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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2156 Bewertungen
Bewertung vom 07.03.2024
Suffrin, Dana von

Nochmal von vorne


sehr gut

Nochmal von vorne

Eine deutsch-jüdische Familiengeschichte.

Die Familie, das sind die Erzählerin Rosa, ihre Schwester Nadja, die deutsche Muttern, der aus Israel stammende Vater und Onkel Ari.

Erzählt wird aus Anlaß des Todes des Vaters. Daher wird nicht linear sondern in der Zeit springend zurückerinnert.
Es war keine einfache Kindheit für Rosa. Die ewig streitenden Eltern, die eigenwillige Schwester. Das überforderte das ruhige, harmoniesüchtige Kind.
Dana von Suffrin hat einen eigenständigen Stil und sie versteht es, die Emotionen der Figuren zu vermitteln.

Fazit: Eine bemerkenswerte Familiengeschichte, mit Figuren, die beim Lesen lebendig werden.

Bewertung vom 06.03.2024
Oppermann, Swantje

Undurchschaubar


ausgezeichnet

intensives Jugendbuch


Noa hat ihre beste Freundin verloren und wechselt die Schule. Die Sehnsucht nach einer neuen besten Freundin bringt sie zum Ausspionieren und Lügen. Mit einer Spyware erfährt sie mehr von Olivia, mit der sie sich anfreunden will. Es ist nicht einfach zu Olivia durchzudringen und in ihre Clique zu kommen. Doch mit Tricks schafft Noa das.

Selten das man in einem Roman so dicht an einer Figur ist, die man doch klar zu den Tätern rechnen muss. Aber ihre Gefühle werden nachvollziehbar. Verstehen heißt ja nicht gleich akzeptieren. Was Noa da macht, ist falsch, aber sie ist zu sehr in ihrem „Spiel“ verstrickt.

Die ganze Situation zeigt die Autorin Swantje Oppermann geschickt und man ist vom Buch gefesselt.
Und wenn ich als Oldtimer das schon bin, muss es für Kids, die sich hier vielleicht sogar identifizieren können, noch viel intensiver sein.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.03.2024
Hyde, Catherine Ryan

Eine glückliche Zuflucht


sehr gut

Eine andere Art von Verschwinden

Von Catherine Ryan Hyde habe ich schon ein paar Romane gelesen. Sie hat ein gewisse Niveau, unter dass sie nie geht. So auch hier. Obwohl es dem Roman an Handlung und Tempo mangelt, ist er thematisch relevant und gut zu lesen.
Die Hauptfigur ist Norma, eine Frau Ende fünfzig. Sie hilft einer jungen Frau, die vor dem gewalttätigen Freund flieht. 5 Jahre später hilft sie wieder einer Frau, die ebenfalls vom selben Mann misshandelt wurde. Das ist ein wenig konstruiert, aber dahingehend plausibel, dass Norma die Frau schon von früher kennt.
Im Mittelpunkt steht dann das moralische Dilemma, in dem die Frauen geraten, als dieser Mann des Mordes angeklagt wird. Norma aber weiß, dass das angebliche Mordopfer versteckt lebt.

Der Roman tritt dann eine lange Zeit auf der Stelle, bis eine unerwartete Szene das Problem auflöst.
Der Roman propagiert schlüssig, dass Frauen Frauen helfen sollen. Sie profitieren von Zusammenhalt. Von den beiden Frauen wird Norma angehimmelt. Männer spielen in diesem Buch keine Rolle außer als Bedrohung.
Was mich ein wenig störte war, dass Norma in ihrem Auftreten nicht selten belehrend wirkt. Dieser Aspekt wird aber durch die abschließenden Passagen gemindert.
Das Buch ist gut lesbar, ohne allzu spannend zu sein.Aber für mich war das okay.

