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MB
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Rösrath

Bewertungen

Insgesamt 441 Bewertungen
Bewertung vom 30.05.2021
Philips, Marianne

Die Beichte einer Nacht


ausgezeichnet

Unbedingt lesen!!!
"Die Beichte einer Nacht" ist ein wahres Kleinod aus dem Jahre 1930. Schwamm drüber, dass es sich eigentlich um eine Beichte handelt, die sich über zwei Nächte zieht. Leentje ist Patientin in einer psychiatrischen Anstalt und erzählt der Nachtschwester ihr Leben - und wir sind, genau wie die Nachtschwester Zeugen dieses berührenden Berichtes. Einen Freispruch wird Leentje zwar nicht erhalten; gleichwohl verleiht der Erzählprozess dem eigenen Leben Wirklichkeit; die Selbstvergewisserung und Selbstdistanz im Erzählen ist fast schon ein therapeutischer Prozess. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen, mit Kinderträumen ausgestattet, die immer wieder einen Zusammenstoß mit der Realität erleiden; Leentje, eines von 10 Kindern, hat sich wegen der Kraftlosigkeit der Mutter um die Nachzüglerin Lientje zu kümmern. Mit großer Intensität lässt Marianne Philips ihre Protagonistin das Frauwerden schildern: "... und man merkt, dass man völlig anders geworden ist, dass man für etwas gemacht ist, und man sucht in alle Richtungen wofür genau." Leentje plagt im weiteren der Zweifel: "Niemand hat Schuld an meinem Leben, nur ich selber." Zur Frau geworden verlässt Leentje das Elternhaus, verdingt sich als Verkäuferin, um schließlich gut - aber nicht verliebt - einzuheiraten. Als die Mutter erkrankt, nimmt sie ihre kleine Schwester Lientje mit zu ihrem älteren Ehemann. Nach dem Scheitern der Beziehung kehrt sie mit ihrer Schwester zurück ins einfache Leben und verliebt sich in Hannes. Leentje verzweifelt zuehmend an ihrem Leben, hat das Gefühl, weder ihrer Schwester noch Hannes gerecht werden zu können. Das eigene Älterwerden neben ihrer jungen Schwester und die Eifersucht nagen an ihr. Leentje leidet an vermeintlich falsch getroffenen Lebensentscheidungen. Die Last der Wahl, so scheint es ihr, ist einem erst durch den Tod genommen: "Darum ist es vielleicht gut, dass wir sterben dürfen, ohne selber darüber zu entscheiden. Dabei zumindest haben wir keine Wahl, man stirbt nicht, man wird gestorben. So wie man geboren wird - ohne jedes Wissen oder Wollen."
Ein beeindruckendes Werk mit einem unerwarteten Ausgang, der sich aber dennoch in jeder dieser wunderbar geschriebenen Zeilen andeutet.

Bewertung vom 25.05.2021
Thiele, Markus

Die Wahrheit der Dinge


sehr gut

Ein wichtiges Buch!
Markus Thiele gelingt es in hervorragender Weise, gute Unterhaltung mit intellektueller Herausforderung zu verbinden und dabei noch brandaktuell zu sein. Zwar beruft er sich auf reale Justizfälle - Marianne Bachmeier, die während eines Gerichtsprozesses in den 80-ern den Mörder ihrer Tochter erschoss und der an rechter Gewalt gestorbene Angolaner in Eberswalde Anfang der 90-er - arbeitet sie aber gut und zeitaktuell um. "Die Wahrheit der Dinge ist die Summe der Unwahrheiten" - ein Gedanke, der sich durch die gesamte Geschichte zieht! Der renomierte Strafrichter Frank Petersen hadert mit sich, sind doch einige seiner Urteile vom BGH widerrufen worden. Ein altes Trauma lebt wieder auf: Corinna Meier, die den offensichtlich rechtsradikalen Mörder ihres Sohnes am letzten Gerichtstag im Verhandlungssaal erschossen hat, nachdem sie Jahre vorher bereits den Vater des Sohnes durch rechte Gewalt verloren hatte... Petersens Frau wirft ihm bezüglich seiner Urteile Voreingenommenheit und Selbstgerechtigkeit vor und trennt sich 'vorübergehend' von ihm. Und so geht es um weit mehr, als nur um ein Urteil; es geht um Politisches und Privates, es geht um Rassismus und Angst; es geht um existenzielle Fragen der Gerechtigkeit: Kann man alles richtig gemacht haben und trotzdem falsch liegen? Petersen macht sich auf die Suche nach der Wahrheit und kontaktiert Corinna Meier am Tag ihrer Entlassung um mehr zu erfahren, um die Geschichte hinter der Faktenlage zu ergründen; er weiß aber auch, dass er seiner Frau gegenüber das Eingeständnis seiner Fehlbarkeit machen muss, weil sonst die endgültige Trennung droht. Petersen beweist als Protagonist, wie man an inneren Konflikten wachsen kann. Und Markus Thiele fordert seine Leser:innen zum Mitdenken auf. Was will man mehr?

