Benutzer
Benutzername: 
Lunamonique
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 416 Bewertungen
Bewertung vom 13.10.2016
McKeon, Belinda

Zärtlich


weniger gut

Autorin Belinda McKeon veröffentlichte Essays, Reportagen und Theaterstücke. In „Zärtlich“ stehen die Emotionen der beiden Hauptfiguren im Focus.

Die 18jährige Studentin Catherine und den 20jährigen angehenden Fotograf James verbindet eine innige Freundschaft. Will James mehr? Als Catherine erfährt, dass James schwul ist, versucht sie ihren Schock zu überspielen. Warum fühlen sich beide so stark zu einander hingezogen?

Der Anfang der Geschichte spielt im Jahr 1997. Sprache und Zeit wollen nicht so richtig zueinander passen. Autorin Belinda McKeon scheint in Ausdruck und Erzählstil noch viele Jahrzehnte zurückzugehen. Catherine kommt sehr zurückhaltend rüber und kann z.B. mit der freien Art ihrer jüngeren Schwester nichts anfangen. Erst James bringt sie zum Auftauen, aber auch dann dauert es noch, bis sie sich traut, erste Liebeserfahrungen zu sammeln. Wie die Sprache fällt auch Catherine aus der Zeit. „Zärtlich“ wirkt über lange Strecken wie ein Endlostext, der dem Leser keine Atempause lässt. Die Kapiteleinteilung setzt erst spät ein. Auch dann bleibt noch das Gefühl, sich durch einen Kaugummitext zu bewegen. Der Gedanke kommt auf, das Lesen abzubrechen und das Buch endgültig aus der Hand zu legen. Unterhaltsam sind eher die männlichen Akteure der Geschichte wie James, Conor und Emmet. Sowohl Catherine als auch James sind eifersüchtig, wenn zu viel Nähe zu einem anderen entsteht. Was ist das zwischen ihnen, Freundschaft oder Liebe? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Anfangs wirkt alles geradlinig, bis sich James outet. Kann sich ein schwuler Mann in eine Frau verlieben? Der Widerspruch verwirrt. Beide benehmen sich als hegen sie für den anderen immer ernstere Gefühle. Das langsame Tempo, nebensächliche Ereignisse lassen keine Spannung aufkommen. „Zärtlich“ kommt nicht so richtig in Gang und pendelt sich irgendwann im Alltäglichen ein. Mehr Intensität hat das letzte Buchdrittel. Aufbau und Erzählstil verändern sich. Das Abgehackte, die Konzentration auf einzelne Sätze passt gut zur Wende in der Geschichte. Nicht alles ließ sich vorher erahnen. Gut gelungen ist der Schluss, wobei das Ende schon etwas abrupt eintritt.

Der Titel sagt alles und nichts aus. Fest steht, dass es emotionsgeladen zu gehen wird. Sehr gelungen ist der Schnitt im Papier mit dem Autorennamen. „Zärtlich“ bleibt hinter den Erwartungen zurück. Zu langatmig, zu ausufernd, zu wenig Ereignisse. Bei der Stange hält die Frage, wie es enden wird. Läuft alles auf eine Eskalation hinaus? Bei 447 Seiten Gesamtlänge ist Geduld gefragt.

Bewertung vom 08.10.2016
Brooks, Kevin

Was geschah um 16:08? / Travis Delaney Bd.1


gut

„Travis Delaney – Was geschah um 16:08?“ bildet den Auftakt zur Thrillerreihe von Kevin Brooks. Inzwischen sind „Wem kannst du trauen?“ und „Um Leben und Tod“ erschienen.

Die Privatdetektive Jack und Izzy Delaney sterben bei einem mysteriösen Autounfall. Ihr Sohn, der 13jährige Travis, bemerkt auf ihrer Beerdigung einen Fremden mit versteckter Kamera. Mit Hilfe der Assistentin seiner Eltern Courtney stellt Travis Recherchen an. An welchem Fall haben seine Eltern zuletzt gearbeitet, und warum sind sie nicht wie geplant direkt nach London gefahren? Immer mehr Ungereimtheiten tauchen auf. Travis und Courtney bringen sich mit ihren Nachforschungen in Gefahr.

Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus Sicht von Travis erzählt und beginnt mit der Beerdigung der Eltern. Bald wird klar, dass es sich um keinen normalen Autounfall gehandelt hat, sondern mehr dahinter steckt. Band 1 basiert auf dem Rätsel um den Tod von Jack und Izzy. In was sind sie hinein geraten, und warum mussten sie sterben? Travis‘ Schicksal berührt. Er wird nicht als Überheld dargestellt, der den Tod seiner Eltern rächen wird. Ihn beschäftigen zu Recht Fragen, die mit dem mysteriösen Tod der Eltern auftauchen. Neugierig, aber nicht unüberlegt, fängt er an, der Sache auf den Grund zu gehen und erhält Gott sei Dank Unterstützung von der schlauen Courtney. Nicht ganz nachvollziehbar sind Travis Schwierigkeiten, schnell die richtigen Schlüsse zu ziehen. Am Anfang ist ihm der Leser immer ein bisschen voraus, und das trübt Unterhaltungswert und Spannung. Hier fehlt es an etwas mehr Raffinesse. Mit dem verschwundenen Boxer kommt ein zweites Rätsel ins Spiel. Interessant sind Travis‘ Befragungen und die Atmosphäre im Boxclub. Es braucht keine Andeutungen, um zu wissen, dass etwas faul ist und die Erklärungen der Familie nur Ausreden sind. Das Offensichtliche bremst das Tempo aus. Sehr schade, bei vielen Szenen wurde Potential verschenkt. Originelle Charaktere sind Courtney, Evie, Mason und seine Freunde. Mit ihnen erhält der Thriller Pepp und Travis steht nicht, wie anfangs befürchtet, alleine da. Etwas unübersichtlich wird es mit den Erklärungen zu den Schwierigkeiten, in die eine Person geraten ist. Auch hier lässt sich nicht jede Wendung nachvollziehen. Klug gesetzt sind die kurzen Kapitel, die am Schluß Fragen offen lassen oder eine Atempause in brenzligen Momenten ermöglichen. Im letzten Buchdrittel ziehen Tempo und Spannung an. Was ist Wahrheit, was Lüge oder Schein? Hat Travis den richtigen Riecher? Ein bisschen wird der Leser an der Nase herumgeführt. Am Ende gibt es keinen packenden Cliffhanger, dafür aber einen kurzen Einblick in Band 2.

Titel und die effektvoll inszenierte Szene machen neugierig. Der schwarze Hintergrund und das feuerähnliche Licht hinter der Hauptfigur passen gut zum Thriller. Ein gelungenes Cover. Leider bleibt die Geschichte hinter den Erwartungen zurück. Der Unterhaltungswert pendelt sich im Durchschnitt ein. Aus der Idee hätte sich mehr machen lassen. So mancher Charakter bleibt jedoch im Gedächtnis.

Bewertung vom 12.09.2016
Fox, Candice

Eden / Eden Archer & Frank Bennett Bd.2


ausgezeichnet

„Eden“ ist nach „Hades“ der zweite Teil der Trilogie von Candice Fox. Frank Bennett und Eden Archer ermitteln auf gefährlichem Terrain.

Im Großraum Sydney sind drei Frauen verschwunden. Ihre einzige Verbindung ist die Farm von Jackie Rye. Jackie hat 80 Angestellte. Jeder auf der Farm könnte der gesuchte Serienmörder sein. Eden arbeitet unter dem Decknamen Eadie auf der Farm, um dem Täter auf die Spur zu kommen. Frank leitet das Überwachungsteam. Es dauert nicht lange und die Lage spitzt sich zu.

„Eden“ wird in drei verschiedenen Perspektiven erzählt. Einmal aus Sicht von Frank in der Ich-Perspektive. Frank ist seit dem Tod von Martina Alkohol- und tablettensüchtig. Hades und Eden setzen alles daran, damit er sich wieder in den Griff kriegt. Der Fall der vermissten Frauen ist seine Chance. Aus einem anderen Blickwinkel werden Edens Erlebnisse geschildert. Als verdeckte Ermittlerin auf der Farm geht sie ein hohes, unkalkulierbares Risiko ein. Frank und Eden sind Partner. Der eine profitiert vom anderen. Hades und Eden haben beide einen sehr speziellen Charakter. „So funktioniert Hades. Immer ist er allen anderen zehn Züge voraus, bewegt die Schachfiguren auf einem Spielbrett, von dessen Existenz du nichts geahnt hast, dabei stehst du selbst auf diesem Schachbrett.“ Eden ist eine Jägerin, die eigenmächtig Abschaum ausschaltet. Frank hat vor Vater und Tochter großen Respekt und wird, ohne sich dagegen wehren zu können, zu ihrem Spielball. In der dritten Perspektive geht es um ein Straßenkind, das dem falschen Menschen vertraut und in Gefahr gerät. Der Thriller trumpft mit ungewöhnlichen Facetten und fesselnden Handlungssträngen auf. Hades hat einen kniffeligen Auftrag für Frank. Wo liegen die Verbindungen zwischen den Ereignissen? Nur langsam wird deutlich, was es mit dem Straßenkind auf sich hat. Autorin Candice Fox hat einen kniffligen Plot gestrickt, der den Leser zeitweilig den Atem anhalten lässt. Überraschend lassen Tempo und Spannung zur Mitte des Buches hin nach. Es ist das Undurchsichtige, was weiterhin fesselnd. Wer hat Killerpotenzial, wer rastet jeden Moment aus? Der Leser wird in die Irre geführt bis zum Schluss die Bombe platzt. Mit der Wendung war nicht zu rechnen. Mehr als eine Wahrheit haut einen vom Hocker. Das Ende, das Zuspitzen gleich mehrerer Situationen ist grandios gemacht. Gänsehaut und Entsetzen, Spannung auf höchstem Niveau.

