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Lunamonique
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Bremen

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Insgesamt 416 Bewertungen
Bewertung vom 28.12.2016
Grangé, Jean-Christophe

Purpurne Rache


ausgezeichnet

Jean-Christophe Grangés Roman „Die purpurnen Flüsse“ wurde 1998 mit Jean Reno verfilmt. In seinem neuesten Werk „Purpurne Rache“ holt den Patriarch Gégoire Morvan die Vergangenheit ein.

Ein Flugschüler und Rekrut stirbt bei einer Mutprobe auf tragische Weise. Handelt es sich um ein Unglück oder Mord? Grégoire Morvan sorgt dafür, dass sein Sohn Erwan die Ermittlungen übernimmt. Erwans Sorgfalt ist dem Militär ein Dorn im Auge. Niemand scheint etwas beobachtet zu haben.

Eine Beerdigung im Kongo. Der Prolog lässt erahnen, dass Grégoires afrikanische Vergangenheit noch eine Rolle in der Geschichte spielen wird. Der skrupellose und gewalttätige Patriarch hat mehr Geheimnisse als sein Sohn Kriminalpolizist Erwan ahnt. Die Familie Morvan steht im Fokus des Thrillers. Jeder der drei Geschwister hat die Kindheit mit einem Vater, der seine Frau misshandelt, anders verarbeitet. Loïc griff zu Alkohol und Drogen. Gaëlle litt unter Magersucht. Erwan wurde ein erstklassiger Polizist. Ihre Schicksale sind eng miteinander verbunden. Jean-Christophe Grangé hat einen raffinierten, komplexen Thriller gestrickt, in dem Nebenfiguren zu Hauptfiguren werden. Mit den Ermittlungen rund um den Tod eines angehenden Piloten sticht Erwan in ein Wespennest. Derweil bringt sich Gaëlle mit ihren beruflichen Ambitionen in Gefahr. Loïc wird von seiner Ex unter Druck gesetzt und kommt einer Verschwörung auf die Spur. Grégoires geheime, geschäftliche Aktivitäten in Afrika fliegen auf und bringen ihn und seine Familie in Gefahr. Verwicklungen und Verstrickungen wohin das Auge reicht. Das Rätselhafte und Undurchsichtige hält die Spannung auf einem hohen Niveau. Wer ist der scheinbar übermächtige Gegner, der allen einen Schritt voraus ist? Top Gun-Flair vermischt sich mit dem Grauen und mystischen afrikanischen Ritualen. Gleich mehrere Handlungsstränge fesseln. Sehr gelungen ist, wie sich mit den nach und nach ans Licht kommenden Details des ersten Opfers, die Sachlage verändert und immer mehr ins Unfassbare kippt. Für „Purpurne Rache“ war eine ausgiebige Recherche in den verschiedensten Bereichen wie Medizin, Kultur, Kunst und Militär nötig. Auch bei den Handlungsorten hat Autor Jean-Christophe Grangé Wert auf Details und Atmosphäre gelegt. Das Verwirrspiel hält bis zum Schluss an. Vieles lässt sich nicht erahnen. Die Auflösung ist abgedrehter als erwartet. Ein Paukenschlag am Ende lässt den Atem stocken. Sehr gut inszeniert. Keine Längen und das bei 768 Seiten. Ein Thriller der besonderen Art.

Die afrikanische Maske, das Düstere und der blutrote Titel passen gut zur Geschichte. Durch die Platzierung der Details, der Farb- und Titelwahl erregt das Cover Aufmerksamkeit. Wer Thriller liebt, liegt mit diesem dicken Wälzer richtig. Es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Von der ersten bis zur letzten Seite eine packende Lektüre mit vielen Überraschungen.

Bewertung vom 18.12.2016
Human, Charlie

Apocalypse Now Now. Schatten über Cape Town / Baxter Bd.1


weniger gut

„Apocalypse Now Now – Schatten über Cape Town“ ist der erste Band der Apocalypse Now Now-Reihe von Charlie Human. Der Debüt-Roman spielt in der Heimatstadt des Autors Cape Town, Südafrika.

Der 16jährige Baxter wird von Alpträumen gequält. Dabei läuft eigentlich alles prima. Er ist Anführer der Schulgang „Spinne“ und der Pornofilmverkauf lässt die Kassen klingeln. Wäre da nicht sein älterer Bruder Rafe, der ihn mit seinen historischen Büchern nervt. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen. Das letzte Opfer ist ausgerechnet eine Ex-Flamme von Baxter Jody Fuller.

