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Lunamonique
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Bremen

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Insgesamt 417 Bewertungen
Bewertung vom 03.04.2017
Katzenbach, John

Die Grausamen


ausgezeichnet

„Die Grausamen“ ist das neueste Werk von Autor John Katzenbach. Ein zwanzig Jahre alter Vermisstenfall gibt erneut Rätsel auf.

Assistant Deputy Chief Gabriel Dickinson befindet sich nach einem Unglück und der Trennung von seiner Frau in freiem Fall. Sein Alkoholproblem bleibt auch seinem Chef nicht verborgen. Er bekommt eine letzte Chance und wird ins Resort „Cold Cases“ versetzt. Zusammen mit seiner neuen Partnerin Marta Rodriguez-Johnson nimmt er sich alter, ungelöster Fälle an. Nach einer Durststrecke im Papierwust entdeckt Marta eine Spur.

Der Prolog spielt im Jahr 1996. Die 13jährige Tessa kommt von einem Besuch bei ihrer Freundin nicht nach Hause. Die Verzweiflung der Eltern ist greifbar. Alle Suchmaßnahmen verlaufen im Sande. Was ist passiert? Das Undurchsichtige und Rätselhafte zieht sich durch die Geschichte. Handlungswechsel, Gabe hat alles verloren, was ihm wichtig war. Selbst für seinen Job kann er nicht mehr die notwendige Energie aufwenden. Auch Marta hat mit einem Vorfall zu kämpfen, der ihr den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Beide müssen sich beweisen. Es lässt sich erahnen, dass sich das Team Gabe und Marta sehr gut zusammenrauft. Sie sind als Charaktere mit ihren Schwächen und Eigenarten sehr interessant und ergänzen sich. Die anfängliche Lustlosigkeit verwandelt sich bald in Ermittlungsfieber. Eine überraschende Wende ist effektvoll inszeniert. Wie Gabe und Marta bleibt auch der Leser geschockt zurück. Das Netz aus Lügen scheint undurchdringlich. Wer ist der Gegner? Die Gefahr für Gabe und Marta nimmt zu. Marta muss ihr Trauma überwinden und Gabe einer Versuchung widerstehen. Jedes kleinste Anzeichen von Schwäche kann den Tod bedeuten. Autor John Katzenbach setzt auf die psychologische Schiene. Welche Abgründe stecken hinter den Taten? Spekulationen kommen auf. Alleingänge sorgen zusätzlich für Spannung. Die Paukenschläge kommen zum Schluss. Wer glaubt, der Auflösung schon früh näher gekommen zu sein, irrt sich. Die letzten Seiten haben mehr als eine Überraschung parat. Der Thriller ist klasse inszeniert. Autor John Katzenbach lässt dem Leser Atempausen, um ihm dann eine packende Szene vor den Bug zu knallen. Man weiß nie, was demnächst passiert.

Das Spinnennetz mit den scheinbaren Wassertropfen setzt den Inhalt passend undurchsichtig in Szene. Der Titel wirkt aussagekräftig und kann doch auf falsche Fährten führen. Anziehungskraft hat zusätzlich der Autorenname. Für Thriller-Fans ist „Die Grausamen“ ein Muss. Die Intensität der Story ist dem ungewöhnlichen Ermittlerteam zu verdanken.

Bewertung vom 01.04.2017
Lohse, Stephan

Ein fauler Gott


gut

„Ein fauler Gott“ ist der Debütroman von Stephan Lohse. Der Roman behandelt die Themen „Verlust und Trauer“ auf ungewöhnliche Weise.

Bens Bruder Jonas stirbt mit 8 Jahren nach einem Wettschwimmen im Schwimmbad und 11tägigen Krankenhausaufenthalt. Es konnte keine eindeutige Diagnose gestellt werden. Sein Tod kam für die Familie überraschend. Mutter Ruth und Ben haben schwer mit dem Verlust zu kämpfen.

