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smartie11
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Insgesamt 920 Bewertungen
Bewertung vom 01.10.2020
Till, Jochen

Memento Monstrum (Bd. 1)


ausgezeichnet

Zauberhaft, urkomisch, unendlich fantasievoll und mit fantastischen Illustrationen

„Irgendwie steckt in jedem von uns ein kleines Monstrum, oder?“ (S. 192)

Unsere Meinung:
„Graf Dracula“ kennt wohl jedes Kind! Viel ist über ihn geschrieben und gedreht worden, meist blutig, grausam und gruselig. Doch Jochen Till (Text) und Wiebke Rauers (Illustrationen) zeigen uns in diesem Buch nun, wie Vlad Dracula wirklich ist: ein von fast allen Menschen falsch verstandener und absolut liebenswerter Kosmopolit und Familienmensch! Als die Damen der Dracula-Familie sich übers Wochenende in den Wellness-Kurzurlaub verabschieden, bleibt es an Opa Dracula hängen, sich um seine drei Enkelkinder Globinchen, Vira und Rhesus zu kümmern. Und was macht man als Großelternteil da am besten? Richtig, man erzählt spannende Geschichten aus dem eigenen Leben…

So führt uns dieses Buch von Paris nach London und zurück, bietet Wüsten- und Urwald-Abenteuer und dazu noch eine absolut erstaunliche Musik-Geschichte. Hier erfahren wir durch Vlads Lebensgeschichte zum Beispiel, dass auch mutierte Fische ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben haben, dass Riesenspinnen etwas dagegen haben, einfach geduzt zu werden, und das es - für einen einzigen Abend - einen gänzlich unbekannten Beatle am Schlagzeug gab! Wir lernen hier eine Mumie kennen, die gar keine war, eine Yeti, die der Schwerkraft zu trotzen scheint, und erkennen das wahre Ich von Abraham van Helsing!

Wiebke Rauers und Jochen Till haben sich hier wirklich selbst und gegenseitig übertroffen! Rauers zahlreiche, teilweise sogar doppelseitige Illustrationen machen auf mich einen schön künstlerischen Eindruck und erinnern mich teilweise an die Werke der ganz großen Comiczeichner, wie etwa Régis Loisel oder von der Intensität der Bilder auch an Jacques de Loustal. So blättert man gespannt die Seiten um und entdeckt immer wieder neue Kunstwerke, die zum Betrachten und darin Versinken einladen. Ein wahrlich fantastisches Artwork!

Jochen Till ist es gelungen, zu Rauers´ Buchidee und Bildern eine ganz wunderbare, absolut fesselnde und immer wieder überraschende Geschichte zu schreiben. Während des Lesens kam es mir so vor, als würden wir selbst neben Globinchen, Vira und Rhesus sitzen und den Worten Vlads lauschen! Immer wieder sorgt Jochen Till dabei für staunende Augen und mit humorvollen Wortspielereien (PrimaFallerina, die Beagles,…) oder skurrilen, manchmal schon Slapstick-artigen Situationen für ordentlich Lachmuskeltraining. Bis zur allerletzten Seite nahm uns dieses Buch gänzlich gefangen und zum Schluss duften wir Zeugen davon werden, wie Dracula die größte Überraschung seiner 589 Lebensjahre erlebt! Gerne hätten wir noch viel Mehr Geschichten aus Vlads langem Leben gehört!

Am Ende ist dies aber auch eine Geschichte gegen Vorurteile (gleich welcher Art!) und ein unaufdringliches Plädoyer für Mut und Freundschaft, das ganz nebenbei die Botschaft transportiert, dass Du du selbst sein und Deinen Traum leben sollst, ganz egal, was andere dazu sagen!

FAZIT:
Bei diesem Buch war es „Liebe auf den ersten Blick“ – und es wird seinen Ehrenplatz im Bücherregal erhalten. Ein ganz besonderes, absolut wunderbares Buch - Danke!

Bewertung vom 25.09.2020
Sutherland, Tui T.

Wings of Fire 1


gut

Der Beginn eines großen Drachen-Abenteuers – mit leichten Anlaufschwächen

“Fünf Eier, geschlüpft in der hellsten Nacht,
fünf Drachlinge, geboren zu enden die Schlacht.“ (S. 17)

Meine Meinung:
Die US-Bestseller-Autorin Tui T. Sutherland ist Mitglied des Autorenteams Erin Hunter („Warrior Cats“). Ihre in den USA sehr erfolgreiche „Wings of Fire“-Serie erschien bereits in 2015 / 2016 teilweise im Loewe Verlag (wurde dort aber nicht beendet) und wurde nun im Adrian Verlag (u.a. „Dog Man“ und „Captain Underpanties“) mit dem Original-US-Artwork neu aufgelegt.

