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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Lainybelle
Wohnort: 
Marburg

Bewertungen

Insgesamt 150 Bewertungen
Bewertung vom 17.04.2023
Forever kann mich mal
Mahne, Nicole

Forever kann mich mal


ausgezeichnet

Lange habe ich kein Buch mehr so schnell verschlungen. Dass es bei dieser Geschichte frech, charmant, tiefgründig und witzig zugehen würde, hatte ich mir dank Titel, Cover und Kurzbeschreibung ja schon ausrechnen können – dennoch wurden meine Erwartungen noch übertroffen.

Flora, kurz Flo, ist so voller Wut, voller Liebe, überhaupt voller brodelnder Gefühle. Sie hat einen Schutzwall um sich errichtet und verteidigt ihn oft mit schmerzhaft harten Worten; dennoch ist es der Autorin gelungen, dass man hier nicht genervt die Augen über eine biestige Teenagerin verdreht, sondern mit ihr fühlt, die Welt aus ihrer Sicht wahrnimmt.
Cool sind auch die kleinen Collegeblock-Zeichnungen an den Kapitelanfängen, die immer schon einen Hinweis auf Flos aktuelle Stimmung geben. Von genau diesen Stimmungswechseln, dem berühmt-berüchtigten Auf und Ab der Pubertät, lebt die Geschichte.

Eine besondere Stärke des Buchs ist zudem die Darstellung der verschiedenen Beziehungen. Die Charaktere waren mir so klar vor Augen, als sähe ich eine Romcom auf Netflix: Da wären zum Beispiel Flos getrennte Eltern; Liv, die sich einfach nicht von Flo abschrecken lässt und beharrlich an der Option auf eine richtig gute Freundschaft festhält; Toby, der erstaunlich wenig zu sagen hat, aber für Flo der süßeste Typ überhaupt ist; Maik, der gern im Rampenlicht steht und mehr Verehrerinnen hat, als er vielleicht ahnt.

Obwohl auch einige Konflikte und traurige Themen eine Rolle spielen, wird es nicht zu schwermütig, und trotz Gefühlschaos nie verklärt-kitschig. Es ist einfach authentisch, es macht wahnsinnig viel Spaß und ist definitiv zu schnell vorbei.

In einem Satz:

„Forever kann mich mal!" ist ein wirklich extrem gut gelungenes Jugendbuch, das so vom Leben selbst hätte geschrieben werden können – große Leseempfehlung!

Bewertung vom 16.04.2023
Gemeinsam
Allen, Jennie

Gemeinsam


ausgezeichnet

Jennie Allen schreibt persönlich, unterhaltsam und mit großer Informationsdichte. Ich habe eine Weile gebraucht, um das Buch zu Ende zu lesen, denn es gab entsprechend viel zu verarbeiten und wirken zu lassen. Beim Thema Freundschaften hat außerdem wohl jeder Mensch die eine oder andere Wunde, auf die die Autorin hier auch eingeht, was schmerzhaft werden kann.

Die inhaltliche Bandbreite ist groß. Es geht um historische Entwicklungen in der Gesellschaft; um die Bereitschaft, sich einander anzuvertrauen; um Beziehungen, wie Gott sie sich als Schöpfer vorgestellt hat. Da die Glaubensaspekte wirklich sehr zentral sind, hat mich überrascht, dass sie auf dem Buchrücken überhaupt nicht anklingen. Auch Menschen, die keinen oder kaum Bezug zum Christsein haben, können sich definitiv mit den Inhalten identifizieren und Wertvolles aus der Lektüre mitnehmen, werden aber wahrscheinlich an der einen oder anderen Stelle leider abgehängt. Doch trotz dieses Punkts und die für unseren Kulturkreis hier und da etwas ungewohnten Ansätze, habe ich den Ton nie als belehrend oder aufdringlich empfunden. Man kann die Erkenntnisse mitnehmen und bedenken, aber auch für sich weiterentwickeln.

