Benutzer
Benutzername: 
Xirxe
Wohnort: 
Hannover
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 870 Bewertungen
Bewertung vom 01.09.2016
Zweig, Stefan

Schachnovelle


ausgezeichnet

Auf einer mehrtägigen Schiffsreise von New York nach Buenos Aires in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts, wird der österreichische Ich-Erzähler Zeuge einer beeindruckenden Schachpartie. Der an Bord weilende Schachweltmeister spielt gegen eine Gruppe Amateure, ohne dass der geringste Zweifel an dessen Sieg besteht. Doch dann mischt sich ein unbekannter Passagier ein und das Spiel endet mit einem Remis. Am nächsten Tag soll ein weiteres Spiel stattfinden und der Ich-Erzähler fordert den Unbekannten zur Teilnahme auf. Dieser sträubt sich zunächst und erzählt ihm zur Erklärung seine Geschichte.
Dieses kleine Büchlein, das gerade mal 104 Seiten mit verhältnismäßig groß gedruckten Buchstaben hat, ist sicherlich beeindruckender als viele andere Bücher, die einen drei- oder viermal so großen Umfang aufweisen. Vielleicht liegt es daran, dass Stefan Zweig viel mit Gegensätzlichkeiten gearbeitet hat, die eher im Gedächtnis bleiben. Einmal der introvertierte, ungebildete und langsame Schachweltmeister. Und der umgängliche, intellektuelle und beinahe manische 'Dilettant'. Oder der Ich-Erzähler, für den Schach 'nur' ein Spiel ist und sein Gegner, der alles als Wettkampf sieht und jede Niederlage als persönlichen Affront empfindet. Aber auch die Art, wie Zweig Schach beschreibt, wird mir im Gedächtnis bleiben. Insbesondere, weil er selbst überhaupt keinen großen Bezug dazu hatte.
Zitat: "Ist es nicht auch eine Wissenschaft, eine Kunst, schwebend zwischen diesen Kategorien wie der Sarg Mohammeds zwischen Himmel und Erde, eine einmalige Bindung aller Gegensatzpaare; uralt und doch ewig neu, mechanisch in der Anlage und doch nur wirksam durch Phantasie, begrenzt in geometrisch starrem Raum und dabei unbegrenzt in seinen Kombinationen, ständig sich entwickelnd und doch steril, ein Denken, das zu nichts führt, eine Mathematik, die nichts errechnet, eine Kunst ohne Werke, eine Architektur ohne Substanz und nichtsdestominder erwiesenermaßen dauerhafter in seinem Sein und Dasein als alle Bücher und Werke...*
Dazu die unglaublich genauen Beschreibungen der einzelnen Charaktere und Situationen, die derart zeitlos gut sind, dass Manches klingt, als wäre es eben erst geschrieben worden.
Zitat: "Nun hatten die Nationalsozialisten, längst ehe sie ihre Armeen gegen die Welt aufrüsteten, eine andere ebenso gefährliche und geschulte Armee in allen Nachbarländern zu organisieren begonnen, die Legion der Benachteiligten, der Zurückgesetzten, der Gekränkten."

Ein kleines, aber sehr feines Büchlein, das man nicht nur in der Schule lesen sollte - sofern es dort überhaupt noch im entsprechenden Kanon steht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.08.2016
Banner, Catherine

