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Leseigel
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Villingen

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Insgesamt 1092 Bewertungen
Bewertung vom 17.07.2023
Renner, Isabel

Schatten über Cornwall (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein Familiengeheimnis will ans Licht
Die Autorin erzählt die Geschichte von Calandra, mit der 1960 alles beginnt und ihrer Enkelin Cadis, die in der Gegenwart das Rätsel lösen soll.

Zu Beginn des Buches hatte ich einige Probleme die Zusammenhänge der beiden Zeitebenen zu erkennen, aber dann hat mich der Roman wirklich gefesselt. Dreh-und Angelpunkt ist ein alter Jahrmarkt auf auf dem Familienbesitz von Cadis Eltern. Darum scheint sich ein Geheimnis zu ranken, denn den Jahrmarkt hat es offiziell nie gegeben.

Calandras Schicksal hat mich sehr bewegt. Mit ihr beginnt alles. Calandra wird von ihren Eltern abgelehnt und führt eher das Leben eines Aschenputtels. Als ihr Vater Geschäfte mit der Familie Trewin beginnt, lernt sie deren Sohn Grayson kennen. Die beiden verlieben sich. Grayson ist der Verantwortliche für das Projekt "Jahrmarkt" Zwei Monate nach der Hochzeit und kurz vor der Eröffnung des Jahrmarkts stirbt er, angeblich ein Unfall.

Auch Cadis ist das ungeliebte Kind der Familie, aber der Augenstern ihrer Großmutter Calandra. Als diese im sterben liegt, bittet sie Cadis das Rätsel um den Jahrmarkt zu lösen und für Gerechtigkeit zu sorgen. Schweren Herzens und ohne recht zu wissen, wie sie die Aufgabe lösen soll, stellt sie sich der Herausforderung. Ihr erster Gang führt sie zum Jahrmarkt und trifft dort Fin, der ihr seine Hilfe anbietet. Zusammen machen sich die beiden auf die Suche nach den Hinweisen, die Cadis Großmutter versteckt hat, um sie vor der Vernichtung zu schützen. Nun beginnt eine packende Jagd nach den verschiedenen Verstecken und jedes Puzzleteil enthüllt mehr von der Katastrophe und dem perfiden Plan der beiden Familien. Gerade als Cadis und Fin die Lösung gefunden haben, schlägt das Schicksal erneut zu und die beiden müssen um ihr Leben bangen.

Ich war mindestens genauso gespannt, welche Geheimnisse zu entdecken waren wie die beiden und ebenso schockiert und entsetzt als das Ausmaß des Komplotts offen lag. Die tragische Figur ist Calandra, die ihre große Liebe verliert und auf Drängen ihrer Eltern, in eine Ehe ohne Liebe gezwungen wird. Auch Cadis ist zu Beginn in der Opferrolle, wächst dann an der Aufgabe, und tritt aus dem Schatten ihrer Familie . Die Idee mit der Schnitzeljagd war einfach genial. Schade, dass ich nicht mitmachen konnte .

Nach all dem Leid war ein Happyend die mehr als angemessene Belohnung.

Bewertung vom 16.07.2023
Steinlechner, Tanja

Das Leben, das uns bleibt


gut

Berührender Nachkriegsroman mit einigen Mängeln
Breslau Januar 1944. Die Russen kommen näher und es bleibt nur noch die Flucht, auch für Ruth und ihre Familie. Zurück bleibt die kranke Großmutter und Ilan, Ruths große Liebe.

Nach dem Krieg soll in Freiburg ein Neuanfang gelingen. Doch in den Köpfen der Menschen ist der Krieg noch präsent. Ruths Bruder Jo engagiert sich in der Hilfe für displaced people, voller Wut darüber, dass die Täter von damals unbehelligt weiter leben.

Die jüngere Schwester Gili beginnt als Schauspielerin zu arbeiten, geht ihren eigenen steinigen Weg und scherrt sich nicht um Konventionen. Ruths Mutter glaubt, dass sie ein neues Leben beginnen kann, wenn sie die Vergangenheit leugnet - ihre jüdischen Wurzeln, den Tod des ältesten Sohnes und das Zurücklassen der eigenen Mutter.

Ruth hofft lange auf Ilans Rückkehr zu ihr, aber vergebens. Schließlich heiratet sie den Juwelierssohn Albert. Als sich herausstellt, dass Ruths Schwiegereltern Kriegsgewinnler sind, bekommt die heile Welt Risse.

Der Einstieg in Ruths Geschichte ist sehr emotional. Ihre Liebe zu Ilan und die erzwungene Trennung wird in sehr bewegenden Bildern geschildert. Ich konnte den Schmerz gut nachempfinden. Auch die Schwierigkeiten des Neustarts in Freiburg waren realistisch dargestellt und die verschiedenen Bewältigungsstrategien nachvollziehbar.