Das Buch gliedert sich in 3 Teile auf: Im ersten geht es um die Grundlagen (Wieso sehnen wir uns nach Verbundenheit und aus welchem Grund mangelt es vielen von uns gegenwärtig daran?), im zweiten um den Weg zu engen und echten Beziehungen (unterteilt in die Aspekte Nähe, Sicherheit, Schutz, Tiefe und Verbindlichkeit) und im letzten darum, das eigene „Dorf" zu entdecken (hier werden besonders auch familiäre Bindungen und das Festhalten an einigen ganz nahen Freundschaften Thema).
Zu jedem Unterkapitel gibt es abschließend drei Reflexionsfragen, zwei Bibelverse sowie eine praktische Challenge.

Viele Zitate und Feststellungen aus dem Buch werden mir noch länger nachgehen, darunter:

- „Wir können nicht das haben, was wir nicht zu werden bereit sind" (S. 67).

- Freundschaft bedeutet, für einen anderen glauben, was uns schwerfällt, über uns selbst zu glauben (vgl. S. 133).

- Toleranz und Annahme müssen unterschieden werden vor Momenten, in denen man anderen helfen sollte, keine Fehlentscheidungen zu treffen (vgl. S. 135f.). Denn: „Stehenlassen ist keine Liebe" (S. 138).

- Freundschaft kostet etwas - aber: „Wir müssen beieinanderbleiben" (vgl. S. 181).

In einem Satz:

„Gemeinsam - Finde deine Herzensmenschen und entdecke das echte Leben" ist ein gehaltvolles Buch, das viele Facetten von Freundschaften beleuchtet und dazu einlädt, neue Wege zu gehen, um die eigenen Beziehungen zu erweitern bzw. wachsen zu lassen.

Bewertung vom 15.04.2023
100 Tage Grace & Hope
Prause, Annegret

100 Tage Grace & Hope


ausgezeichnet

Ich liebe ja die ganze Grace&Hope-Serie und auch hier ist die Gestaltung wieder wunderschön. Die Fotomotive gefallen mir sehr, genau wie das Gesamtlayout. Manche Sprüche und Bilder wiederholen sich zu den Kalendern sowie der Grace&Hope-Bibel, was ich schade finde, da die Auswahl ja groß genug wäre und man wie ich als Sammlerin dann doch öfter „Wiederverwertungen" bemerkt. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

Enthalten sind 72 Andachten; die restlichen Journal-Impulse haben statt eines Texts im typischen Look der Produktwelt ein ganzseitiges Motiv in Graustufen mit englischem Glaubensstatement in Goldschrift dabei.
Für die eigenen Gedanken steht in beiden Fällen jeweils die rechte Buchseite zur Verfügung, die durch eine thematisch anschließende Frage sowie einen Bibelvers abgerundet wird. Man kann entweder etwas dazu notieren oder den Platz nach eigenem Belieben füllen. Auch die Reihenfolge der Andachten und Journaleinträge kann gehandhabt werden, wie man möchte.

Die Kurzandachten drehen sich um Themen wie das Atemholen, Pläneschmieden, Wertschätzen der kleinen Dinge, darum, Gutes zu säen, alle Sorgen auf Gott zu werfen und in unserem Leben der Freude Raum zu geben. Manche laden zu neuen Blickwinkeln ein, andere sind vor allem kleine Reminder an wichtige Botschaften (z. B. dass Gott uns bei unserem Namen gerufen hat; dass alles seine Zeit hat, ...). Es finden sich viele ermutigende Zusprüche (dass wir genug sind; dass wir zu Gott kommen können, wie wir sind, ...) und Appelle (das eigene Leben zu gestalten; Gott an uns arbeiten zu lassen, ...).

In einem Satz:

„100 Tage Grace & Hope" ist ein im gewohnt stilvollen Design gestaltetes Journal, das kompakte Impulse mit einer Art Gedankentagebuch kombiniert – ein tolles Geschenk für einen lieben Menschen oder an sich selbst!