Das Buch beginnt mit einer Karte des phantastischen Reiches Pyrrhia, einer mehrseitigen Vorstellung der sieben Drachengattungen und zur perfekten Einstimmung mit der „Prophezeiung der Drachen“. Ein wirklich vielversprechender Start, obgleich mir persönlich das Artwork der Loewe-Ausgaben besser gefallen hat. Schnell hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass sich die Autorin selbst noch nicht ganz sicher ist, was für ein Buch sie schreiben möchte und an welche Zielgruppe es sich richten soll. Die fünf Drachlinge, die von ihren drei Erziehern (wie sie im Buch benannt werden) mehr gedrillt als liebevoll großgezogen werden, machten auf mich zunächst einen sehr kindischen Eindruck und auch der Schreibstil las sich stellenweise eher wie in einem Kinderbuch. Worte wie „Grmpf“ (S. 32), „Ups“ (S. 47), „Waaaaaah!“ (S. 49) und „Aaaaaargh!“ (50) finde ich für ein Buch, das sich selbst ernst nehmen möchte, irgendwie nicht wirklich passend. Nun ja, dachte ich mir, ist halt eher ein Buch für die jüngeren Kids. Doch dann beißt ein Drache mal eben einem Zweibeiner den Kopf ab: „dann spuckte sie den Kopf wieder aus. Er rollte durch das Gras, während der Körper, aus dessen Hals Blut spritzte, langsam umkippte.“ (S. 123) – Nee, das ist wirklich nichts für junge Kids, was sich auch im Folgenden wiederholte („Dann tropfte eine Seite seines Gesichts langsam nach unten, wie schmelzendes Eis.“ (S. 200). Inzwischen wurde die Altersangabe von 10 auf 12 Jahre hochgesetzt, was ich für passend halte (dann wiederum passt aber nicht das kindische Geplänkel vom Anfang).

Im rd. ersten Drittel konnte mich das Buch somit ganz und gar nicht begeistern – bis hier hätte ich maximal 2 Sterne vergeben. Doch dann nahm die Geschichte endlich an Fahrt auf, wurde spannender und von der Erzählweise in sich konsistenter – Tui Sutherland schien endlich ihren „Weg“ gefunden zu haben. Gegen Ende dieses Buches hatte ich mich dann endlich in die Geschichte hineingelesen, auch wenn mir Manches noch immer nicht so zusagt, wie z.B. Clays manchmal nervig über-naive Art oder auch das andauernde Gefühl, dass ich Scarlet, die böse Königin der Himmelsflügler, als echte Antagonistin nicht wirklich ernst nehmen konnte.

Am Ende hatte ich dann aber doch das Gefühl, dass sich diese Serie trotz einiger Startschwierigkeiten zu einer echt guten Leseunterhaltung entwickeln könnte – worauf ja auch die 13 (!) Original-Bände hindeuten. So vergebe ich hier gut gemeinte drei Sterne mit einem erwartungsvollen Ausblick.

FAZIT:
Eine spannende Grundidee, aber ein noch holpriger Start. Die Reihe hat echtes Potenzial, aktuell ist aber noch ordentlich Luft nach oben vorhanden.

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Bewertung vom 22.09.2020
Sigurdardottir, Lilja

Das Netz / Island-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Ein (fast) unblutiger, aber packender Island-Krimi

„Wenn Sie Macht haben wollen, brauchen Sie Sicht nach oben.“ (S. 313)