Der Vergleich von Top-Cop Eden mit einem Raubtier trifft es haargenau. Perfekt, dass sie in Band 2 im Mittelpunkt steht. Der Titel und die Szene geben einen Vorgeschmack auf den Inhalt. Durch die weiße und rote Schrift und das Düstere hat das Cover Anziehungskraft. Band 2 ist ein Thriller, der auch für sich alleine stehen kann. Vorkenntnisse aus Teil 1 sind nicht notwendig. Wer „Eden“ jedoch gelesen hat, wird automatisch zu dem Rest der Trilogie greifen und auch keine anderes Werk der Autorin mehr verpassen.

Bewertung vom 02.09.2016
Schnoy, Sebastian

Von Krösus lernen, wie man den Goldesel melkt


gut

„Von Krösus lernen, wie man den Goldesel melkt“ ist nach „Smörrebröd in Napoli - ein vergnüglicher Streifzug durch Europa“ und „Rampenfieber“ das neueste Werk von Kabarettist und Historiker Sebastian Schnoy.

„In Büchern hat man die Zeit, gründlich zu sein, und so sei gesagt, dass meine Oma durchaus ihren Grundsatz, nicht über Geld zu reden, brach, wenn sie hin und wieder rief: „Ich bin doch nicht Krösus!“ Autor Sebastian Schnoy nimmt die Welt des Geldes aufs Korn und spart nicht mit Weisheiten berühmter und nicht berühmter Menschen. Von der Ökowährung Kaurischnecken bis zur Aktie, so gut wie keine kluge oder dumme Erfindung in Sachen Zahlungsmittel und Anlagen bleibt auf der Strecke.

Den Einblick in die Welt der Armen und Reichen erzählt der Autor in der Ich-Perspektive. Mit seinem Nachbarn Dimitri kommt Humor auf. Zwar hat Dimitri stets wenig Geld zur Verfügung, dafür kann er auf Familie und Freunde zählen. Der Russe fungiert gut als Vorbild, an das Sebastian mit seinem Umfeld und Möglichkeiten nicht heranreicht. Warum setzen nicht alle auf Solidarität? Könnte man das Geld abschaffen und alles auf Tauschhandel zurückfahren? Ein witziger Fall ist die Frau aus dem Fitnessstudio, die jedes Thema sofort mit Geld in Verbindung bringt. Auch die Kapitelüberschriften von „Warum denken die Deutschen öfter ans Geld als an die Liebe?“ bis „Ohne Moos nix los“ sind teils unterhaltsam. „Ich bin weder Globalisierungsgegner noch Wirtschaftsenthusiast. Ich bin kein Kommunist und auch kein FDP-Wähler, weder konservativ noch grün oder Sozi. Aber wahrscheinlich von allem etwas. Das Besondere an meinem Leben als Autor und Künstler ist, dass ich ständig auf Reisen zwischen den gesellschaftlichen Schichten bin.“ Der Anfang des Buches ist vielversprechend. Leider verliert sich der Geschichtsjournalist dann sehr im Historischen, springt von einem Ereignis und Thema zum anderen. Es fällt oft schwer, ihm zu folgen und der Informationsüberfluss ist nicht leicht zu verdauen. So manches Wissen erstaunt. Gedankensprünge und Vergleiche lassen sich nicht immer nachvollziehen. Besonders schade, der Humor bleibt auf der Strecke. Lange Buchstrecken haben wenig Unterhaltungswert. Vieles Erzählte ist schon bekannt. Es fehlen die lustigen Anekdoten vom Anfang. Schmunzler bzw. Lacher lassen sich an einer Hand abzählen. Dafür gibt es hin und wieder Wachrüttelndes. Die Themen sind sehr umfangreich von der GEZ, über die Kirche bis Moskau Inkasso, Kredite und Steuer. Sehr interessant ist, was und wer hinter „The Giving Pledge“ steckt. Die Highlights bleiben rar und lernen, wie Krösus den Goldesel melkt, kann man nicht wirklich. „Wieso gehörte immer wenigen so viel und so vielen so wenig? Und warum ist das noch heute so? Und wird sich das jemals ändern?“ Nicht jede Frage lässt sich beantworten. Manchmal taucht der erhobene Zeigefinger auf. Überbevölkerung, Hungersnot, die Vermüllung der Meere. Michael Braungarts „cradle to cradle“ macht Hoffnung auf eine Lösung für die Menschheit und unseren Planeten. Das Ende wirkt etwas unrund. Der Ausklang mit einer kurzen, präzisen Zusammenfassung ist gelungen.