Die langen Tage von Castellamare


sehr gut

1914: Für Amedeo Esposito beginnt ein neuer Lebensabschnitt, als er nach Castellamare reist, einer kleinen (fiktiven) Insel nahe Sizilien. Dort soll er seine erste richtige Stelle als Arzt antreten - es wird seine einzige bleiben. Er heiratet Pina, mit der er vier Kinder hat und übernimmt nach einem Skandal das frühere Café der Insel, das Haus am Rande der Nacht. Gemeinsam mit ihm, seiner Familie und den anderen Bewohnern Castellamares durchlebt man die Höhen und Tiefen der letzten 100 Jahre, die aufgrund der abgeschiedenen Lage der Insel diese meist etwas verzögert erreichen.
Es ist eine wirklich schöne Familiengeschichte, in der sich all das Glück und Leid widerspiegelt, das auch dem Rest der Welt widerfährt. Amedeo wird im 1. Weltkrieg eingezogen und kehrt danach mit dem Bewusstsein zurück, diese Insel nie wieder verlassen zu wollen. Im 2. Weltkrieg werden seine und Pinas Söhne eingezogen - nicht alle kommen wieder und wenn, wird ihr weiteres Leben dadurch schwer beeinflusst. Auch der Faschismus hält Einzug auf Castellomare und zerstört den bis dahin guten Zusammenhalt der Bewohner. Nach dem Krieg erlebt nicht nur das Festland einen Aufschwung, auch den BewohnerInnen der Insel geht es zusehends besser und die bis dahin herrschenden, fast schon feudalistischen Verhältnisse beginnen sich immer mehr zu lockern. Alle bekommen Strom, der Tourismus nimmt zu, der erste Computer auf der Insel wird installiert und die nächste Generation im Haus am Rande der Nacht macht sich mit dem Café vertraut. Die Welt hält Einzug in Castellamare und in Vielen wird der Wunsch wach, auch die Welt jenseits der Insel kennenzulernen. Konflikte bahnen sich an...
Der Schwerpunkt dieses Romans liegt klar auf dem Leben der Familie Esposito, die von Beginn an eine zentrale Stelle in diesem Mikrokosmos einnimmt. Dies liegt sicherlich auch an der ursprünglichen Funktion von Amedeo als Arzt und von Pinas als Schulmeisterin. Ebenso wie danach an ihrem Einsatz als Besitzer des einzigen Cafés und damit Treffpunkt auf der Insel. Stets sind sie miteingebunden in den Klatsch, Tratsch und die Geheimnisse die auf Castellamare kursieren und so erlebt man mit ihnen all das, was eine derart enge und kleine Gemeinschaft ausmacht. Mir persönlich hätte es gefallen, wenn die Geschehnisse im Rest der Welt etwas mehr Einfluss auf die Geschichte gehabt hätten bzw. sie deutlicher dargestellt worden wären. So bleibt es aber bei einer unterhaltsamen Familiengeschichte.

Bewertung vom 23.08.2016
Ferrante, Elena

Meine geniale Freundin / Neapolitanische Saga Bd.1


ausgezeichnet

Elena, Mitte 60, erhält einen überraschenden Anruf vom Sohn ihrer besten Freundin Lila: Diese ist verschwunden. Und mit ihr alles, was in irgendeiner Form ein Beweis für ihre Existenz sein könnte. Elena ist davon weit weniger überrascht als Lilas Sohn und nimmt dieses Ereignis zum Anlass, die Geschichte ihrer Freundschaft schriftlich festzuhalten.
Sie beginnt Mitte der 50er Jahre im Rione, einem armen Viertel von Neapel. Vermögend ist dort niemand (und wenn, dann bestimmt nicht auf legalem Weg), Gewalt bestimmt den Alltag. Man verdient nicht viel, trinkt dafür umso mehr und Streitigkeiten werden mit den Fäusten ausgetragen und vererben sich von den Eltern auf die Kinder. Hier begegnen sich die freche Lila und die schüchterne Elena und sind bald unzertrennlich. Sie wetteifern darum, wer die Beste in der Schule ist, was Lila überaus leicht fällt. Doch während Elenas fleißiges Lernen mit dem Besuch einer weiterführenden Schule belohnt wird, muss Lila in der Schusterei ihres Vaters mithelfen.
Es ist eine grausame und archaische Zeit, in der die beiden Mädchen aufwachsen. Doch Lila verfügt über eine derart große Intelligenz, Wissbegier und ein immenses Selbstbewusstsein, dass sich selbst die Jungen vor ihr fürchten und manche Erwachsene eingeschüchtert sind. Elena, ebenfalls intelligent, findet in Lila ein Vorbild, dass ihr die Kraft gibt, sich anzustrengen um in der Schule voranzukommen - ein Weg, der Lila verwehrt bleibt. Während Elena eine Klasse nach der anderen besucht und sogar auf das Gymnasium kommt, wird es für Lila immer schwieriger je älter sie wird, ihre Unabhängigkeit zu bewahren.
Das Buch ist weit mehr als 'nur' die Geschichte einer Kinder- und Jugendfreundschaft. Die unter einem Pseudonym schreibende Autorin lässt ein Neapel auferstehen, das ich beim Lesen stets deutlich vor Augen hatte: die Armut, den Dreck, die heruntergekommenen Häuser und mittendrin die Menschen, die sich so gut wie möglich durchschlagen. Es ist ein Sittengemälde des Neapels der Fünfziger Jahre, das so eindrucksvoll und überzeugend geschrieben ist, dass ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die folgenden Bände lesen werde, die in Italien bereits vor mehreren Jahren erschienen sind. Vielleicht ist es nicht ganz einfach zu lesen (jede Menge 'Personal' mit italienischen Namen - aber es gibt ein Personenverzeichnis) und nicht immer eine chronologische Erzählweise, aber die Mühe lohnt sich. Mir sind alle Figuren sehr ans Herz gewachsen und ich freue mich schon auf den Folgeband!