Bewertung vom 25.05.2021
Landsteiner, Anika

So wie du mich kennst


sehr gut

Quasi in einem Rutsch...
"So wie du mich kennst" von Anika Landsteiner hat mich von der ersten Seite an nicht mehr losgelassen, mich angerührt und bewegt. Mann könnte - nimmt man den Titel des Romans - sagen, dass es da noch viel Verborgenes und Unerzähltes in uns allen gibt, dass wir zwar glauben uns zu kennen, dass wir zwar viel miteinander reden, uns aber viel zu wenig über uns erzählen! Die Familie der Geschwister Karla und Marie lebt sehr dörflich und die beiden teilen ihre Kindheit, Jugend und ihre ersten Liebesabenteuer in dieser wohlgeordneten Welt. Marie verliebt sich in einen Amerikaner, folgt ihm in die USA. Karla verbleibt als Journalistin eines Provinzblattes in der Heimat. Marie verlässt ihren Mann und landet als Fotografin in New York - in der Stadt, die "einem nicht dabei half, sich zu finden - sondern vielmehr unter die Arme griff, wenn man sich verlieren wollte." Marie kommt durch einen Unfall ums Leben und ihre Schwester Karla reist nach New York, um die Wohnungsauflösung zu übernehmen, was aber eigentlich bedeutet, auf Spurensuche zu gehen. Dabei erlebt sie nicht nur die Weltstadt und ihre Menschen, sondern spürt auch eine bisher unerzählte Seite ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Marie auf; und selbstverständlich lernt Karla auch viel über sich selbst, das eigene Leben und findet am Ende einen neuen Zugang zu dem, was 'Familie' und Zusammenhalt bedeuten. Zwar sind die Protagonistinnen weiblich - gleichwohl eine Lese-Muss für Männer!! Gekonnte Sätze erzählen eine einfühlsame Geschichte; bei guter Regie unbedingt auch Stoff für eine Netflix-Serie!