Bens Blick auf die Welt und sein Innerstes ist verstörend. Seine Gefühlslagen wechseln zwischen Wut und Traurigkeit. Der 11jährige Ben fühlt sich wegen des Wettschwimmens schuldig an Jonas‘ Tod und Ruth, weil sie ihre Kinder mit der Nachbarin allein hat ins Schwimmbad gehen lassen. Beide gehen mit Verlust und Trauer unterschiedlich um und entfernen sich voneinander. Dabei hat Ben den Trost so nötig. Autor Stephan Lohse erzählt auf ganz eigene Art vom Schicksal der Familie. Die Sprache ist offen und schonungslos. Weder Sohn noch Mutter ahnen, wie es dem anderen wirklich geht. Das führt zu einer Abwärtsspirale, mit der so nicht zu rechnen war. Ruth versucht sich zusammenzureißen, kann aber kleine Ausbrüche nicht verhindern. Bens Rettungsanker sind die Freunde, aber auch hier läuft nicht alles reibungslos. Es fällt oft schwer, den Themenwechseln zu folgen. Viele Passagen wirken zu kurz. Es hätte dem Roman gut getan, an so manchem Ort oder in Szenen länger zu verweilen. Handlungswechsel ermöglichen Einblicke in Bens und Ruths Leben nach Jonas Tod. Besonders auf Seiten von Ben gibt es einige originelle Beschreibungen. Unterhaltsam sind seine Fahrstunden mit Herrn Gäbler. Ein Vorfall mit Freund Chrisse beim Angeln sorgt für Spannung. Die Geschichte bietet viel Abwechslung. Was nicht vergeht ist die Schwermut. Es bleibt düster. Ruth verlässt immer mehr der Lebenswille. Eine ungewöhnliche Wende scheint alles wieder ins Lot zu bringen. Der Paukenschlag folgt. Sehr gut gelungen ist das Ende. Zwar entspricht das letzte Buchdrittel nicht den Erwartungen, aber Schluss und Ausklang trösten.

Der Titel hat Anziehungskraft und wird im Inhalt anders interpretiert als gedacht. Was hat es mit der Rakete auf sich? Trotz Schlichtheit animiert das Cover zum Zugreifen. „Ein fauler Gott“ ist keine leichte Kost. Der Roman erfordert Zeit und Konzentration und hinterlässt Eindruck. Es ist kein Buch, das aufbaut und nicht für jemanden zu empfehlen, der kürzlich einen schmerzhaften Verlust erlitten hat.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2017
Stewner, Tanya

Das Geheimnis der Ozeane / Alea Aquarius Bd.3


sehr gut

„Alea Aquarius – Das Geheimnis der Ozeane“ ist Band 3 der Alea Aquarius-Reihe von Autorin Tanya Stewner. Sind Alea und Lennox vielleicht doch nicht die einzigen Meermenschen auf der Welt?

Die Alpha Cru macht sich auf die Suche nach Aleas Vater Keblarr. Eine erfolgversprechende Spur führt nach Island. Alea hofft auch, ihre Zwillingsschwester Anthea dort zu finden. Alea wünscht sich nichts sehnlicher, als das Meervolk wieder aufleben zu lassen. Könnten Meermenschen vielleicht auch irgendwann wieder die Ozeane bevölkern?

