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Glüxklaus
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Franken

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Insgesamt 633 Bewertungen
Bewertung vom 30.01.2022
Heiland, Julie

Diana / Ikonen ihrer Zeit Bd.5


sehr gut

Arme, reiche Prinzessin - lesenswerte Romanbiographie, die einen Blick hinter die Fassade der englischen Krone gewährt

„Unsere Geschichte ist so komplex und deshalb schwer nachzuvollziehen. Sie ist etwas ganz Besonderes.“
„Wirklich?“, gab Carolyn zu bedenken. „Oder ist sie nicht doch im Grunde wie so viele andere Liebesgeschichten: Frau liebt Mann, aber Mann liebt eine andere?“

Mit gerade einmal 17 Jahren verliebt sich die Kindergärtnerin Diana Spencer in den zukünftigen König von England Prinz Charles. Ihr großer Wunsch von einem Leben an seiner Seite geht in Erfüllung und Diana wird als Charles Ehefrau weltberühmt. Doch bald schon müssen ihre Träume von einem perfekten Leben als Prinzessin der Realität weichen. Die Beziehung zu Charles entwickelt sich zunehmend kompliziert. Diana ist unglücklich und gerät in Gefahr, sich selbst zu verlieren.

Autorin Julie Heiland erzählt flüssig und gut verständlich in klarer, natürlicher Sprache. Ich hatte keine Mühe, in die Handlung hineinzufinden. Grundsätzlich geht Heiland bei der Darstellung der Ereignisse chronologisch vor, zwischendurch schildert sie aber auch Szenen, die in der Zukunft spielen und „springt“ dann in die Vergangenheit zurück, um Entwicklungen genauer zu erklären. Das Cover zeigt ein Bild von Diana in London, sie ist darauf sofort zu erkennen, trägt ein für sie typisches rosa Kleid, was auf mich aber etwas kitschig wirkt.

Diana gilt als die „Königin der Herzen“, sie ist bei den Menschen außerordentlich beliebt, zeigt sich in der Öffentlichkeit nahbar und mitfühlend und findet sofort Zugang zu Menschen. Dieses besondere Talent im Umgang mit anderen, ihre Hilfsbereitschaft und ihr Engagement für Schwächere und Benachteiligte zeichnen sie aus. Doch es existiert auch eine andere Diana, jenseits der nach außen fröhlichen, unkomplizierten Frau. Das Buch stellt Diana ebenso als hochemotionale, sensible, unsichere, einsame, oft schwache und sehr unglückliche Frau dar, die sich nach Liebe und Zuneigung sehnt und die an der Kälte des Palasts zu zerbrechen droht. Sie fühlt sich oft, als fülle sie nur eine Rolle aus oder gar „wie tot“.
Eigentlich sitzt Diana mit Charles im selben Boot, beide müssen für die Öffentlichkeit funktionieren und repräsentieren. Doch auf die Unterstützung ihres Mannes kann die junge Frau nicht zählen. Charles wurde in seine Familie unabänderlich hineingeboren, er fühlt sich unfrei und fremdbestimmt. Für Diana, die ein ähnliches Problem hat, hat er dennoch kein Verständnis, er verhält sich ihr gegenüber kühl und abweisend. Charles Herz gehört bekanntermaßen einer anderen Frau, die er nicht vergessen kann. Der Prinz hadert zudem damit, dass Diana bei den Menschen und in der Presse wesentlich beliebter ist als er selbst. Auch wenn es für Charles nicht einfach ist, ständig im Fokus zu stehen und nicht das tun zu können, was er wirklich will, kommt er doch im Roman wenig sympathisch rüber. Für ihn hatte ich deutlich weniger Mitgefühl als für Diana, aber die dargestellte Perspektive ist eben auch die ihre. Charles würde die Geschichte sicher anders erzählen.
Auch zu Queen Elizabeth, die Diana „die einsamste Frau der Welt“ nennt, entwickelte ich keinen Zugang. Sie wirkt tatsächlich wie Diana treffend formuliert, „wie aus Granit“.

Julie Heiland beschreibt sehr deutlich, wie ein Märchen zum Albtraum wird. Charles bringt es auf den Punkt: „Wach endlich auf, Diana! Das hier ist nicht das Märchen, von dem alle gesprochen haben. Das hier ist nicht mal das normale Leben! Wie sind alle nur Figuren auf einem Schachbrett, die hin- und hergeschoben werden.“
Es ist einfach nur tragisch zu lesen, wie zwei privilegierte Menschen eine so verkorkste Beziehung führen können und sich gegenseitig das Leben derart schwer machen können. Tragisch, aber aus psychologischer Sicht sehr interessant und nachdenklich stimmend. Viele Szenen kommen mir aus der Serie „The Crown“ bekannt vor, einiges ist nicht genauso geschehen, sondern fiktiv. Dennoch kann ich mir gut vors

Bewertung vom 27.01.2022
Kempen, Sarah M.