Eine Reise durch die Zeit. Das Cover verrät in seinen Details, worauf man sich mit diesem Buch einlässt. Der Titel führt ein bisschen in die Irre und verspricht viel Humor. Wer sich einen geschichtlichen Exkurs zum Thema „Geld“ wünscht, dessen Erwartungen werden vielleicht erfüllt. Alle anderen suchen nach den Rosinen und hätten sich mehr Kabarettist als Historiker gewünscht.

Bewertung vom 27.08.2016
Kasperski, Gabriela

Sicht Unsichtbar


sehr gut

„Sicht Unsichtbar“ ist nach „Die gefallene Schneekönigin“ und „Besondere Umstände“ Band 3 der Schnyder & Meier-Krimireihe. Ein Mordfall lässt die Gerüchteküche brodeln. Steht der Täter schon fest?

Felix Blauwyler setzt alles daran, sein Luxusresort-Projekt umzusetzen. Nur wenige bieten ihm noch die Stirn. Sein Verhandlungspartner wird ermordet aufgefunden. Blauwyler versucht, alles noch zum Guten zu wenden. Auf sein Team kann er sich verlassen. Nur die Schnüffelei des Commissario Werner Meier passt ihm so gar nicht.

Eine aussichtslose Situation und ein Alptraum. Mit den zwei verschiedenen Eindrücken des Grauens wird Spannung geschürt. Ein gelungener Start! Autorin Gabriela Kasperski punktet mit einem ganz eigenen Stil. Sie gibt viel Persönliches Ihrer Charaktere preis. Hindernisse müssen bewältigt und Missverständnisse ausgeräumt werden. Es ist das Realitätsnahe was diese Krimireihe so besonders macht. Die Vorstellung der vielen verschiedenen Charaktere wird sehr gut in die Story integriert. Es fällt leicht, sich in der Geschichte zurechtzufinden und den Überblick zu behalten. Band 3 ist ein eigenständiger Krimi und kann auch ohne Vorkenntnisse aus den ersten beiden Bänden gelesen werden. Zita Schnyder gerät durch eine Neuigkeit in eine Ausnahmesituation. Werner Meier muss einen Mordfall lösen. Beide haben mit unterschiedlichen Schwierigkeiten zu kämpfen und müssen sich erst wieder zusammenraufen. Wann kommt ein Geständnis auf den Tisch? Das interessiert sowohl privat als auch beim Kriminalfall. Überraschende Wendungen lassen alles plötzlich in einem anderen Licht erscheinen. Oder gibt es mehrere Täter? Undurchsichtige Figuren heizen die Spekulationen an. Beanies Haarfärbeaktion und Werners Rückenproblem sorgen für Schmunzelszenen. Manchmal ist das Tempo etwas langsam und die Spannung fehlt. Der Unterhaltungswert bleibt trotzdem hoch. Auf Zita, Werner und sein Team ist in der Hinsicht Verlass. Düstere Details verwirren und führen in die Irre. Nicht alles wird ausgespielt. Erst ganz zum Schluss nimmt die Geschichte Fahrt auf. Die Auflösung ist gelungen, zumal mindestens eine Wahrheit so nicht zu erwarten war.

Das Cover vermischt Idylle mit etwas Unausgesprochenem und Einsamkeit. Der Titel wirkt mysteriös und gibt Rätsel auf. Die Gestaltung setzt gekonnt auf Minimalismus. Das Cover passt mit seinen vagen Andeutungen zum Inhalt. Gerne hätte der Titel noch kreativer in Szene gesetzt werden können. „Sicht Unsichtbar“ erfüllt die Erwartungen und ist ein Krimi mit eigener Atmosphäre. Mehr Tempo, Spannung und packende Szenen hätten den Unterhaltungswert noch in die Höhe schneller lassen können.

Bewertung vom 21.08.2016
Thilo

König Laurin


ausgezeichnet

„THiLO“ ist der Künstlername von Kinderbuchautor Thilo Petry-Lassak. Sein neuestes Werk „König Laurin“ basiert auf dem Drehbuch von Matthias Lang.

König Dietrich hält seinen 16jährigen Sohn Theodor für einen Schwächling. Seit dem Tod seiner Mutter hat Theodor aufgehört zu wachsen. Dabei möchte er so gerne ein Ritter und Held werden, so wie es sich sein Vater wünscht. König Dietrich greift zu skurrilen Methoden, um aus Theodor einen Mann zu machen. Nichts funktioniert. Theodor meldet sich trotzdem zum Turnier an, um zu beweisen, dass sehr wohl ein Ritter in ihm steckt.