Bewertung vom 05.03.2023
The truth behind your lies
Heimes, Silke

The truth behind your lies


sehr gut

Das Gegenteil von einem Wohlfühlbuch – bei einem Spannungsroman wäre kaum ein anderes Fazit zu erwarten, und doch geht es in diesem Fall tiefer: Alles, was in dieser Geschichte auch nur den Anschein macht, schön zu sein, wird von den Abgründen hinter der Fassade Kapitel für Kapitel weiter in die Tiefe gezogen.
Im Fokus stehen die schwelenden Konflikte, sowohl die der einzelnen Charaktere als auch die innerhalb der Gruppe. Um fesselnden Nervenkitzel geht es dabei weniger; erst der Showdown legt noch mal ordentlich an Tempo zu.
Dadurch, dass man dank Jan von Anfang an mehr weiß als die Clique, wird das Leseerlebnis zudem permanent von einer Art Countdown-Gefühl begleitet.

Die Charaktere wollen nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie zur Identifikation einladen, sondern sie stehen für die Tücken der Identitätssuche, für menschliches Versagen, kaputte Beziehungen und psychische Probleme, die gerade in der Teenagerzeit negativ prägen können, wenn alle wegsehen, schlimmstenfalls fürs Leben.

Erzählt wird aus Jans und Emmys Perspektiven (er/sie). Jan hat in der Schulzeit unter Mobbing durch Emmys Clique gelitten; Emmy wird von vielen für ihr instagramtaugliches Perfekt-Sein beneidet, steckt aber eigentlich in einer Krise, genau wie der Rest ihres Freundeskreises.
Hier setzt mein einziger größerer Kritikpunkt an der Geschichte an: Die Bandbreite der schweren Themen überfrachtet sie gewissermaßen. Einerseits hat die Autorin ein beeindruckend komplexes Netz geknüpft, gleichzeitig wirkt es unwahrscheinlich, dass wirklich all das bei nur sechs Jugendlichen zusammenkommt (Konkretes zu benennen, würde an dieser Stelle spoilern) und niemand dabei ist, der es schafft, den anderen gutzutun und über den eigenen Horizont hinauszublicken.
Auch bleibt es, gerade für Jugendliche, die vielleicht keine Vielleser sind, meiner Einschätzung nach zum Teil zu vage. Mit 14, 15 oder 16 Jahren hätte zumindest ich beispielsweise die Erklärung für Anns Verhalten nicht aus dem Buch herauslesen können.

Der Roman wirft Fragen auf und zeigt, wie aus Verletzungen immer nur weitere, immer heftigere Verletzungen resultieren können, solange die Abwärtsspirale nicht aufgehalten wird. Sie endet spätestens, wenn alles eskaliert. „The Truth Behind Your Lies" warnt eindringlich davor, es nicht so weit kommen zu lassen.

In einem Satz:

„The Truth Behind Your Lies" liest sich so gut wie erschütternd – ein Buch übers Zu-Weit-Gehen und Einander-Schaden, aber gerade durch diese tragödienhaften Grundzüge auch mit der hoffnungsvollen Botschaft: Es geht besser!

4,5 Sterne

Bewertung vom 19.02.2023
We Are Like the Sea / Like Us Bd.1
Niebler, Marie

We Are Like the Sea / Like Us Bd.1


sehr gut

Eine verträumte kleine Insel inmitten von Regenwolken und der rauen See, eine Art gemütlicher Mikrokosmos, wo man zusammenhält, aber Tragödien umso größere Wellen schlagen ... Es war vor allem das Setting, das mich neugierig auf Marie Nieblers „Like Us"-Reihe gemacht hat.

Der Schreibstil der Autorin ist unterhaltsam und emotional; auch wenn beide Erzählstimmen den Ausruf „Fuck!" ein wenig überstrapazieren, hat er mir insgesamt gut gefallen. Einen Spritzer Humor gibt es auch immer wieder.
Der Perspektivwechsel ist, abgesehen von dem zum Teil sehr ähnlichen Ton der beiden, schön, und ich fand von Beginn an sowohl Lavender als auch Jonne interessant. Auch die komplizierte Ausgangslage der Lovestory hat ihren Reiz.