Eine Vision zur richtigen Zeit / Akademie Fortuna Bd.2


sehr gut

Wo ist Ben? Spannende Fortsetzung mit noch mehr Rätseln und Geheimnissen

Nachdem Sorry in der letzten Prüfung bewiesen hat, wie nützlich ihre kleinen Vorhersagen sind, könnte für sie eigentlich endlich Ruhe einkehren, doch es wartet schon die nächste Herausforderung für die Schülerin der Akademie Fortuna. Ben ist spurlos verschwunden, entführt von seinem eigenen Vater Mal Chievous. Das darf auf keinen Fall bekannt werden. Sorry hat die schwierige Aufgabe, ihn zu retten und gleichzeitig geheim zu halten, was wirklich los ist. Zum Glück gibt es Missy und andere Mitschüler, die Sorry mit viel Engagement helfen. Doch die Mission scheint immer aussichtsloser.

Autorin Sarah M. Kempten schreibt lebendig, altersgemäß, flüssig, gut verständlich und mit Humor in der ersten Vergangenheit. Alicia Räths interessante Illustrationen regen die Neugier der Leserschaft an. Ihre Figuren sehen ungewöhnlich, etwas kantig und klar konturiert aus. Der Zeichenstil ist sehr individuell.
Kinder ab neun, zehn Jahren werden das Buch selber lesen können, jüngere werden mit den teils fremdländischen Namen und Fremdwörtern z.B. den Disziplinen innerhalb der Wahrsagerei noch ihre Schwierigkeiten haben. Zum Vorlesen eignet sich die Geschichte aber auch für jüngere Mädchen und Jungen.

Wie besonders die Figuren sind, zeigen schon ihre sehr kreativen, ausgefallenen Namen. Die Figurentruppe ist divers, aber das wird nicht überdeutlich thematisiert, sondern ganz nebenbei angesprochen. Anniversary Fortune, genannt Sorry, ist die Hauptfigur, sie ist nun etwas selbstbewusster geworden, vertraut ihren Kräften mehr, hadert aber immer noch mit ihren ungewöhnlichen Talenten und eine besondere, unglaubliche Fähigkeit gesellt sich in diesem Band noch dazu. Die Freundschaft Sorrys zu ihren Mitschülern Arkana, Baton oder Chrystal hat sich weiterentwickelt und auch die Beziehung zu ihrer Erzfeindin Estrella, die auch ganz andere Seiten hat als die, die sie nach außen zeigt, verändert sich. Besonders gefällt mir Nichtseherin Missy, die mit ihrer Ungeschicklichkeit für viel Chaos sorgt, aber manchmal einen besseren Durchblick hat als so mancher Seher.
An wirklich unterhaltsamen Zeitgenossen wie Orbis Astra mangelt es genauso wenig wie an echten Bösewichten. Taurus Astra erinnert nach wie vor an Harry-Potter Fiesling Lucius Malfoy.

Werden Sorry, Missy und Co Ben retten? Ziemlich spannend, wie sie versuchen, Mal Chievous und Ben aufzuspüren. Dabei kommen einige Geheimnisse und Rätsel ans Licht, die zum Schluss längst nicht alle gelöst werden, aber sehr, sehr neugierig machen. Das Ende markiert ein Cliffhanger, der dafür sorgt, dass ich die Fortsetzung unbedingt lesen muss.
Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Ein urkomischer Moment beispielsweise, als Missy mit beeindruckendem Selbstbewusstsein und sehr überzeugend vorgibt, aus Werkzeugen die Zukunft lesen zu können. Nachdem die Beziehungen, Konstellationen und komplexen Wahrsagedisziplinen in „Akademie Fortuna- eine Vision zur richtigen Zeit“ deutlich klarer und verständlicher werden als im Vorgänger, hat meine Zuhörer und mich dieser Band noch etwas mehr gepackt als der erste. Wer es magisch liebt, ist mit dieser Reihe gut bedient.

