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TochterAlice
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Köln

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Insgesamt 1465 Bewertungen
Bewertung vom 30.10.2022
Fu, Melissa

Der Pfirsichgarten


sehr gut

Meilin kommt aus einer guter Familie von Antiquitätenhändlern und hat aus Liebe geheiratet. Leider kehrt ihr Mann, mit dem ihr eine wundervolle Zukunft bevorstand, nicht aus dem Krieg zurück, sie musste mit Renshu, dem vierjährigen Sohn fliehen.

Zusammen mit der Familie ihres älteren Schwagers Longwei, dessen Frau sie sie stets spüren lässt, dass sie unwillkommen ist, beginnen sie ein neues Leben.

Meilin muss oft ihren Stolz hinter sich lassen, um ihren Sohn über die Runden zu bringen und ihm später sogar ein Studium zu finanzieren. Da sind sie allerdings längst in Taiwan gelandet und schlagen sich meist ohne Longwei und die Seinen durch.

Ein Roman, in dem die Perspektiven wechseln: ist es über die die meiste Zeit Meilins Perspektive, aus der erzählt wird, wechelt sie später auf Renshu, der in die Vereinigten Staaten zum Studium geht und dort zu Henry wird und danach auf dessen Tochter Lily aus seiner Ehe mit der Amerikanerin Rachel. Lily wächst als Amerikanerin mit wenigen Informationen über China auf und sieht ihre Großmutter Meilin nur einmal bei deren Besuch in den Staaten.

Ein Roman, der die starke Zerrissenheit vor allem der mittleren Generation, also von Renshu/Henry verdeutlicht; der zweisprachige Name steht quasi als Sinnbild darüber.

Wie sehr mich der Roman durch die einfühlsame Schilderung seiner Charaktere auch begeistern konnte, für mich blieben die Darstellungen seltsam emotionslos. Oftmals hatte ich das Gefühl als wüsste die Autorin selbst nicht richtig über die Geschichte ihres Vaterlandes, die immer wieder ansgesprochen wird, Bescheid. Das hat mich jedenfalls in höchstem Maße irritiert und meine Begeisterung ein wenig geschmälert.

Bewertung vom 21.10.2022
Fallwickl, Mareike

Die Wut, die bleibt


weniger gut

Helene, Mutter von drei Kindern, davon zwei im Vorschulalter, steht eines Abends vom Esstisch auf und stürzt sich vom Balkon. Übrig bleiben Lola, die älteste Tochter im Teenageralter mit ihren beiden kleinen Brüdern und Johannes, der Vater der Jungs.

Und Sarah. Helenes Freundin seit Kindertagen. Sie hat Helene am längsten gekannt, hat mit ihr zeitweise zusammengelebt, als Lola noch klein war, ist mit ihr durch dick und dünn gegangen. Sie ist freischaffende Autorin, kinderlos, derzeit mit jüngerem Freund, der recht schnell bei ihr eingezogen ist - recht praktisch in Coronazeiten, wenn man den Mann, den man begehrt, gleich im Haus hat.

Wobei ich hier von der Autorin gleich eines auf die Finger bekommen würde, nehme ich mal an: nein, es heißt doch: der Mann den frau begehrt. Denn hier wird gnadenlos gegendert, was so gar nicht mein Ding ist.

Sarah sagt sofort zu, als Johannes sie um Hilfe bittet. Hilfe: das heißt bei ihm: sich alleine und bedingungslos um die Kinder, vor allem um die kleinen Jungs zu kümmern, mit etwas Unterstützung von Lola. Er selbst macht so weiter wie bisher, die Familie sieht ihn kaum. Sarah wird zur Bezugsperson.

Lola, die selbst einige Schlüsselerlebnisse mit Männern bzw. Jungs gehabt hat, macht sich so ihre Gedanken, die sie mit Sarah teilt, die quasi aufgerüttelt wird. Zunächst wehrt sich Lola mitsamt ihren gleichgesinnten Freundinnen - wird sie Sarah überzeugen können?

Keine Frage, die österreichische Autorin Mareike Fallwickl kann schreiben und so hatte ich auch kein Problem damit, ihren Roman schnell zu rezipieren. Doch ich muss gestehen, dass mir nach etwa der Hälfte des Romans Schauer über den Rücken liefen. Und das setzte sich bis zum Ende der Lektüre fort.