Die Alea Aquarius-Reihe befasst sich mit dem Thema „Umweltverschmutzung“. Müllteppiche und Müllstrudel machen nicht nur Alea und ihren Freunden Angst. Kinder ab 10 Jahren werden durch abenteuerliche Geschichten rund um das Meermädchen Alea auf unterhaltsame Weise auf die unsäglichen Bedrohungen für Mensch und Natur aufmerksam gemacht. Es liegt an jedem Einzelnen etwas zu ändern. Zu verhindern, dass Mikroplastik aus Kosmetik und Co in Flüsse und Meere gelangt. Das ist eine besondere Art der Aufklärung, die viel bewegen kann. Im Vordergrund stehen jedoch die Alpha Cru und ihre Erlebnisse. Wird Alea ihren Vater und vielleicht sogar ihre Schwester finden? Auf ihrem Weg trifft sie auf die unterschiedlichsten magischen Wesen, für die die Meermenschen immer schon von großer Bedeutung waren. Ob Seh-Saffier oder Wasserkobold, mit den phantasievollen Gestalten kommt viel Atmosphäre auf. Aleas und Lennox‘ besondere Talente spielen für aufregende bis spannende Szenen eine große Rolle. Jeder der Alpha Cru-Mitglieder hat seine Eigenarten und Besonderheiten. Zusammenhalt wird bei ihnen groß geschrieben. Missverständnisse zwischen Freunden und in der Liebe, das Realitätsnahe überzeugt. Gleich im ersten Buchdrittel etwas zu gewollt eingesetzt ist die Musik. Später wird sie auf eine andere magische Weise zu einem wichtigen Teil der Geschichte. Island als mystischer Handlungsort ist sehr passend gewählt. Undurchsichtige Charaktere und das Rätselhafte reißen mit. Etwas zu durchschaubar ist Aleas Gegner. Offen bleibt, was genau er plant. Alea übersieht zu viele Alarmsignale. Ein Geständnis kommt zu prompt. Der ausschlaggebende Grund für die Handlungen ist nicht nachvollziehbar. Auf den letzten Buchseiten gewinnt die Geschichte an Intensität. Die zeitweisen Schwächen sind schnell verziehen.

Claudia Carls Coverillustration verzaubert. Alea und Lennox in einer packenden Szene eingefangen machen neugierig auf die Geschichte. Der Titel hat Anziehungskraft. Die Farben unterstreichen das Magische und Abenteuerliche. Sehr gelungen! „Alea Aquarius – Das Geheimnis der Ozeane“ hat dank origineller Ideen und Charaktere einen hohen Unterhaltungswert. Der Ausklang von Band 3 weckt die Neugierde auf den Folgeband.

Bewertung vom 19.03.2017
Nicoll, Tom

Drachenalarm auf meinem Teller / Drachenalarm Bd.1


ausgezeichnet

„Drachenalarm auf meinem Teller“ ist Band 1 der Drachenalarm-Kinderbuchreihe von Autor Tom Nicoll. Inzwischen sind Band 2 „Drachenalarm in meinem Rucksack“ und Band 3 „Drachenalarm in meinem Klo“ erschienen.

Min Song liefert mit ihrem Papa, Inhaber des „Panda Pavillon“, Essen aus. Eine Lieferung geht an Mitschüler Eric und seine Familie. Erics Papa ist Trainer der örtlichen Fußballmannschaft, und es gibt ordentlich was zu feiern. Zwar ist der Torerfolg nur ein Eigentor der gegnerischen Mannschaft und sie haben das Spiel 10:1 verloren, aber was soll’s. Nach der Schlemmerei macht Eric eine seltsame Entdeckung.

Der Titel führt ein bisschen in die Irre. Wie Eric tatsächlich auf den Mini-Drachen Ping Lang stößt ist sehr originell, und dann hält er ihn noch nicht einmal für echt. Die Überraschung kommt auf dem Fuße und ist auch in eine mitreißende Szene verpackt. Autor Tom Nicoll überzeugt mit einem humorvollen Erzählstil und einer außergewöhnlichen Hauptfigur. Auf Drachen fahren Jungen wie Mädchen gleichermaßen ab. Sie haben etwas Mystisches und Rätselhaftes. So ein Mini-Drache wirkt zudem noch zuckersüß. Eigentlich sollte er an einem ganz anderen Ort landen. Sein Reiseutensil ist mehr als ungewöhnlich. Bald offenbart Ping Schwächen, die ihn noch liebenswerter machen. Der Drachenwinzling bringt Erics Leben ordentlich durcheinander. Er hält sich nicht an jede Absprache und taucht auch mal im ungünstigsten Augenblick auf. Obwohl es Drachengeschichten zu Hauf gibt, diese ist anders. Einfach noch peppiger und witziger. Ungewöhnlich sind auch die Namen. Erics Dad heißt Monty Chip, die Familienkatze Pusskin. Toby als nerviger, verwöhnter Nachbarsjunge, der alles bekommt, was er sich wünscht, ist der perfekte Gegenpol zu Eric und seinen Freunden. Die Geschichte hat einen hohen Unterhaltungswert. Mit Ping als Geheimnis, das keinesfalls auffliegen darf, kommt Spannung auf. Einzig allein die Kapitelüberschriften sind zu einfach gestrickt und nicht kreativ genug. Das lässt sich locker verschmerzen. Sarah Horns Illustrationen unterstreichen den Witz und Charme der turbulenten Geschichte. Hin und wieder spricht Eric den Leser persönlich an, was nicht übertrieben sondern in den Momenten passend wirkt. Für Abwechslung sorgen kuriose Listen. Mit den Minidrachen-Infos kommt ein bisschen „Gremlins – Kleine Monster“ – Flair auf. Herrlich unterhaltsam sind auch die Drachenrezepte am Ende des Buches. Ein rundum gelungenes Drachen-Debüt!