Der Anfang der Geschichte wirkt verstörend. Es lässt sich schon erahnen, dass die Aussagen nicht der Realität entsprechen. Wegen seiner Wahnvorstellungen und Alpträume geht Baxter regelmäßig zum Psychiater. Der Teenager scheint kaltherzig zu sein. Seine Gang-Kumpel bezeichnen ihn als Zyniker. Es fällt schwer, mit dieser Hauptfigur warm zu werden. Baxter schlägt seinen Bruder Rafe, der an Autismus leidet. Nur Esmé kann ihm Gefühle entlocken. Die Kleptomanin hat Ecken und Kanten, bleibt aber auch blass, weil sie anfangs eine Nebenrolle hat. Mit einer Wende kommt Spannung auf. Interessant ist der Kopfgeldjäger Jackie Ronin mit seinen Talenten und Eigenarten. Baxter und er bilden ein seltsames Team. Von allem zu viel, das ist der Eindruck nach über hundert Seiten. Störend wirken die Magazin und Newsletter-Einschübe. Erst kommt das Grauen in Form von Alpträumen, dann schwappt es über in die Realität. Die Geschichte wirkt nicht rund. Ab einem gewissen Zeitpunkt erscheint sie nicht mehr glaubwürdig. Erst mit Baxters Einsicht und Veränderung, fällt es leichter mit ihm mitzufiebern. Was ist Wahrheit, was Täuschung? Im letzten Buchdrittel nimmt der Roman Fahrt auf. Endlich kommt der vermisste Humor ins Spiel. Herrlich ist Jackie als graues Terrorknäuel. Die Auflösung ist gut gelungen. Eine Überraschung jagt die nächste. Der Gegner erweist sich als gewiefter und noch gefährlicher als gedacht. Ziemlich übertrieben, aber effektvoll ist der Showdown. King Kong und Gozilla lassen grüßen.

Handelt es sich bei Baxter um eine gespaltene Persönlichkeit? Das Cover mit dem Focus auf eine hellere und eine düstere Gesichtshälfte und den Farben Rot, Weiß und Schwarz erregt Aufmerksamkeit. Auch der Titel macht neugierig. „Apocalypse Now Now“ ist nichts für zartbesaitete Leser. Der Roman überschreitet oft bei Kämpfen, Auseinandersetzungen und der Darstellung so mancher Monsterszene die Ekelgrenzen. Wer auf Zombies und Co steht liegt hier richtig.

Bewertung vom 08.12.2016
Parsons, Tony

Wer Furcht sät / Detective Max Wolfe Bd.3


ausgezeichnet

„Wer Furcht sät“ ist nach „Dein finsteres Herz“ und „Mit Zorn sie zu strafen“ Band 3 der Max Wolfe-Reihe von Autor Tony Parsons.

Detective Max Wolfe ist Serienmördern auf der Spur. Der Club der Henker hat es auf den Abschaum der Gesellschaft abgesehen und übt Selbstjustiz. Die Videos ihrer Taten stellen sie ins Internet. Ihre Kaltblütigkeit und Brutalität schockiert. Es gibt keine Spur, der Tatort ist unbekannt. Der Club der Henker ist Wolfe und seinen Kollegen immer einen Schritt voraus.