Denn hier werden Männer zu Feinden, gegen die Krieg geführt werden muss. Und zwar aus irgendwelchen Gründen alle, die im Roman eine größere Rolle spielen. Männer sind offen für die Bedürfnisse der Frauen, nein, sie tanzen ihnen vielmehr auf der Nase herum. Und hören nicht damit auf, bis sie diese ins Grab bringen.

So die Botschaft, jedenfalls diejenige, die mich erreicht hat. Ich - ein Kind der 1960er - bin entsetzt, bin ich doch in meinem Leben schon so einigen "frauenfreundlichen" Männern begegnet - nicht zuletzt meinem eigenen - und tue es weiterhin. Ich finde nicht, dass ein solches Thema derart einseitig und vor allem mit einer solchen Brutalität behandelt werden sollte. Auch wenn viele offenbar begeistert ist.

Einmal mehr wird deutlich: die Welt ist bunt!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.10.2022
Druart, Ruth

Élises Geheimnis


ausgezeichnet

Wo komme ich eigentlich her?

Das fragt sich die junge Josephine nicht erst im Jahr 1962, doch nun ist sie in den letzten Zügen mit ihrem Abitur und bevor sie hinaus in die Welt zieht, will sie doch genau erfahren, was sie ausmacht.

Ihre Mutter Élise hat ihr sehr, sehr wenig erzählt und außerdem ist sie immer die ganze Woche unterwegs, Josephine und die gemeinsame Freundin der Familie sind dann auf sich gestellt.

Aber es gibt ja noch Isabel, die deutlich jüngere Schwester der Mutter in Paris. Dort fährt Josephine für ein paar Tage hin und findet Isabel durchaus erzählfreudig vor.

Was sie dann erfährt - das darf ja wohl nicht wahr sein! Eine Geschichte über die Zeit der Deutschen Besatzung von Vichy-Frankreich, die in Paris besonders rigide gehandhabt wurde, mittendrin Élise und irgendso ein Mann - also wirklich!

Josephine beginnt selbst nachzuforschen und landet in England - zunächst zwar nur mit dem Finger auf der Landkarte, doch das ändert sie so schnell wie möglich!

Ein wundervoller, allerdings sehr trauriger historischer Roman über Frankreich im Zweiten Weltkrieg und danach.

Wer alles wissen will und sich nicht scheut vor heftigen Inhalten, der ist hier an der richtigen Adresse. Denn Autorin Ruth Druart lässt nichts aus - aber das tut sie auf eine so gleichermaßen offene wie warmherzige Art und Weise, das ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte!

Bewertung vom 16.10.2022
Sten, Viveca

Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1


ausgezeichnet

Wer nicht abwarten kann und einfach erfahren möchte, ob es sich lohnt, Hanna Ahlander, die als absoluter Pechvogel in die mit diesem Band startende Serie eingeführt wird, kennenzulernen, dem kann ich sagen: Unbedingt!

Denn Hanna selbst ist eine überaus vielschichtige Person, die wesentlich mehr ist, als sie zu sein scheint. Das erkennt man schon im Laufe dieses ihres ersten Falles, aber ich bin sicher, dass auch in den nächsten Bänden noch einige Überraschungen, was ihre Person angeht, auf uns Leser*innen zukommen.

Gleich zu Beginn wird Hanna nämlich von ihrem bisherigen Chef in Stockholm gefeuert und der Grund ist ein unglaublicher: sie nämlich ist drauf und dran, einen Kollegen am Totschlag oder gar Mord an seiner Frau zu überführen, ihr Vorgesetzter möchte dies - man will es ja nicht glauben - vertuschen.

Richtig rausschmeißen kann er sie nicht, aber sie soll bloß nicht wagen, noch mal am Arbeitsplatz aufzutauchen. Und dann wartet der nächste Schlag auf sie: auch zu Hause wird sie rausgeschmissen, ihr Freund hat nämlich eine Neue! Und ihm gehört die Wohnung, so dass sie sich mal schön verdünnisieren soll!

Gut, dass es die große Schwester Lydia gibt, die immer eine Lösung in petto hat. Die führt Hanna nach Are, einen beliebten schwedischen Wintersportort in die Luxusherberge von Lydias Familie.

Und zu einem Vermisstenfall - es geht um die Abiturientin Amanda, 18 Jahre alt, die nach einer Feier nicht nach Hause kommt und nirgendwo aufzufinden ist.

Viveca Sten schreibt wie gewohnt so fesselnd und mitreißend, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und die gut 500 Seiten in zwei Tagen durch hatte. Ich habe mich durch den Fall gefressen, muss ich sagen. Denn nicht nur der Stil der Autorin vermag zu begeistern, nein, mehr noch ist es der Inhalt. Diesmal führt er uns inmitten des größten Luxus zu den Bedürftigsten der schwedischen Gesellschaft.