Theodors Geschichte wird mit Humor erzählt. Ein Königsohn im Folterkeller, was hat er da zu suchen? Die Auflösung ist schräg. Durch ein Missgeschick kommt es zu einer brenzligen Situation, die Theodor mit Klugheit meistert. So wird für den Leser schon am Anfang deutlich, was den Königssohn ausmacht. Die Mischung aus Ritter- und Fantasygeschichte bekommt durch Witz und originelle Ideen den besonderen Pfiff. Toll ist der Einfall mit den Zwergen und ihrer ungewöhnlichen Verbindung zu Pflanzen. Mit Zwergenkönig Laurin erhält Fantasy Einzug in die Geschichte. Es baut sich eine intensivere Atmosphäre auf. Laurin entwickelt sich schnell zu einer mitreißenden Hauptfigur. Theodor macht unfreiwillig Bekanntschaft mit dem verhassten Zwerg. Gut und Böse lassen sich gut unterscheiden. Es geht um Familie, Ehre, Stolz, Freundschaft und die Liebe. Theodors Widersacher kennen keine Grenzen. Sie schütten Hohn und Spott über den Jungen aus und schmieden finstere Pläne. Theodor muss sich beweisen. Kann aus ihm doch noch ein Held werden? Das Schicksal von Theodor, aber auch von Laurin und seinem Zwergenvolk berührt. Es fällt leicht, mit den Guten mit zu fiebern und zu hoffen, dass die Bösen am Ende verlieren. Die kurzen Kapitel sorgen für einen guten Lesefluss. Nicht besonders glücklich platziert sind die Filmfotos im Buch. Es ist besser, sie erst nach dem Ende der Geschichte anzuschauen, weil sie im Voraus viel zu viel verraten. Wer den Film nicht kennt, möchte das Abenteuer ohne solche Hinweise das erste Mal voll aufgeregter Spannung erleben. Als Buch funktioniert „König Laurin“ perfekt. Der eigenen Vorstellungskraft sind keine Grenzen gesetzt. Mit dem Turnier steigt die Spannung. Geht Theodor den falschen Weg? Wendungen sind passend platziert, das Ende ist gelungen. Im Nachwort lassen sich humorvolle Erklärungen finden. Ein rundum unterhaltsames Buch mit einer schönen und lehrreichen Botschaft.

Das Cover mit dem Focus auf die Hauptfiguren und der Filmszene zieht alle Blicke aufs Buch. Der Titel klingt abenteuerlich. „König Laurin“ ist für Kinder ab 8 Jahren gedacht und spricht Jungs wie Mädchen an. Ein Königssohn in der Außenseiterrolle, das ist mal etwas Neues. Eine Geschichte, die allen Mut macht, die anders sind.

Bewertung vom 16.08.2016
Szillat, Antje

Die Sache stinkt / Flätscher Bd.1


sehr gut

„Flätscher – Die Sache stinkt!“ bildet den Auftakt zu einer neuen Kinderbuchreihe von Antje Szillat. Das coolste Stinktier der Stadt Flätscher erzählt von seinem ersten Abenteuer.

In seiner Lieblingsmülltone des Restaurants „Wilder Elch“ gibt es heute keine Semmelknödel. Wie kann das sein? Flätscher ist entsetzt. Spitzenkoch Bode überrascht ihn im Hinterhof. Bode schafft es, die „Katze“ in einem Kartoffelsack zu fangen. Flätscher befreit sich mit einer großen Portion Stinktiergestank und flüchtet in das Hosenbein eines Jungen. Theo ist ausgerechnet der Sohn des Kochs.