Bewertung vom 03.03.2024
Hofer, Wolfgang

OLAF ERMITTELT - Der Kanzler-Krimi


gut

Ein neuer Ermittler

Diese Masche gibt es oft, zum Beispiel ermittelte auch schon Angela Merkel (David Safier) und die Queen (S J Bennett)
Jetzt kommt der Kanzler, der beim Ausführen des Hundes auf eine Leiche stößt. Der Tote war Journalist, genannt HAI und wurde offenbart ermordet.
Dass das hier mit Olaf Scholz vergleichsweise nicht ganz so gut funktioniert liegt vielleicht daran, dass Scholz noch ein aktiver Politiker ist und das in einer Krisenzeit.
Das im Mord ermitteln wäre vielleicht eher etwas für die Zeit nach der politischen Karriere.
Die Sprache des Autors Wolfgang Hofer ist sorgfältig, aber etwas schlicht. Hinzu kommen die überwiegend lahmen Witze. I
Ganz gut wirken die überwiegend philosophischen Zitate, die vor jedem neuen Kapitel kommen.
Auch einige Nebenfiguren wie z.B. der Kommissar Wondratschek oder die Kellnerin Mizzi wirken nicht schlecht, wie auch das gelegentliche kurze Treffen von zeitgenössischen Politikern.
Davon abgesehen taugt das Buch wohl nur für echte Fans des Genres Humor, zu denen ich ehrlicherweise nicht unbedingt gehöre. Daher ist meine Wertung nicht zielgruppengerecht. Auch die Qualität des Kriminalfalls kann ich nicht wirklich bewerten. Er kommt mir belanglos vor.

Bewertung vom 03.03.2024
Kuang, R. F.

Yellowface


sehr gut

Die letzte Front

Rebecca F.Kuangs neues Buch Yellowface ist sehr intensiv, vor allen auch, weil der ganze Text im Prinzip von der Icherzählerin erzählt wird und man daher nah an der Figur dran ist. Die Hauptfigur June Hayward hat eine prägende Stimme.
June ist aber keine idealisierte Figur und auch nicht unbedingt eine Sympathieträgerin. Aber man kann die Figur teilweise verstehen.
Sie ist Schriftstellerin, zunächst recht erfolglos und mit der Erfolgsautorin Athena Li befreundet. Als June Athena in ihrer Wohnung besucht und mit ihr feiert, erstickt Athena plötzlich. June kann ihr nicht helfen. Aber sie nimmt das letzte Manuskript von Athena mit, überarbeitet es und veröffentlicht es unter ihren eigenen Namen.
Das hat zur Folge, dass sie sehr erfolgreich wird, aber sie hat auch Angst vor Entdeckung und schließlich gibt es im Netz erste Beschuldigungen. Man folgt dem Buch mit Spannung.
Leider reitet June sich immer mehr rein.
Fraglich, ob der Roman ein wirklich wichtiger Beitrag zu der Problematik mit den sozialen Medien ist, doch es war interessant, das so ausführlich dargestellt zu bekommen, z.B. spürt man den enormen Stress, unter dem June leidet, als sie angefeindet wird. Auch den Einblick in die Buchbranche hat man so auch nicht oft.
Wertung: 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 03.03.2024
Thornton, Chris Harding

Pickard County


sehr gut

Rural Noir

Für mich ist Pickard County kaum ein Kriminalroman. Mehr ist es ein Gesellschafts- und Familienporträt, mit Noir-Elementen. Schauplatz des Buches ist das ländliche Nebraska in den siebziger Jahren. Im Mittelpunkt steht neben dem Polizisten Harley Jensen die Familie Reddick. Das sind neben dem Familienoberhaupt Dell Sr. seine Söhne Paul und Rick, sowie dessen Frau Pam, eine junge Mutter, die davon träumt aus dieser tristen Gegend wegzugehen.
Während mir Harley als Figur zu sehr auf Distanz bleibt, ist Pam eine gut gemachte Figur, der man die meiste Zeit des Buches folgt.
Die Stimme ist eher düster. Dazu passt auch der eigenwillige, trockene Stil von Chris Harding Thornton. Sie erzählt ruhig, fast kontemplativ. Das trägt dazu bei, die Atmosphäre noch dichter zu machen.