Bewertung vom 22.05.2021
Bazyar, Shida

Drei Kameradinnen


ausgezeichnet

Außergewöhnlich...
Shida Bazyar hat in ihrem neuen Werk "Drei Kameradinnen" außergewöhnliches geleistet! Dem großen Lob der Literaturkritik kann ich mich da nur anschließen. Klar passt die Geschichte gut in unsere Zeit. Wir wissen, dass Rassismus gar nicht geht und auch, dass rechtsaußen eine hochgefährliche Hohlköpfigkeit lauert; wir wissen auch, dass Teenager zuweilen noch unausgereifte Weltbilder haben und sich die Radikalität der einen oder anderen Anschauung mit den Jahren wohl relativieren wird. Und zwischen den Geschlechtern läuft es auch nicht immer optimal. Aber Shida Bazyar gelingt es auf eine andere Art, uns (weißen und so viel wissenden und politisch korrekten) Leser:innen den Spiegel vor die Nase zu halten. Das Buch kommt zuweilen wie ein nettes Teenager-Geplaudere daher... und dann kommt sie ganz unvermittelt, diese sensible Beobachtung der Menschen und ihrer Beziehungen, die Beschreibung von Ansichten; die Fähigkeit Dialoge so zu Papier zu bringen, dass man das Gefühl hat, direkt danaben zu sitzen. Und dann die plötzlichen Zwischenstopps, in denen die Autorin sich direkt an die Leser:innen wendet, stellenweise erschreckend entlarvend, erwischt sie uns doch bei bestimmten Gedanken, von denen sie geahnt hat, dass wir sie an genau dieser Stelle denken. Ja, das Buch hat mich angesprochen und berührt, nicht nur, weil wir als Leser:innen auch zu Zeugen des Schreibprozesses werden, nicht nur wegen des Stilmittels der direkten Ansprache, sondern weil es auch die Spannbreite zwischen dem radikalen Rassismus von Rechtsaußen (während die Handlung sich zuspitzt läuft der NSU-Prozess) und dem stillen Rassismus in uns selbst - der als Subtext oft genug mitschwingt, ohne dass wir es bemerken - ausleuchtet. Und dann noch diese feinsinnige Ironie: "Seit es legitim war, als Mann in aller Öffentlichkeit nach Gummibärchen und Spice-Girl-Deo zu riechen, hatte ich den Eindruck, dass wir der Gleichheit der Geschlechter einen Schritt näher gekommen waren."
Eigentlich werden nur die wenigen Tage vor der Hochzeit einer Freundin beschrieben und am Ende brennt ein Haus und eine der drei Kameradinnen muss in den Knast... aber so ganz nebenbei bekommt man ein Psychogramm unserer aktuellen gesellschaftlichen Lage aus der Perspektive von Menschen 'mit Migrationshintergrund' an den Kopf geknallt. Unbedingte Leseempfehlung!!!

Bewertung vom 19.05.2021
Schaller, Katharina

Unterwasserflimmern


sehr gut

Intensität...
Zugegebenermaßen war ich als männlicher Leser zunächst skeptisch und dachte anfangs 'Mal wieder so eine weibliche Selbsterkundungsgeschichte' und musste direkt an 'Häutungen' von Verena Stefan aus dem Jahre 1975 denken... Ich muss aber gestehen, dass das Buch mich zunehmend wie ein Sog erfasst und mit seiner sprachlichen Intensität und Direktheit auch überzeugt hat. Manchmal legt das Leben ja einen Zwischenstopp ein - man verlässt eine irgendwie verfahrene Situation, begibt sich auf eine Reise, denkt nach und ist gleichzeitig in einer Phase des Übergangs gefangen, in der das Alte noch nicht vorbei ist und das Neue noch nicht begonnen hat; und mit der Rückkehr von der Selbstklärungsreise startet dann ein zarter Neubeginn. So in etwa könnte man beschreiben, was der Protagonistin aus 'Unterwasserflimmern' widerfährt: Das Konstrukt parallel zum eigenen Partner Emil, der sich langsam mit Hausbau und Kinderplanung auf einen verbindlichen Lebensweg festlegen möchte, den um einiges lebensälteren - wenn auch selbst verheirateten - Geliebten Leo zu haben zerbricht, als ihr Partner Emil ihr eine Affäre gesteht. Die Protagonistin bricht alle Brücken ab, reist ins südlich gelegene Nachbarland ans Meer, trifft dort auf andere Lebensmodelle und Menschen, denen sie neu begegnen kann; was zunächst wie eine Flucht vor einer Entscheidung anmutet, erfordert schließlich aber eine Entscheidung, da sie befürchtet schwanger zu sein, allerdings ohne zu wissen, wer denn nun der Vater ist. Wer auf der Suche nach sich selbst noch nicht ans Ziel gelangt ist (falls das überhauptmöglich ist...), mag sich nicht zwischen unterschiedlichen Daseinsmöglichkeiten entscheiden müssen, hält sich gerne alles offen... und die vermutete Schwangerschaft bahnt eine Entscheidung! Deshalb auch gegen Ende der Geschichte das Bild der Morgendämmerung - als Zeichen für einen Neubeginn! Und zum Titel des Buches: Die Sehnsucht, sich in den Weiten des Meeres aufzulösen, sich treiben und durchfluten zu lassen - gleichzeitig aber 'an Land' die Anforderung , die das Leben stellt auch anpacken zu müssen. Mit der Italienreise und dem Resultat, doch nicht schwanger zu sein, gelingt es der Protagonistin am Ende, ihr altes Leben für einen Neustart ins noch Ungewisse zu integrieren - anstatt es - im wahrsten Sinne des Wortes - abtreiben zu müssen.
Selbsterkundung? Ja! Aber mit welch großartiger Intensität und sprachlicher Wucht!!!