Ping ist für jeden Schabernack zu haben. Das Cover versprüht gute Laune. Der Begriff „Drachenalarm“ hat große Anziehungskraft und ist sehr klug für die Kinderbuchreihe gewählt. Der Inhalt übertrumpft sogar noch das Cover. Ein Lesespaß für Kinder ab 8 Jahren und die ganze Familie.

Bewertung vom 18.03.2017
Rayburn, James

Sie werden dich finden


sehr gut

James Rayburn ist das Pseudonym des südafrikanischen Schriftstellers Roger Smith. Sein Debüt „Kap der Finsternis“ wird in Hollywood verfilmt. In „Sie werden dich finden“ ist eine Rechnung noch nicht beglichen.

Kate Swifts Tarnung fliegt auf. Sie und ihre Tochter Suzie geraten wieder in den Focus der CIA und ihres Feindes Lucien Benway. Kate braucht Hilfe, wendet sich an ihren alten Freund Philip Danvers und versucht über ihn Harry Hooks Aufenthaltsort herauszubekommen. Der Stratege ist Kates letzte Hoffnung.

Mit einer Bedrohung für Suzie in ihrer Schule überschlagen sich die Ereignisse. Der Thriller hält ein hohes Tempo. Immer wieder geraten Kate und Suzie in eine brenzlige Situation, dabei hat sich Kate gut auf den Tag X vorbereitet, an dem eine weitere Flucht nötig ist. Ihr kaltblütiger Gegner Lucien Benway heftet sich dicht an ihre Fersen. Er hat noch ein zweites Problem zu lösen. Seine untreue Frau Nadja will ihn verlassen. Der Thriller spielt an verschiedenen Handlungsorten, unter anderem Vermont, Berlin, Thailand. Ein kluger Schachzug bringt Kate und Luzie scheinbare Sicherheit. Lässt sich Benway täuschen? Kates Liebe zu ihrer Tochter und ihr Beschützerinstinkt machen sie menschlich. Die ehemalige CIA-Agentin überzeugt mit Intelligenz, Kampfkünsten und ihrem untrüglichen Gespür für Gefahren. Der Gehorsam der 6jährigen Suzie wirkt etwas unnatürlich. Sie zeigt Emotionen, leistet sich aber nie echten Widerspruch und Bockigkeit. Suzie hat einiges hinzunehmen, was sie an ihre Grenzen bringt. Nach dem Verlust ihres Vaters verliert sie wieder einmal ihre Freunde, hält sich an fremden Orten auf, und muss immer sofort spuren, wenn Gefahr droht. Das Team Mutter und Tochter funktioniert. Im Laufe der Geschichte wird ein Geständnis effektvoll eingesetzt. Jean-Philippe, Harry Hook und Philip Danvers zählen zu den interessanten und sympathischen Nebenfiguren, die dem Thriller zusätzlichen Unterhaltungswert verleihen. Ecken und Kanten sind besonders bei Hook und Danvers zu finden. Die weiblichen Akteure wie Hauptfigur Kate, Nadja Benway und Janey Burke erhöhen die Spannung. Eine Tat schockiert. Alles läuft auf einen packenden Showdown hinaus. Der ist leider viel zu kurz geraten, das Ende anders als erwartet. Aus dem letzten Buchdrittel hätte sich mehr draus machen lassen. Ein Akteur, deren Einsatz für zusätzliche Spannung und ein zufriedenstellenderes Ende hätte sorgen können, kommt nicht zum Zuge. Die düsteren Seiten eines Charakters, die sich erst zum Schluss offenbaren, passen nicht so richtig. Es bleiben offene Fragen zu Schicksalen. Nicht ganz rund, das ist der Eindruck auf den letzten Seiten.

