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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2183 Bewertungen
Bewertung vom 26.06.2024
Heger, Moritz

Die Zeit der Zikaden


sehr gut

Die Frau im Tinyhouse

Moritz Hegers letzter Roman war sehr gelungen und in seinem neuen Buch Die Zeit der Zikaden sind ähnliche Qualitäten zu finden, z.B. die Ruhe und innere Kraft des Textes, die auch durch die Protagonistin Alex transportiert werden.
Alex war Lehrerin und gerade in den Ruhestand gegangen.
Zweite wichtige Figur im Roman ist Johann. Er ist in einer Phase in seinem Leben, indem er Bilanz zieht. In der zweiten Hälfte des Romans treffen Alex und Johann sich und es gibt ausführliche und intensive Dialoge.

Moritz Hegers Stil besitzt Eleganz
Das spürt man besonders bei den beschreibenden Passagen.

Bewertung vom 26.06.2024
Weiß, Margit

Maddalena geht


ausgezeichnet

Maddalena Decassian

Ein Roman um eine Frau in Tirol um 1900; die selbstbewusst den Weg zu einem selbstständigen Leben sucht.
Maddalena ging mit 19 Jahren von zu Hause weg, nachdem ihr liebevoller Großvater starb, und der fiese Vater über sie bestimmen wollte. Sie wurde Hebamme. Damit nimmt sie als berufstätige eine Ausnahmerolle unter den Frauen ein.
Der Roman setzt aber viel später ein, als sie abermals weggeht um ihren Weg zu suchen. Dabei spielen die Erinnerungen ihre erste Flucht eine große Rolle.
Die Autorin Margit Weiß nutzt eine genaue, poetische Sprache, die sofort überzeugt und den Leser an den Text bindet.
Es ist ein realistischer Roman, historisch ohne Kitsch, dafür mit einer inneren Kraft.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.06.2024
Brooks, Sarah

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland


ausgezeichnet

Der Forscher und das Zugkind

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland. Bei einem Buch mit so einem Titel verwundert es nicht, dass ständig bemerkenswerte Bilderfluten auf den Leser warten. Es gibt zwar den weiten Blick auf die Umgebung, die der Zug 1899 durchquert, aber durch die räumliche Begrenzung des Zuges hat es auch etwas kammerspielartiges.
Es gibt verschiedenen wichtige Protagonisten, die aber teilweise auch zusammengeführt werden.
Da ist die geheimnisvolle Maria Petrowna, das Zugkind Zhang Weiwei, die im Zug geboren ist und dort dauerhaft lebt und es gibt den Forscher John Grey.
Weiwei ist der Zugführung eigentlich loyal, aber diese ist distanziert und daher ist sie bereit einer jungen Frau, Elena, zu helfen, die als blinder Passagier an Bord ist. Doch Elena ist anders als man denkt.
Es gibt den phantastischen Ansatz im Buch, der es mitbestimmt, zum Beispiel durch die Wesen des Ödlands und einige Phänomene.
Die verschiedenen Figuren geben dem Text unterschiedliche Stimmungen.
Dann eint sie aber auch gemeinsames.
Das halte ich von der Autorin Sarah Brooks für außerordentlich wirkungsvoll gemacht. Sie hat den gesamten Roman geschickt gestaltet.
Es ist auch ein Buch, in das ich wahrscheinlich mehrfach wieder hineinlesen werde.

Bewertung vom 19.06.2024
Rekulak, Jason

Schlafenszeit - Albträume erwachen, wenn diese Tür sich schließt


ausgezeichnet

Die Geschichte der Zeichnungen

Schlafenszeit ist ein fast klassischer Mysterythriller und nicht gerade der schlechteste.
Die junge Mallory hatte ein Drogenproblem, aber jetzt ist sie schon 18 Monate clean und wird bei den Maxwells Kindermädchen für den 5jährigen Teddy.
Der verblüfft durch seine bedrohlich wirkenden Zeichnungen, die schließlich immer detaillierter werden. Da sie im Buch abgebildet sind, zeigen sie allmählich eine eigene Geschichte. Das habe ich so auch noch nicht gesehen.
Schließlich wird eine Nachbarin tot aufgefunden.
Der Plot bleibt geheimnisvoll und lässt mehrere Schlussfolgerungen zu.
Jason Rekulak hält die Spannung kontinuierlich hoch.

Bewertung vom 19.06.2024
Helmig, Alexandra

Beat vor der Eins


sehr gut

Inas Weg zu sich selbst

Beat vor der Eins ist ein Roman über eine Jugendliche, konsequent aus ihrer Perspektive geschildert. Ina steht vielem im Leben noch unentschlossen entgegen. Problematisch sind ihre Eltern, die sich viel streiten. In der Schule läuft es auch nicht immer.

Zwar kann ich mich (männlich und zu alt) nicht identifizieren, aber es gelingt der Autorin Alexandra Helmig, dass man die Figur gut versteht.
Man folgt Ina gefesselt durch das Buch.

Die Form des Buches ist überzeugend. Viele Kapitel nehmen nur eine Seite ein, manchmal auch nur einen Teil davon, selten mal 2 Seiten.
Dadurch ist der Roman stark verdichtet und ragt aus der Masse heraus.

