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Igelmanu
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Mülheim

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Insgesamt 1033 Bewertungen
Bewertung vom 27.11.2020
Mittermeier, Michael

Ich glaube, ich hatte es schon


sehr gut

Ich sitze im Zug nach Leipzig und schaue aus dem Fenster. Am Tisch gegenüber sitzt ein Mann mit Maske, der seit zehn Minuten telefoniert. Businesskasper mit Schalldämpfer. Endlich hört er auf. Stille. Er verzieht sein Gesicht, holt Luft, es sieht aus, als müsste er gleich niesen, sein Kopf bebt, der ganze Oberkörper, plötzlich reißt er sich die Maske vom Gesicht und – hatschi!
Aus den Nasenflügeln pfeift noch ein leises »Aerosole Mio«.
Ich schaue ihn sehr ernst an, und er sagt nur: »Wenn ich die Maske nicht abgenommen hätte, dann wäre jetzt alles da drin.«

Solche Erlebnisse sind derzeit Realität, das kann man sich nicht ausdenken und viele werden Ähnliches schon erlebt haben. Was manche Mitmenschen sich aktuell leisten, ist eigentlich nur traurig. Zum Glück gibt es großartige Comedians wie Michael Mittermeier, die uns helfen, den wichtigen (Lachen ist gesund!) Humor nicht zu verlieren. Ich meide eigentlich gerade Bücher, die irgendetwas mit Corona zu tun haben, aber für Michi habe ich gerne eine Ausnahme gemacht. Zum Glück! Was habe ich gelacht!

Dabei hat Michael Mittermeier das Buch gewissermaßen als Erste-Hilfe-Maßnahme geschrieben. Schließlich litt er unter akutem Pointenstau und seine Familie weigerte sich, als Witzableiter herzuhalten.
»Noch einen Witz, und du bist tot.«

Daher erzählt er nun über sein Leben seit Corona. Über den Lockdown, über Homeschooling, über Eltern-WhatsApp-Gruppen und über TV-Komaschauen. Natürlich wie immer in seiner unnachahmlichen, dezent überzogenen Art, aber sehr vieles erkennt man wieder. Und so schafft es Mittermeier mühelos, dass man herzlich über die ganze miese Situation lachen kann. Von mir ein großer Dank dafür!

Warum, bei so viel Begeisterung, nur 4 Sterne? Einfach deshalb, weil ich Michi gerne lese, aber noch viel, viel lieber sehe und höre. Ich kenne alle seine Live-Programme, sie sind großartig. Und wenn ich einen Text von ihm lese, dann fehlt mir dabei seine Stimme, seine Mimik und Gestik. Ich stelle mir vor, wie er genau diesen Text auf der Bühne bringt – und das wird dann ein 5 Sterne Auftritt.

Fazit: Mittermeier schafft es, dass man in dieser ganzen miesen und traurigen Situation lachen kann. Das ist herrlich entspannend.

Bewertung vom 22.11.2020
Carrisi, Donato

Der Nebelmann


sehr gut

»Der größte Teil kehrt nach achtundvierzig Stunden zurück. Falls es nicht zu einer fatalen Begegnung gekommen oder ein Unfall passiert ist, stehen die Chancen für einen glücklichen Ausgang bis zu zwei Tage nach dem Verschwinden gut.«
»Und danach, was passiert dann?«
»Dann ruft man für gewöhnlich mich.«

Sonderermittler Vogel kennt seinen Wert. Er ist der Mann für die schwierigen Fälle, er ist erfolgreich und vor allem weiß er, wie man sich selbst verkauft. Bei seinen Ermittlungen setzt er gezielt und unkonventionell die Medien ein, verschafft seinen Fällen und sich selbst große Aufmerksamkeit. Diese öffentliche Aufmerksamkeit scheint auch sinnvoll in Fällen wie seinem aktuellen. In einem kleinen Dorf in den Alpen verschwindet einen Tag vor Heiligabend ein sechzehnjähriges Mädchen spurlos. Pünktlich nach achtundvierzig Stunden ist Vogel vor Ort und beginnt seine Nachforschungen. Wie immer mit enormer medialer Aufmerksamkeit.

