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Benutzername: 
Lunamonique
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 416 Bewertungen
Bewertung vom 10.05.2017
Das Panama-Erbe
Aernecke, Susanne

Das Panama-Erbe


weniger gut

Nach „Tochter des Drachenbaums“ ist „Das Panama-Erbe“ Band 2 der Amakuna-Saga von Autorin Susanne Aernecke. Sinas Leben wird durch ein Geschenk auf den Kopf gestellt.

Sina studiert an der Eliteuniversität „Harvard Business School“. Sie soll das Bankenimperium ihres Großvaters übernehmen. Ihr bester Freund Felipe will ihr eine Freude machen. Sein Geschenk bringt alles ins Wanken. Was ist mit Sina los? Erst eine Psychologin gibt ihr den entscheidenden Hinweis.

Im Prolog wird das Schicksal von Sinas Eltern deutlich und welches Trauma Sina mit sich herumschleppt. Sina war damals vier Jahre alt. Die Ereignisse berühren. Ein emotionaler Einstieg. Zwanzig Jahre später ist Sina auf dem Erfolgsweg. Es scheint, dass nichts sie aufhalten kann. Umso härter trifft es Sina, als ihre Pläne durch eine Amnesie über den Haufen geschmissen werden. Das Thema „Erfolgsdruck“ ist aktuell. Es lässt sich nachvollziehen, wie Sina sich fühlt. Mit Sinas Reise nach Panama und ihrer Suche nach dem Naturschützer Neri, den sie zufällig auf einer Ausstellung gesehen hat, steigen Unterhaltungswert und Spannung. Was ist das für eine Beziehung zwischen Felipe und Sina? Eigentlich Freundschaft, doch er will mehr. Felipe wird von Sinas Plänen überrumpelt und versucht, sie zurückzuholen. Das Thema „Liebe“ nimmt immer mehr Raum ein. Was verbindet Sina mit Neri? Das Geheimnisvolle macht die Geschichte interessant. Ein Gegner hat seine eigenen Pläne. Hier wird zu viel auf Klischee gesetzt. Der historische Part als Vision will sich nicht so recht in den Hauptteil integrieren. Intrigen und Machtgier, die Theatralik nimmt in allen Bereichen zu. Bei Erzählstil, Sprache und Plot hapert es an Überzeugungskraft. Der Handlungsort „Panama“ und das ursprüngliche Leben der Ureinwohner üben einen Reiz aus. Neben der Liebe ist das zentrale Thema der Naturschutz. Zu oft kommt der erhobene Zeigefinger bei den unterschiedlichsten Themen durch. So mancher Sinneswandel eines Charakters ist nicht nachzuvollziehen. Ereignisse, die für Spannung sorgen sollen, wirken oft zu konstruiert. Zum Showdown hin nimmt das Tempo stark zu. Ein Namensfehler irritiert. Auflösungen und Überraschungen überschlagen sich. Das Ende ist viel zu kurz gehalten, der Ausklang nicht gelungen.

Das Cover mit der beeindruckenden Dschungelszene und dem prägnanten Titel hat Anziehungskraft. Die Grüntöne und das rätselhafte, urzeitliche Gebäude unterstreichen das Abenteuerliche. Originell ist die Idee zur Geschichte. Leider enttäuscht „Das Panama-Erbe“ mit zu viel abgedroschenen Elementen. Die Dialoge wirken größtenteils wie aus einem schlechten Krimi entnommen. Es fällt schwer, bis zur letzten Seite durchzuhalten. Die 576 Seiten werden schon nach dem ersten Buchdrittel zur Herausforderung. Allein zwei Liebesgeschichten halten bei der Stange.

Bewertung vom 03.05.2017
Maria und der Patriot
Honert, Hans-Werner

Maria und der Patriot


weniger gut

Bisher hat Filmregisseur, Produzent und Autor Hans-Werner Honert Drehbücher und Hörspiele verfasst. „Maria und der Patriot“ ist sein erster Roman.