Meine Meinung:
In den Nachwehen des großen Bankencrashs hat sich das Leben vieler Isländer stark verändert, Verunsicherung, Selbstzweifel und Zukunftsängste prägen das Land. Auch Sonja Gunnarsdottir steht 2010 nach der Trennung von ihrem Ex Adam vor dem finanziellen Ruin und hat das Sorgerecht für ihren gemeinsamen Sohn Tomas (9) verloren. Aus der Not geboren ist sie in das Netz einer Drogenschmuggler-Bande geraten und spielt für diese nun den Kurier – doch die Aufträge, die man ihr unerbittlich vorschreibt, werden immer größer und gefährlicher…
Es ist eine ungewöhnliche Story für einen Krimi, so ganz ohne Mord & Totschlag, doch schon nach wenigen Seiten hat die Geschichte um Sonjas Schicksal mich in ihren Bann gezogen. Es ist unglaublich spannend zu lesen, wie sie immer mehr zum Spielball von Mächten wird, die sie selbst in keiner Weise mehr einschätzen oder gar beeinflussen kann. Obgleich Sonja als Drogenkurierin eindeutig eine Kriminelle ist, gelingt es Lilja Sigurdardottir doch scheinbar mühelos, dass Sonja mir von Beginn an zutiefst sympathisch ist. Mit jedem neuen Auftrag, mit jedem neuen Streit mit ihrem Ex um die Besuchszeiten mit dem kleinen Tomas, habe ich mehr und mehr mit Sonja mitgelitten und ihr die Daumen gedrückt, dass sie es aus diesem brandgefährlichen Netz wieder herausschafft.
Neben den typischen und sehr passend gezeichneten Antagonisten, allen voran der widerliche Schlägertyp Rikhardur Runarsson, hat sich die Autorin noch einen weiteren „Gegenspieler“ für ihre Protagonistin erdacht, den kurz vor der Pensionierung stehenden Zollbeamten Bragi Smith, dem sein Beruf eine wahre Berufung zu sein scheint und der sich liebe- und absolut hingebungsvoll um seine demente Frau Valdis kümmert. Auch wenn Bragi damit die komplett konträre Position zu Sonja einnimmt, war er mir doch genauso grundsympathisch wie Sonja selbst – geschickt gemacht, Frau Sigurdardottir!
Wie schon geschrieben, entwickelt diese Story sehr schnell einen Sog, der mich nicht mehr aus seinem Bann gelassen hat. Nach rund 300 Seiten holt die Autorin dann zum ganz großen Schlag aus, den ich in keiner Weise habe kommen sehen und der den Plot ordentlich „durcheinanderschüttelt“. Und keine 30 Seiten weiter gelingt ihr dieser Geniestreich gleich ein zweites Mal! Das ist wirklich sehr, sehr geschickt gemacht!
Nun aber noch zum einzigen Wehrmutstropfen, den ich hier zu bemängeln habe: das Ende! Ja, es setzt dieser Geschichte einen gewissen „Endpunkt“, aber auserzählt ist sie noch lange nicht und auch die Schicksale von Bragi und Sonjas Ex-Geliebter Agla, die von der Staatsanwaltschaft wegen Marktmissbrauchs angeklagt wird, bleiben offen. Erst hier ist mir klar geworden, dass es sich bei diesem Buch um den ersten Teil einer Trilogie handelt – und ich war doch etwas enttäuscht. Der im Oktober 2020 erscheinende Folgeband „Die Schlinge“ wird – laut Leseprobe - nahezu nahtlos an die Ereignisse anschießen… Ich bin gespannt!

Fazit:
Ein untypischer, aber dennoch wahrlich fesselnder Beginn einer sehr vielversprechenden Island-Trilogie. Sehr gut geschrieben und entwickelt!

Bewertung vom 18.09.2020
Taylor, Laini

Das Erwachen der Träumerin / Strange the Dreamer Bd.4


ausgezeichnet

Die Legende von Amezrou - ein packendes Finale für diese meisterhafte Reihe

„Portale im Himmel, wegschmelzende Armeen, graue Kinder, jede Menge Blut. Das konnte man wahrhaftig als verflixte Hölle bezeichnen.“

„Wünsche erfüllen sich nicht einfach. Sie sind nur die Zielscheibe, die man um seine Zukunftspläne malt. Ins Schwarze treffen musst du schon selbst.“

Meine Meinung:
„Das Erwachen der Träumerin“ ist der finale Band der in der deutschen Auflage vierbändigen Reihe der US-Bestsellerautorin Laini Taylor. Diesen zu lesen, ohne die Vorgängerbände zu kennen, macht m. E. keinen Sinn, denn die Geschichte schließt sich nahtlos an die Ereignisse des dritten Bandes an (kein Wunder, da es im Original ja auch ein Band ist). Ich war sofort wieder „mittendrin“ in dieser phantastischen Welt. Wahnsinnig schnell nimmt die Geschichte diesmal an Fahrt auf und es wird unglaublich spannend, da Laini Taylor endlich ihre beiden Handlungsstränge auf eine für mich sehr überraschende Weise zusammenführt. So hatte ich bereits zur Hälfte dieses Buches das Gefühl, mich mitten im großen Finale zu befinden und habe atemlos die Seiten verschlungen. Unnachgiebig wie Sturmflutwellen brandet die Spannung immer wieder zu neuen Höhepunkten, stellt die liebgewonnenen Charaktere um den „Märchenbibliothekar“ Laszlo und die „körperlose“ Sarai immer wieder vor neue Aufgaben und Herausforderungen und beschert uns als Lesern mehr als einmal dramatische Szenen und echte Gänsehautmomente. Es ist schon unglaublich, wie gekonnt und scheinbar mühelos die Autorin mit dem Schicksal spielt, dass sie ihren Figuren auf den Leib geschrieben hat, mit ihren Stärken und Schwächen arbeitet und uns als Leser dabei ein ums andere Mal überrascht. So spannt dieser finale Band einen großen Bogen über die vorangegangenen drei Bände und schließt den Kreis, erzählt eine großartige Geschichte in allen ihren phantastischen Facetten zu Ende und lässt dabei keine wesentlichen Fragen offen. Am Ende merkt man dieser kompletten Reihe wirklich an, dass sie von der ersten bis zur letzten Seite vollkommen durchdacht und perfekt choreografiert ist. Ein wunderbarer Effekt, den man bei den modernen Reihen von heute leider immer seltener verspürt.