Diese Ausgangssituation erfährt der Leser in einem der Rückblicke, die sich durch das ganze Buch ziehen. Im Februar nämlich taucht Vogel mit blutverschmiertem Hemd in dem kleinen Ort auf. Was auch immer in der Zwischenzeit geschehen ist, liegt noch im Dunkeln. Im Gespräch mit einem Psychiater beginnt Vogel dann zu erzählen…

Diesen Thriller habe ich als fesselnd und unterhaltsam empfunden. Ein junges Mädchen, womöglich entführt und ermordet, das Leid der Eltern – das berührt ohnehin. Aber das Buch hat viel mehr Facetten.
Da ist zunächst der Ermittler. Eigentlich sollte er der Gute in einem solchen Szenario sein, mir war er jedoch äußerst unsympathisch, wirkte schlicht kalt, eitel, arrogant und berechnend. Aber nun gut, ich war bereit, das in Kauf zu nehmen, schließlich sollte er ja in erster Linie den Täter und im Idealfall das Mädchen finden. Ein komisches Gefühl blieb.
Dann die Eltern. Trauern natürlich um ihr Kind und tun mir unendlich leid. Aber auch hier nagten Zweifel. Verschwiegen sie nicht irgendetwas?
Der Verdächtige. Schnell hatte ich eine Meinung zu ihm, die aber auch mal ins Wanken geriet.
Die lieben Nachbarn. Sensationslüstern präsentieren sie sich und zeigen überdeutlich, was Scheinheiligkeit und Heuchelei sind.
Und die Presse. Ja, sie ist hilfreich, wenn man ein vermisstes Kind sucht. Die negativen Seiten kommen aber auch mehr als deutlich raus.

Das Buch arbeitet mit diversen Zeitsprüngen und wechselnden Erzählperspektiven. Mir hat das gut gefallen, ich fand den Stil sehr kurzweilig und das Ende gelungen. Natürlich wird man – gerade wenn man schon viele Thriller gelesen hat – von manchen Entwicklungen nicht überrascht, aber mich stört das nicht, wenn es gut gemacht ist. Zudem gefiel mir die ausgeteilte Kritik. Und wenn ein Charakter in der Geschichte sagt: »Es sind die Bösen, die eine Geschichte ausmachen.«, dann muss ich ihm Recht geben. Mir fallen aus dem Stand diverse (Serien-)Mörder ein, aber Namen von Opfern nur wenige.

Fazit: Gute und spannende Unterhaltung mit einem ordentlichen Schuss breit verteilter Kritik.

Bewertung vom 21.11.2020
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Funkenmord / Kommissar Kluftinger Bd.11


ausgezeichnet

Kluftinger schüttelte den Kopf, diesmal mit einem bitteren Lächeln. »Wie im Tatort«, brummte er. »Ich Depp!«

Im Jahr 1985 geschah im beschaulichen Altusried ein grausamer Mord an einer jungen Lehrerin. Kluftinger, damals noch Polizeiobermeister, verhörte den Tatverdächtigen und brachte ihn dazu, die Tat zu gestehen. Obwohl es noch einen weiteren Ermittlungsansatz gab, wurde der Fall danach abgeschlossen, der Verdächtige angeklagt und verurteilt. Viele Jahre saß er im Gefängnis und nun, mehr als 30 Jahre nach der Tat, muss Kluftinger erkennen, dass er damals vermutlich einen Unschuldigen ins Gefängnis brachte. Reparieren lässt sich das nicht mehr, aber Kluftinger will zumindest dafür sorgen, dass der wahre Täter endlich ermittelt wird.
Der Cold Case erweist sich als harte Nuss, zudem muss Klufti sich mit neuen dienstlichen Herausforderungen herumschlagen. Bei den Ermittlungen steht ihm eine neue, junge und höchst unkonventionelle Kollegin zur Seite, sehr begabt, sehr selbstbewusst und völlig anders, als der Rest vom Team.
Nach so viel beruflicher Beanspruchung sehnt sich Klufti nach einem gemütlichen Feierabend im trauten Heim, mit Rundumservice und leckeren Mahlzeiten. Nur leider ist die gute Erika krank und Klufti muss sich zum ersten Mal in seinem Leben der Bedienung der Waschmaschine und ähnlichen Haushaltstätigkeiten stellen. Und die Taufe vom Enkelkind steht auch noch an! Tapfer macht er sich an die neuen Aufgaben. Wenn nur nicht Lieblingsfeind Doktor Langhammer immer so nerven würde…