Der tropische Handlungsort und Titel haben Anziehungskraft. Das Schwarz im Hintergrund des Titels hat einen beklemmenden Effekt. „Sie werden dich finden“ ist ein fesselnder Thriller. Es gibt kaum Atempausen. Enttäuschung tritt erst auf den entscheidenden Buchseiten auf.

Bewertung vom 16.03.2017
Lambert, Karine

Und jetzt lass uns tanzen


gut

Für das beste belgische Debüt erhielt Karine Lambert 2014 den Prix Saga Café. Ihn ihrem zweiten Buch „Und jetzt lass uns tanzen“ verknüpfen sich die Wege zweier Menschen zum genau richtigen Zeitpunkt.

Marguerite und Marcel haben beide ihre Partner verloren. Marcel hadert mit dem Schicksal. Ihn quälen Schuldgefühle. Das Leben hat seinen Sinn eingebüßt. Marguerite, die sich ihrem Ehemann immer angepasst hat, entdeckt neue Freiheiten. Während der Thermalkur „Geheimnisse der Jugend“ begegnen sich die beiden zufällig und alles verändert sich.

Die Geschichte beginnt mit der Beerdigung von Marguerites Ehemann, einem angesehenen Notar. Marguerite ist 78 Jahre alt. Ihre Ehe war vom Vater arrangiert worden. Hat sie ihren Mann je geliebt? Marguerites Leben ohne Leidenschaften berührt. Erst mit dem Tod ihres Partners wird ihr bewusst, worauf sie so viele Jahre verzichtet hat. Sie entdeckt ihre eigene Persönlichkeit und blüht auf. Wie Marguerite ist es auch anderen Frauen ihrer Zeit ergangen. Sie wurden in ein Korsett gepresst, das sie mit Anmut getragen haben. Ihre wahren Gefühle haben sie verheimlicht. Es ging um Anstand, den guten Ruf, ums Versorgtsein. Das Glück war zweitrangig. In Handlungswechseln gibt es Einblicke in den Werdegang von Marcel und Marguerites Leben. Marcel hatte eine innige Beziehung zu Nora. Die Art ihres Todes und der Verlust machen ihm schwer zu schaffen. Jeder der beiden geht anders mit seiner Trauer um. Schauspielerin Iris Berben schafft es, den Charakteren Kontur zu verleihen. Sie betont Marguerites Sanftmut und verleiht der Hauptfigur und ihrer Veränderung Ausdruckskraft. Für Marcel ist Marguerite die Rettung. Sie gibt ihm das Lachen zurück. Die Geschichte ist liebenswert, aber es fehlt ihr an originellen Ansätzen. Durch Binsenweisheiten und Klischees wirkt sie angestaubt. Marguerites Sohn ist in die Fußstapfen des Vaters getreten und will die Kontrolle über Marguerite zurückgewinnen. Liebe im Alter ist nichts Ungewöhnliches. Marguerite und Marcel müssen sich jedoch mit Unverständnis und Hindernissen auseinandersetzen. Wenn Marguerite 1959 22 Jahre alt war und heute 88, lebt sie in der Moderne (bzw. in der Zukunft), und dann passt das alles weniger. Wer selbst den Partner verloren hat, dem macht die Geschichte Mut. Der Liebe kann man überall und in jedem Moment begegnen.

Das Cover mit dem Drahtseilakt der beiden älteren Menschen, den alten Häusern und blauem Himmel hat Anziehungskraft und Humor. Auch der Titel verspricht eine mitreißende Story. So bezaubernd wie angekündigt und erhofft ist „Und jetzt lass uns tanzen“ nicht. Mehr Ungewöhnliches, Humor und magische Szenen hätten der Geschichte gut getan.