Bewertung vom 16.05.2021
Mack Jones, Stephen

Der gekaufte Tod


sehr gut

Ein Krimi, der es in sich hat...
Ein Krimi, der es in sich hat und in dem gleichzeitig viel steckt! Zum einen - wer weiß schon etwas über die soziale Situation in Mexicantown in Detroit? Zum anderen, wer ahnt schon etwas von der Unterwanderung der Banken durch die 'dunkle Seite der Macht'? Vor allem aber lebt der spannungsgeladene Detroit-Krimi von der Coolness seines Protagonisten, des in das Wohn-Viertel seiner Kindheit zurückgekehrten, ehemaligen Polizisten August Snow - wegen eines gewonnenen Prozesses gegen das korrupte Detroit Police Department nun ein reicher Mann. Sein Gerechtigkeitssinn läßt ihn nun wieder aktiv werden, auch ohne einen offiziellen Auftrag. Er entdeckt immer weiter reichende Verstrickungen und bemerkt irgendwann, dass auch er nur eine Figur in einem Spiel auf höherer Ebene ist. Snow ist schon eine ziemliche Heldenfigur, nicht nur, weil er mit ausgewählten Gefährten das eine oder andere blutige Gemetzel übersteht, sondern vor allem auch, weil er über ein ausgeprägtes soziales Gewissen verfügt und Menschen Gutes tut. Dass er ungesund lebt und auch viel trinkt zementiert seinen Heldenstatus zusätzlich! Einige Textbeispiele, die die Grundtonalität des Krimis gut wiedergeben:
"An einem trüben und kühlen Morgen, als ich gerade ein hartes drittes Set Deltamuskelübungen mit 70-Kilo-Gewichten im YMCA auf der Broadway Street absolvierte, beschloss ein kleiner dunkler Raum ganz hinten in meinem Gehirn plötzlich, die Jalousie hochzuziehen und blendendes Licht hereinzulassen." Man hätte da auch einfach schreiben können "Und plötzlich hatte ich eine Idee!"
Oder: "Die vier Stunden im Auto waren vier Stunden zu lang, daher fasste ich die Tempolimit-Schilder größtenteils als passiv-aggressive Empfehlungen auf." statt "Ohne Rücksicht auf die Geschwindigkeitsbegrenzung drückte ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch."
Also bitte lesen, sofern man auf gut geschriebene und spannende Unterhaltung steht!

Bewertung vom 14.05.2021
Dignös, Eva;Schnitzler, Katja

Das Faultier bewegt sich wie Opa


ausgezeichnet

Besser als jeder Ratgeber!!!
Da ist den beiden Autorinnen ein ganz großer Wurf gelungen: Sie haben einen wahnsinnig humorvollen Ratgeber für gestresste Eltern geschrieben, der eigentlich gar kein Ratgeber sein soll, aber - vielleicht gerade deshalb - hilft! Eigentlich geht es um nichts anderes als Kindersprüche, also um das, was Kinder schonmal so ganz direkt, nüchtern, naiv und weltklug 'raushauen'. In die gut sortierten Kapitel mit Kindersprüchen sind entspannte Erklärpassagen für die Eltern eingefügt. Und jedes Kapitel wird sehr nett und mittels humorvoller Umschreibungen des anstehenden Thamas eingeführt. Wenn es beispielsweise um die Kinderkrankheiten und das Kranksein der Kinder geht, werden die diese allerliebsten Wesen als 'Virenschleudern' bezeichnet und Krankheiten dieser Altersgruppe als 'Lernprogramme fürs Immunsystem' bezeichnet. Weitere Bespiele, die ein 'Gefühl' für diese Lektüre geben können: "Ich mag nur das Weiße vom Rührei." "Mein Lieblingsobst ist Salamie." "Möchtest du ein Kinderschnitzel haben? - Nein, ein Schweineschnitzel." Eine Fünfjährige zu ihrer Oma: " Mir gefällt nicht, wenn du Jeans anhast. Weil du dann unten jung aussiehst und oben alt. Das passt nicht zusammen." Die Frage eines Vierjährigen zu Papas Bartstoppeln: "Tut es weh, wenn man die reinmacht?" Die Sache mit dem Ordunghalten: "Ich kann nicht aufräumen. Ich habe Stress an den Händen."
Mein Fazit: Ein unbedingt empfehlenswertes Buch - wie geschaffen für die aktuelle Situation, wo Eltern gefordert sind Homeoffice und Homeschooling gleichzeitig zu managen, ohne dabei die Nerven zu verlieren: Humor ist da das wohl beste Zaubermittel!