Endlich ein neuer Klufti! Ich hatte ihn sehnlich erwartet. Dabei weiß ich genau, dass es mich normalerweise bei einem Krimi immer nervt, wenn das Privatleben des Ermittlers einen zu großen Platz einnimmt. Aber keine Regel ohne Ausnahme und was Krimis angeht, ist für mich Klufti eben diese Ausnahme.
Ich mag bei seinen Fällen, dass die Ermittlungen vernünftige und klassische Detektivarbeit sind. Da werden Zeugen befragt, es wird sich im Team besprochen, Spuren ausgewertet, viele Überlegungen angestellt. Dem eigentlichen Krimi fehlt also nichts und die Aufarbeitung eines Cold Case finde ich immer wieder spannend.
Gleichzeitig ist da dieser doch sehr spezielle Charakter, ausgestattet mit zahlreichen Schwächen und Vorurteilen, zugleich aber mit einem großen Herzen und lernfähig. Seine Macken werden herrlich überzogen dargestellt, ich habe mich sehr amüsiert und hoffe jetzt schon, dass es bis zu seinem nächsten Fall nicht allzu lange dauern wird.

Fazit: Klufti ist einfach klasse. Der Krimi war eine runde Sache und zudem konnte ich mich wieder herrlich amüsieren.

Bewertung vom 21.11.2020
Pagel, Theo B.;Schütt, Christoph

111 Geschichten aus dem Kölner Zoo, die man kennen muss


ausgezeichnet

»Einige Jahre nach der weltweiten Erstnachzucht steht nun Schritt zwei des Engagements für die hochbedrohten Philippinen-Krokodile auf dem Programm. Der Zoo startet ein Wiederansiedlungsprojekt für die Rückführung von zwei Jungtieren auf die Philippinen. Für genetisch variable und überlebensfähige Bestände in Menschenhand zu sorgen und nach Möglichkeit Tiere zur Auswilderung bereitzustellen, ist die »hohe Schule« der Nachzuchtarbeit.«

Der Kölner Zoo ist nicht „mein“ Heimatzoo, aber ich bin regelmäßig dort und mag ihn sehr. Zum 160. Geburtstag des Zoos in diesem Jahr erschien dieses Buch mit 111 Geschichten rund um den Zoo. Jede dieser Geschichten bildet zusammen mit einem passenden Foto ein kurzes Kapitel. Gemeinsam haben sie, dass sie zugleich informativ und unterhaltsam sind, in leicht verständlichen Worten Wissen vermitteln und den Leser regelmäßig schmunzeln lassen. Die Themenvielfalt ist allerdings beachtlich.

Natürlich gibt es einiges Interessante zu Tieren. Welches ist beispielsweise das älteste Tier im Zoo? Die tierischen Superstars (Erdmännchen & Co.) werden vorgestellt oder zu meiner großen persönlichen Freude eins meiner Lieblingstiere, das Erdferkel. Sehr wichtig natürlich auch der hochmoderne Elefantenpark, der Hippodom oder das beeindruckende Aquarium. Ein Besuch bei Geißbock Hennes IX, dem traditionellen Maskottchen des 1. FC Köln steht ebenfalls an oder die Erläuterung der Frage, wie man eigentlich einen Elefanten transportiert.