Bewertung vom 19.08.2016
Erpenbeck, Jenny

Gehen, ging, gegangen


sehr gut

Richard, frisch emeritierter Professor, fällt wie so viele vor ihm zu Beginn dieses neuen Lebensabschnittes in eine Leere, die er versucht mit Sinn zu füllen. Da seine Arbeit ihm das einzig Sinngebende scheint, entschließt er sich zu einem neuen Projekt: Was ist Zeit? Die richtigen Gesprächspartner dazu sieht er in den Flüchtlingen, die in der Nähe seines Hauses untergekommen sind. Denn wer wenn nicht sie, die 'Aus-der-Zeit-Gefallenen', könnten ihm am besten erklären, was Zeit ist? Immer wieder besucht er sie und lässt sich ihr Leben erzählen; ihre Kindheit; ihre Flucht; ihr Ankommen; ihre Wünsche; ihre Träume. Je mehr er zuhört, umso mehr beginnt er zu verstehen, was diese Leute antreibt und überleben lässt. Richards Vorstellungen von der Welt und den Menschen beginnen sich zu ändern, langsam, Stück für Stück...
Die ersten 50 Seiten war ich kurz davor, das Buch zur Seite zu legen. Nichts als die selbstmitleidigen Gedanken eines Pensionärs, der nicht weiß wie er seine Tage füllen soll. Doch dann beginnt er mit seinem Projekt und nach und nach nimmt die Geschichte an Fahrt auf. Nicht in Form von Spannung und Action - der emeritierte Professor lässt sich auf die Geschichten der Flüchtlinge ein und man kann ihm buchstäblich dabei zusehen, wie sich seine Gedanken und seine Einstellungen ändern. Es ist nicht nur die Vergangenheit der Befragten, die so erschütternd ist, sondern auch die Aussichtslosigkeit des Lebens, das den Meisten bevorsteht. Keine Anerkennung als Flüchtling, keine Arbeit, Abschiebung wer weiß wohin, nirgendwo ein Leben mit Perspektive. Und alles nur, weil sie zur falschen Zeit im falschen Land geboren wurden.
Es ist kein mitleidheischendes Buch, der Ton ist vielmehr so sachlich-kühl, dass es mir fast schon wieder zu viel war. Und mit noch einem Punkt hadere ich ein bisschen: Fast Alle waren gut, niemand hatte böse Absichten und/oder kriminelle Energien. Selbst die einzige Person mit einer vielleicht nicht so weißen Weste blieb im Vagen und verursachte mehr schlechtes Gewissen als alles Andere. Schön, wenn es wirklich so wäre - für überzeugend halte ich es nicht.

Bewertung vom 06.08.2016
Stradal, J. Ryan

Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens (Restauflage)


