heißt, dass man unterscheidet. Frau Sahebi meint, dass Unterscheidungen zu Rassismus führt. „Das Narrativ der Spaltung ist überall: Wir unterscheiden nach Geschlecht, nach sexueller Identität und Orientierung, nach Herkunft.“ Sie möchte das alles wohl aufheben und in einem großen Gleichheits-Garten auflösen, in dem Menschen jenseits von Gut und Böse zusammenleben, sie will das biblische Paradies schon jetzt. Wer aber noch unterscheidet und Grenzen zieht, sei Rassist. Das solle man unterlassen.

Deutschland war ein Einwanderungsland, schon immer. Das stimmt. Aber die einziehenden Kulturen/Religionen waren mit der hier atmenden Lebensweise kompatibel. Wer anderes benennt ist für Sahebei schon Rassist. Im Kaiserreich von 1871 bis 1918 war Deutschland deshalb so erfolgreich, weil man sich für andere Kulturen interessierte, sie benannte und die Unterschiede erklärte. Dieses Wissen floss u.a. in Produkte für andere Länder, mit denen man Handel trieb. Unter allen Mächten, die Kolonien hatten, war Deutschland jene, die am wenigsten Interesse an Kolonien hatte. Bismarck wollte sie gar nicht. Viele machten halt mit, weil alle anderen Länder Kolonien hatten.

War es und ist es heute notwendig, dass alle Kulturen in Deutschland leben sollen? Natürlich nicht, es führt oft zu Fremdheit, Parallel- und sogar Gegengesellschaften. Im Zeitalter des Internet leben Menschen dort, wo die größte Sehnsucht nach Konstanz in ihrem Leben gegeben ist, in ihrer Heimat. Kontakte nach außen sind ganz leicht möglich, über den digitalen Verbindungsweg. Urlaub in anderen Ländern ist etwas völlig anderes als in einem Land arbeiten und die Kultur des Landes mit-erleben wollen, im Alltag.

Ich empfehle Frau Sahebi das Buch von Ilhan Arsel: Frauen sind Eure Äcker. Es macht klar, welche Spaltung der Islam im Hinblick auf die Geschlechter Mann versus Frau betreibt. Und zwar unveränderlich, seit Jahrhunderten. Ein Blick in den Iran genügt.

Bewertung vom 05.09.2024
TUMULT - Vierteljahresschrift für Konsensstörung, Sommer 2024
Georg Simmel, Tilman Nagel, Uwe Tellkamp u.a.

TUMULT - Vierteljahresschrift für Konsensstörung, Sommer 2024


ausgezeichnet

"Für die gnostischen linksliberalen und ökosozialdemokratischen Zeitgeistpolitiker, die in Deutschland die Politik bestimmen, gehört Realitätsverweigerung zum Programm. sie haben sich in ihrer Wagenburg so tief in der eingebildeten zweiten Realität eingebunkert und mit gefälligen Claqueren umgeben, dass die Wirklichkeit nicht mehr vordringt." (Carsten Germis)

Jeder Artikel eine lesenswerte Zustandsbeschreibung einer Zeit, die später mal als deutsche Entbildung, Familienzerstörung und Deindustrialisierung in die Geschichte eingehen wird. Sie baute Potemkinsche Dörfer und schoss Blendgranaten ohne Zahl ab, in die ein neuer Journalismus einzog, der sich gegen den schreibenden Untertanen erhob und endlich wieder die vierte Gewalt auf die sachliche Ebene stellte.

Besonders lesenswert:

Kafka und wir, Günter Scholdt

Selbstmord aus Angst vor dem Tod, Tilmann Nagel über verfehlte Annäherungen an den Islam
"Die Einheimischen wissen nichts von dieser muslimischen Welt, die in ihrem Schoß gedeiht, und die politischen Wortführer wollen auch nichts davon wissen. Sie befassen sich lieber mit der Islamophobie der Einheimischen und sichern sich dadruch, wie sie vermeinen, eine uneinholbare moralische Überlegenheit."

Bewertung vom 04.09.2024
Hat das Zukunft oder kann das weg?
Pinzler, Petra

Hat das Zukunft oder kann das weg?


weniger gut

Sollte man sich mit dem Kapitalismus noch beschäftigen? „Unbedingt meint die Autorin! „Am Zustand der Welt ist vieles nicht gut, und auch die Aussichten sind eher trübe.“ Trotzdem flüchten die Menschen in die Zentren der Freiheit, dort wo man selbstbestimmt etwas für sich erwirtschaften kann.

Über Netflix Serien und Bernie Sanders wird dann vermittelt, dass heute doch erhebliche Kritik am Kapitalismus aufkäme. Er ginge nur noch, vergleicht eine andere Denkerin, die zitiert wird, weil Umwelt und Natur zerstört werden, sie nennt Kapitalismus einen Kannibalen. Die permanente Aufrüstungsspirale des Konsumismus führt zur Verzweiflung, zum Wachstumszwang….dem sich auch Herr Habeck, der kluge Macher, inzwischen unterworfen habe. Mögliche Lösung: z.B. die Genossenschaft, immer noch private Unternehmen also, sie kooperieren aber für das Ziel eines größtmöglichen Gemeinwohls. Man solle also den Kapitalismus zähmen, bremsen und verwandeln.

In diesem Buch reiht sich ein Denker an den anderen, eine Kritikerin an die nächste und der Kopf schwirrt vor Ideen, am Ende darf Sartre etwas sagen, das ich schon wieder vergessen habe. Die Autorin am Ende: „Wir brauchen Engagement und - Possibilismus. Der Begriff beschreibt eine Geisteshaltung, die irgendwo zwischen dem Pessimismus und dem Optimismus angesiedelt ist.“ Alles klar?

Den Feinden der Demokratie solle man das Feld nicht überlassen. Ich lese nichts von Kulturen, Religion und den damit einhergehenden Problemen. Der Preis der unbegrenzten Dummheit ist, dass man nur durch Schmerz und Verlust begreift. Wie so oft zahlen hier die Falschen den Preis für die Dummheit der Verursacher.