Jo war zurecht wütend, weil es den Opfern des Krieges oft schlechter ging als den Tätern, die ihr altes Leben wieder aufnehmen konnten und einfach nur vergessen wollten. Gili will ihre Jugend nachholen , frei von Zwängen sein und den Krieg hinter sich lassen. Ruth wartet lange vergeblich auf Ilan. Dass sie dann einen anderen heiratet, habe ich gut nachempfinden können. was mich gestört hat, war die Haltung von Ruths Mutter, die weiterhin ihr jüdisches Erbe leugnet.

Bis zu diesem Punkt konnte mich der Roman fesseln. Die weiteren Geschehnisse nach Ruths Heirat waren für mich oft unrealistisch. Nichts gestaltet sich in dieser Ehe ,wie erhofft . Ruth lässt sich treiben, wird nicht selbst aktiv. Die Familie wird angefeindet wegen der Umtriebe während des Krieges. Ruth bleibt passiv. Dann stirbt Ruths Mutter und Jo ist verschwunden. Und plötzlich nimmt Ruth ihr Schicksal selbst in die Hand. Auch das lässt sich noch mit gutem Willen erklären. Was mich nicht überzeugen konnte, war die geradezu märchenhafte Lösung aller Probleme. Das passte für mich nicht zu den vorher glaubwürdig dargestellten Charakteren.

Trotzdem bietet der Roman gute Unterhaltung mit großen Emotionen. Und Ruth hatte sich auf jeden Fall ein Happyend verdient.

Bewertung vom 15.07.2023
Schmidt, Frank

Unkaputtbar


ausgezeichnet

Frank Schmidt und der 1. FC Heidenheim
In dieser Biographie kommt Trainer Frank Schmidt selbst zu Wort.

Im ersten Teil des Buches erzählt er von seiner Jugend, seinen ersten Erfolgen im Fußball und wie er den Weg zurück in seine alte Heimat auf der Ostalb gefunden hat. Das wird unterhaltsam und oft auch mit einem Augenzwinkern erzählt. Mir war nicht bekannt, dass er eine verheißungsvolle Profilaufbahn vor sich hatte und fand die dadurch geschilderten Eindrücke sehr interessant und informativ.

Dieser Abschnitt erklärt auch, wie Schmidt zu dem Menschen und Trainer wurde, der heute eine erfolgreiche Karriere als Coach vorweisen kann. Empathie, der klare Wille zu führen und eine unverbrüchliche Liebe zur Heimat und zum Verein sind in meinen Augen die prägenden Eigenschaften.

Gut gefallen hat mir auch, dass Wegbegleiter und seine Ehefrau zu Wort kommen.

Der zweite Teil widmet sich dem ganz dem spannenden Aufstiegskampf in die 1. Bundesliga. Das liest sich stellenweise packend wie ein Krimi. Gleichzeitig gibt es Einblicke in die Seelenlage des Trainers, der nie den Glauben an seine Mannschaft verliert.

Die Biographie ist in meinen Augen sehr kurzweilig und ich lerne einen Trainer kennen, der für sein Team und den Fußball brennt, dabei aber Mensch bleibt und auch den Spieler als kompletten Menschen sieht. Ich finde das achtenswert in einer Zeit, in der man oft den Eindruck hat, es ginge nur um Geld und Titel.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.07.2023
Stadler, Marion

Preißnmörder


sehr gut

Wer tötet eine Alkoholikerin ?
Das ist meine erste Begegnung mit der resoluten Kommissarin Maria, die alle nur Mary nennen und die das Herz auf dem rechten Fleck hat.

Sie steckt mitten in den Vorbereitungen zur Hochzeit mit Hauptkommissar Toni, als die dorfbekannte Alkoholikerin Betti tot aufgefunden wird. Leider bestätigt sich der Verdacht eines Unfalls nicht und Mary steckt mitten in einer Mordermittlung. Da die Tote nicht gerade beliebt war, gibt es Verdächtige zuhauf, nur ein Motiv drängt sich nicht auf. Dabei hat die Dorfgemeinschaft den Täter bereits ausgemacht - der zugereiste Nachbar der Toten und macht mächtig Stimmung gegen ihn. Zu Marys Leidwesen mischt ihr Schwiegervater kräftig mit. Als auch noch Marys Schwester mit dem 5 Monate alten Nepomuk auftaucht, rückt die Hochzeit endgültig in den Hintergrund. Und wäre das nicht genug, sitz ihr der Staatsanwalt im Genick und lässt wenig Wertschätzung erkennen.