Der Prolog mit einem scheinbar unbescholtenen Taxifahrer als erstes Opfer wirkt beklemmend bis die Wahrheit ans Licht kommt. Hat Mahmud Irani den Tod verdient? Handlungswechsel, im Gerichtssaal muss Max Wolfe miterleben, wie drei Angeklagte trotz unfassbarer und nachgewiesener Tat mit einer milden Strafe davon kommen. Wo bleibt die Gerechtigkeit? „Wer Furcht sät“ nimmt sich dem Thema „Selbstjustiz“ auf facettenreiche und sehr spannende Weise an. Der Fall eines Mannes, der aus nichtigen Gründen von drei Männern zu Tode geprügelt und getreten wurde, wirkt sehr realitätsnah. Ist die Gesellschaft verroht? Berührend ist auch das Schicksal des fünfzehnjährigen Justin, der ebenfalls zur falschen Zeit am falschen Ort war, und dem sogar noch Hilfeleistung verwehrt wurde. Der Krimi hält unserer Gesellschaft den Spiegel vor. Zu was wäre der Einzelne fähig? Max Wolfe gerät bei den Ermittlungen in den Club der Henker-Fällen an seine Grenzen. Lässt sich ihre nächste Handlung voraussehen? Die Täter agieren intelligent und skrupellos. Gibt es überhaupt eine Schwachstelle? Immer undurchsichtigen wirkt Max‘ alter Freund Jackson Rose. Was führt er im Schilde? Tony Parsons Erzählstil reißt mit. Die Geschichte ist neu und spielt an originellen, düsteren Orten. Das Tempo bleibt auf einem hohen Niveau. Lässt sich überhaupt ein Mord verhindern? Eine überraschende Wende sorgt für atemlose Spannung. Ein bisschen zu viele übermenschliche Kräfte sind im Spiel, und die Täter erweisen sich plötzlich als viel zu nachlässig. Über diese kleinen Stolpersteine und die Frage, warum eine Entführung nicht sofort einen Polizeieinsatz nach sich zieht, hilft die durchweg packende Story hinweg. Der Showdown findet anders als erwartet statt. Mit der Auflösung war nicht zu rechnen. Am Schluss des Krimis in „Gespenster von Newgate“ erfährt der Leser mehr über die Entstehung des Buches und die historischen Kulissen.

Das Cover setzt mehr auf den Autorennamen als auf den Titel, dabei ist der gut gewählt. Gelungen ist die beklemmende Szene mit dem Tunnel. In Max Wolfe-Reihe nimmt auch das Privatleben des Detectives etwas Raum ein. Er wirkt dadurch menschlicher. Hund Stan und Tochter Scout sind kleine Highlights. Band 3 und ein persönlicher Brief des Autors am Anfang des Buches machen Lust auf den nächsten Fall von Detective Max Wolfe.

Bewertung vom 24.11.2016
Greiner, Lena;Padtberg-Kruse, Carola

Nenne drei Hochkulturen: Römer, Ägypter, Imker


ausgezeichnet

Nach „Nenne drei Nadelbäume: Tanne, Fichte, Oberkiefer“ ist „b.) Nenne drei Hochkulturen: Römer, Ägypter, Imker“ Band 2 der „Die witzigsten Schülerantworten“-Reihe von den Spiegel-Online-Redakteurinnen Lena Greiner und Carola Padtberg-Kruse.

„Spiegel Online hat Lehrer dazu aufgerufen, diesen Quatsch, die verzweifelten Antworten ihrer Schüler sowie lustige Anekdoten aus dem Schulalltag, einzusenden. Hunderte Lehrer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz schickten uns daraufhin ihre schönsten Stilblüten aus dem Unterricht von Grundschulen, Gymnasien bis Berufsschulen.“ Die Vielzahl der Zuschriften ermöglichte einen zweiten Band und vielleicht auch einen dritten?

Nach der informativen Einleitung geht es ans Eingemachte. Zusammengetragen werden in den nächsten drei Kapiteln die skurrilsten und erschreckendsten Fehler in den Fächern Englisch, Geschichte und Politik. Dank des kleinen Vogelprofessors wird das ein oder andere richtig gestellt, und das eigene Wissen lässt sich ein bisschen auffrischen. Die Schülerantworten-Sammlung versetzt in die eigene Schulzeit zurück. Wer die Antwort auf eine Lehrerfrage nicht weiß, setzt auf Kreativität. Witzig sind die Wortverwechslungen oder eine völlige Planlosigkeit. Das Fach „Biologie“ kann, wie jeder weiß, eine richtige Herausforderung sein. „Wie wirkt die Antibabypille? Sie frisst die Spermien auf.“ „Also, meine Hamster, die machen das anders als die Menschen: Die sind dabei wach, die schlafen nicht miteinander.“ Aber auch Religion ist für Aussetzer gut. „Nenne drei kirchliche Feiertage. Ostern, Western, Karneval.“ Nicht immer ist bekannt, welche Klasse oder Schule der Zitierte besucht hat. Steht die Information unter der Antwort, ist es jedes Mal sehr interessant nachzulesen, in welchem Stadium der Schulausbildung sich der Schüler befunden hat. Selten, dass ein Buch auf fast jeder Seite zum Lachen anregt. Hier fällt es schwer, aus dem Schmunzeln oder Gelächter wieder herauszukommen. Lehrer und Schüler bleiben anonym. Es wird also niemand an den Pranger gestellt. Vielleicht ist der ein oder andere sogar stolz, in diese Sammlung gelangt zu sein. Spaß und Unterhaltungswert stehen im Vordergrund. Wer hat nicht schon einmal selbst eine idiotische Antwort gegeben, weil er abgelenkt war oder über das Thema einfach nicht Bescheid wusste. Erdkunde war wahrscheinlich bei den Wenigsten ein Lieblingsfach. „Wattenmeer ist der Anfang von Ebbe. Das Wattenmeer ist ein Gebiet zwischen Ebbe und Flut.“ Gelungen ist der Aufbau des Buches, angefangen vom humorvollen Inhaltsverzeichnis, mit jeweils einem lustigen Beispiel über der Kapitelüberschrift. Dank der Gliederung nach Fächern, der kurzen Leseabschnitte und passenden Erklärungen und Überleitungen der Autorinnen bleibt der Unterhaltungswert konstant hoch. Einen schönen Abschluss bilden die Lehrergeständnisse und Anekdoten rund um Elternanliegen.