gut

Zu diesem Buch eine Rezension zu schreiben gelingt mir nicht so mühelos, wie ich eigentlich dachte. Natürlich könnte ich es mir so einfach machen wie der Klappentext und schreiben, hier wird die Lebensgeschichte Evas erzählt. Aber das würde nicht stimmen. Denn Evas Leben ist nur eine Geschichte von vielen.
Es beginnt mit ihrer Geburt und dem nicht ganz alltäglichen Start ins Leben. Ihre Mutter lässt sie als Baby mit ihrem Vater allein, um ein neues Leben zu beginnen. Und ihr Vater stirbt ein halbes Jahr später. Daher wächst sie bei ihrem Onkel und dessen Frau auf, die sie im Glauben lassen, sie wären ihre richtigen Eltern. Eva ist ein erstaunliches Kind, mit ungewöhnlichen Begabungen und Fähigkeiten, die ihren 'Eltern' eher unheimlich sind. So muss sie sich bei Schwierigkeiten weitestgehend alleine helfen, lediglich ihr Cousin Randy und ihre Cousine Braque stehen ihr zur Seite.
Was danach folgt, sind chronologisch folgende Kapitel aus der Sicht unterschiedlicher Personen, die mehr oder weniger mit Eva zu tun haben, manche wirklich nur ganz am Rande. Da ist beispielsweise Braque, ihre Cousine; Will, ihr erster Freund; Octavia, eine Bekannte; Pat Prager, Stiefmutter ihres ersten Freundes usw. Es scheinen alles Menschen zu sein, die sich selbst im Weg stehen, ohne es aber selbst zu wissen. Entweder weil sie sich etwas vormachen, oder weil schlicht die Umstände gegen sie sind. Diese Geschichten sind alle gut und amüsant erzählt - doch was manche davon mit der ursprünglichen Idee des Buches zu tun haben, ist mir nicht so ganz klar geworden. (Abgesehen davon, dass es sich bei Allen irgendwie um Essbares dreht.) Denn hätten sie gefehlt, wäre das Buch einfach nur dünner geworden, aber Evas Geschichte hätte es keinen Abbruch getan. So bleibe ich etwas unzufrieden zurück: Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens habe ich nicht wirklich kennengelernt (die wenigen Rezepte trieften vor Fett - oder ist das das Geheimnis?) und von Eva habe ich viel viel weniger erfahren als ich erwartet habe. Gut unterhalten habe ich mich trotzdem ;-)

Bewertung vom 04.08.2016
Raab, Thomas

Still


ausgezeichnet

Lange, unglaublich lange habe ich gebraucht bis ich diese Geschichte beendet hatte. Nicht weil sie schlecht ist oder langweilig oder zu anstrengend. Ganz im Gegenteil. Doch es ist eine so eigene Atmosphäre um dieses erzählte Leben von Karl Heidemann, dass ich immer eine Weile brauchte, um ganz in dieses Buch einzutauchen.
Ausgestattet mit einem Gehör, dass vermutlich Fledermäuse vor Neid erblassen lassen würde, sofern sie es könnten, ist die Welt in die der kleine Karl hineingeboren wird, für ihn eine einzige Qual. Jedes Geräusch verursacht ihm unsägliche Schmerzen, Frieden findet er nur in der Stille. So wächst er ohne Kontakt zur Außenwelt im lärmgeschützten Keller seiner Eltern auf, lediglich ein alter Lehrer, ein Nachbar, besucht ihn regelmäßig um ihn zu unterrichten. Karl ist intelligent, er verschlingt Bücher die ihm ein Tor zur Welt nach draußen öffnen, die er nur von nächtlichen Ausflügen kennt, wenn alles zur Ruhe gekommen ist. Als er Zeuge wird, wie seine Mutter sich umbringt und danach auf ihrem Gesicht einen Frieden entdeckt, den sie im Leben nie hatte, wird ihm klar: Der Tod ist ein Segen, eine Erlösung für all die, denen das Leben nur Leid und Qual ist. Und so wird Karl, der voller Liebe ist, zu einem Erlöser.
Dieses Buch einen Krimi zu nennen, ist meiner Meinung nach eine Fehlbezeichnung. Schon eher ist es eine philosophische Auseinandersetzung mit dem Tod - und dem Leben. Lässt man sich völlig auf Karls Sicht der Welt und des Todes ein, kommt man nicht umhin, ihm in vielen Schlussfolgerungen recht zu geben. Aus all den gesprochenen Worten beispielsweise bei einer Beerdigung, dem Wort Friedhof (dem Frieden innewohnt) und nicht zuletzt den friedlichen Antlitzen Verstorbener. Gut, es gibt einige Widersprüchlichkeiten (weshalb in all den von Karl gelesenen Büchern offenbar nie die Rede davon war, dass es falsch ist, Menschen zu töten; die Gründe dafür usw.), doch im Großen und Ganzen ist es eine erstaunlich stimmige Weltsicht, die sich der Junge aneignet. Und je mehr ich mich darauf einließ, umso mehr regte es an, über den Tod und die Einstellung dazu in unserer Gesellschaft nachzudenken und immer wieder in Frage zu stellen. Auch meine Meinung, dass Trauer grundsätzlich ein egoistisches Verhalten ist, fand sich in diesem Buch.
Doch die Geschichte von Karls Leben ist auch stilistisch etwas Außergewöhnliches. Altertümlich klingt die Sprache, häufig gibt es Aufzählungen wie '...inmitten der Obst- und Gemüsekisten, Mehl- und Gewürzsäcke, Wein- und Sauerkrautfässer...' oder die Sätze sind nicht vollständig, nur kurz wie Anmerkungen: 'Er von links des Weges, wortlos und allein. Sie von rechts des Weges, wortlos und allein. Beide entlang der rot-weißen Markierung.' Oder Beides zusammen: 'Irgendwo im Grünen, weniger Menschen, weniger Zurückweisung, weniger Schmerz, so ihre Hoffnung.' Es entstand ein regelrechter Sog, so empfand ich es, der mich völlig in dieser Lebensgeschichte von Liebe und Tod versinken ließ, immer darauf hoffend, dass es Karl vielleicht doch irgendwann gelingen möge, ein 'normales' Leben zu führen.
Ein großen Anteil an meiner Begeisterung trägt sicherlich auch der Vorleser Frank Arnold, der das Alles phantastisch liest. Seine Sanftheit, wenn er Karls Gedanken vorträgt, seine plötzlich Ruppigkeit oder auch Wut, wenn er zu den Dorfbewohnern wechselt, die den Jungen jagen. Er passt seine Stimme einfach perfekt den jeweiligen Personen und Situationen an, dass ich mich wirklich wie mittendrin fühlte. Wirklich toll! Dass er 2014 den Deutschen Hörbuchpreis erhalten hat, kann ich nur zu gut verstehen :-)