Bewertung vom 25.01.2022
Gesthuysen, Anne

Wir sind schließlich wer


gut

Eine etwas aus der Zeit gefallene Familiengeschichte mit Schwächen

„Dein Mitleid kannst du dir sparen. Ich habe einen reichen Mann, ein Kind, alles, wovon eine Frau nur träumen kann. Und du? Deine engste Beziehung ist die zu einem Hund. Und weil du dein eigenes Elend nicht ertragen kannst, kümmerst du dich um die Dramen anderer Leute.“

Anna und Maria sind Schwestern, stammen aus einer niederrheinischen Landadelsfamilie und könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Anna eine Stelle als Vertretungspastorin übernimmt und vor allem den konservativen Teil der Gemeinde Alpen überzeugen möchte, erlebt Maria ihren persönlichen Supergau. Ihr Mann Gottfried wird verhaftet, kurz darauf verschwindet ihr Sohn Sascha. Anna versucht ihrer Schwester zu helfen. Doch das ist gar nicht so einfach, Maria zeigt sich widerwillig, außerdem fuhrwerkt ihre standesbewusste Mutter Mechtild öfter dazwischen und die hat ihre ganz eigenen Vorstellungen, wie sich ihre Töchter zu verhalten haben.

Autorin Anne Gesthuysen schreibt gut verständlich, formuliert klar und recht schlicht. Sie erzählt, was aktuell passiert, von Annas Neuanfang, Marias Krise, Saschas Verschwinden. In Rückblenden schildert sie zudem zentrale Momente aus der Vergangenheit der Familie.

Obwohl Schwestern, sind Anna und Maria das komplette Gegenteil voneinander.
Maria wirkt mit ihren traditionellen Vorstellungen von einer repräsentativen, adligen Familien wie aus der Zeit gefallen. Sie versucht den Erwartungen der Mutter zu entsprechen, die es so ausdrückt: „Wir sind uns so ähnlich, Maria. Unser Platz ist an der Seite eines Mannes aus der gehobenen Gesellschaft. Das verlangt Disziplin.“ Doch Maria ist nicht glücklich mit ihrer Rolle, schon längst hat sie die Kontrolle über ihr Leben verloren. Anstatt ihre Probleme anzugehen, verharrt sie im Nichtstun, sucht Trost im Alkohol. Schwester Anna hingegen ist aktiv, sie packt die Dinge und Probleme an, ist offen und ehrlich. Auch wenn sie mit ihren „fortschrittlichen“ Ansichten mitunter aneckt, schafft sie es, Leute zu bewegen und zu mobilisieren. Anna hat wie Maria Schlimmes durchgemacht, Traumatisches erlebt, aber sie lässt sich nicht unterkriegen.
Während Mutter Mechthild an ihren konservativen Werten festhält und keinen wirklichen Zugang zu ihren Töchtern hat, können die sich auf Großtante Ottilie verlassen. Ottilie hat viel Lebenserfahrung, viel Verständnis und ist erfrischend direkt, ganz ohne Standesdünkel. Einige Dorfbewohner scheinen auf den ersten Blick spröde, misstrauisch und ablehnend, zeigen aber dann, was wirklich in ihnen steckt. Diese Entwicklung gefiel mir.

Zwangsläufig werden die Schwestern durch ihre Probleme zusammengeschweißt, verbindet sie doch das gleiche Ziel, Sascha wiederzufinden. Dass man sich bei allen Differenzen auf die Familie und letztendlich auch auf die Dorfgemeinschaft verlassen kann, ist eine schöne Botschaft, die im Roman sehr deutlich durchkommt. Dennoch lässt mich der Roman etwas überfragt zurück. Nicht nur, dass ich Schwierigkeiten hatte, das Buch in ein Genre einzuordnen, mich haben einige Aspekte des Plots überhaupt nicht überzeugt. Gerade der Kriminalfall um Saschas Verschwinden und seine Auflösung war mir zu plump, erinnerte eher an einen Schüleraufsatz oder einen seichten Fernsehfilm als an einen seriösen Roman für Erwachsene. Die Rückblenden haben mir gefallen, allerdings halte ich die Darstellung von Marias und Mechthilds Einstellung für nicht sehr realistisch, ihren Standesdünkel hätte ich eher ins vorletzte Jahrhundert verortet. Anne Gesthuysen hat durchaus Humor, aber für mich kommt dieser leider zu selten und zu wenig feinsinnig und subtil durch. Die Vorgängerbücher haben mich in der Hinsicht mehr überzeugt. „Wir sind wer“ wirkt auf mich etwas lieblos zusammengeschustert und nicht immer ganz ernst zu nehmen, als wüsste die Autorin bis zum Schluss selbst nicht, wohin ihre Reise wirklich gehen soll. Das Buch ist stellenweise nett zu lesen, stellt menschliche Eigenarten