Diese Reihe ist für mich eines der absoluten Highlights der letzten Jahre und ich bin heilfroh, dass Laini Taylor ihre Geschichte zu einem absolut stimmigen und runden Ende gebracht hat (obgleich sie ja mehrfach betont, dass es noch viel mehr zu erzählen gäbe…) und uns Fans nicht mit lauter offenen Enden nach einer Fortsetzung dürsten lässt (schöne Grüße an George R.R. Martin und Patrick Rothfus!). Wer Phantastik und High Fantasy abseits der ausgetretenen „Zauberer, Elfen & Drachen“-Pfade mag, gerne auch mit einer zauberhaften Liebesgeschichte kombiniert, der kommt an dieser Reihe einfach nicht vorbei!

FAZIT:
Diese wunderbar er- und durchdachte Reihe ist fesselnde Phantastik pur, die in diesem Band ein perfektes Ende findet. Lesen – UN-BE-DINGT!

Bewertung vom 16.09.2020
Till, Jochen

Ein Geschenk der Hölle / Luzifer junior Bd.8


ausgezeichnet

Höllisch spannend und teuflisch gut – einer der besten Bände dieser genialen Reihe!

Unsere Meinung:
„Ein Geschenk der Hölle“ ist bereits der achte Band von Jochen Till um Luzifer Junior, den Sohn des Fürsts der Finsternis, der von seinem cholerischen Dad auf die Erde geschickt wurde, um dort zu lernen, wie man so richtig böse wird. Auch wenn dieser Band für uns einer der Besten dieser genialen Reihe ist, raten wir jedem: fangt bei Band 1 an und lest alle Bücher der Reihe nach – Ihr werdet es nicht bereuen!

Kommen wir nun aber zu Band 8: Luzies „erster“ Geburtstag auf Erden naht und während „The Beast“ himself im Geschenke-(Einpack-)Stress ist und Aaron & Co. im Party-Vorbereitungsfieber sind, schiebt Luzie selbst einen deftigen Geburtstagsblues. Doch dann schreckt ein Höllenlärm die Unterwelt auf und kündigt einen drohenden Putsch an. Ausgerechnet an Luzifers Geburtstag müssen die Freunde also aufbrechen, um den Teufel aus den Klauen von Luzies durchgeknalltem Onkel Azrael zu retten…

Mann, Mann, Mann… mit diesem Band hat sich das kreative Höllen-Genie Jochen Till absolut selbst übertroffen, denn hier lauert Spannung pur zwischen den Buchdeckeln! Den Begriff „Pageturner“ liest man ja meistens nur in Zusammenhang mit harten Thrillern, aber DIESES BUCH hat sich dieses Prädikat genauso verdient! Nicht nur meine Jungs (9 & 12) wollten die Geschichte am liebsten in einem Rutsch durchlesen – mir ging es ganz genauso! Vom weiteren Plot kann ich nicht wirklich viel verraten, ohne zu spoilern. Nur so viel sei schon gesagt: Jochen Till überrascht und schockiert (wirklich!) seine Leser hier mehr als einmal, und das nach allen Regeln der Kunst! Bis zu den letzten Seiten lässt er uns hier zittern und serviert uns dann ein Finale, das einfach nur höllisch gut ist!

Bei aller Spannung liefert Jochen Till hier aber einmal mehr jede Menge Gags und Spitzen ab – wie wir es von dieser Reihe halt gewohnt sind und wie wir es lieben! Sei es, dass der Teufel noch an den Weihnachtsmann glaubt („DIESER SCHMAROTZER!“), dass man fiesen Höllen-Damönen auch mit alten Pfadfindertricks beikommen kann oder natürlich auch der „Miefige Unterhosen“-Running Gag. In diesem Buch haben wir ein ständiges Hin- und Her zwischen Lachanfällen und schockiertem Staunen erlebt – eine wahre Achterbahn der Gefühle!