Unmittelbar verbunden mit den Tieren sind natürlich Fragen rund um Artenschutz und Forschung. Moderne Zoos arbeiten nach ständig überarbeiteten und verbesserten Haltungsrichtlinien und stellen für nicht wenige Tiere eine Arche dar. Lange vorbei sind die Zeiten, als Tiere aus der Natur entnommen wurden, im Buch wird dargestellt, wie das Engagement des Kölner Zoos in Sachen Erhaltungszuchtprogramme aussieht und um welche Naturschutzprojekte er sich kümmert. Hier erfährt man dann auch, wie man mit seinem alten Handy Menschenaffen helfen kann.

Menschen werden ebenfalls vorgestellt. Sehr beeindruckend fand ich zum Beispiel die Geschichte von Elisabeth Reichert, die dem Zoo ihr Vermögen vermachte. Und wer hätte vermutet, dass der Zoo eine erfolgreiche Fußballmannschaft hat? Ich erfuhr ferner einiges über die Direktoren, die Tierpfleger, Gärtner und Tierärzte, Interessantes über die Arbeit des Nachtwächters oder des Kurators und – ganz besonders fesselnd – über den Indiana Jones vom Rhein.

Auch in Sachen Architektur und Kunst gibt es was zu sehen, so stehen beispielsweise zwischen den modernen Anlagen einige beeindruckende historische Gebäude. In normalen Jahren darf man sich zudem auf das faszinierende China Light Festival freuen.

Fazit: Viele faszinierende Geschichten rund um einen der ältesten Zoos in Deutschland. Auch ich als regelmäßige Zoobesucherin habe noch Neues erfahren und hatte viel Spaß.

Bewertung vom 01.11.2020
Frühwirth, Christoph

Nächte zwischen der Zeit


sehr gut

»Die zwölf Raunächte gelten als geschenkte Zeit. Als Auszeit. Während sich das alltägliche Leben mit einer Wiese vergleichen lässt … verbinde ich die Zeit der Raunächte mit dem Wald. Dieser birgt totes Gehölz in sich. Und viel von dem, was wir mit Mystik verbinden.«

Mit der Advents- und Weihnachtszeit verbinde ich sehr viel. Meine Beziehung zu den Raunächten ist hingegen bislang rein theoretischer Natur, sie haben in meiner Welt einfach keinen Platz. Wenn ich mir das Buch so durchlese, finde ich das im Grunde schade.

Die zwölf Raunächte sind die zwischen Heiligabend und dem Dreikönigstag. Ich kenne sie als die Zeit „zwischen den Jahren“. Wenn ich die Möglichkeit habe, nehme ich da gerne Urlaub, um das Jahr ruhig ausklingen zu lassen. Im vom Autor beschriebenen ländlichen Teil von Oberösterreich gibt es wohl noch viel aktiv gelebtes altes Brauchtum. Der Autor hat für das Buch Beiträge aus zwölf verschiedenen Orten gesammelt, mit verschiedenen Menschen gesprochen, die Erzählungen, Märchen, Briefe und persönliche Erlebnisse einbringen.

Staunend lese ich über das Räuchern, das Schutz vor Unheil oder auch einen Blick in die Zukunft bringen soll. Detailliert werden verschiedene Räuchermischungen zu bestimmten Nächten (Thomasnacht, Heiligabend, Silvester, Dreikönigsnacht) vorgestellt und es gibt ein „kleines Räucher-Einmaleins“ für die korrekte Durchführung. Ich lese über skurrile Bräuche in der Thomasnacht und über die Gestalten der Wilden Jagd. Letzteres fand ich besonders interessant, weil mir die Perchten immer mal wieder als Begriff begegnet sind und ich jetzt erstmalig genaue Infos zu jeder einzelnen Gestalt erhalten habe. Auf die Details zur Zerlegung und Verarbeitung eines frisch geschlachteten Schweins hätte ich allerdings verzichten können.