Bewertung vom 25.01.2022
Erne, Andrea

Wir entdecken Autos / Wieso? Weshalb? Warum? Bd.28


sehr gut

Wissen rund ums Auto bunt, kindgemäß und motivierend aufbereitet

Autos sind aus unserem Leben nicht wegzudenken. In „Wir entdecken Autos“ aus der Reihe „Wieso Weshalb Warum“ dreht sich alles um sie: Warum fahren wie Autos? Woraus besteht ein Auto? Wie arbeitet der Motor eines Autos? Wie wird ein Auto gebaut? Wieso gehen Autos baden? Wann feiern Autos Hochzeit? Was macht Autos sicher? Wie sahen Autos früher aus?Wo müssen Autos langsamer fahren? Wo dürfen Autos schneller fahren? Wie kann man Autos mit anderen teilen? warum muss ein Auto in die Werkstatt? Wer braucht Autos im Beruf? Wie geht es mit den Autos weiter?

Die Texte sind kindgemäß und gut verständlich formuliert - wenn Autos in Farbe getaucht werden, nennt sich das im Buch „Baden“, die Verbindung von Karosserie und Fahrgestell wird als „Hochzeit“ bezeichnet. Hier wird die Sprache der Zielgruppe aufgegriffen, um Sachverhalte anschaulich zu erklären. Das gefällt mir. Die übersichtlichen Texte werden durch zahlreiche bunte Bilder unterstützt. Große und kleine Entdeckerklappen erläutern und motivieren, größere Verwandelklappen mit Aha-Effekt sorgen für Abwechslung. Auf einigen Seite kommentiert oben ein kleiner Hund witzig das Geschehen.
Kinder die nicht lesen können, werden Spaß daran haben, alle Bilder genau anzuschauen. Auch ohne die begleitenden Sachtexte zu verstehen, ist das Betrachten der Bilder sehr informativ und lehrreich. Noch mehr erfährt man natürlich, wenn die Texte dazu vorgelesen werden. Das Buch ist für Kinder ab vier Jahren zum Anschauen und Vorlesen geeignet, ältere können sich die kurzen Texte schon selber erlesen.

Das Thema „Auto“ ist vielfältig. Natürlich können da nicht alle Aspekte gründlich behandelt werden. Die kleinen Leser erhalten aber einen soliden Überblick, wozu Autos gebraucht werden, was sie leisten, wie sie gebaut werden und funktionieren, wie sie sich entwickelt haben und weiter entwickeln werden. Auch Unweltschutzaspekte werden dabei immer wieder angesprochen. Die Gestaltung dieses Kindersachbuchs ist absolut gelungen und sehr motivierend. Hier lesen durch die vielen Klappen auch die Hände mit, mit den kleineren Klappen sollte allerdings pfleglich umgegangen werden, da sie leicht einreißen können. „Wir entdecken Autos“ ist ein Mitmachbuch, in dem es immer wieder Neues zu entdecken gibt, denn alles lässt sich nicht auf einmal sofort erfassen. Dass auf viele Details geachtet wird, wie dass die meisten Nummernschilder Namen ergeben und Leseanfänger zum Lesen anregen, ist toll. Hier wird viel Wissen kindgemäß aufbereitet.
Insgesamt ein weiteres empfehlenswertes Buch aus der zu Recht erfolgreichen Kindersachbuchreihe. Für alle kleinen Autofans ein Muss.

Bewertung vom 19.01.2022
Parkos, Max

Mätsch


sehr gut

Ein legendäres Kartenspiel und jede Menge Turbulenzen: origineller, herrlich schräger Comicroman

Magic war vorgestern. Jetzt kommt Mätsch!
Phil hat wie die anderen Schüler der Schule nur eines im Kopf, das geniale, süchtigmachende, legendäre Kartenspiel Mätsch. Er möchte unbedingt mit seinem selbstgezeichneten Kartendeck das Großturnier gewinnen, ein Held werden und sich mit dem Preisgeld die Schule kaufen. Doch das ist eine alles andere als einfache Mission. Dafür benötigt er nämlich zunächst ausreichend Punkte, um überhaupt am Wettbewerb teilnehmen zu können. Überaus kompliziert, zumal dem Rektor der Schule das Spiel ein Dorn im Auge ist und Phil sich nicht beim Spielen erwischen lassen darf. Und dann ist da auch noch der Klassenfiesling Sait, der Phil zusätzlich tonnenweise Steine in den Weg legt.