Bewertung vom 15.03.2017
Williams, Tad

Das Herz der verlorenen Dinge


sehr gut

Eigentlich sollte mit Band 4 „Der Engelsturm“ die „Das Geheimnis der Großen Schwerter“-Fantasy-Reihe abgeschlossen sein. Autor Tad Williams hat sich von seinen Lesern überzeugen lassen, wieder in die Welt von Osten Ard einzutauchen. „Das Herz der verlorenen Dinge“ nimmt Fans und Neulinge mit auf eine abenteuerliche Reise.

Der Krieg ist zu Ende gegangen, die Nornen richten weiter Massaker an. Graf Virgi hat die Verfolgung eines Nornen-Heers aufgenommen und bittet Herzog Isgrimnur um Hilfe. Wird es ihnen gemeinsam gelingen, die Feenwesen auszulöschen?

Bevor die Geschichte losgeht, wendet sich Tad Williams an seine Leser. Anstoß und Zuspruch haben seine Phantasie beflügelt. Die persönlichen Worte bringen einem den Autor und seine Schreibwelt näher. Eine Fortsetzung ist immer eine Herausforderung. Die Klippen wurden scheinbar mit Leichtigkeit genommen. Auch wer die ersten Bände der Reihe nicht kennt, findet sich schnell in Osten Ard zurecht. Felsgässler Porto und sein neuer Freund Hafengässler Endri ermöglichen das Mitfiebern. In Handlungswechseln erhält der Leser Einblick in die Geschehnisse bei den Sterblichen und Nornen. Die starken und gerissenen Weißfüchse beweisen ihre Unberechenbarkeit. Sind sie überhaupt zu schlagen? Herzog Isgrimnur und Virgi kommen mehr als einmal an ihre Grenzen. Werden Porto und der kampfunerfahrene Endri die Schlachten überleben? Ein scheinbarer Sieg kann sich schnell in eine Niederlage verwandeln. Für Überraschungsmomente sorgt der Nornenzauber. Tad Williams lässt nicht nur eine Welt auf Papier sondern auch im Kopf entstehen. Das Grauen des Krieges schockiert. Wer entkommt hat oft nur pures Glück. Imposante Charaktere wie der Herr des Sanges Akhenabi, Generalin Suno`ku, Großmagister Yaarike und die rätselhafte Ayamini steigern die Spannung. Wer hat welche Interessen und Ziele? Nicht alles ist durchschaubar. Gelungen ist die Auflösung, welche Bedeutung der Titel hat. Es werden Erwartungen geschürt. Umso überraschender ist, dass es diesem Fall keine Steigerung gibt. Allein die Namen der Charaktere und Orte sind originell. So manche Wendung und ein besonderer Schachzug zum Schluss war so nicht zu erahnen. Das Glossar und die Karten am Ende des Buches sind ein informatives Plus. Der Auszug aus „Die Hexenholzkrone – Der letzte König von Osten Ard 1“ weckt die Neugierde auf den nächsten Band.

Durch Details, Farben und Titel hat das Cover eine unglaubliche Anziehungskraft. Auch der Autorenname lässt zum Buch greifen. „Das Herz der verlorenen Dinge“ ist nicht ganz so magisch wie andere Werke von Tad Williams, hat aber immer noch einen hohen Unterhaltungswert. Sein Erzählstil reißt einfach mit.

Bewertung vom 07.03.2017
Krüger, Knut

Nur mal schnell das Mammut retten / Nur mal schnell Bd.1


ausgezeichnet

Von Autor Knut Krüger stammen die „Tatort-Oslo“-Krimireihe und Fußballbücher wie „Elf Kicker und ein falsches Spiel“, „Fußballsammelsurium“ und „Die musst du kennen – Die besten Fußballspiele(r) aller Zeiten“. In „Nur mal schnell das Mammut retten“ steht Henry vor einer fast unlösbaren Aufgabe.

Der zehnjährige Henry wünscht sich nichts sehnlicher als einen Hund. Seine Eltern haben immer wieder Ausreden parat und verschieben die Entscheidung. Henry ist nach einem erneuten, erfolglosen Überredungsversuch mächtig enttäuscht. Er radelt in den Wald und hat prompt einen Fahrradunfall. Was hat ihn zu Fall gebracht?