Immer wieder kehrt der Autor zu der Frage zurück, was altes Brauchtum heute bedeutet. Und er lädt dazu ein, die Zeit der Raunächte für Besinnung zu nutzen, eine Auszeit vom Alltag zu nehmen, zur Ruhe zu kommen. Ein höchst erstrebenswerter Gedanke, gerade in der heutigen Zeit. Für die Durchführung schlägt er vor, ein Tagebuch zu führen. Im Buch finden sich zwischen den Kapiteln vorbereitete leere Seiten mit je einem gedanklichen Anstoß. Da steht dann z.B. »Welche Kleinigkeiten bedeuten mir im Leben Großes?« oder »Wofür habe ich mir heute Zeit genommen?« Dieses Niederschreiben von Gedanken, vielleicht kombiniert mit einer Kerze und einem leckeren Tee, könnte schon beim Abschalten helfen. Ein Versuch ist es jedenfalls wert.

Viele stimmungsvolle Bilder ergänzen die Texte, dazu gibt es einige thematisch passende Rezepte. Interessant fand ich zum Beispiel die Brauchtumsbrote, von denen ich noch nie zuvor gehört hatte. Aber ohnehin empfand ich das geschilderte Brauchtum als höchst exotisch. Die Anregung zur Besinnung ist eine gute, die greife ich gerne auf. Aber die anderen Dinge… Ich wüsste nicht, wie ich etwas davon in meinem Alltag nachahmen sollte. Wenn ich mir allein vorstelle, was die Rauchmelder in unserem 13-Parteien-Haus machen würden, wenn ich versuchte, alle Räume gründlich auszuräuchern…

Fazit: Sehr interessant und geradezu exotisch, aber mit wertvollen Anregungen.

Bewertung vom 01.11.2020
Maier, Johanna

Mein Weihnachten


ausgezeichnet

»Der Duft von Weihnachten, der kann vieles sein. Für manche riecht der Advent nach Schnee, für manche nach Schokolade, nach Orangen oder Bratäpfeln. In jedem Fall aber löst er ein wohlig warmes Gefühl der Erinnerung an die Kindheit aus. Erinnerungen an eine zauberhafte Zeit, voller Wunder und Mysterien, die die Fantasie beflügelte und für die es keine Erklärungen gab.«

Schon diese Einleitung im Buch hatte mich bei meinen innersten Vorweihnachtsgefühlen gepackt. Düfte, Kindheitserinnerungen, Wunder – gerne werde ich alle Jahre wieder vor Weihnachten zum Kind und lasse mich verzaubern. Beim Lesen hatte ich den Eindruck, dass es der Autorin ähnlich geht.

Johanna Maier ist eine österreichische Spitzenköchin. Ich muss gestehen, dass ich zuvor noch nie von ihr gehört hatte, allerdings kenne ich mich in der gesamten Szene nicht aus und bei Rezepttipps ist es mir völlig egal, von wem sie kommen. Hauptsache lecker ;-) Das Buch hatte mich wegen des Weihnachtsthemas interessiert, aber ich kann sagen, dass mir Frau Maier beim Lesen sehr sympathisch geworden ist.

Das Buch gliedert sich in drei große Kapitel. Im ersten teilt die Autorin Weihnachtserinnerungen aus der eigenen Kindheit, im zweiten denkt sie zurück an Weihnachten mit ihren Kindern und im dritten steht die Weihnachtszeit mit ihren Enkeln im Fokus. Alles sehr persönlich geschrieben und mit zahlreichen stimmungsvollen Bildern und Fotos untermalt.

Im Rahmen der Erinnerungen wird der Leser mit Bräuchen und Traditionen im Salzburger Land bekanntgemacht. Ich lese über Raunächte und räuchern, über viel Schnee, Waldspaziergänge, Kulissen wie aus dem Bilderbuch und staune leicht neidisch über diese für mich als Städterin exotische Welt. Dazu gibt es Lieder, Geschichten und Gedichte, Tipps zum Schmücken und Basteln und natürlich reichlich Rezepte.
Da wird gekocht und gebacken, auch selbstgemachte Getränke (mit und ohne Alkohol) fehlen nicht. Zu jedem Rezept gibt es ein appetitanregendes Foto, die Beschreibungen sind gut und übersichtlich. Kochanfänger dürften aber vermutlich an der ein oder anderen Stelle ein Fragezeichen im Gesicht haben, etwas Erfahrung ist schon hilfreich und auch der Einkaufszettel für die benötigten Zutaten wird schon mal etwas länger. Dazu kommt: Frau Maier nutzt in vielen Rezepten selbstgefertigte Würzmischungen. Da steht dann beispielsweise bei den Zutaten „½ TL Bauerngartensalz“. Im Anhang lese ich, dass dieses Salz aus Steinsalz, Schnittlauch, Petersilie, Liebstöckel, Bärlauch, Quendel, Oregano, Holunderblüten, Ringelblumen und Angelikawurzel gemischt ist. Ich kann nun entweder die Mischung über die Homepage von Frau Maier bestellen oder mich mit den einzelnen Gewürzen selber ans Abschmecken machen. Einige davon haben allerdings bisher noch nie in meinem Gewürzschrank gewohnt. Wie gesagt, etwas Erfahrung ist schon gut.