Max Parkos schreibt aus Phils Sicht in Ichform. Die Geschichte liest sich angenehm leicht, witzig und gut verständlich. Viele lustige, individuelle, dynamische Schwarzweiß-Comiczeichnungen mit Sprechblasen und Kommentaren lockern den Text auf und motivieren. Die Seiten sind durch die vielen Bilder sehr abwechslungsreich und vielseitig gestaltet. Die Textmenge ist recht klein, daher werden sich auch Lesemuffel von diesem Buch angesprochen fühlen. Die Geschichte eignet sich zum Selberlesen für Kinder ab neun Jahren.

Alle Personen werden mit aktuellem Mätsch-Punktestand und Thema ihres persönlichen Kartendecks auf dem Vorsatzpapier vorgestellt, eine witzige, gute Idee.
Hauptfigur und Ich-Erzähler Phil ist aufgeweckt, einfallsreich, kreativ, herrlich naiv und dabei wunderbar sympathisch. Seine Leidenschaft für Mätsch ist deutlich spürbar, Phil ist von diesem Spiel regelrecht besessen. Er weiß ganz genau, was er will und riskiert viel, um seinen Traum zu erreichen. Phil eifert engagiert seinem großen Bruder, dem legendären Nick, dessen Kappe er trägt, nach. Nick soll stolz auf ihn sein.
Die restlichen Figuren sind ebenso sehr originell, da ist Vater Martin, der schon mehrere Male sitzengeblieben ist, der verplante Marko, Bösewicht Sait oder Hagen mit seinen obermiesen Tricks.

Die Idee, selbst ein Kartendeck zu gestalten anstatt eines zu kaufen, hat meinen Mitlesern und mir ausgesprochen gut gefallen. Hier werden die Kinder angeregt, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen, selbst kreativ zu werden und ebenfalls ein eigenes Deck zu entwerfen. Auch wenn uns nicht alle Regeln des Spiels hundertprozentig klar waren, ist das Thema Mätsch ohne Zweifel außergewöhnlich und wirklich ansprechend. Wer Genaueres zum Spiel wissen möchte, kann sich auf der Internetseite zum Buch informieren.
Es geht in „Mätsch“ aber nicht nur um ein Spiel und seine Regeln, sondern um Freundschaft, Zusammenhalt, wahre Sieger, Ausgrenzung und das, worauf man wirklich stolz sein kann. Verpackt in eine mitreißende Geschichte, die sich anders als erwartet entwickelt. Wird Phil letztendlich seinen großen Traum wahrmachen?
Erwachsene werden den Humor des Buches vielleicht nicht ganz so komisch finden wie die Zielgruppe Kinder, aber offiziell ist es ohnehin nicht erlaubt, dass Erwachsene Mätsch lesen, wie am Anfang der Geschichte deutlich vermerkt. Ich habe es trotzdem getan, bin nicht ganz so ausnahmslos begeistert wie meine Kinder, kann die schräge, überdrehte, witzige Geschichte aber allen Spiele- und Comicfans trotzdem sehr empfehlen.

Bewertung vom 19.01.2022
Rygiert, Beate

Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher


sehr gut

Frauenpower im Berlin der zwanziger Jahre: unterhaltsam und kurzweilig

Rosalie Gräfenberg lebt in den 1920er Jahren in Berlin. Sie ist geschieden, reist viel und arbeitet erfolgreich als Journalistin. Auf einem Empfang lernt sie Franz Ullstein, den Generaldirektor des renommierten Ullstein Verlags kennen. Franz ist Witwer und wesentlich älter als Rosalie, er ist sofort angetan von der weltgewandten, gebildeten Rosalie. Als die beiden später heiraten, lehnt Franz Familie die Verbindung jedoch ab und versucht die beiden durch böse Anschuldigungen zu entzweien. Doch mit Schriftstellerin Vicki Baum und deren umtriebigen Assistentin Lili Blume hat Rosalie starke Unterstützung. Ob sie gemeinsam Rosalies Abstieg verhindern können?

Autorin Beate Rygiert schreibt angenehm flüssig und unkompliziert. Sie schildert, was Rosalie, Franz und Lili aktuell erleben, dabei wechselt sie regelmäßig die Sichtweise.