Bewertung vom 11.05.2021
Prammer, Theresa

Lockvogel


sehr gut

Ein herrlicher Kriminalroman!!!
Theresa Prammer hat einen herrlichen Kriminalroman geschrieben! Hier meine Lobeshymne: Die Story kommt ohne Blutexzesse und Brutalität daher und hat zudem den Charakter eines Pageturners. Die Figuren sind allesamt lebensnah und glaubwürdig und doch auch ein wenig filmreif - schließlich will die Leserin / der Leser auch ein wenig aus ihrem / seinem eigenen Lebensalltag entschwinden können. Am Ende der Kapitel mit sehr angenehmer Länge gibt es immer wieder kleinere 'cliffhanger'. Die Sprache ist gewandt und der Text fließt. Zuweilen wird man die Lesenden bei einem kleinen Lächeln erwischen können. Die Handlung ist gut konstruiert; zwei 'Fälle' finden über die Hauptpersonen zusammen: da ist zum einen Antonia, die von ihrem Freund bestohlene Schauspielschülerin, zum anderen der etwas heruntergekommene Privatdetektiv Edgar Behm, der einen Todesfall in der Filmbranche aufklären soll. Antonia wird unentgeltlich Edgars Assistentin, dafür hilft dieser Antonia bei der Aufklärung des Diebstahls. Die Handlung nimmt an Tempo auf und spitzt sich zu bis zu einem regelrechten, Gott sei Dank nicht überzeichnetem Showdown mit Happy Ending!
Fazit: Beste Unterhaltung!!!

Bewertung vom 09.05.2021
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen


sehr gut

Ausgesprochen berührend!!!
Romina Casagrande hat einen sehr berührenden Roman geschrieben. Als Südtirolerin hat sie sich mit den Figuren Edna und Jacob der Geschichte der Schwabenkinder gewidmet, einem dunklen Kapitel der Geschichte: Der armutsbedingten Verschickung von Kindern aus südlichen Gefilden (v.a. den verarmten Bergdörfern) über die Berge hinweg, um auf den reichen Höfen Oberschwabens (hier Ravensburg) ihre Arbeitskraft zu opfern; Gewalt, sexuelle Nötigung und Missbrauch waren an der Tagesordnung. Auf einem Hof in Ravensburg haben sich die Kinder Edna und Jacob kennengelernt, sich 'die Welt versprochen' und die gemeinsame Flucht geplant, die dann allerdings nur Edna gelungen ist.
In der Gegenwartsebene des Romans erfährt die inzwischen hochaltrige Edna (immer noch das kleine gemeinsame Geheimnis von damals - den Papagei Emil - an ihrer Seite...) in einem Zeitungsartikel über einen Unfall in der Region Ravensburg, bei der auch Ihr alter Freund Jacob zu Schaden gekommen und zur Behandlung dort im Krankenhaus untergebracht ist. Sofort macht Edna sich mit iherem Papagei auf die Reise über die Berge - genau wie damals bei ihrer Verschickung - um Jacob wiederzusehen und sich ihm anzuvertrauen, ihm das zu berichten, was sie ihm damals nicht hatte mitteilen können. Natürlich gerät Edna auf ihrer Reise in einige Schwierigkeiten. Eine wahre 'Lebensreise' mit inspirierenden Begegnungen mit außergewöhnlichen Menschen; ein wahres Roadmovie im Spannungsfeld von Verzweiflung und Glück! Nach vielen Jahrzehnten will Edna etwas zuende bringen, eine Seelenlast klären und entdeckt schlussendlich einen Neubeginn für sich.
Ein Roman, der es schafft zu berühren, sich bis an den Rand des zu Anrührigen zu bewegen - und dabei doch eine große Geschichte zu bleiben!
Leseempfehlung!