Das Cover in Gelb und Rot mit einer witzigen Schülerantwort macht neugierig aufs Buch und passt gut zum humorvollen Inhalt. „b.) Nenne drei Hochkulturen: Römer, Ägypter, Imker“ spricht ein breites Publikum fast jeden Alters an. Nicht nur für Lehrer und Schüler ein origineller Lesespaß.

Bewertung vom 20.11.2016
Baker, Sam

Nebelschrei


weniger gut

In „Nebelschrei“, Originaltitel „The Woman who ran“, von Autorin Sam Baker quält die Hauptfigur ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit.

Nach einem mysteriösen Brand flüchtet Helen unter falschem Namen in eine abgelegene Gegend Nordenglands. Sie erregt ausgerechnet die Aufmerksamkeit von Journalist Gil. Kann sie ihm trauen? Helen quälen Erinnerungslücken. Was genau ist vor dem Feuer passiert, und wer ist die Leiche?

Der Prolog gibt einen kurzen Einblick in die schicksalhaften Geschehnisse der Brandnacht. Die Ich-Perspektive macht Helens undurchsichtige, bedrohliche Lage greifbar. Offene Fragen sorgen für Spannung. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Der Leser lernt Gil kennen und im zweiten Handlungsstrang Helen. Nach dem Prolog nimmt das Tempo rasant ab. Es kommt trotz Helens Angst, ständigen Sicherheitsbedenken und verständlichen Ritualen keine Thriller-Atmosphäre auf. Das Buch lässt sich eher als Roman einordnen und läuft scheinbar mit Hindernissen auf eine Liebesgeschichte hinaus. Zwar ermöglicht der Erzählstil einen guten Lesefluss, aber die ersten über dreihundert Seiten erfüllen nicht annähernd die Thriller-Erwartungen. Warum entscheidet sich Helen ausgerechnet für ein viel zu großes elisabethanisches Herrenhaus, das allein aufgrund der Anzahl der Räume viel zu unübersichtlich für eine Schutzsuchende ist? Nicht nur die Unterkunft entspricht Klischees, auch die Lage nur einen Fußmarsch von den Klippen entfernt. Es lässt sich erahnen, dass beides von dem Täter ausgenutzt wird. Ein Highlight ist Kater Ghost, der auch mal für Schrecksekunden sorgt. Er lässt den Leser näher an die Hauptfigur heran. Nicht alles ist nachvollziehbar, z.B. Gils plötzliche Zweifel. Es gibt kaum Überraschungen. Das Meiste lässt sich erahnen. Ein Rückblick ist zwar interessant, bremst aber den Thriller aus. Erst zum Schluss, viel zu spät, kann der Leser mitfiebern. Selbst das Ende stellt nicht zufrieden, weil es eine Frage offen lässt.

Der Titel ist kreativ und lässt die Erwartungen hochschnellen. Leider kann der Inhalt nicht mithalten. „Nebelschrei“ enttäuscht. Allein auf das Schicksal einer Frau zu setzen, ist in diesem Fall zu wenig. Für Helens Handeln lässt sich nicht sonderlich oft Verständnis aufbringen.

Bewertung vom 17.11.2016
Sands, Kevin

Das Vermächtnis des Alchemisten / Der Blackthorn Code Bd.1 (5 Audio-CDs)


ausgezeichnet

„Der Blackthorn-Code - Das Vermächtnis des Alchemisten“ ist das Debüt von Autor Kevin Sands. Das Kinderbuch bietet einen spannenden Einblick in die Welt der Alchimisten.