Die Figuren stellen eine Mischung aus realen und erfundenen Personen dar. Rosalie Gräfenberg, Vicki Baum und die Mitglieder der Ullstein Familie haben wirklich gelebt, der Charakter Lili Blume und ihr privates Umfeld sind frei erfunden.
Die drei „modernen“ Frauen Rosalie, Vicki und Lili wollen mehr als Hausfrau und Mutter sein, sie schreiben gern, hoffen auf ein stabiles berufliches Standbein und streben nach Unabhängigkeit. Lili stammt aus einfachen Verhältnissen, gibt sich damit aber nicht zufrieden, sie ist sehr aktiv, aufgeweckt und ehrgeizig. Rosalie und Vickie sind sozial besser gestellt. Die Frauen unterstützen sich trotz ihres unterschiedlichen Status gegenseitig. Mir gefällt die Beziehung zwischen den drei starken, selbstbewussten Frauen, die auf besonderer Weise zusammenhalten. Gemeinsam ist ihnen allerhand zuzutrauen.
Einige Mitglieder der Ullsteinfamilie, die Sorge um ihr Vermögen haben, kommen da deutlich schlechter weg und vermitteln einen ziemlich unangenehmen Eindruck. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, die verschiedenen Personen aus Franz Familie zu unterscheiden, da doch recht viele Figuren vorkommen. Ein Personenregister am Anfang hätte ich mir gewünscht.

„Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher“ entführt ins Berlin der Zwanziger, lässt einen Blick hinter die Kulissen des renommierten Verlags werfen. Die Geschichte dahinter ist sehr interessant, aber trotz der Intrigen eher ruhig. Ein wenig mehr „Action“, ein etwas größerer, steilerer Spannungsbogen hätte der Handlung sicher nicht geschadet. Ich habe das Buch gerne gelesen. Für mich aber kein Tophit, eher angenehme Fahrstuhlmusik. Nicht durchgehend emotional fesselnd, aber durchaus kurzweilig, solide und unterhaltsam. Wer historische Romane aus den Zwanzigern über selbstbewusste Frauen mag, die sich zu helfen wissen, wird dieses Buch sicher zu schätzen wissen.

Bewertung vom 08.01.2022
Scrivan, Maria

nICHt genug Bd.1


ausgezeichnet

Jeder ist genug - witziger und origineller Comic mit starker Botschaft

Natalies beste Freundin Lily ist weggezogen, Natalie war lange Zeit sehr traurig deswegen. Doch auf ihrer neuen Schule wird Natalie Lily endlich wieder treffen. Natalies Freude darüber währt allerdings nur kurz, Lily hat eine neue beste Freundin und interessiert sich überhaupt nicht mehr für Natalie. Natalie scheint ihr einfach nicht mehr genug. Überhaupt hat Natalie immer öfter das Gefühl nicht genug zu sein: sie ist nicht sportlich, nicht cool und nicht begabt genug. Auch wenn der Start in der neuen Schule Natalie erstmal ziemlich ernüchtert und enttäuscht, stellt sie bald fest, dass sie sich überhaupt nicht verstecken muss und dass sie allerhand auf dem Kasten hat.

Maria Scrivans Comic ist gut verständlich und kindgemäß geschrieben und gezeichnet. Wie aussagekräftig die Illustrationen sind, ist schon am Cover erkennbar: Natalie ist darauf zu sehen, sie ist geknickt und unglücklich, ihr Schatten ist ein gebrochenes Herz. Dieses Bild sagt mehr als tausend Worte. Maria Scrivan trifft mit ihren klaren, prägnanten Comic-Zeichnungen ins Schwarze. Die Seiten sind bunt und abwechslungsreich, mit unterschiedlich großen und kleinen Abbildungen gestaltet. Natalie kommentiert die jeweiligen Bilder in Ich-Form treffend, trocken, selbstironisch und ziemlich witzig. Das Buch ist für Kinder ab acht Jahren geeignet, vermutlich werden sich Mädchen mehr angesprochen fühlen als Jungen.

Vielen Kindern geht es manchmal so, dass sie sich für unzulänglich und untalentiert halten. Natalie bringt dieses bekannte Gefühle präzise und sehr nachvollziehbar zum Ausdruck. Mit Natalie können sich die Leserinnen und Leser bestimmt gut identifizieren. Natalie ist sensibel und übermäßig selbstkritisch, aber eben auch ziemlich kreativ, originell, phantasievoll und vor allem komisch. Dass sie nicht aufgibt, sich viele Gedanken macht und aktiv wird, statt in Selbstmitleid zu versinken, zeichnet sie aus. Manchmal verhält sie sich etwas unbedarft und naiv, was sie aber nur umso liebenswerter macht. Im Gegensatz dazu wirken Natalies ehemalige Freundin Lily und deren neue Freundin Alex extrem unangenehm. Glücklicherweise sind das aber nicht Natalies einzige Klassenkameraden. Da gibt es zum Beispiel noch den niedlichen Derek oder Zoe, die echt schlau und dazu auch noch total nett ist.