Gerade ist Maria mit Jack in der neuen Wohnung in New York zusammengezogen, da stirbt Jack bei einem Autounfall. Nach erster Verzweiflung entscheidet sich Maria, mit Hilfe von Jacks Recherchen den Auftrag von einer New Yorker Fernsehstation, einen Film für die Reihe „Politische Morde in Europa“ zu drehen, durchzuziehen. Sie soll über den Mord an Treuhandchef Detlev Karsten Rohwedder im Jahr 1991 berichten. Ihr Vater war damals Rohwedders Bodyguard. Ist er längst tot oder untergetaucht? Maria macht sich auf die Suche nach ihm.

Der Politthriller basiert auf einer wahren Geschichte. Bis heute ist nicht vollständig geklärt, wer den Anschlag auf Treuhandchef Rohwedder ausgeführt hat. Autor Hans-Werner Honert spinnt um den rätselhaften Fall eine schicksalhafte Liebesstory. Als Maria vom Tod Jacks erfährt, bricht für sie eine Welt zusammen. Bei der Beerdigung ist sie unerwünscht. Maria will Jacks Vermächtnis fortführen. Ihre Recherchen führen sie nach Deutschland. Bald begreift sie, dass Jack Geheimnisse vor ihr hatte. Was war echt, was Täuschung? Maria kann niemandem mehr trauen und ist auf sich allein gestellt. Durch einen weiteren Handlungsstrang erfährt der Leser mehr als Maria. Die Gefahr für Jacks große Liebe steigt. Die Geschichte wird in distanzierter, nüchterner Sprache erzählt. Dadurch kommt wenig Atmosphäre auf. Auch an der Spannung hapert es auf den ersten zweihundert Seiten. Das Undurchsichtige hält bei der Stange. Wer zählt zu den Feinden? Wer bietet Maria auf ehrliche Weise Hilfe an? Die Charaktere bleiben blass. Selbst die Hauptfiguren Jack und Maria sind austauschbar. Ein Highlight ist der dreiste Hoesa, der über Marias Wünsche einfach hinweggeht. Die Hoffnung, dass mit einem neuen Handlungsort die Geschichte richtig in Fahrt kommt, wird enttäuscht. Marias Filmambitionen rücken wieder in den Vordergrund. Nicht immer sind ihre Emotionen und ihr Handeln nachzuvollziehen. Überraschungen werden nicht ausgespielt. Das Tempo bleibt eher langsam. Szenen, in den Spannung aufkommen könnte, werden viel zu schnell abgehandelt. Ein Geldproblem löst sich plötzlich wie von selbst. Besonders im letzten Buchdrittel sind die Dialoge zu hölzern und gestellt geraten. Im Gedächtnis bleibt eine weitere Nebenfigur, die Einsatz zeigt und Trümpfe im Ärmel hat. Insgesamt fehlt es an Thriller-Elementen und Intensität. Auch die Hintergründe um den Rohwedder-Mord bleiben konfus. Das Ende setzt bei der Enttäuschung noch einen obendrauf. Dem Plot fehlt es an Raffinesse.

Das Cover zeigt eine interessante Perspektive, die aber nicht so recht zum Inhalt passen will. Der schwarze Hintergrund wirkt zu düster. Eine andere Farbwahl hätte das Buch mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken können. Der Titel wirkt zu kitschig. Leider wurde aus der Basisidee des Thrillers zu wenig rausgeholt. Es kommt eher der Gedanke auf, einen Roman mit wenigen Krimielementen in den Händen zu halten. Trotz häufiger Erwähnung spielt das Politische eher eine untergeordnete Rolle. Auch die Liebesgeschichte will nicht richtig überzeugen.

Bewertung vom 01.05.2017
Der (überhaupt gar nicht) allmächtige Todd
Galveston, Louise

Der (überhaupt gar nicht) allmächtige Todd


ausgezeichnet

„Der (überhaupt gar nicht) allmächtige Todd“ ist das Werk von Kinderbuchautorin Louise Galveston. Das Chaos in seinem Zimmer hat für Todd ungeahnte Folgen.