Henry geht es wie vielen Kindern, die sich unbedingt ein Haustier wünschen. Er sieht den Kumpel in dem Vierbeiner, seine Eltern Arbeit und Probleme. Die überraschende Wende kommt mit dem Fahrradunfall. Henry stößt mit einem Tier zusammen, das niemand auf einem Waldweg unter einem Schnee- und Blätterhaufen erwartet hätte. Ein originelles Szenario und der Auftakt zu einem unglaublichen Abenteuer. In seine Entdeckung weiht Henry sofort seine Freunde Finn und Zoe ein. Zusammen finden sie eine Lösung. Kinder gehen mit seltsamen Begegnungen anders um als Erwachsene. Für sie ist die Welt voller Wunder. Vieles bringt sie zum Staunen. Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Henry erzählt. Dank glücklicher Fügung verreisen seine Eltern und seine englische Oma passt auf ihn auf. Sie ist weltoffen und verständnisvoll. Gelungen ist der Vergleich mit Queen Elisabeth. Trotzdem verheimlicht Henry ihr seinen Fund. Henrys Vorsicht ist nachvollziehbar. Er weiß nicht wie Oma auf den neuen Familienzuwachs reagieren würde. Mit dem seltsamen Tier, das sich erst einmal in seiner neuen Umgebung zurechtfinden muss, steigt der Humorfaktor. Das Verhalten ähnelt einem Hund. Die Kinder beweisen will Einfallsreichtum und Tatkraft. Die kindgerechte Sprache und so manche verrückte Szene lässt Bilder im Kopf entstehen. Es gibt mehr Details über Henrys Tier z.B. hinsichtlich Größe. So kann es sich der Leser noch besser vorstellen. Spekulationen werden angeregt. Wo kommt Henrys neuer Freund her und warum verhält er sich manchmal so merkwürdig? „Nur mal schnell das Mammut retten“ könnte der Auftakt zu einer Kinderbuchreihe sein. Nicht alle Fragen werden beantwortet. Die Auflösung ist gelungen, das Thema „Vorurteile“ zum Schluss wirkungsvoll platziert.

Die Coverszene und der Titel stimmen auf eine humorvolle, abenteuerliche Geschichte ein. Sehr gut gewählt sind auch die fröhlichen Farben. Die Gestaltung und ein ungewöhnliches Tier ziehen alle Blicke aufs Buch. „Nur mal schnell das Mammut retten“ ist für Kinder ab 7 Jahren gedacht und ein Lesespaß für die ganze Familie. Was kann man von Tieren lernen? Auch davon erzählt dieses Kinderbuch.

Bewertung vom 05.03.2017
Montasser, Thomas

Das Glück der kleinen Augenblicke


ausgezeichnet

Zu Thomas Montassers Werken zählen unter anderem „Ein ganz besonderes Jahr“, „Monsieur Sean und sein Gespür für Glück“, „Weil die Erde keine Google ist“, „Die Elternfernbedienung & andere grandiose Erfindungen“ und „Peer vom Meer“. In „Das Glück der kleinen Augenblicke“ verändert ein schicksalhafter Zufall alles.

Lektorin Marietta Piccini arbeitet als freie Mitarbeiterin für den kleinen Londoner Literaturverlag „Millefeuille“. Als ein Windstoß ihr die Papiere aus den Händen fegt, glaubt sie wenig später alles wieder eingesammelt zu haben. Da drückt ihr ein Fremder eine Mappe in die Hand, die sie ebenfalls verloren haben soll. Kaum begreift Marietta was geschehen ist, ist der Mann auch schon verschwunden. Marietta sucht in der Mappe nach einem Hinweis auf den Besitzer und entdeckt ein Manuskript. Sie kann der Versuchung nicht widerstehen, es sich durchzulesen.

Paul Trevor Swift, der in allem Schlechten das Gute sieht, mit Humor und Abenteuerlust auf die Ereignisse reagiert, wird zum Vorbild. Hagel, Hundehaufen, nichts kann ihm was anhaben. Mariettas langwierige Suche nach dem unbekannten Autor sorgt für Spannung. Wird es ein Happy End geben? Ein Schachzug des Autors erschreckt kurzfristig. Der Schluss verdeutlicht wie klug der Plot gestrickt ist.