London 1665, der zwölfjährige Christopher arbeitet als Lehrling bei Apothekermeister und Alchemist Benedict Blackthorn. Eine rätselhafte Mordserie hält die Stadt in Atem. Die Opfer sind fast alle Alchemisten. Auch Meister Benedict und Christopher sind in Gefahr.

Die Geschichte beginnt humorvoll mit einem Experiment von Christopher, das anders endet als gedacht. Christopher ist ein eifriger Lehrling, der seinen Meister immer wieder in Erstaunen versetzt, sich und seinen besten Freund Tom aber auch in gefährliche Situationen bringt. Der Dialog zwischen Meister Benedict und Christopher lässt viel Atmosphäre aufkommen. Sehr gut ist die Sprache für die Zeit getroffen. Sprecher Oliver Rohrbeck lässt Emotionen durchklingen. Schärfe, Achtung, Zuneigung, vieles lässt sich aus wenigen Worten oder Sätzen heraus hören. Oliver Rohrbeck ist es auch zu verdanken, dass die Charaktere eine Portion mehr Persönlichkeit erhalten. Benedict wächst einem genauso ans Herz wie Christopher und Tom. Wer steckt hinter den Morden? Das Undurchsichtige, Rätselhafte sorgt für Spannung. Autor Kevin Sands setzt auf Tempo, verschlüsselte Botschaften und kniffelige Herausforderungen. Er schöpft den Spielraum für außergewöhnliche Lösungen seiner intelligenten und wissbegierigen Hauptfiguren Benedict und Christopher voll aus. Bewundernswert ist die Recherche, die hinter den Alchemistenszenen stecken muss.

Die Gegner kennen keine Skrupel. Oliver Rohrbeck beweist besonders bei den Bösen seine Wandelbarkeit. Er ist die ideale Besetzung für dieses Hörbuch. Es fällt leicht mit Christopher mitzufiebern. Wem kann er vertrauen? Als Waise und Lehrling steht er auf der untersten Stufe und hat wenige Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Die Geschichte ist raffiniert gestrickt und hat dank vieler packender und scheinbar aussichtsloser Szenen einen hohen Unterhaltungswert.

Das Cover trumpft mit viel Liebe zum Detail und besonderer Kreativität auf. Szene, Farben und Titel sind sehr gelungen und stimmen auf eine spannende Geschichte ein. „Der Blackthorn-Code – das Vermächtnis des Alchemisten“ ist für Kinder ab 10 Jahren gedacht und reißt auch Erwachsene mit. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 15.11.2016
Ide, Joe

I.Q / Isaiah Quintabe Bd.1


sehr gut

„I.Q.“ ist der Debütroman von Autor Joe Ide. Joe Ide setzt auf eine Hauptfigur mit besonderem Ermittlungstalent.

Isaiah Quintabe, Spitzname I.Q., ist als Detektiv ohne Lizenz im Untergrund tätig. Er braucht dringend einen lukrativen Auftrag. Ausgerechnet sein ehemaliger Mitbewohner Gangsta Juanell Dodson hat einen Klienten, bei dem das Geld locker sitzt. Zähneknirschend nimmt Isaiah das Angebot an. Auf Rapper Cal wurde ein ungewöhnlicher Mordanschlag verübt. Kann er den Fall aufklären?