Auch die Aufmachung des Buchs ist sehr gelungen. Der Einband macht einen hochwertigen Eindruck, die Seiten sind mit festlichen Ornamenten verziert und immer wieder sind Abschnitte in festlicher Goldschrift geschrieben. All das macht das Buch zu einem Schmuckstück im Regal und zu einem schönen Geschenk.

Fazit: Ein sehr schöner und stimmungsvoller Begleiter durch die Weihnachtszeit, mit zahlreichen Anregungen und Rezepten.

Bewertung vom 18.10.2020
Hinzmann, Silvija

Die dunkle Seite der Bucht


gut

»Ich kann mich nur wiederholen: Halte dich aus der Sache raus.«

Gefühlt hört Joe Prohaska keinen Satz häufiger. Der frühpensionierte Kriminalhauptkommissar aus Stuttgart lebt jetzt in einem kleinen Dorf in Istrien und verdient sich als Fotograf ein Zubrot. Das Leben könnte so schön sein, doch plötzlich holt ihn seine Vergangenheit ein. Vor seiner Tür findet er ein anonymes Päckchen mit höchst ungewöhnlichem Inhalt und einem Hinweis auf einen alten Mordfall, den er in seiner aktiven Zeit löste. Bei seiner Verurteilung schwor der Täter damals Rache, nun wurde er aus der Haft entlassen. Joe ist besorgt und versucht, die Herkunft des Päckchens zu ermitteln. Zeitgleich wird am Strand eine Leiche gefunden, das unbekannte Opfer wurde eindeutig ermordet. Zufall oder gibt es einen Zusammenhang? Joe jedenfalls steckt plötzlich mitten in einer Mordermittlung…

Der dritte Fall für Joe Prohaska in Istrien war für mich sein erster. Verständnisprobleme gab es aber dadurch keine, was in diesem Fall ein positiver Effekt des ansonsten etwas ausschweifenden Erzählstils war. Die Autorin neigt dazu, jedes kleine Detail zu beschreiben. Beispiel: An einem Morgen steht Joe früh auf und macht Hausarbeit, bevor er sich in die Ermittlung stürzt. Der Leser erfährt dann, welches Lied im Radio läuft, dass Joe seinen Kaffee im Bad trinkt, was er anzieht, dass er gern bügelt, was er alles bügelt und dass er die Sachen im Schrank verstaut, dass er das Bett bezieht und Bad und Böden wischt usw. An diesen Stellen ist das Buch mehr Roman als Krimi. Wer so etwas mag, gerne präzise über Leben und Charakter des Protagonisten informiert ist, sollte auf seine Kosten kommen.

Der Krimi wird dadurch allerdings ausgebremst. Das fand ich schade, denn die Krimihandlung an sich ist sehr reizvoll und stellt die Ermittler vor immer neue Herausforderungen. Denkt man anfangs nur an eine Rachestory, kommen nach und nach weitere Aspekte hinzu. Da Joe, obwohl ihm die meisten Freunde dazu raten, sich nicht heraushält, wird es für ihn auch ordentlich gefährlich. Das ist an sich kein ungewöhnlicher Zug für einen Ex-Kommissar, doch ging er für mein Empfinden einige Male zu leichtsinnig vor. Für den Leser ist das spannend, ich saß jedoch auch manchmal kopfschüttelnd vor dem Buch und fragte mich, wie er seine Dienstzeit lebend überstanden hat. Die Auflösung am Ende ist stimmig, die Autorin lässt einen der Charaktere alles komplett erklären. Kann man machen, beantwortet dann auch alle Fragen, ist aber nicht meine bevorzugte Art.