Bewertung vom 03.05.2021
Merten, Michaela;Franckh, Pierre

Die 12 Glücksbringer


gut

Mutmacher!
Dieser Ratgeber macht wahrhaft Mut zum Glück! Er ist ein Plädoyer für ein empathisches Miteinander; Ausgangspunkt ist das Selbstmitgefühl als Basis der Selbstliebe, um sich dann voller Hingabe den anderen in Frieden und Liebe zuwenden zu können.
Ich als erklärter Kopfmensch musste zunächst mit mir kämpfen, ob ich mich auf die einzelnen Artikel der unterschiedlichen Autor*innen tatsächlich einlassen wolle, begegneten mir doch zuweilen Phrasen mit leicht esoterischer Note und schienen es doch hin und wieder auch Denkergebnisse wohlsituierter Menschen zu sein, die das Bedürfnis hatten, die Welt mit den Erkenntnissen ihrer Selbsterfahrung und dem Prozess ihrer Selbstfindung - insbesondere ausgelöst durch krisenhafte Lebensereignisse - zu beglücken. Habe den Ratgeber dann bis zur letzten Zeile gelesen und es auch nicht bereut... weil ja alles so bleiben würde, wie es ist, ließe ich nichts Neues an mich heran und in mich hinein!
Und ich habe einiges (über mich) erfahren:
Ich habe über den Zusammenhang von Würde / Respekt und Glück und über die Bedeutung von Kohärenz in meinem Leben nachgedacht. Ich habe erfahren, dass der Weg des Glücks von innen nach außen geht und das Glück auch als eine bewusste Entscheidung zu begreifen. Ich weiß nun, dass ich mich um mein Schattenkind kümmern, das Erwachsenen-Ich stärken und das Sonenkind in mir entdecken muss. Dass ich mich von einigen Glaubenssätzen lossagen soll, weil sie gar nicht mir sondern meinen Eltern gehören. Ich brauche ein Update (Soul-Update) meiner alten Muster, damit die neuen (Glücks-) Programme überhaupt laufen (... ich bin doch kein Digitalgerät!). Dass die Erfahrung uns lehrt, der Schmerz gehöre zum Glückserleben fest dazu (hat nicht Hermann Hesse Ähnliches geschrieben?). Darüberhinaus neugierig und staunend in der Welt sein - sich dabei immer wieder die Träume der Kindheit vergegenwärtigend. Auch war ich eingeladen, mich der Rehabilitierung des angeschlagenen Rufes der rosaroten Brille anzuschließen. Dass ich mehr von dem tun sollte, was mich glücklich macht, habe ich mir auch schon immer mal gedacht - zur eigentlichen Glückserfahrung hinzu kommen dann ja - was von den dauergestressten Erwachsenen ja oft vergessen wird - noch die Zeiten der Vorfreude und die Zeiten des Nachklangs. Glück ist also das Ergebnis von wahrer Selbstfürsorge. Wohl denen, deren Lebensumstände es erlauben, sich trotz einiger Luxussorgen so wunderbar entspannt um ihre Selbstfürsorge zu kümmern. Ich merke jetzt doch gerade, dass es in mir / in meinem Verstand noch ein wenig rebelliert. Vielleicht bin ich doch noch nicht bereit für mein Glück und muss noch an mir arbeiten (war das jetzt ein Glaubenssatz, von dem ich mich lösen sollte?)! Und da sage ich mir doch: Nur Mut!!!