Der Prolog gibt Einblick in die Welt eines Pädophilen, der nah dran ist, seine erste Entführung zu begehen. Es fehlt dem Täter eindeutig an Intelligenz. Boyds unberechenbarer Ehrgeiz, sich endlich ein Mädchen zu beschaffen, sorgt für Beklemmung. Die Geschichte beginnt unterhaltsam mit Isaiah, der von Deronda bedrängt wird. Was sind ihre wahren Gründe? Spannung kommt mit einer zufälligen Beobachtung I.Q.s auf. Das Tempo nimmt zu. Eine Verfolgung lässt den Atem stocken. Sehr gelungen inszeniert! Anhand von Rückblenden erfährt der Leser mehr übers I.Q.s Vergangenheit und einen schweren Schicksalsschlag, der ihn geprägt hat. Hat sich I.Q. aus dem dunklen Loch befreit? Bewundernswert sind seine Intelligenz, Beobachtungs- und Kombinationsgabe. Es ist fesselnd, ihm bei den Ermittlungen zu zuschauen. Isaiah Quintabe eignet sich perfekt für eine Thriller-Reihe. Er hat Charisma, Coolness und genügend Ecken und Kanten. Die Gegensätze I.Q. und Dodson haben Unterhaltungswert. Wer unterschätzt wen? Autor Joe Ide schafft es, die Geschichte sehr real erscheinen zu lassen. Mit viel Raffinesse schachtelt er besonders am Anfang die Ereignisse aneinander. Etwas viel Raum nehmen die Rückblenden ein. Das Tempo wird davon zu oft ausgebremst. I.Q.s Gegner erweist sich als kaltblütig und skrupellos. Die Gefahr für das Ermittler-Team I.Q. und Dodson nimmt zu. Nicht so passend ist die gestelzte Sprache von Junior. Auch das Verdächtiger-Wirrwarr geht nicht so gut auf. Zum Schluss wird es etwas langatmig mit geballten Infos. Gelungen ist eine kleine Überraschung am Ende. Besser wäre es gewesen, wenn sich das rasante Tempo vom Anfang durchweg gehalten hätte. Der Thriller hat zwar einige fesselnde Szenen aufzuweisen, verliert aber immer wieder an Atmosphäre. Sehr gut und Mittelmaß wechseln sich ab.

Das Cover mit dem übergroßen „IQ“ und Teil eines Gesichts passt perfekt zur Geschichte und zum Thriller-Genre. Es verrät wenig, macht aber neugierig. Das Buch hat seine Vorzüge. „I.Q.“ ist anders als andere Thriller, spielt in ungewöhnlichen Milieus. Für Band 2 wäre noch etwas Luft nach oben.

Bewertung vom 05.11.2016
Rehlein, Susann

Lucy Schröders gesammelte Wahrheiten


gut

Nach „Alles Lametta“, „Bitte streicheln sie hier“, „Die erstaunliche Wirkung von Glück“ und „Auch die Liebe hat drei Seiten“ ist „Lucy Schröders gesammelte Wahrheiten“ das neueste Werk von Autorin Susann Rehlein.

Der 26jährigen Lucy droht die Psychiatrische Einrichtung, wenn sie sich nicht endlich wieder auf die Straße traut und Leute kennen lernt. Sie hat sieben Monate ihre Wohnung nicht verlassen. Für Lucy sind die ersten Schritte zurück in die Welt eine Riesenherausforderung. Zu viel Lärm, zu viele Menschen, zu viel Nähe. Erst als sie plant, eine Jeans im Kaufhaus zu kaufen, nimmt alles eine Wende.

Es fällt anfangs schwer, sich an Erzählstil und Hauptfigur zu gewöhnen. Das wiederholte „Sie“ für die Hauptfigur birgt Verwechslungsgefahren. Lucy hat einige Macken. Unbegreiflich, wie sich ein Mensch freiwillig sieben Monate in die Wohnung zurückzieht und sich stoisch weigert, am Leben teilzunehmen. Erst im Laufe der Geschichte werden die Gründe für Lucys Verhalten deutlich. Bald kommt die Frage auf, wovon Lucy eigentlich lebt. Zwar baut sie Schneekugeln mit Weissagungen drin, aber das Geschäft brummt nicht gerade. Interessant sind Lucys besondere Gaben. Ihre hellseherische Fähigkeit sorgt für amüsante Situationen. Witzig, wie sie mit ihren Weissagungen einfach herausplatzt und Leute vor den Kopf stößt. Lucys Ruppigkeit macht sie einzigartig. Nur langsam lässt sie auch ihre Herzlichkeit heraus. Humor und Unterhaltungswert der Geschichte nehmen mit einem wichtigen Gespräch zwischen Lucy und dem Geschäftsführer des Kaufhauses zu. Die Wende kommt überraschend. Im zweiten Buchdrittel entwickelt sich mehr Atmosphäre. Das liegt auch an Nebenfiguren wie Lea, Margarete, Dickie und Piepel. Es fällt leichter, für Lucy Verständnis aufzubringen und sie zu mögen. Mit einer Enthüllung und Lucys Liebesverwirrungen kommt sogar Spannung auf. Rührend wie Lucy auf ihre ganz eigene Weise immer mehr Einsatz für einen Menschen zeigt, der ihr am Herzen liegt. Die Themen Einsamkeit, Verletzlichkeit und Liebe werden anhand einer ungewöhnlichen Hauptfigur beleuchtet. Eine erahnte Weichheit nimmt zu und hüllt das letzte Buchdrittel ein. Das Ende erfüllt die Erwartungen und ist gelungen.