Mit der alltäglichen, aber doch besonderen Sommerszene und dem vom Buch verdeckten Gesicht verströmt das Cover Humor. Der eindrucksvolle Titel ist etwas zu klein geraten. „Das Glück der kleinen Augenblicke“ ist ein warmherziger und weiser Roman, der einem das Herz öffnet. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 01.03.2017
Olsson, Mats

DEMUT / Harry Svensson Bd.1


gut

„Demut“ von Autor Mats Olsson bildet den Auftakt zur Thriller-Reihe um den ehemaligen Journalisten Harry Svensson.

Harry Svensson hat seinen Job als Journalist bei einer Stockholmer Zeitung aufgegeben. Eine Weinhändlerin nimmt mit dem angehenden Kneipenwirt Kontakt auf. Der Wein kann nicht überzeugen. Von Ulrika Palmgren erhofft sich Harry mehr. Hat sie die gleichen Interessen wie er? Das Date verläuft anders als erwartet.

Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus Sicht von Harry erzählt. Harry wirkt sympathisch. Er geht mit seinen speziellen Neigungen vorsichtig um. Alles geschieht nach Absprache. Missverständnisse nicht ausgeschlossen. Zweimal ist er zur falschen Zeit am falschen Ort und wird dadurch in Mordfälle verwickelt. Wie Harry in den Strudel des Täters gezogen wird, ist originell. Humor blitzt bei einer Wende durch. Ein Ex-Journalist kann seine Neugierde nicht abstellen. Nicht nachvollziehbar ist, dass er sich aufgrund seiner Tatort-Dokumentation keinen Rüffel von Hauptkommissarin Eva Mansson einfängt. Welches Motiv steckt hinter den Taten? In Handlungswechseln erhält der Leser Einblick in die Psyche des Mörders. Durch Harrys umfangreiche Recherchen verlangsamt sich das Tempo des Thrillers. Mysteriöse E-Mails ziehen den Kreis um Harry enger. Wer hat beim Katz- und Mausspiel die Nase vorn? Überschneidungen „Täter und Harry“ sorgen für Spannung. Leider ebbt die kurzzeitig fesselnde Atmosphäre schnell wieder ab. Autor Mats Olsson spielt mit dem „Was wäre wenn-Gefühl“, spart aber wirklich packende Szenen über lange Strecken aus. Harry bringt mit seinem Ermittlungs-Alleingang andere in Gefahr. Hier wird Potential verschenkt. Eine Verfolgung lässt für ein paar Momente den Leserpuls hochschnellen. Warum ist die Polizei trotz der Morde derart untätig? Warum wird aufgrund der besonderen Eigenarten des Täters nicht in einem speziellen Milieu ermittelt? Die Antworten, die es im Laufe der Geschichte gibt, sind nicht zufriedenstellend. Privates und ein mysteriöses Mädchen haben Unterhaltungswert. Bei Letzterem bleibt eine Auflösung offen, worauf wohl in den nächsten Bänden eingegangen wird. Die 733 Seiten sind eine Herausforderung. Harry hat es mit einem gefährlichen Psychopathen zu tun, verliert sich aber gegenüber Eva viel zu lange in Heimlichtuerei. Eigentlich unglaublich, dass ein Ex-Journalist einen Serientäter dermaßen unterschätzt. Zumal er immer mehr Details über den Mörder und seine zahllosen Opfer herausfindet. Zum Schluss wartet der Thriller mit einer Überraschung auf. Der Ausklang ist gelungen. Es lässt sich erahnen, dass etwas nicht wie geplant gelaufen ist.

Das Cover verspricht mit wenigen Mitteln Spannung. Der Titel weckt die Neugierde. „Demut“ ist nicht so fesselnd wie erwartet. Hauptfigur und Erzählstil haben aber auch etwas Überzeugendes. Greift der Autor etwas mehr in die Thriller-Trickkiste und hat bei den nächsten Bänden mehr Überraschungen und packende Szenen parat, würde das der Reihe gut tun.