Das Buch ist mit seinen 432 Seiten und der relativ kleinen Schrift vergleichsweise umfangreich, und das zeigt sich in einigen Längen. Nicht jede Szene bringt die Geschichte oder die Charakterentwicklung voran, und ich empfinde es zwiespältig, wenn man als Leser*in so lange viel weniger weiß als die Hauptfiguren, durch deren Augen man doch alles erlebt.

Ich hätte mir am ehesten einen Band über Auri (oder Miko ein paar Jahre später) gewünscht und muss zugeben, dass mich die Prämissen der beiden auch unabhängig lesbaren Fortsetzungen nicht so ansprechen wie die des Auftakts (zwei der weiteren Hauptpersonen kamen in diesem Teil am Rande vor). Daher bin ich noch unsicher, ob ich sie irgendwann lesen werde.

In einem Satz:

„We Are Like the Sea" überzeugt mit einem wunderbaren Schauplatz und der Abwechslung von Wohlfühlfaktor und Schwere – eine schöne Romance, die trotz der vielen anderen Bücher dieses Genres etwas Eigenes hat.

Bewertung vom 15.01.2023
Kein Ort dieser Welt
Döling, Marie

Kein Ort dieser Welt


ausgezeichnet

Mit diesem Roman lässt man sich auf ein besonderes Leseerlebnis ein. Er ist erschütternd, emotional, nachdenklich stimmend und intensiv.
Wir begleiten Ich-Erzählerin Fiona auf einem sehr steinigen Weg, sehen sie wachsen, aber auch immer weiter leiden. Das Buch nimmt sich bedrückender Themen an (insbesondere Mobbing und sexualisierter Gewalt), hat mich aber auch mit Szenen voller Leichtigkeit überrascht, die ich zu Beginn gar nicht zu erwarten gewagt hätte.
Marie Döling hat definitiv ein großes Talent, die Entwicklung von Gefühlen und die Dynamiken im Zwischenmenschlichen zu beschreiben. Auch ihre Dichtkunst findet Eingang in die Geschichte, indem Fiona ihre Gedankenwelt durch das Schaffen von Poesie ordnet und zum Ausdruck bringt – ein schönes Detail, das dem Buch zusätzliche Tiefe gibt.

Besonders gefallen haben mir die Unvorhersehbarkeit der Geschichte (ich hatte immer nur vage Ahnungen), ihre Intention, die im Nachwort noch einmal unmissverständlich ausformuliert wird, und wie deutlich wird, welcher immensen Zerbrechlichkeit unser Leben, unsere Beziehungen, unser Glück ausgesetzt sind und wie kostbar alles Gute gerade dadurch ist.

Die Charaktere sind gut ausgestaltet und lassen sich erst nach und nach (und manche bis zum Schluss nur teilweise) ergründen. Meine Lieblinge waren Dean und Ana, die beide für Fi eine sehr große Rolle spielen, die sich im Verlauf der Kapitel stark verändert.
Die Gesamtkonstellation ist ebenfalls gelungen angelegt: Jeder Charakter bringt etwas ein und bestimmt das Geschehen mit, von Fis Kindheitsfreund Travis über ihren Bruder Phillip bis hin zu Cole, dessen Image ganz anders aussieht als sein Inneres.

In einem Satz:
 
„Kein Ort dieser Welt" ist ein außergewöhnliches Buch: Kantig, kratzig und ungeschönt erzählt es von dem, was Menschen anderen anzutun vermögen, aber auch auf kraftvolle, tiefgehende Weise von unverhoffter Freundschaft, von Zusammenhalt und tiefen Glücksmomenten, wo vorher alles aussichtslos schien.

Bewertung vom 18.12.2022
Neues Leben. Die Bibel - Golden Grace Edition, Marineblau
Lizzie Preston

Neues Leben. Die Bibel - Golden Grace Edition, Marineblau


ausgezeichnet

Die Golden Grace Edition ist in vier verschiedenen Einbandtönen zu haben: tintenschwarz, bordeauxrot, waldgrün und - die Farbe, in der sie nun auch mein Regal schmückt - marineblau. Gar nicht so leicht, sich da für einen Favoriten zu entscheiden!