Die Coverszene passt sehr gut zum Buch. Dank fröhlicher Farben fällt das Buch ins Auge. Der Titel klingt ein bisschen nach Sachbuch. „Lucy Schröders gesammelte Wahrheiten“ reißt erst ab einem eher späten Moment mit, und das ist sehr schade. Punkte sammelt die Autorin nach einer ernsten Wahrheit mit originellen Ideen und Lucy typischen Sätzen.

Bewertung vom 23.10.2016
Johansson, Lars Vasa

Anton hat kein Glück


ausgezeichnet

„Anton hat kein Glück“ ist der Debütroman des schwedischen Drehbuchautors und Musikers Lars Vasa Johansson.

Seinen 45. Geburtstag feiert Anton alleine auf einer Raststätte unterwegs zu einem Auftritt als Zauberer im Altenheim. Mit seiner großen Liebe hat er vor Jahren Schluss gemacht und sein bester Freund Sebastian ist als Zauberer wesentlich erfolgreicher als er. Ein Unfall lässt Anton in einer seltsamen Gegend stranden, in der nicht alles mit rechten Dingen zugeht.

Der Fantasy-Prolog gibt einen ersten Hinweis auf das Magische in der Geschichte. Sehr gelungen ist der Einstieg mit dem Gebäckstück. Autor Lars Vasa Johansson beweist in seinem Debüt viel Humor und Ideenreichtum. Anton scheitert an einer ersten Herausforderung und weiß nicht, wie sehr er sich mit seiner Entscheidung ins Unglück stürzt. Es gelingt ihm nicht mehr den Ort zu verlassen. Was ist geschehen? Anton zweifelt am Außergewöhnlichen und findet anfangs noch für alles eine sinnvolle Erklärung. Die Hauptfigur wirkt sympathisch. Seine Unzufriedenheit ist nachvollziehbar. Plötzlich scheint er wie vom Pech verfolgt. Schnell kommt Mitleid mit Anton auf. Kann er Neid, Eifersucht, seine negativen Gedanken überwinden? Es sind die Charaktere, die mitreißen. Jede Figur hat etwas ganz Eigenes. Nichts scheint schon mal dagewesen. Welche Rolle spielen Gunnar und Greta? Sie wirken wie die Guten, könnten aber auch etwas im Schilde führen. Das Undurchsichtige und die lauernden Gefahren durch Fabelwesen wie den Tränentriefer sorgen für Spannung. Jeder magische Charakter hat einen ungewöhnlichen Namen, der im Gedächtnis bleibt. Der Schmunzelfaktor ist hoch. Anton lernt Jorma, der auf einer Liebesquest ist, auf verrückte Weise kennen. Zieht der junge Mann ihn noch mehr ins Verderben? Nach und nach kommen immer mehr Wahrheiten ans Licht. In Rückblicken erfährt der Leser mehr von Antons Vergangenheit. Warum ist er in Liebe und Job erfolglos geblieben? Kann sich das Blatt noch wenden? Der Plot ist mit viel Raffinesse gestrickt und hat einige Überraschungen parat. Es fällt leicht mit Anton mitzufiebern. Tücken, Fettnäpfchen und Gefahren, ihm bleibt nichts erspart. Die Odyssee nimmt ungeahnte Ausmaße an. Zum Showdown steigt die Spannung. Antons Gegner scheint unschlagbar zu sein. Gibt es ein Entkommen? Das Ende und auch der Ausklang sind gelungen.

Das Cover mit dem Zylindermann von hinten im Wald verströmt etwas Geheimnisvolles. Es passt zum Undurchsichtigen der Geschichte. Der Titel ist Understatement pur. Es lässt sich nicht erahnen, was für eine unterhaltsame Mischung aus Realität und Fantasy dahinter steckt. „Anton hat kein Glück“ hat ein paar Botschaften auf Lager und ist lehrreich. Wer nörgelnd, jammernd und egoistisch durch die Welt marschiert, wird bald ganz alleine da stehen. Ein außergewöhnlicher und sehr empfehlenswerter Roman für alle die originelle Geschichten lieben. Die Spannung steigt, was Lars Vasa Johansson demnächst aus der Fantasy-Kiste zaubert.