Die Geschichte aus Sicht von Flätscher zu erzählen, ist eine gute Wahl. Flätscher hält sich für den Größten. Seine Coolness wirkt sich auch auf die Sprache aus. Logomanisch, stinkologisch, detektivischklaro, das Stinktier hat coole Ausdrücke auf Lager. Es macht Spaß, in Flätschers besonderes Leben einzutauchen. Er hat ein stilvolles, ungewöhnliches Zuhause und kann gleich nebenan in den Mülltonnen eines gehobenen Restaurants seinen Hunger stillen. Klar, dass Spitzenkoch Bode nicht begeistert ist, wenn sich ein Tier bei seinen Mülltonnen herumtreibt. Flätschers Abenteuer ist sehr realitätsnah erzählt. Es erinnert an den Film „Ratatouille“, in dem Wanderratte Rémy eine Hauptrolle spielt. Obwohl Stinktiere eher in Steppen, Halbwüsten und Buschland z.B. auf dem amerikanischen Kontinent anzutreffen sind, fällt es nicht schwer, sich Flätschers Leben in einem Hinterhof vorzustellen. Flätschers Traum von einer eigenen Hinterhof-Detektei klingt nach kurzem Kennenlernen gar nicht mehr schräg sondern völlig verständlich. Mit Mantel und Hut geht er als die tierische Version von Derrick mit Schimanksi-Einfluss durch. Witzig sind die Verwechslungen. Mal wird Flätscher für eine Ratte, Katze oder einen Marder gehalten. Klar, dass Flätscher die Sachlage am liebsten richtig stellen würde. Ihm bleibt nur nie die Gelegenheit. Beeindruckend ist die Gestaltung des Buches mit den vielen großflächigen, farbigen Zeichnungen. Illustrator Jan Birck beweist besonders bei der Hauptfigur sein unglaubliches Talent. Aber auch Spitzenkoch Bode und Kater Rrrasbo sind ihm super gelungen. Alle Charaktere wirken realitätsnah. Emotionen lassen sich herrlich treffend von Mimik und Körperhaltung ablesen. Flätschers Abenteuer wird durch die Zeichnungen aufgewertet. Der comicähnliche Stil überzeugt auf ganzer Linie. Durch die Illustrationen wirkt die Geschichte rund und hat Unterhaltungswert. Zum Schluss kommt Spannung auf. Der Ausklang ist gelungen. Tolle Zeichnungen bis zu den wirklich exzellent gelungenen Schlussbildern. Nur leider ist die Story zu kurz. Es hätte ruhig viel mehr Flätscher-Abenteuer sein können. Hier wurde einiges an Potential verschenkt.

Flätscher in Aktion. Die Cover-Illustration ist ein Hingucker. Fast schade, dass der „Mit Sticker-Lesezeichen-Aufkleber etwas von Flätscher verdeckt. Auch der Titel ist mit effektvollen Farben in Szene gesetzt. Ein großes Lob für die Gestaltung des gesamten Buches. „Flätscher – Die Sache stinkt!“ ist für Kinder ab 7 Jahren gedacht. Der Stinktier-Meisterdetektiv wird schnell männliche wie weibliche Fans finden. Beim nächsten Mal darf die Geschichte gerne noch origineller und länger sein.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.08.2016
Postert, Petra

Piratenschwestern


gut

Von Petra Postert stammen unter anderem die Kinderbücher „Traumfee Lula und der Flüsterzauber“ und „Traumfee Lula und die Zahnfee Margarete“. In „Piratenschwestern“ stellt eine Veränderung in der Familie vieles auf den Kopf.

Die 10jährige Franka hat sich schon immer eine Schwester gewünscht. Umso begeisterter ist sie, als ihre 15jährige Halbschwester Kim nicht mit ihrer Mutter Anne nach Paris zieht sondern neues Familienmitglied wird. Frankas Erwartungen an eine Schwester sind hoch. Kim ist nicht wie befürchtet eine Tussi sondern so cool wie eine Piratin. Als Teenager hat Kim jedoch ihren eigenen Kopf und liebt es, auf Achse zu sein.

Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus Sicht von Franka erzählt. Frankas Neugierde auf die Halbschwester ist groß. Auch ihre Eltern sind aufgeregt. Mutter will mit Kochkünsten punkten. Vater möchte am liebsten alles aus dem Leben von seiner Tochter Kim erfahren. Werden sich alle zusammenraufen? Das Thema „Patchwork-Familie“ ist stets aktuell. Das Zusammenwürfeln von zwei Familien erweist sich immer als Herausforderung. Autorin Petra Postert setzt auf Frankas naiv kindlichem Charme. Franka kommt sehr sympathisch rüber, und es macht Spaß mit ihr mitzufühlen. Auch Kim ist trotz ihrer Teenagermarotten ein netter Charakter. Sie interessiert sich für Franka und bindet sie sogar in Treffen mit Freunden ein. Die Geschichte um die beiden Schwestern ist sehr realitätsnah geschrieben. Alles könnte so passiert sein. Harmonie schwingt mit. Trotz kleinerer Vorfälle renkt sich alles gut ein. Der Titel hat hohe Erwartungen geschürt. So abenteuerlich ist „Piratenschwestern“ leider nicht. Die Story ist liebenswert, aber nicht besonders fesselnd. Dafür passiert einfach zu wenig. Im Großen und Ganzen geht es um das alltägliche Leben, Missverständnisse und geringe Schwierigkeiten. Das Rätsel, warum Kim verschwunden ist, wird nicht richtig ausgespielt. Es lässt sich erahnen, dass alles gut ausgehen wird. Die Auflösung ist keine packende Überraschung. Ein paar mehr originelle Einfälle und Wendungen hätten der Geschichte gut getan. Zumal das Buch für Kinder ab 10 Jahren gedacht ist. Ansprüche an ein Buch sind in dem Alter schon höher. Im letzten Buchdrittel kommt mit Frankas Erlebnissen etwas Fahrt auf. Aber auch hier hätte es gerne noch ungewöhnlicher sein können. Das Ende stellt zufrieden. Dem Ausklang fehlt es an Intensität.