Besonders die Goldverzierungen am Bibelrücken gefallen mir sehr gut. Das Cover zeigt ein Kreuz, aus dem uns förmlich das Leben entgegenblüht. Im Inneren finden sich schöne Initialen mit Ornamenten zu Beginn eines neuen Buchs, durchgehende Rankenornamente am Rand jeder linken Seite und modern illustrierte Titelseiten der einzelnen biblischen Bücher; hier wird ein Kernthema der folgenden Kapitel in ansprechend schlichter Weise verbildlicht. Hinzu kommen hier und da passende Symbole zu den jeweiligen Texten.
Die Schrift ist in ihrer Art und Größe gut lesbar. Es gibt einige wenige Fußnoten und hinten einen Anhang mit Sacherklärungen.
Man merkt deutlich, mit wie viel Liebe das Konzept entworfen wurde, und auch, wenn es für meinen Geschmack sogar noch mehr Bildelemente hätte geben dürfen, empfinde ich es als sehr gelungen.

Mit ihrem doch recht beachtlichen Gewicht ist die Bibel eher nicht zum Mitnehmen gedacht, sondern als besonderes Prachtstück für zu Hause oder einen anderen Standort. Als persönliche Ausgabe für Markierungen und Notizen eignet sie sich eher nicht - sie ist eher ein Sammlerstück zum reinen (Vor-)Lesen.

In einem Satz:

Diese edle Bibelausgabe bringt in ihrer Gestaltung Vergangenheit und Gegenwart gut zusammen und deutet mit der wertigen Ausstattung auf ihren kostbaren Inhalt hin.

Bewertung vom 02.11.2022
Die Sprache der Freundschaft
Mills, Claudia

Die Sprache der Freundschaft


ausgezeichnet

Schon das Originalcover dieses Buchs ist sehr hübsch, aber der Stil der deutschen Illustratorin Karin Lindermann gefällt mir sogar noch besser. Während man das Buch liest, erkennt man immer mehr, wie wunderbar die einzelnen Elemente auf die Geschichte zugeschnitten sind: die Biene, die fallenden Blütenblätter der gelben Rosen, die skizzierten Landkarten – das Motiv ist detailverliebt und atmosphärisch, wirkt verspielt, aber nicht chaotisch. Ohne mehr übers Buch zu wissen, hätte ich auf eine fantasievolle Geschichte mit Anspruch getippt. Was rückblickend auch genau das ist, was einen hier erwartet.

Die Story hat mich wirklich bewegt und umgetrieben. Sie ist in ganz besonderer Form geschrieben: in Versen. Hut ab vor dieser Schreib- und Übersetzungsleistung!
Anders, als man im ersten Moment denken könnte, lässt sich der Text sehr flüssig lesen und durch die kurzen Sequenzen entsteht ein echter Sog, aber ein bisschen dran gewöhnen und drauf einlassen muss man sich schon. Ich bin mir unsicher, was ich als Kind von dem Stil des Buchs gehalten hätte, aber als Erwachsene sage ich: richtig, richtig gut!

Lizard und Biene (schade, dass das mit Bee im Deutschen nicht funktioniert, die Kombi ist natürlich ein bisschen irritierend) sind sehr gut ausgearbeitete Charaktere. Ihre Freundschaft hat ihre problematischen Seiten, wird jedoch nie nur schwarz oder weiß betrachtet. Beide Mädchen bieten Identifikationspotenziale.
Über die Familien der zwei kommen immer mehr Puzzleteile hinzu, die Biene/Betsy vor allem beobachtet, der Leser aber auch näher deuten kann.

Besonders berührt haben mich persönlich die Passagen, in denen es nachdenklich wird: Wie kann man Dinge oder Beziehungen retten? Was ist Freundschaft?
Die Metaebene, die die Autorin über den Versuch, eine Sprache vor dem Aussterben zu bewahren, eröffnet, ist wirklich grandios!