Natalie hat ganz schön viel Talent, nach und nach wird ihr das selber klar. Sie entwickelt Selbstwertgefühl und erkennt, sie ist genug, so wie jeder andere auch genug ist. Die Handlung mag etwas einfach sein, die Botschaft des Buchs ist aber ganz stark. Und in Comics geht es nicht nur um die Geschichte, da geht es darum, dass man bem Lesen gut unterhalten wird, was hier definitiv der Fall ist. Komische, originelle Momente hat dieses Buch zahllose zu bieten. Meine zehnjährige Tochter konnte nicht aufhören zu lachen, als sie vom Titelthema eines von Natalie erfundenen Hundemagazins las, nämlich „Dein Tennisball und Du“. Auch Natalies einfallsreiche Vorstellungen und Charakterisierungen der Figuren und ihre Auflistungen haben sie begeistert.
Für uns ein kurzweiliges, unterhaltsames, originelles Comicbuch mit vielen lustigen Momenten und einer wichtigen Aussage: Jeder ist gut, so wie er ist, man muss es nur selbst erkennen. So macht die Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls richtig Spaß. Vor allem Lesemuffel werden sich von Natalies Geschichte motivieren lassen. Hier gibt es für wenig Text viel Unterhaltung. Für alle Mädchen ab acht Jahren uneingeschränkt zu empfehlen.

Bewertung vom 06.01.2022
Hausmann, Romy

Perfect Day


sehr gut

Spannend und abgründig- ein nicht ganz perfekter, aber ziemlich guter Psychothriller

„Alles, was geschieht auf der Welt, jede einzelne Handlung und jede Konsequenz beruht auf einem Gefühl.“

Ein grausamer Serienmörder treibt ein furchtbares Spiel, er entführt seit vierzehn Jahren Mädchen zwischen sechs und zehn Jahren und tötet sie anschließend. In der Nähe des Tatorts finden sich stets rote Schleifen, eine Botschaft des Mörders. Ann ist geschockt und kann es nicht glauben: Ihr eigener und so liebevoller Vater, ein Philosophieprofessor und Anthropologe, soll der Täter sein und wird vor ihren Augen verhaftet. Mit allen Mitteln versucht sie, seine Unschuld zu beweisen und den wahren Mörder zu überführen.

Romy Hausmann schreibt klar und flüssig. Sie wechselt immer wieder die Perspektiven und Erzählzeiten, geht beim Erzählen der Geschichte nicht durchgehend chronologisch vor. Hauptsächlich schildert sie in Ich-Form Anns aktuelle Suche nach dem Täter, aber sie gibt auch Anns Erinnerungen wieder, stellt Zeitungsmeldungen vor oder formuliert, wie Ann als Kind bestimmte Gefühle definiert. In kurzen Abschnitten kommt unter der Überschrift „Wir“ der anonyme Mörder wiederholt zu Wort, in den zusammengefassten zehn „Aufnahmen“ wird der Mörder nach der Aufklärung des Falls interviewt, unklar ist dabei aber noch seine Identität. Anfangs ist es noch schwierig, die komplexen einzelnen Puzzleteile der Geschichte zusammenzubringen, später wird dann immer offensichtlicher, wie alles miteinander verknüpft ist.

Die Leser lernen Ann in einer Extremsituation kennen. Mit der Verhaftung ihres Vaters bricht für sie eine Welt zusammen. Verständlicherweise reagiert Ann da irrational, will sie doch unbedingt die Unschuld ihres Vaters beweisen. Sie ist stur, lässt sich durch nichts von ihrem Vorhaben abbringen, begibt sich für ihr Ziel auch kopflos in Gefahrensituation und ignoriert Ratschläge und die Vernunft. Für mich waren einige ihrer Aktionen und Reaktionen nicht ganz verständlich. Sie sind wohl der Situation geschuldet, die ich als Außenstehende einfach nicht in der Weise nachvollziehen kann wie Ann als Betroffene selbst.
Viele der beteiligten Personen lassen sich recht schwer einschätzen, scheinen dubios, da die Leser sie durch Anns Augen sehen und Ann vieles ist, aber gewiss nicht objektiv. Daher zog ich alle beteiligten Charaktere immer wieder in Zweifel, auch Ann selbst. Richtig sympathisch war mir keine der Figuren.