Der Titel ist klug gewählt und hat Anziehungskraft. Die Darstellung der Hauptfiguren wirkt etwas altmodisch, passt aber zum Titel. „Piratenschwestern“ eignet sich gut für Mädchen, die gerne etwas zum Thema „Schwestern“ lesen möchten und kein fesselndes Abenteuer erwarten. Franka und Kim wachsen einem schnell an Herz. Es geht um Familie, ein bisschen um Liebe und Freundschaft.

Bewertung vom 11.08.2016
Wood, Monica

Bevor die Welt erwacht


gut

Nach „When we were the Kennedys“ ist „Bevor die Welt erwacht“ das neueste Werk der Autorin Monica Wood. Ein elfjähriger Junge stellt das Leben der 104jährigen Ona Vitkus auf den Kopf.

Ona Vitkus wurde ein elfjähriger Pfadfinder für die Hilfe in Haus und Garten zugeteilt. Bald entwickelt sich eine innige Freundschaft. Für ein Schulprojekt nimmt der Junge Onas Lebensgeschichte auf Band auf. Verrückt nach Weltrekorden überredet Onas neuer kleiner Freund sie, gleich zwei Herausforderungen anzunehmen, und es ins Guinnessbuch der Rekorde zu schaffen.

Als Einleitung in die Geschichte dient die erste Bandaufnahme. Der Junge bleibt im Hintergrund und mischt sich mit keinem Wort sondern nur, wenn nötig, mit Handzeichen ein. Handlungswechsel, Quinn vertritt seinen Sohn bei Ona. Was ist geschehen? Die Freundschaft zwischen der 104jährigen und dem elfjährigen Einzelgänger mit den schrägen Gewohnheiten berührt. Durch die Bandaufnahmen erfährt der Leser etwas über die Treffen, innige Verbindung der beiden und viel über Onas Leben. Ona erzählt ihrem kleinen Freund mehr, als sie jedem anderen anvertraut hat. Warum wird der Junge nicht beim Namen genannt? Dieser Schachzug der Autorin bleibt rätselhaft. Bei seiner Familie und seinem näheren Umfeld hat der Junge Eindruck hinterlassen. Vater Quinn kam mit dem besonderen Verhalten seines Sohnes nicht klar. Das ständige Zählen, umfangreiche Wissen über Weltrekorde. Warum hatte eine alte Dame eine innigere Beziehung zum Sohn als der Vater? Die Geschichte wirft Fragen auf und versucht sie zu beantworten. Es geht um Trauer, Abschied, Verlust, Freundschaft, Familie und Liebe. Verlorene Zeit lässt sich nicht zurückholen. Der Junge hat bei Ona einen besonderen Lebensfunken ausgelöst. Plötzlich gibt es wieder Herausforderungen und Ziele. Onas Ehrgeiz ist geweckt. Kann sie die Erwartungen des Jungen erfüllen? Jeder, der dieses Buch liest, hätte diesen besonderen Jungen wohl gerne kennenlernen wollen. Der Junge ist ein Außenseiter ohne Freunde. Das Buch lehrt, dass jeder Mensch etwas Besonderes ist. Jemand, der sich aus der Masse abhebt und am Rand steht, kann trotzdem sehr liebenswert sein. Leider entwickelt die Geschichte nicht die erwartete Intensität. Das liegt auch daran, dass der Junge viel zu früh von der Bühne abtritt und nur noch in Erzählungen auftaucht. Die Emotionen der Eltern lassen sich nachempfinden. Quinn hat Belle zu oft enttäuscht. Später rückt er immer mehr in den Vordergrund. Unterhaltungswert hat die sture und eigensinnige Ona. Innerlich ist sie viel jünger. Interessant sind die Weltrekorde, die für Auflockerung sorgen. Das traurige Schicksal des Jungen lässt nicht viel Humor zu. Jeder der Akteure hat mit dem Verlust zu kämpfen. Auf der einen Seite ist der Aufbau der Geschichte gelungen, auf der anderen Seite schwappen die Emotionen nicht so stark auf den Leser über. Bis auf ein Geheimnis fehlt es an Überraschungen. Mehr Atmosphäre hat das letzte Drittel des Buches. Auch der Ausklang ist sehr gelungen.