Einmal mehr war der kleine Hausdämon Cornibus unser großer Held. Dieses (meist, aber nicht immer) possierliche Fellwesen sorgt allein mit seinen kreativen Wortverdrehern immer wieder für herzhafte Lacher (ich sage nur: Häppi Börpsdee, Plopcorn und Schlotzolade!). Natürlich ist das Buch auch wieder mit zahlreichen, gewohnt coolen und witzigen Illustrationen von Raimund Frey versehen, was dem Buch bei unserer Bewertung noch einen Extra-Stern verleihen würde, wenn wir nicht eh schon 5 Sterne vergeben hätten… ;-)

FAZIT:
Mal wieder höllisch gut: Jochen Till foltert die Lachmuskeln und die Nerven bis zum Äußersten!

Bewertung vom 14.09.2020
Nesbø, Jo

Ihr Königreich


weniger gut

Ein Drama in 7 Akten – atmosphärisch dicht, aber leider meist zäh wie Kaugummi und weitgehend ohne Spannung

„Die Familie ist das einzige Prinzip. Und richtig und falsch kommen danach, alles andere ist sekundär.“ (S. 166)

Meine Meinung
Ich habe mich echt gefreut auf den neuen Nesbø – doch schon nach den ersten 50 Seiten war mir klar, dass dies kein „klassischer Nesbø“ ist. Irgendwo in der norwegischen Ödnis dreht sich diese Geschichte um Familiengeheimnisse, den Mikrokosmos eines kleinen unbedeutenden Ortes und um die Träume der Menschen. So öde und trostlos wie die abgelegene Berggegend des Hofes der Familie Opgard ist auch die Atmosphäre dieses Buches. Den größten Teil der Geschichte kam es mir vor wie ein ArtHouse-Film ohne jegliche, stimmungsbeeinflussende Hintergrundmusik, mit leisen Tönen und einer langsamen, absolut unspektakulären Erzählweise. Spannung sucht man in diesem Buch auf den ersten 450 (von knapp 600) Seiten vergeblich. Über viele Strecken des Buches zieht sich die Handlung klebrig-zäh wie ein Kaugummi in die Länge, so dass ich mehrfach der Versuchung widerstehen musste, das Buch zur Seite zu legen und nie wieder zur Hand zu nehmen.

Doch die Neugier hat mich nicht verlassen – dachte ich mir doch, dass da noch mehr sein muss, dass sich der große Jo Nesbø doch noch einen überraschenden Paukenschlag für diese Geschichte erdacht haben muss, dem die Story extrem langsam, aber unaufhörlich entgegenstrebt. Zugegebener Maßen kommen im Verlauf der Geschichte nach und nach schockierende Dinge ans Tageslicht, einige davon wirklich überraschend, andere wiederum absolut vorhersehbar. Echte Spannung kam für mich aber nur auf den letzten ca. 100 Seiten auf – viel zu spät für ein Buch, um für mein Empfinden wirklich gut zu sein.

Als ich mich bis zum Ende durchgekämpft hatte musste ich feststellen, dass sich auch das Ende nicht wirklich „passend“ für mich anfühlte – irgendwie ist mir noch zu Vieles offen, zu viel ungesagt geblieben. Dennoch brauche ich zu diesem Buch absolut keine Fortsetzung!

Das einzig Positive, das ich über dieses Buch sagen kann ist, dass Nesbø es geschafft hat, sehr kantige, oft schrullige Charaktere zu entwerfen, die diesem Buch einen gewissen Tiefgang verleihen. Der Blick in die seelischen Abgründe der Bewohner von Os sowie die Entwicklung mancher Charaktere waren durchaus interessant zu lesen, konnten dieses Buch in meinen Augen aber trotzdem nicht mehr „retten“.

FAZIT:
ArtHouse zum Lesen – ohne Spannung, teils vorhersehbar, dafür mit kantigen Charakteren und vielen seelischen Abgründen.

Bewertung vom 02.09.2020
Ukpai, Anja

Die Zeiterben von London / Meridian Princess Bd.2


ausgezeichnet

Extrem atmosphärisch, super spannend und absolut phantastisch - eine rundum gelungene Fortsetzung!

„Unsere Aufgabe ist es, den Nullmeridian zu bewachen und die Menschen bei Zeitstillständen zu beschützen., indem wir die Dämonen oder Schattenhunde zurückdrängen oder bestenfalls auslöschen, weil diese sich ja nun mal von Lebenszeit ernähren.“ (S. 148)

Meine Meinung:
“Die Zeiterben von London“ ist nach „Die Clockmakers Academy“ der zweite Band der neuen Phantastik-Trilogie der deutschen Autorin Anja Ukpai. Wer den ersten Band gelesen hat, dem wird der Einstieg in die Geschichte sehr leichtfallen, da nach und nach die wichtigsten Geschehnisse wieder aufgefrischt werden. So war ich von der ersten Seite an wieder mitten drin im bunten Treiben am Clockmakers Market.