Der Krimi bietet beste Unterhaltung und bietet eine gelungene Mischung aus Krimihandlung, Lokalkolorit und privaten Problemen.

Mary verkörpert für mich die Idealfigur eines ländlichen Ermittlers. Sie bearbeitet den Fall mit der nötigen Sorgfalt und Vehemenz. Dabei zeigt sie Empathie und lässt die Kirche im Dorf, als die Dorfbewohner über das Ziel hinaus schießen.

Die übrigen Personen ergänzen das Umfeld perfekt. Angefangen bei dem behäbigen Kollegen Bär, über den grantigen Schwiegervater bis hin zu der in meinen Augen nervigen Schwester.

Höhepunkt der Ermittlung ist eine filmreife Verfolgungsjagd. Gelungen fand ich auch die Sprache des Krimis. Die Autorin nutzt eine gehörige Portion Dialekt, der zum Lokalkolorit beiträgt, aber so dass auch ein "Zugereister" es versteht.

Eigentlich überflüssig zu erwähnen, aber natürlich gehört auch eine gute Portion Humor und Romantik dazu.

Bewertung vom 11.07.2023
Martin, Stefanie H.

Vita und der Garten der Liebe / Die Liebenden von Bloomsbury Bd.3


ausgezeichnet

Virginia und Vita
Im Zentrum dieses Bandes stehen Virginia Woolf und ihre besondere Beziehung zu Vita Sackville-West.

1922 hat Virginia auch materielle Erfolge mit ihren Werken. Ihre Gesundheit ist weiterhin fragil und ihr Mann Leonard wacht wie eine Zerberus darüber, dass sie einen strikten Tagesablauf einhält.

Vita Sackville-West , eine reiche Adlige, feiert Erfolge im eher konservativen Literaturbetrieb. Beide beäugen sich aus der Ferne eher misstrauisch. Vita hält Virginia für intellektuell überlegen und fürchtet deren Spott und Arroganz. Virginia glaubt, dass Vita aufgrund ihrer Herkunft eher versnobt ist und hält deren Werke für mittelmäßig. Als sie sich bei einem arrangierten Treffen kennenlernen, fühlen sich beide von einander angezogen. Es beginnt ein reger Briefverkehr, der zu einer tiefen Freundschaft und Liebesbeziehung führt.

Für Virginia ist die Liebesbeziehung eine Befreiung von Minderwertigkeitskomplexen. Ihre Gesundheit stabilisiert sich und führt zu vermehrten Schreiben. Und das wichtigste, Virginia erlebt sich als vollwertige Frau, was auch dazu führt, dass sie sich von Leonard mehr emanzipiert.

Vita ist geprägt durch die Zurückweisungen ihrer exzentrischen Mutter und immer auf der Suche nach Anerkennung, die sie glaubt, in sexuellen Beziehungen zu finden. Auch Virginia kann diesen Hunger nicht vollständig stillen und so hat sie weiterhin wechselnde Liebschaften mit anderen Frauen. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass sie Virginia aufrichtig liebt und sie so etwas wie ein Anker in ihrem unsteten Leben ist.

Mich hat der Roman gefesselt und auf eine emotionale Reise geschickt und dabei auf das beste unterhalten. Allein mitzuerleben, wie die beiden Frauen sich näher kennenlernen und ihr Innerstes offenbaren, war berührend - auch weil die Autorin sie durch ihre Briefe selbst zu Wort kommen lässt. Ich habe gelitten, wenn die beiden sich gegenseitig mit Worten verletzt haben - manchmal mit Absicht, manchmal aus Gedankenlosigkeit. Gleichzeitig war es eine Freude zu lesen, wie Virginia aufblüht und mehr Vertrauen in sich selbst entwickelt.

Vita war mir als Person näher trotz ihrer Herkunft. Sie lebt mehr im hier und jetzt, ist nicht so abstrakt und theoretisch. Ich habe auch ihre manische Suche nach Liebe und Anerkennung verstanden und habe mir gewünscht, die beiden Frauen hätten eine lebbare Liebe gefunden.

Für mich ist der Roman eine wunderbares Buch über die Liebe und hat mir zwei starke und bedeutende Frauen näher gebracht.

Bewertung vom 10.07.2023
Glagla, Wolfgang

Askese (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mord an einem Mann Gottes
Kurz bevor Kriminalhauptkommissar Tackert in den Ruhestand geht, bekommen er und sein Team einen brisanten Mordfall auf den Tisch.

Ein katholischer Dekan wird bestialisch ermordet und auf bizarre Weise zur Schau gestellt. Ermittlungen im Dunstkreis der Kirche und im Licht der Missbrauchsfälle sind immer heikel und nichts, was sich Tackert wünschen würde.