Das Cover mit dem kreativen Fokus auf den Jungen, dem roten Hintergrund und zur Geschichte passenden Details hat Anziehungskraft. Eindruck hinterlässt auch der Titel. Autorin Monica hat zu sehr den Schwerpunkt auf den Aufbau der Geschichte gelegt und dabei ein paar Feinheiten vernachlässigt. Zwar kann „Bevor die Welt erwacht“ die Erwartungen nicht ganz erfüllen, es bleibt ein Buch, dem eine Chance gegeben werden darf. „Plötzlich war sie stolz auf ihr unbedeutendes Leben, diese eintönige Halskette aus Kunstperlen, zwischen denen gelegentlich eine echte aufblitzte. Der Junge wandte seinen Blick nicht von ihr ab, als wäre sie eine Preisfärse, und so fühlte sie sich auch: rund und gesund, sauber und gut gebürstet, eine todsichere Gewinnerin.“

Bewertung vom 31.07.2016
Aichner, Bernhard

Interview mit einem Mörder / Max Broll Krimi Bd.4


ausgezeichnet

„Interview mit einem Mörder“ ist nach „Die Schöne und der Tod“, „Für immer tot“ und „Leichenspiele“ Band 4 der Max Broll-Krimireihe von Bernhard Aichner. Max Leben gerät von einer zur anderen Minute aus den Fugen.

Totengräber, Trinker und Träumer Max Broll soll an der offiziellen Eröffnung vom Würstelstand teilnehmen. Nachbar und Freund Baroni, ein ehemaliger Fußballstar, versucht mit dem Würstelstand einen Neustart. Pfarrer Akofa will sein selbstangebautes Gras feiern und überredet Max zum Kiffen. Nicht einfach den beiden wieder einen klaren Kopf zu machen. Baroni lässt nicht locker. Der Würstelstand-Eröffnung steht nichts mehr im Weg. Dann passiert bei den Feierlichkeiten das Unfassbare.

Der Krimi beginnt schräg und humorvoll. Totengräber Max wohnt in perfekter Friedhofslage mit einem besonderen Luxus. Deutlich wird die dicke Freundschaft zwischen Max und Baroni. Die beiden können sich aufeinander verlassen, helfen sich durch dick und dünn. Ein afrikanischer Pfarrer, der zum Selbstgebrauch Gras anbaut. Eine urige Type! Der Leser wird von der Idylle eingelullt. Ein Paukenschlag verändert alles. Nicht nur Max ist fassungslos. Worin liegt das Motiv für den Mordanschlag? Wer ist der Täter? Baroni hat keine Altlasten. Max kennt ihn gut genug oder lauert da doch etwas aus der Vergangenheit? In diesem Krimi ist nichts vorhersehbar. Es bleibt nicht bei dem einen Paukenschlag. Max wird zum Spielball des Gegners und ist ihm weit unterlegen. Geschickt werden die Fäden gezogen. Oder ist alles nur Zufall? Nichts ist sicher. Es kann alles passieren. Bildet Max sich alles nur ein oder verbirgt sich hinter einer harmlosen Fassade der Schrecken? Autor Bernhard Aichner wendet eine Zeit lang eine Verwirrungstaktik an. Jeder Schachzug ist gut durchdacht. Einzig die Frage kommt auf, warum niemals ein Ausstehender etwas von den Ereignissen mitbekommt. Jeder Charakter besticht mit besonderen Eigenarten. Niemand der nicht im Gedächtnis bleibt. Bei den Berufen und manchen Details blitzt Humor durch. Kurze Kapitel ermöglichen einen guten Lesefluss und halten das Tempo hoch. Mit einer neuen Kulisse steigt die Spannung. Eine andere Strategie sorgt für Schrecken. Nicht nur Max wird in das Spiel hinein gezogen. „Interview mit einem Mörder“ überzeugt mit viel Raffinesse. Gleich mehrere Ereignisse sorgen für Fassungslosigkeit. Wie lässt sich das Blatt noch wenden? Auf der einen Seite Hilflosigkeit auf der anderen kaltblütige Berechnung. Geht es um Aufmerksamkeit oder um Rache? Kommt am Ende die große Überraschung, die alles toppt? In einem Wettrennen um Leben und Tod spielt der Gegner mit gezinkten Karten. Auch wenn sich ein paar Dinge erahnen lassen, der Showdown erfüllt die Erwartungen. Eine humorige Szene zum Schluss schließt den Kreis. Sehr gelungen!

Im Nachhinein passt das Cover nicht ganz so gut zum Inhalt. Das Bedrohliche fängt es trotzdem gut ein. Effektvoll platziert ist der Titel. „Interview mit einem Mörder“ überzeugt mit einer originellen Idee und fesselnd konstruierten Geschichte. Das Buch entwickelt sich schnell zum Pageturner. Es muss in einem Krimi nicht immer blutig zu gehen, das beweist Bernhard Aichner. Band 4 macht Lust auf weitere Krimis des Autors.