Der Auftakt ist gewohnt atmosphärisch und mit dem ersten Schattenhundangriff auf Seite 20 schnellt der Spannungsbogen schon früh in die Höhe. Ein merkwürdiger Diebstahl und mysteriöse Angriffe halten die Zeiterbengesellschaft auch diesmal gehörig auf Trab – und haben bei mir einmal mehr dafür gesorgt, dass dieses Buch einen regelrecht magischen Sog auf mich entwickelt hat. Mit brenzligen Situationen, geheimnisvollen Machenschaften und überraschenden Wendungen ist Anja Ukpai erneut ein waschechter Page-Turner gelungen, den ich kaum noch aus der Hand legen mochte. Bis zum Schluss, mit seinem dramatischen und actionreichen Finale – und einer ungeheuerlichen Enthüllung – habe ich dieses Buch fast atemlos verschlungen.

Von dieser Geschichte, mit ihrem wunderbaren, oft bildlicher Schreibstil („In unruhigen Zeiten war Stille nur ein Atemholen für den nächsten Schlag.“ - S. 7), geht ein Zauber aus, den ich zuletzt bei „Harry Potter“ verspürt habe. Echte Schauplätze, in London und York, verwebt Anja Ukpai gekonnt mit phantastischen Ideen und Wesen. Basierend auf der Idee einer düsteren Schattenkluft unter dem Nullmeridian, einer nicht stetig laufenden Zeit und der Gemeinschaft der Zeiterben, aufgeteilt in drei „Familienstämme“ mit unterschiedlichen magischen Fähigkeiten, glänzt diese Trilogie mit einem extrem atmosphärischen und stimmigen World-Building, das kaum noch zu toppen ist. Ein bunter Mix mal schillernder, mal kantiger – aber stets plastischer – Charaktere haucht dieser phantastischen Welt ein quirliges Leben ein, das mich beim Lesen mehr als einmal an das viktorianische London erinnert hat. Neben vielen liebenswerten Protagonisten, allen voran natürlich die toughe Jade mit ihrer patenten Freundin Orla, finden sich hier natürlich auch echte Ekelpakete, wie insbesondere Selda Brice (ein gelungenes Pendant zu Severus Snape), brandgefährliche Antagonisten und gleich mehrere Figuren, deren wahre Absichten bis zum Schluss im Dunkeln bleiben. Besonders an Herz gewachsen ist mir dabei inzwischen die kleine Harper, Schutzgeist-Auszubildende und Timeless Sleeper-Praktikantin, die für mich inzwischen das Herz dieser wunderbaren Reihe repräsentiert.

Mit einem kurzen, aber packenden Epilog hat mich Anja Ukpai zum Schluss extrem neugierig auf den finalen Band dieser Trilogie gemacht, dessen VÖ im April 2021 ich schon jetzt entgegenfiebere!

FAZIT:
Perfekte Phantastik für junge und junggebliebene Leser*innen - eines meiner persönlichen Lese-Highlights 2020!

Bewertung vom 02.09.2020
Carter, Chris

Bluthölle / Detective Robert Hunter Bd.11


ausgezeichnet

Der letzte Werwolf – extrem spannend, gewohnt blutrünstig und absolut fesselnd

„Der einsamste Moment im Leben eines Menschen ist der, in dem er machtlos zusehen muss, wie seine ganze Welt zusammenbricht.“ (S. 5)

Meine Meinung:
„Bluthölle“ ist der mittlerweile 11. Fall für die Detectives Dr. Robert Hunter und Carlos Garcia des US-Bestseller-Autors Chris Carter. Wie schon bei den vorangegangenen Bänden kann man auch diesen Fall problemlos ohne Kenntnis der ersten zehn Teile lesen, doch mehr Spaß macht es sicherlich, wenn man „Hunter & Garcia“ bereits kennt. Doch „Neulinge“ seien hier schon vorgewarnt: Bei Chris Carter geht es wirklich sehr, sehr hart zur Sache!

Dieser neue Fall für den Ausnahme-Detective der UV-Einheit („Ultra Violent“ – Gewaltverbrechen) des LAPD, Robert Hunter, beginnt für Chris Carters Verhältnisse recht unspektakulär: mit einem profanen Diebstahl. Um dem grantigen Kerl in der Bar eins auszuwischen, klaut die schnodderige Taschendiebin Angela ihm kurzerhand seine Tasche. Was sie darin findet, lässt ihr das Blut in den Adern gefrieren und sie lässt ihren Fund anonym über Umwege dem LAPD zukommen. Doch der grantige Kerl nimmt den Diebstahl sehr persönlich und will den Inhalt seiner Tasche wiederhaben – um jeden Preis!