Im letzten Teil des Buchs braut sich etwas zusammen, was für eine sehr gedrückte Stimmung sorgt. Es überrascht mich, dass es hier keine Triggerwarnung für Menschen, die „Die Sprache der Freundschaft" als Geschenk kaufen, gibt, damit sie sehen können, dass es auf jeden Fall kein Gute-Laune-Buch ist, sondern richtig krasse Themen behandelt (was gut ist, aber auf den ersten Blick eben doch sehr versteckt).
Trotz der Schwere vermittelt der Roman letztendlich vor allem Hoffnung und plädiert für ehrliche und liebevolle Kommunikation, für das Miteinander-Wachsen und Einander-Wachsen-Lassen.

In einem Satz:

„Die Sprache der Freundschaft" ist ein außergewöhnliches Buch (in meinen Augen fast eher eins für Erwachsene, wenn auch aus der Sicht eines Kindes erzählt): wichtige, wertvolle Botschaften treffen auf eine ganz besondere Form und eine starke Charakter- und Beziehungsentwicklung.

Bewertung vom 12.10.2022
Mehr als wahrscheinlich
Watson, Sarah

Mehr als wahrscheinlich


ausgezeichnet

Dieses Buch hatte mich schon von der Widmung an. Der Prolog eröffnete die eigentliche Geschichte mit einem eindrucksvollen Tusch, und ab da war das Lesen für mich ein einziges Mitfiebern, Indiziensammeln, Theorienspinnen, aber auch einfach Begleiten vier besonderer junger Frauen, die doch alle gewissermaßen so sind wie du und ich.

Die Geschichte wechselt personal zwischen CJ, Jordan, Ava und Martha. Obwohl die Protagonistinnen alle sehr gut ausgearbeitet sind und ihre jeweils eigenen Konflikte mitbringen, brauchte ich am Anfang eine Weile, um sie auseinanderhalten und den Damen auf dem Cover zuordnen zu können. Je mehr Zeit ich mit jeder Einzelnen verbracht habe, desto mehr bin ich jedoch ihrer Unverwechselbarkeit auf die Spur gekommen.

Sarah Watson beweist hier auch im Literarischen, dass sie eine meisterhafte Geschichtenerzählerin ist. Mit immer neuen Täuschungsmanövern lenkt sie den Verdacht der Leser*innen von einer Kandidatin zur anderen, sodass die, auf die am Ende wortwörtlich die Wahl fällt, zwar wahrscheinlich auf der Verdächtigenliste war, aber nicht die sichere und einzig mögliche Option.

Die Autorin bringt eine Vielzahl von Themen ein, die junge Menschen bewegen, ohne sie zu zerreden oder die Story damit zu überladen. Es geht um Identität, Familienhintergründe und -beziehungen, politisches und soziales Engagement, Vorurteile (und das jeder sie hat), Zukunftsängste, Uni-/Berufswahl, Leistungsdruck, Depression, Kunst, Adoption, Journalismus, Selbstbewusstsein, Freundschaft und das Über-Sich-Hinauswachsen.
Der Zusammenhalt der Mädchen ist greifbar, gerade dadurch, dass er manchmal auch auf die Probe gestellt wird (durch Neid, Chancenungleichheit, psychische Probleme, scheiternde Pläne, ...). Jede von ihnen lernt in Verlauf der Geschichte ganz viel übers Leben, andere Menschen und vor allem sich selbst, und das berührt und regt zum Nachdenken an.

Richtig spannend wird es nicht nur, was das Rätsel um die spätere Präsidentin angeht, sondern auch, als die Zu- und Absagen der Unis eintrudeln und sich der weitere Weg der vier jungen Frauen entscheidet. Auch eine Personensuche und dezente Liebesverwicklungen sorgen für Abwechslung, und man mutmaßt immer wieder über den Präsidentengatten, der im Prolog bereits vorkommt.
Der Epilog ist – zwischenzeitlich habe ich mich echt gefragt, wie Sarah Watson das hinbiegen will – das perfekte Ende: rührend, aber nicht kitschig, alle wesentlichen Fragen beantwortend und einen Blick in die Zukunft erlaubend, aber offen genug, um der eigenen Vorstellungskraft Raum zu geben.