Findet Ann bei ihren Ermittlungen die Wahrheit heraus? Und was ist die Wahrheit? Romy Hausmann hat einen stimmigen, nachvollziehbaren, oft sehr packenden und mitunter ziemlich erschütternden und bedrückenden Thriller konstruiert. Sie schafft es auch mit ihrem neuesten Buch, gekonnt mit den Erwartungen der Leser zu spielen und immer wieder zu überraschen. Manche Stellen wirkten auf mich allerdings etwas „überkonstruiert“ und überzogen, gerät Ann doch zu oft in verschiedenste Auseinandersetzungen, auch einige „Zufälle“ waren mir dabei doch zuviel des Guten. Im Großen und Ganzen hat mich „Perfect Day“ aber dennoch gut unterhalten und während des Lesens ganz schön in Atem gehalten.
Eine Geschichte über die Macht und Kraft der Gefühle und Gedanken, über offensichtliche Empfindungen und verborgene dunkle, abgründige. Kein perfekter Thriller, aber ein ziemlich guter.

Bewertung vom 03.01.2022
Clever, Konrad;Kirchner, Moritz

Klo-Psychologe


ausgezeichnet

So lehrreich, informativ, unterhaltsam und witzig kann die tägliche Geschäftsabwicklung sein

Menschen verbringen erstaunlich viel Lebenszeit auf dem stillen Örtchen, laut Klappentext täglich bis zu vierzehn Minuten. Was liegt da näher als das Nötige mit dem Nützlichen zu verbinden und sich während der Geschäftsabwicklung weiterzubilden? In 100 Sitzungen lässt sich durch die Lektüre dieses Buchs fast mühelos ein Diplom in Klopsychologie erlangen. In den Sitzungen geht es um ganz verschiedene Aspekte der Psychologie. Zunächst gibt es eine Einführung mit einer Definition der Psychologie, dann folgen die Kapitel „Tiefenpsychologie“, „Persönlichkeitspsychologie“, „Kognitive Psychologie und Intelligenzpsychologie“, „Kommunikationspsychologie“, „Motivationspsychologie und positive Psychologie“, „Entwicklungs- und Evolutionspsychologie“ und „Organisationspsychologie“. Alles endet wie bei einem echten Studium mit einem Abschlusstest. Zahlreiche Psychologen wie natürlich Siegmund Freud oder Kurt Lewin werden vorgestellt. Zwischendurch sorgen abwechslungsreiche Graphiken für Unterhaltung, da ist so manches Badezimmer berühmter Psychologen skizziert oder es gibt amüsante Filmplakate wie „Der Klopate“ zu bewundern. Außerdem werden immer wieder Multipel Choice Fragen zum Mitmachen angeboten und prägnante Zusammenfassungen von Wissen in Listen, übersichtlichen Tabellen oder graphischen Darstellungen präsentiert.

Der Autor und Diplompsychologe Moritz Kirchner alias Konrad Klever schreibt gut verständlich, direkt, manchmal herrlich flapsig und sehr unterhaltsam. Er spricht seine Schüler/ Klostudenten direkt an. Über Formulierungen wie von „null Bock« bis zu »Jürgen Klopp“, wenn es um die Intensität menschlicher Motivation geht- musste ich immer wieder lachen. Das Buch liest sich wunderbar flüssig, lebendig und überhaupt nicht trocken.

Mir hat das interessante, leichte, sehr unterhaltsame Büchlein, das sich übrigens auch außerhalb des stillen Örtchens prima lesen lässt und die täglichen Sitzungszeiten garantiert verlängert, gut gefallen. Komplexe Themen werden für Laien ansprechend und motivierend aufbereitet. Ich hatte einige Erleuchtungen, weiß jetzt definitiv mehr über dieses interessante Fachgebiet als vorher. Natürlich habe ich mir während der Lektüre über meine Mitmenschen, meine Erfahrungen und mich selbst so meine Gedanken gemacht und bin nun fest davon überzeugt, dass ein wirklich guter Chef über Grundkenntnisse der Psychologie verfügen sollte.
Und auch im Alltag kann so manches, was es hier zu studieren gab, sicher hilfreich sein. Aktives Zuhören zum Beispiel.
Kurzweilig, verständlich und lehrreich, so müssen Sachbücher für mich sein.
Wer sich für Psychologie interessiert, aber Sachbücher oft zu schwer und anstrengend findet, dem rate ich sehr, sich mit „Klopsychologe - in einhundert Sitzungen zum Seelenklempner“ fortzubilden.