Auch wenn es sehr gut ausgedacht ist - nein, gerade deswegen hätte es gerade so passieren können! Sten hält geschickt die Balance zwischen Zufällen und wahren Ereignissen bzw. den Entwickungen der letzten Jahre.

Zudem hat die Auflösung mich ganz schön überrascht. So machen Krimis Spaß. Andererseits - wenn alle so toll schreiben würden wie Viveca Sten, dann wüsste man ja gar nicht wie gut man es hat als lesender Mensch! Ein Hoch auf diese wundervolle Autorin, auf dass sie uns bald den nächsten Band zukommen lasse!

Bewertung vom 13.10.2022
Innig, Katharina

Die Forscherin. Prinzessin Therese und der Ruf des Amazonas


ausgezeichnet

Therese von Bayern steht ihren Mann

Verzeihung, in Tagen des Genderns natürlich ihre Frau - zu einer Zeit und in einer Gegend, die sehr erstaunen lässt. Denn in Katharina Innigs auf realen Ereignissen basierenden Roman erfahren wir, dass sie bereits im Jahr 1888 eine Forschungsreise nach Brasilien geleitet hat - mit sich selbst als einziger teilnehmender Forscherin. Möglicherweise würde man sie heute als Biologin bezeichnen, Botanik und Zoologie begeisterten sie gleichermaßen. Doch sie war so viel mehr, konnte sie sich doch in mehr als einem Dutzend Sprachen verständigen und kannte sich auch in Geographie und Literatur bestens aus.

Die Autorin folgt dem kleinen Forschungsteam, das dem, was heute darunter verstanden wird, in keinster Weise ähnelt, sondern nach höfischen Vorstellungen zusammengestellt ist, bis nach Manaus und in die Tiefen des Regenwaldes.

Ebenso kenntnisreich wie warmherzig beschreibt sie Begegnungen, Entdeckungen und Zusammenstöße, verzichtet auch nicht auf humorvolle Einschübe an passender Stelle.

Die Handlung findet auf zwei Ebenen statt - neben der Reise begegnen wir Therese im Jahr 1924, kurz vor ihrem Tod in ihrem Haus am Bodensee, in das sie sich seit Ausbruch des Ersten Weltkriegs zurückgezogen hatte und von ihrer einstigen Gesellschaftsdame auf der Reise nach Brasilien besucht wird. Schwer erkrankt lässt sie sichl bei der Ordnung ihres Nachlasses helfen und schwelgt mit dem Besuch in gemeinsamen Erinnerungen. Doch auch zur Gegenwart hat sie ihre - natürlich keineswegs konventionelle - eigene Ansicht, mit der sie nicht hinter dem Berg hält.

Kurzum: dies ist ein anspruchsvoller historischer Roman, wie er faszinierender nicht sein könnte, jedenfalls aus meiner Sicht. Sollte die Autorin noch über zeitliche Ressourcen verfügen, empfehle ich ihr, eine Schreibwerkstatt für dieses Genre zu begründen, das noch mehr als ausbaufähig ist.

Bewertung vom 06.10.2022
Bateson-Hill, Margaret

Leah und der Stern von Betlehem


ausgezeichnet

Ein bezauberndes Kinderbuch nicht zur Weihnachtszeit

Und nicht nur für Kinder, denn auch ich bin von der bildstarken Lektüre seit Tagen wie verzaubert. Ja, hier dient die biblische Weihnachtsgeschichte als Grundlage, bzw. verschiebt sich die Perspektive: erzählt wird aus der Sicht eines Kindes, nämlich aus der von Leah, der Tochter des Herbergswirtes, der Maria und Josef seinen Stall zur Verfügung stellt.

So ist es für Kinder sicher noch besser nachzuvollziehen, beispielsweise wenn Maria zu Leah spricht und sie bittet, das Jesuskind mal kurz zu übernehmen. Wer würde das nicht gerne tun? Ein schönes Buch, das die Familie sicher einige Jahre begleiten wird!

Bewertung vom 06.10.2022
Heisenberg, Benjamin

Lukusch


gut

.Elegant gestrickert Roman, aber irgendwie nicht mein Fall bzw. nicht mein Thema.

Denn ich nahm bei der Bestellung des Romans an, dass das hauptsächliche Thema die Beherbergung von ukrainischen Kindern aus der Nähe von Tschernobil ist, bzw. es sich insgesamt um dieses Thema dreht.