Bewertung vom 31.07.2016
Wendelken, Barbara

Tod an der Blauen Balje


gut

Als Christophs Jugendliebe Marit aus Wangerooge nach 17 Jahren wieder Kontakt zu ihm aufnimmt, scheint das Unheil, das sie als Jugendliche voneinander trennte, sich geradewegs fortzusetzen. Damals verschwand ihr Vater von Bord eines Kutters, auf dem auch der 17jährige Christoph war. Und nun wird kurz nach ihrem Wiedersehen ihre Mutter erschossen - gibt es da einen Zusammenhang?
Es ist ein unglaublich verwickelter Krimi, in dem die Insel (natürlich) eine nicht ganz unbedeutende Rolle spielt. LiebhaberInnen Wangerooges dürfen vermutlich viele Wiedererkennungsmomente erleben, dennoch gibt es keine langatmigen Ortsbeschreibungen. In die mysteriösen Todesfälle wird nach und nach (gefühlsmäßig) die halbe Inselbewohnerschaft verwickelt, trotzdem hatte ich keine Schwierigkeiten, mich zwischen den verschiedenen InsulanerInnen zurechtzufinden. Mögliche Motive werden zuhauf gestreut, manche mehr, manche weniger auffällig und so hatte ich bis zum Ende des Buches sicherlich vier oder fünf verschiedene Theorien entwickelt, die dann doch alle falsch waren.
Auch eine Liebesgeschichte fehlt nicht, die eine tragende Funktion in dieser Geschichte hat und auf mich gelegentlich doch etwas unglaubwürdig wirkte: Dieses ewige Hin und Her, das nicht darüber Reden wollen mit den ständig daran anschließenden Missverständnissen - das war mir doch etwas zuviel des Guten.
Alles in allem ein unterhaltsamer Krimi, bei dem man noch etwas an den Charakteren und vielleicht auch der Geschichte (insbesondere am Ende) hätte etwas feilen können. Ich werde mir den Namen der Autorin aber merken und mal schauen, was sie in der Zwischenzeit so geschrieben hat. Das könnte sich lohnen.