Die Ermittlungen sind schwierig. Das Opfer wird als beliebt und guter Seelsorger charakterisiert. Er war zudem Mitglied einer Kommission, die die Missbrauchsfälle beleuchtet. Liegt hier das Motiv ? Wollte jemand den Ruf der Kirche schützen ?

Bei weiteren Nachforschungen stellt sich heraus, dass der Priester ein Gegner des Zölibats war. Ging das einem radikalen Kirchenmitglied zu weit ?

Ich fand es fesselnd und unterhaltsam, mit Tackert auf Mördersuche zu gehen. Jedes Motiv schien möglich und die Verdächtigen waren unsympathisch genug, um als Täter in Betracht zu kommen. Trotzdem blieben Zweifel. Als der wahre Mörder entlarvt wurde, war ich mir nicht sicher, ob ich Mitleid empfinden oder Hurra rufen sollte.

Was ich unbedingt positiv hervorheben will, ist der Humor des Krimis. Der Autor schildert immer wieder kurze Episoden aus Tackerts Privatleben. So etwas die Einladung zu einem Kindergeburtstag, bei der sich alle als Prinzessinnen verkleiden. Leider gab es keine Fotos !

Bewertung vom 09.07.2023
Sandmann, Elisabeth

Porträt auf grüner Wandfarbe


ausgezeichnet

Ein spannender und aufwühlender Familienroman
Die Autorin erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen und vermischt Gegenwart und Vergangenheit zu einer bewegenden Spurensuche.
London 1992 Gwen befindet sich in einer Umbruchsphase ihres Lebens. Sie hat ihre Stelle gekündigt, ihre Beziehung ist gescheitert und bisher hat sie kein neues Lebensziel.
Da erscheint der Anruf ihrer Tante Lily als willkommene Ablenkung. Diese will nach dem Mauerfall nach Polen reisen und dort das Gut ihrer Eltern aufsuchen, wo sie ihre Kindheit verbracht hat. Gwen soll sie begleiten. Gwen stimmt zu und dies ist der Anstoß für sie, sich mit ihrer Familie und deren Geschichte zu befassen. Die Beziehungen der Familienmitglieder zu einander sind schwierig und Gwen kennt den Grund dafür nicht.
Als Gwen Aufzeichnungen von Ella, der Ziehmutter ihrer Mutter Marga findet, tauchen wir gemeinsam in Ellas Geschichte ein, die immer auch die Geschichte von Gwens Familie ist.
Ella war das Kind einer armen Bauernfamilie, die mehr vom Leben will. Sie verlässt früh das Elternhaus, lernt Steno und Maschinenschreiben und erhält dadurch eine Stelle auf Schloss Elmau. Hier trifft sie auf die beiden Menschen, mit deren Schicksal ihr Leben von da an eng verknüpft sein wird.
Da ist die kapriziöse und auf sich fokussierte Ilsabe und der jüdische Baron von Stein, in den sich Ella verliebt. Ella nimmt eine Stellung auf seinem Gutshof im pommerischen Köslin an.
In der Gegenwart erfährt Gwen auf ihr beharrliches Nachfragen immer mehr Details der Familiengeschichte und sie ahnt, dass es wohl Geheimnisse und Tragödien gibt, die sich auch auf ihr Leben auswirken.
Die gemeinsame Reise mit ihrer Tante Lily wird eine packende Reise in die Vergangenheit, die am Ende eine Versöhnung ermöglicht.
Mich hat der ungewöhnliche Buchtitel magisch angezogen und meine Neugier war geweckt. Ich hätte nie gedacht, dass mich eine so überzeugende und fesselnde Geschichte erwartet.
Die Personen werden realistisch geschildert mit Ecken und Kanten und ihren Marotten, die zu einer heiteren Note beitragen.
Meine Lieblingsfigur ist eindeutig Ella. Die will die engen Grenzen ihrer Geburt und ihres Geschlechts nicht akzeptieren. Durch ihre Intelligenz und Anpassungsfähigkeit erobert sie Schritt für Schritt die Welt. Dabei bleibt sie empathisch, bescheiden und treu. Ich habe mehrfach mit ihrem Schicksal gehadert.
Was für ein Gegensatz dazu die schillernde Ilsabe, die ihren Vorteil zu nutzen weiß und stets im Mittelpunkt steht.
Gwen überzeugt mit ihrer Hartnäckigkeit, die Wahrheit zu ergründen. Nicht um zu verurteilen, sondern um zu verstehen und die Vergangenheit mit der Gegenwart auszusöhnen.
Die Autorin schildert die Ereignisse so lebendig, dass ich mich der Familie zugehörig glaubte.
Der Roman ist ein absolut gelungener Unterhaltungsroman, den ich nicht mehr aus der Hand legen wollte.