Das ist nicht der Fall, es geht um die Entdeckung eines Schachtalents und das jahrzehntelange Spiel mit den Identitäten. Stil und Darlegung der Handlungsstränge sind aus meiner Sicht für ein Debüt fast atemberaubend gut - wenn, ja wenn man auf das Thema anspringt, bei dem es auch um die spätere Begegnung mit alten Weggenossen geht.

Nicht meins, aber viele werden es lieben, da bin ich mir ganz sicher!

Bewertung vom 03.10.2022
Towles, Amor

Lincoln Highway


sehr gut

Eine Art neuartiger Western mit Hindernissen
Denn Emmett will sich nach seiner Entlassung aus der Jugendhaftanstalt Salinas nur noch seinen Bruder Billy schnappen - und dann nichts wie auf in den Westen, in ein neues Leben. Ein wenig Geld dafür hat er vom verstorbenen Vater geerbt. Natürlich gibt eine holde Maid, nämlich Sally, die sich um den deutlich jüngeren Billy gekümmert hat - und ihre eigene Zukunft ganz klar mit der vom Emmett verbunden sieht. Was dieser jedoch in seiner gegenwärtigen Lebenssituation nicht an sich heranlassen kann.

Das Auto ist gepackt, da tauchen zwei "Freunde" aus Salinas auf - eigentlich nur einer, finde ich. Nämlich Woolly, Sohn einer reichen Familie, dessen sich leider Duchess bemächtigt hat. Duchess, der es immer schwer hatte im Leben und nun - so stellt sich allmählich heraus - soll ihm der Wohlstand anderer Menschen im Leben weiterhelfen. Nämlich der von Woolly, der geerbt hat. Woolly ist nicht der Hellste (scheint es) und so hat ihm Duchess verklickert, dass er sein Erbe mit ihm und Emmett teilen sollte. Den braucht er nämlich, weil der ein Auto hat und lenkt ihn nicht ganz ohne Druck erstmal in die andere Richtung, nach New York, wo Woolly herkommt. Bald hat Emmett weder Geld noch Auto, nur noch seinen kleinen Bruder.

Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich mit Billy, der sich als bezaubernder kleiner Philosoph und Forscher erweist, auf dunklen Wegen auf die Spur von Duchess zu begeben.

Ich glaube, ich war während der Lektüre vielfach zu wütend - zu wütend auf Duchess - um alle Nuancen der Handlung im Detail genießen zu können.

Wie auch immer, das Ende hat mich dann ausgesöhnt, denn es brachte Gerechtigkeit ganz in meinem Sinne.

Ein Roman, der vor allem durch starke, klar gezeichnete Figuren und einen gewissermaßen warmherzigen - mir manchmal zu positiven - Stil punktet. Amor Towles ist zweifellos ein Autor, der Duftmarken zu setzen vermag sowohl in der amerikanischen als auch in der internationalen Literatur, allein schon durch seine Begabung, eine Atmosphäre der besonderen Art zu entwickeln. Eine, die nur zu diesem Roman und zu sonst überhaupt nichts passt. Allerdings habe ich so eine Ahnung, dass dies nicht mein liebster Roman des Autors (es war mein erster) sein wird.

Bewertung vom 02.10.2022
Nakamura, Tohru

Tohrus Japan


gut

Nicht mein Japan
Und auch sonst nicht ganz das, was ich erhofft bzw. erwartet hatte. Der berühmte Sternekoch lässt natürlich all seine Wurzeln und auch sonst so einiges aus dem mehr als reichhaltigen Erfahrungsschatz hier einfließen, aber trotz der mir bekannten Leseprobe hatte ich doch einiges mehr erwartet: natürlich nur aus meiner eigenen Sicht und damit meine ich vor allem: Nachkochbare Rezepte mit nicht zu teuren Zutaten.

Das Erstere ist auf jeden Fall gewährleistet: ich traue mir so manches zu. Das wird zwar natürlich keine Sterneküche, aber mit Sicherheit lecker. Ich muss gestehen, die ein oder andere Abwandlung gestehe ich mir grundsätzlich zu. Aber: die Zutaten! Sie machen eigentlich eine Abwandlung unumgänglich, zumindest für mich, sonst würde mein Geldbeutel explodieren!

Durchaus Rezepte der schickeren Art und zwar für deutlich ambitioniertere Hobbyköche als mich! Solche, die Kochen als Kunst sehen und das ist bei mir definitiv nicht der Fall!