Es ist schon erstaunlich, wie es Chris Carter gelingt, einen fesselnden Thriller nach dem nächstem zu schreiben, ohne dabei sich selbst (oder andere) zu kopieren oder gar langweilig zu werden. Ungewöhnlicher Weise hat der Schwerpunkt dieses Falls diesmal eher einen Cold-Case-Charakter, doch er ist genauso packend wie die zehn Fälle zuvor. Selbstverständlich geht es auch diesmal wieder bis an die Grenzen des Erträglichen, denn Brutalität, Grausamkeit und ein Blick in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele gehören bei Carter´s Hunter & Garcia-Reihe unweigerlich dazu. Zartbesaitete Leser*innen sollten hier also nicht zugreifen!

Wer es „blutig“ mag, bekommt hier mal wieder einen ausgeklügelten Fall und einen waschechten Page-Turner, der durchaus Albträume bescheren kann. Bis ganz zum Schluss, der mal wieder in einem nahezu ausweglos erscheinenden Finale gipfelt, bleiben Spannung, Action und Tempo durchweg auf hohem Niveau. Wie gewohnt kombiniert Carter seinen Fall mit sehr viel Insiderwissen über Polizeiarbeit (wenn auch diesmal mit weniger Gerichtsmedizin) und lässt dabei sogar gesellschaftskritische Untertöne zum „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ anklingen.

Sehr ungewöhnlich für einen Carter ist es, dass mir ein Charakter so sympathisch geworden ist wie die junge Taschendiebin Angela, auch wenn sie im Verlauf der Geschichte mehr als einen folgenschweren Fehler begeht…

FAZIT:
Chris Carter beweist sich einmal mehr als Garant für extrem harte, aber fesselnde Page-Turner.

Bewertung vom 27.08.2020
Johnson, Pete

Wie man 13 wird und zum Superhelden mutiert / Wie man 13 wird... Bd.4


ausgezeichnet

Mad About Monsters – ein extrem spannendes Abenteuer für junge und junggebliebene Leser*innen

„Wenn du das hier liest, bin ich bereits weg. Du siehst vielleicht meinen Körper herumgehen und denkst womöglich, das wäre ich, aber das werde nicht ich sein. Das Ich, das diese Worte an dich schreibt, wird nach dem heutigen Abend schlichtweg nicht mehr existieren. Ich stehe unter einem langsam wirkenden, aber tödlichen Zauber. Und ich kann nichts tun, um ihn aufzuhalten. Ich sitze absolut in der Falle.“ (S. 1)

Meine Meinung:
Dies ist – was ich zuvor gar nicht wusste – bereits der vierte Band dieser Reihe. Ich hatte aber dennoch keinerlei Probleme, in die Geschichte hineinzufinden und mit den Charakteren warm zu werden.

Bereits auf Seite 1 hat mich die Story richtig angefixt und ordentlich Spannung versprochen (siehe obiges Zitat) – und dieses Versprechen wurde voll und ganz gehalten! Tallulahs bester (und einziger) Freund Markus leidet unter einem hartnäckigen Gedächtnisverlust („Ich wurde mehr als sechs Monate zurückgeschleudert“), ein mysteriöser Monster-Laden hat in der Stadt aufgemacht, geheimnisvolle Gestalten schleichen des Nachts durch den Ort (sind es die Tödlichen Vampire?) und dann taucht auch noch eine alte Erzfeindin wieder auf! Diese Geschichte lässt einen schon nach den ersten Seiten nicht wieder aus ihrem Bann! Tallulah, aus deren Sicht die rd. erste Hälfte des Buches geschrieben ist, war mir von Beginn an sympathisch – ein echter Underdog zum Gernhaben! („Wer will denn schon normal und gewöhnlich sein? Ich jedenfalls nicht!“ - S. 9), aber auch Markus ist mit seinen flotten Sprüchen und seiner manchmal unkonventionellen Art total knuffig.

Die Story selbst wird mit jedem Kapitel spannender, teils richtig gruselig, wenn auch immer auf einem noch „wohligen Niveau“. Mehr als einmal manövrieren sich Tallulah und Markus in brenzlige Situationen, aus denen es kaum einen Ausweg zu geben scheint. Doch immer haben sie noch eine pfiffige Idee parat und beweisen immer wieder, wie viel Mut, Power und eiserner Zusammenhalt in ihnen steckt. Bis ganz zum Schluss bleibt es dabei spannend, denn ein echt fieses „Damokles-Schwert“ schwebt über Tallulah. Ihr werdet das Buch vor der letzten Seite nicht aus der Hand legen wollen – versprochen!