Fazit: Interessanter Fall und reizvolle Kulisse, jedoch sehr ruhig und oft mehr Roman als Krimi.

Bewertung vom 11.10.2020
Nygaard, Hannes

Der Inselkönig


sehr gut

»An das Wort „ehrlich“ mag ich in Zusammenhang mit diesem Fall nicht mehr glauben. Hier lügen alle, dass sich die Balken biegen.«

Das Team der Kripo Husum hat es diesmal auf die Insel Föhr verschlagen. Ein ursprünglich geplanter Kurzaufenthalt wird durch einen heftigen Wintereinbruch unfreiwillig verlängert. Vom Festland abgeschnitten und umgeben von Schneemassen versuchen die Ermittler, den Mord am „Inselkönig“ aufzuklären. Thies Nommensen wurde brutal misshandelt und zum Erfrieren an einen Baum gefesselt. Eine grausame Tat, die aber auf der Insel kaum jemanden erschüttert. Eher ist das Gegenteil der Fall.

Christoph Johannes und seine Kollegen (allen voran Schnüffelschwein Große Jäger) haben schon bald eine lange Liste mit Verdächtigen, der Verstorbene hatte es zu Lebzeiten traurig raus, sich Freunde zu machen. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, kaum jemand ist zu einer Aussage zu bewegen und als wenn das nicht reicht, fehlt es auch noch an der bewährten Technik, da die Spurensicherung aus Flensburg die Insel nicht erreichen kann. Improvisation ist gefragt, dazu Kreativität und gute Ideen.

Auch dieser 6. Fall für das Husumer Team hat mir sehr gefallen. Ich mag den Mix aus gelungener Detektivarbeit, schöner Küstenatmosphäre und kultigen Charakteren. Darüber hinaus ist dies ein ruhiger Krimi, der zwar keinen Thrill hat, aber dafür an einigen Stellen in die Tiefe geht. Gerne lese ich bei dieser Reihe weiter.

Fazit: Unterhaltsamer Mix aus Detektivarbeit, Küstenatmosphäre und kultigen Charakteren.

Bewertung vom 11.10.2020
New Scientist;Lawton, Graham

Der Ursprung von (fast) allem


sehr gut

»Wenn das Leben Ihnen manchmal öde und langweilig vorkommt, dann denken Sie einmal an die Bewohner der Erde vor 1,7 bis 0,7 Milliarden Jahren. Diese unermesslich lange Zeitspanne war so ereignislos, dass einige Biologen sie die „Langweilige Milliarde“ nennen.«

Woher kommen wir und warum sind wir hier? Fragen, die sich die meisten Menschen irgendwann mehr oder weniger intensiv stellen. In frühen Zeiten gab es oft nur Antworten aus dem Bereich der Mythen oder Religion, mit wissenschaftlichen Fortschritten stiegen die Möglichkeiten zu fundierten Erkenntnissen. Die Autoren des Buchs bemühen sich hier auf Grundlage aktueller Erkenntnisse und Studien aus jüngerer Zeit um Antworten.

Der Aufbau des Buchs ist logisch strukturiert. Am Anfang steht der Anfang: Wie entstand das Universum, wie unser Planet. Wie entwickelte sich das Leben, wie unsere Zivilisation? Die großen Fragen werden durch unterhaltsame kleinere ergänzt. Da befasst sich zum Beispiel im Kapitel Leben ein Punkt mit den bekannten Flusen im Bauchnabel oder da wird im Kapitel Zivilisation die weltbewegende Frage nach dem Erfinder des Klopapiers gestellt. Daran erkennt man den gelungenen Informationsmix, der mit dazu beiträgt, dass die Lektüre nicht trocken wird. Sehr interessant auch die Kapitel zu Wissen und Erfindungen.