Bewertung vom 02.03.2024
Cole, Teju

Tremor


ausgezeichnet

Ein Labyrinth von verschlungenen Gedanken

Teju Cole hat mit Tremor ein reiches Buch geschrieben, das ganz in einem Fluss ist und Gedanken und Sinneswahrnehmungen  vermittelt.
Auslöser dabei sind Fotos, Film, Gemälde, Musik. Daraus leitet sich häufig Geschichte ab, zum Beispiel bei Turners Gemälde Sklavenschiff von 1840.
Als des Autors Alter Ego dient Tunde, einem Professor in Cambridge, der nigerianische Wurzeln hat.
Auch Reisen spielt eine Rolle, z.B. Tundes Besuch von Mali. Dann geht es nach Nigeria und weitere Stimmen kommen zu Wort. Dadurch wird vielfalt erreicht.

Streckenweise wird Teju Cole sehr ausführlich und detailliert. Manche Passagen sind praktisch Vorträge. Der Autor hat ein Konzept und man muss sich immer wieder neu darauf einlassen.

Man wird hinein gesogen und kann sich treiben lassen durch dieses Buch ohne direkte Handlung, dass aber über so viel Sprachreichtum verfügt. Man kann auch sicher sein, bei einem zweiten Lesen noch mehr zu entdecken.
Das Buch verströmt eine ganz eigene Ästhetik, die zu faszinieren vermag.

Bewertung vom 29.02.2024
Höller, Kristin

Leute von früher


ausgezeichnet

Begegnung auf Strand

Nach Beendigung ihres Studiums ist Marlene noch orientierungslos.
Daher nimmt sie auf einer kleinen Inseln in der Nordsee einen ungewöhnlichen Job an.
Hier gibt es ein Dorf, in dem die Leute leben wie vor über 100 Jahren.
Im Kostüm wird Marlene als Kramladenverkäuferin und Bäuerin arbeiten, um den Touristen ein entsprechendes Ambiente zu bieten.
Dann lernt sie Janne kennen, die auf der Insel lebt und mit der sie sich gut versteht und schließlich verlieben sich die beiden.
Die Beziehung zwischen ihnen entwickelt sich und für eien Zeit ist Marlene glücklich, doch die Saison wird bald zu Ende gehen, wenn der Winter kommt.
Spät im Buch kommt noch ein interessantes Element hinzu.

Das Buch funktioniert vor dieser ungewöhnlichen Kulisse und der Rolle, die Marlene dabei spielt. Das Ende hat Kristin Höller packend gestaltet. Ein gelungener Roman!

Bewertung vom 29.02.2024
Cole, Teju

Jeder Tag gehört dem Dieb


ausgezeichnet

Rückkehr nach Lagos

Jeder Tag gehört dem Dieb. Der Buchtitel leitet sich von einem Sprichwort ab und spielt auf eine umgreifende Korruption in Nigeria an.
Der Protagonist kommt nach Jahren in den USA für einen einmonatigen Besuch nach Lagos zurück.
Das Land empfindet er jetzt aber als fremd. Mit klaren Blick erkennt er den schlechten Zustand des Landes und die allgegenwärtige Gefahr von Gewalt und Korruption.
Teju Cole vermag es, präzise und detailreich zu schreiben und den Lesern die Stadt und deren Atmosphäre genau zu zeigen.

Das Buch liegt zwischen Reisebericht und Roman. Es zeigt nicht nur das Land sondern auch die Emotionen des Besuchers, sein Desillusionieren und die Heimatlosigkeit. Es ist ein sehr intensives Buch und wie schon in Open City bin ich von Teju Coles Schreibstil fasziniert.

Bewertung vom 29.02.2024
Teruzzi, Rosa

Die verschwundene Braut


sehr gut

Die Miss Marple von Mailand

Die verschwundene Braut ist ein Cozy Krimi aus Italien, leicht humorvoll und warmherzig. Das liegt neben der Erzählweise der Autorin Rosa Teruzzi auch an den Figuren. Wir haben es mit einem Trio aus einer Familie zu tun. Die Floristin Libera, die heimlich in einem Cold Case ermittelt, ihre Tochter, die Ispettori bei der Polizei ist und ihre scharfzüngige Mutter.Ein Grußteil des Lesevergnügens ist, ihren bei ihren Wortscharmützeln zu folgen.
Viel Atmosphäre wird auch aus dem Schauplatz Mailand gezogen.