Bewertung vom 18.06.2024
Bortoluci, José Henrique

Was von meinem Vater bleibt (eBook, ePUB)


sehr gut

Was von meinem Vater bleibt ist kein Roman sondern ein Bericht.
José Henrique Bortoluci setzt damit seinem Vater ein Denkmal. Der Vater war 50 Jahre lang LKW-Faher in Brasilien und oft fern von der Familie.
Dann schildert der Autor von der schweren Erkrankung und Leiden des Vaters. Das ist teilweise drastisch und für Leser, die vielleicht auch die Leiden der eigenen Eltern erfahren haben, nicht leicht zu ertragen.
Es ist dennoch ein beeindruckendes Porträt eines oft zu fernen Vaters, das angemessen wirkt.

Bewertung vom 18.06.2024
O'neill, Joseph

Godwin


ausgezeichnet

Jagd auf ein Phantom

In dem großen, unvergessenen Roman Niederland von Joseph O´Neill ging es um Kricket.
In Godwin geht es auch um Sport, insbesondere um die Suche nach einem Fußballtalent aus Afrika.

Der Roman führt ein zu Beginn in die Arbeitswelt ein und man erfährt eine Beurteilung des Protagonisten Ark Wolfe von außen. Von Lakesha, einer Kollegin.

Mark Wolf wird von seinem Halbbruder Geoff auf das Fußballtalent Godwin angesetzt. Und es geht auch um viel Geld.

Doch Godwin ist wie ein Phantom. Zum Ende hin gibt es eine Überraschung.

Der Roman hat ein verhaltenes Tempo, das wird durch eine hohe Intensität ausgeglichen. Sprachlich ist es routiniert im Besten Sinne gemacht.

Bewertung vom 18.06.2024
Oyamada, Hiroko

Das Loch


ausgezeichnet

Asahis Beobachtungen

Das Buch ist in der typischen Tradition moderner japanischer Romane mit klarer Sprache geschrieben. Aber da der Roman nicht zufällig den wichtigsten Literaturpreis Japans gewann, steckt noch mehr drin.
Es beginnt mit einer alltäglichen Situation. Ein Paar zieht aus beruflichen Gründen um. Die Perspektive ist die der Frau. Asahi ist eine eher zurückhaltende Frau. Ihre Gedanken durchziehen das Buch. Sprachlich gefällt mir das sehr gut.

Sie kündigt ihren ungeliebten Job, um nicht pendeln zu müssen. Ihren Arbeitsalltag lernt man aber auch noch kennen. Sicher kein Zufall, denn das Aufopfern für die Arbeit im Büro ist auch ein häufiges relevantes Thema in japanischen Romanen.
Sie ziehen in ein Haus neben ihren Schwiegereltern und sie fügt sich in ein Hausfrauendasein.
Ein wenig erinnert mich der Plot an Die Frauen von Stepford, den bekannten Roman von Ira Levin.
Ähnlich wie da, spürt man, dass Geheimnisse lauern. Das Verhalten der Leute in der Umgebung ist ungewöhnlich.
Obwohl der Roman seitenmäßig kurz ist, lässt sich die Autorin Hiroko Oyamada Zeit, Asahis Beobachtungen genau zu schildern. Überrascht hat mich das abrupte Ende.

Hiroko Oyamada ist eine Entdeckung und ich hoffe auf weitere deutsche Übersetzungen.

Bewertung vom 17.06.2024
Chase, Kristen Mei

Graceland - Die Geschichte eines Sommers


ausgezeichnet

Die Reise
Graceland ist ein Buch mit Humor und Herz, mit Tragik und Zuneigung.
Grace, die gerade von ihrem Mann verlassen wurde, begleitet ihre 70jährige Mutter, die ein glühendes Elvis-Fangirl ist, nach Graceland.
Graceland war Elvis Presleys Anwesen, heute ist es ein Museum und Pilgerstätte für seine Fans.
Die Erzählperspektive liegt immer bei Grace. Auf dem Weg von El Paso nach Memphis begegnet das Mutter-Tochter-Team auch alten Freunden und es gibt viele witzige Passagen. Dazwischen schreibt Grace immer wieder ihrer Freundin, die auf ihre Katze aufpasst und berichtet den jeweiligen Staus Quo ihrer Reise. Dabei ist ein ironischer Stil vorherrschend. Es macht einfach Spaß, den Roman zu lesen. Es gibt aber auch ernste Momente. Die Erkrankung der Mutter oder Erinnerungen an frühe Verluste. Das macht das Buch in der Gesamtheit komplett. Kristin Mei Chase hat einen Ton gefunden.Sehr gelungen!

Bewertung vom 17.06.2024
Mau, Steffen

Ungleich vereint (MP3-Download)


sehr gut

Gespaltene Gesellschaft
Ungleich vereint ist ein Sachbuch, dass ein relevantes Thema behandelt. Warum der Osten anders bleibt. So auch der Untertitel.
Steffen Mau ist ein in Rostock aufgewachsener Soziologe, der die Gesellschaft als gespalten erkennt.
Viele politische Sachbücher sind emotional aufgeladen. Dieses hier bleibt als Hörbuch, gelesen von Heiko Grauel, überwiegend sachlich, ohne dabei an Deutlichkeit wünschen zu lassen. Grauels Stimme übertragt das jedenfalls so und das war bei mir willkommen. Mit 4,5 Stunden Laufzeit ist das Hörbuch auch nicht zu lang und es wird nicht langweilig.
Das Emotionalität herausgenommen wird, ist bei einem so triggernden Thema richtig.
Deutlich wird, dass das Thema gerade auch bei einer jüngeren Generation im Osten, die die DDR nicht mehr erlebt haben, sich dennoch betroffen fühlen.
Populistische Parteien wollen das für sich nutzen.
Steffen Mau zeigt Schäden an der Gesellschaft und der Demokratie auf.
Das ist keine kleine Leistung und daher empfehle ich das Hörbuch.