Toll ist auch, wie der Titel in die Geschichte eingebaut ist – ein zu hundert Prozent passender Aufhänger! Aber mehr verrate ich dazu an dieser Stelle nicht.

Alles in allem ein wirklich spannendes, abwechslungs- und ereignisreiches Buch, das unterhält, ermutigt und einen zum Lächeln bringt.

In einem Satz:

„Mehr als wahrscheinlich" ist ein wunderschönes, raffiniertes Buch über vier starke junge Frauen, die gemeinsam und jede für sich ihren Weg gehen – und eine von ihnen führt der ins Weiße Haus.

Bewertung vom 10.10.2022
Ganz. Schön. Lebendig.
Schulte, Elena

Ganz. Schön. Lebendig.


ausgezeichnet

Was für ein wert- und stilvolles Buch! Die farbige Innengestaltung mit den Fotos und vielen Elementen zum Ankreuzen, Einordnen und Notieren ist hier wirklich mit viel Liebe zusammengestellt worden, und nach den ersten Hemmungen macht es richtig Freude, seine Gedanken handschriftlich darin festzuhalten. Schön ist dabei auch, dass genug Platz ist, um das Buch ggf. mehrfach durchzuarbeiten und die Entwicklungen in den eigenen Notizen mitzuverfolgen.

Ein Jahr lang will „Ganz. Schön. Lebendig" seine Leserinnen begleiten. Die fünf zentralen Themenbereiche – Mein Körper + ich, Gemeinde + Glaube, Mein Alltag, Beziehungen, Berufung – werden im Abstand von vier Monaten jeweils einmal wiederholt. So lassen sich Veränderungen in der jeweiligen Kategorie beobachten.
Umrahmt werden diese Blöcke von einem Einleitungsteil (für den ersten Monat: allgemeine Bestandsaufnahme über das eigene Leben) und einem abschließenden Rück- und vor allem Ausblick (für den zwölften Monat).
Die Aufteilung ist gut durchdacht; allerdings hat sie zwangsläufig zur Folge, dass man sich auch ausgiebig mit Dingen auseinandersetzt, die einen eigentlich (zurzeit) gar nicht wirklich beschäftigen und so z. B. Menschen, die sich mit ihrem Körper (meistens) völlig wohlfühlen, aktuell nicht in einer Gemeinde aktiv sind etc. bei einigen Monaten ein wenig außen vor sind.
Außerdem kann es frustrieren, wenn sich binnen der Monate, die zwischen der Themenwiederholung liegen, nichts oder nicht viel getan hat.

Das Buch ist in mehr als einer Hinsicht intensiv. Man sollte wirklich bereit sein, sich die notwendige Zeit dafür zu nehmen und mit sich selbst schonungslos ehrlich zu sein, wenn man es durcharbeitet. Vieles kann herausfordern, da die Fragen natürlich sehr persönlich sind und oft mit starken Emotionen verbunden. Doch wenn man sich darauf einlässt, kann man viel über sich selbst lernen und dabei vielleicht auch einige Überraschungen erleben sowie Wachstumspotenziale erkennen.

Während die Übungen unterschiedlich gut zu mir „gepasst" haben, waren es besonders die kleinen Impulstexte, die mir sehr zugesagt und mich inspiriert haben. Hier gibt es neue Blickwinkel zu entdecken und Mutmachendes mitzunehmen.
Insgesamt bietet das Buch eine sehr gute Möglichkeit festzustellen, wo man gerade steht: wo persönliche Baustellen liegen, aber auch, wo man ganz viel Grund zu danken hat.

In einem Satz:

Mit „Ganz. Schön. Lebendig" haben Elena Schulte und Stennie einen ganz besonderen Lebens- und Persönlichkeits-Arbeitskasten geschaffen, den ich jeder Frau empfehlen kann, die gern einen reflektierten Blick auf sich und ihre Welt werfen möchte.