Es gibt also reichlich Informationswert, der meist verständlich und in einem angenehmen Stil vermittelt wird. Illustrationen gibt es nur sehr wenige, ein paar mehr hätten mir als anschauliche Ergänzung gut gefallen.

Kleine Abzüge gibt es leider für das Lektorat, das hauptsächlich am Anfang und gegen Ende nicht immer gut gearbeitet hat. Es gibt einige Tippfehler, die meist nur kurz den Lesefluss bremsen, aber unter Umständen glaubt ein Leser, der sich noch nicht intensiv mit der Thematik befasst hat, tatsächlich, dass die Dinosaurier erst vor 5 Mio. Jahren ausgestorben sind.
Auch über eine mögliche Widersprüchlichkeit oder unglückliche Erklärung bin ich gestolpert. Wenn auf Seite 28 zu lesen ist, dass acht Sonnenmassen für die Bildung einer Supernova, die ein schwarzes Loch hervorrufen kann, erforderlich sind, dann stutze ich, wenn auf Seite 43 steht, dass Sterne mit mehr als der doppelten Sonnenmasse dazu bestimmt sind, ein schwarzes Loch zu werden.

Fazit: Die großen und diverse kleine Fragen werden unterhaltsam und informativ aufgearbeitet. Kleine Abstriche fürs Lektorat.

Bewertung vom 27.09.2020
Liebscher-Bracht, Roland;Bracht, Petra

Knie - Meniskusschmerzen selbst behandeln


sehr gut

»Über 30 Jahre Forschung und Praxis haben uns gezeigt, dass der Grund für die Schmerzen in nahezu allen Fällen identisch ist: unnachgiebige Muskeln und Faszien, die (zu) starke Spannungen aufbauen. Dadurch werden die Gelenke derart zusammengepresst, dass zum Beispiel Menisken einreißen oder der Knorpel verschleißt.«

Die Bedeutung der Faszien und wie gravierend sich es sich auswirken kann, wenn sie verhärtet und verklebt sind, rückt seit einiger Zeit immer mehr ins Bewusstsein. Da ich auch zu den Menschen gehöre, die dadurch diverse Probleme haben und zudem jeden Weg bevorzuge, bei dem ich selber aktiv werden kann und nicht auf Spritzen, Pillen oder eine OP angewiesen bin, versuche ich mich bereits seit Jahren mit Dehnübungen nach der Methode von Liebscher und Bracht. Ich merke, dass mir das guttut, langfristige Erfolge konnte ich aber bislang nicht erzielen.

Da mich die Knie seit einiger Zeit vermehrt ärgern, habe ich mich nun mal mit diesem Ratgeber beschäftigt. Umfangreich und anschaulich wird zunächst erläutert, wie Beschwerden entstehen, welche Arten von Knieschmerz es gibt, wie man Problemen vorbeugt bzw. schon vorhandene Beschwerden lindern kann.

Das Konzept baut auf drei Pfeilern auf: Der Light-Osteopressur, bei der man den Schmerz „wegdrückt“, der Faszien-Rollmassage und Übungen zur Dehnung und Kräftigung. Alles wird ausführlich erklärt und mit zahlreichen Abbildungen veranschaulicht. Beim Praxis-Versuch habe ich allerdings festgestellt, dass die Beschreibungen mir an der ein oder anderen Stelle nicht ausreichen. Es gibt ergänzende Videos im Internet, damit bin ich etwas weitergekommen, fühle mich aber noch unsicher. Zudem (wie eigentlich immer) gilt auch hier: Man muss kontinuierlich dranbleiben, nur gelegentliches Üben/Behandeln bringt keinen dauerhaften Erfolg. Das weiß ich schon aus Erfahrung. Ich hoffe, ich kann meine Unsicherheiten beseitigen und mich hier richtig einarbeiten, denn grundsätzlich wirkt die Methode für mich einleuchtend.

Fazit: Hilfe zur Selbsthilfe in Sachen Knieschmerz. Ausführlich und meist gut erklärt. Ausprobieren kann wohl nicht schaden.

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