Ich für meinen Teil bin von diesem Buch vollauf begeistert und werde mit Sicherheit auch noch die ersten drei Bände lesen!

FAZIT:
Dieses Buch hat wirklich alles, was ich liebe: schräge Charaktere, eine irrwitzige Geschichte, ordentlich Spannung und eine gute Prise Humor!

Bewertung vom 06.08.2020
Hasler, Gregor

Die Darm-Hirn-Connection


ausgezeichnet

Fundiertes Wissen und erstaunliche Tatsachen rund um den Darm und unser Gehirn

„Verdauen heißt, die Welt ertragen, einstecken, auflösen, umwandeln, sich aneignen, hinter sich bringen, erkennen, verarbeiten und überstehen.“ (S. 36)

Meine Meinung:
Autor Prof. Dr. med. Gregor Hasler ist ein Schweizer Psychater und Psychotherapeut, der über eine umfangreiche internationale Ausbildungs- und Berufserfahrung verfügt und dessen Arbeiten mit diversen Preisen ausgezeichnet wurden. In diesem Buch bietet er uns fundierte Informationen über einen Zusammenhang, der mir so ausgeprägt bislang noch nicht bewusst war. Gleich zu Beginn stellt er Folgendes fest:

„Neueste Forschungen zeigen: Darm und Hirn sind in vielerlei Hinsicht ein Organ. Störungen der Darm-Hirn-Connection tragen zu den häufigsten Krankheiten bei, welche die Lebenszeit massiv verkürzen: Übergewicht, Diabetes und Herzkrankheiten. Sie führen aber auch zu psychischen und neurologischen Krankheiten wie Essstörung, Depression, Autismus, posttraumatische Belastungsstörung, Schizophrenie, Autismus und Demenz.“

Im Zentrum dieses Buches steht mehr der Darm als das Hirn. Beim Lesen wird einem schnell bewusst, wie „unterschätzt“ dieses zentrale Verdauungs- und Steuerungsorgan doch ist. Der Autor stellt das Nervensystem des Darms, insbesondere auch den Vagus-Nerv vor, der einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit hat. Aber auch Darmbakterien, die Darmbarriere und das Darmimmunsystem nehmen einen breiten Raum ein. Dabei habe ich viel Erstaunliches und für mich Neues gelesen, beispielsweise, dass 80% (!) unseres Immunsystems im Darm angesiedelt sind oder dass Darmbakterien & -parasiten unsere Persönlichkeit mitbestimmen (Forschern ist es tatsächlich gelungen, zusammen mit den Darm-Bakterien auch die Persönlichkeit von Mäusen zu übertragen!).

Durch die Zusammenarbeit mit vielen Co-Autor*innen und das Zitieren vieler, aktueller medizinischer Studien fühlt man sich als Leser sehr gut informiert und kann bei Bedarf in manche Themenkomplexe auch tiefer einsteigen (zu den einzelnen Kapiteln gibt es – teilweise sehr umfangreiche – Literaturverzeichnisse). Durch viele Fallbeispiele stellt der Autor einen greifbaren, praktischen Bezug zu den ansonsten oft „theoretisch anmutenden“ Sachverhalten dar. Selbstverständlich sind viele der hier beschriebenen Zusammenhänge und Vorgänge sehr komplex, doch dem Autor gelingt es durchgehend, alles auch für Laien gut verständlich zu erklären – oftmals auch dank anschaulicher Grafiken und Tabellen. Dennoch ist dies kein Buch, dass sich meines Erachtens einfach so in einem Rutsch durchlesen lässt. Viele der Informationen musste ich erstmal „sacken lassen“ und „verdauen“ (Sorrry, kleines Wortspiel… ;-)). So bietet es sich aus meiner Sicht an, das Buch in Abschnitten zu lesen, um ihm wirklich gerecht zu werden.

Sehr gut gefallen hat mir an diesem Buch auch, dass der Autor auch viele praktische Tipps mit einfließen lässt, z.B. dass nur körperliche Bewegung den Fluss der Lymphe entstehen lässt oder auch zu den Vorteilen des Intervall-Fastens („Vorübergehendes Hungern ist nicht nur mental günstig, sondern auch körperlich. Hunger fördert die Autophagie, was »sich selbst essen« bedeutet. Dies ist ein wichtiger biologischer Prozess, bei dem Körperzellen ihre eigenen, unbrauchbaren Bestandteile abbauen. Dies reicht von fehlgefalteten Proteinen bis zu ganzen Energieproduktionsstätten – den Mitochondrien –, die nicht mehr richtig funktionieren.“).

FAZIT:
Ein – für mich – absolut neuer und ganzheitlicher Blick auf zentrale und für die Gesundheit extrem wichtige Zusammenhänge in unserem Körper.