Todds Mutter ist entsetzt, als sie die Unordnung im Zimmer ihres Sohnes bemerkt. Todd wird zum Aufräumen verdonnert. Gar nicht so einfach, den Anfang zu finden. Todd entschließt sich, erst einmal Dinge unterm Bett wegzuräumen. Dann kann er andere Sachen dort verschwinden lassen. Todd entdeckt eine alte, stinkende Baseballsocke, von der seltsame Blitze ausgehen. Entzündet sich die Socke gerade selbst?

Im Prolog wird der Humor der Geschichte deutlich. Großvater Lewis und seine Zuhörer entpuppen sich als Miniaturmenschen mit einer besonderen Vorliebe für Zehennagelbrötchen. Lewis ist es auch, der seinen Erschaffer Todd für allmächtig hält. Er und seine Frau Persephone erzählen die Geschichte. Die Idee, eine Zivilisation auf einer alten, ungewaschenen Socke entstehen zu lassen, ist sehr originell. Nur die besonderen Vorlieben der Miniaturmenschen, besonders ihre Essgewohnheiten, sind abschreckend. Autorin Louise Galveston baut auf einem alltäglichen Szenario, dem Kinderzimmerchaos, eine abenteuerliche Geschichte auf. Dank des mitreißenden Erzählstils wirken die Ereignisse sehr real. Das Kinderbuch nimmt sich auch eines aktuellen Themas an. Todd und sein bester Freund Duddy werden gemobbt. Es scheint keinen Ausweg vor den Fieslingen Max und Co zu geben. Beide versuchen nicht aufzufallen, um keinen Ärger auf sich zu ziehen. Die Taktik geht leider nicht auf. Mit einem Schulprojekt verbessern sich plötzlich Todds Chancen. Wird endlich sein größter Wunsch in Erfüllung gehen und er zu den coolen Schülern gehören? Es geht um Freundschaft, Zusammenhalt, Verantwortungsbewusstsein. Todd gerät in eine Zwickmühle und muss die richtigen Entscheidungen treffen. Die Charaktere sind wie aus dem Leben gegriffen. Nachbarstochter Lucy fungiert als Todds Gewissen. Sie ist klug und einfallsreich und wird leicht von den anderen falsch eingeschätzt. Duddy wächst mit seiner verständnisvollen Art und seinem Lieblingshobby ans Herz. Todd fühlt sich von den Ereignissen überfordert und muss erst noch lernen, worauf es wirklich ankommt. Persephone mit ihrer direkten Art und ihrem unbändigen Willen zählt bald mit dem hoffnungsvollen, unerschüttlichen Lewis zu den Lieblingsfiguren. Auch Nebenakteure wie Todds Schwester Daisy und eine Pudeldame tragen auf ihre ganze eigene Weise zum Unterhaltungswert der Geschichte bei. Todd steht etwas zu lange auf der Leitung. Spannend ist, wie am Ende die Lösung des Problems aussieht. Der Showdown hat Witz und ist gelungen.

Die Coverszene wirkt gruselig. Das liegt auch ajn den düsteren Grauvariationen. Sehr kreativ und humorvoll ist der Titel. „Der (überhaupt gar nicht) allmächtige Todd“ ist für Kinder ab 10 Jahren gedacht. Es besteht die Gefahr, dass die Jungen und Mädchen nach dem Lesen der Geschichte nicht mehr aufräumen wollen. Vielleicht kann man sie auf Band 2 der Kinderbuchreihe vertrösten.

Bewertung vom 29.04.2017
Im Grab schaust du nach oben / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.9
Maurer, Jörg

Im Grab schaust du nach oben / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.9


gut

„Im Grab schaust du nach oben“ ist Band 9 der Kommissar Jennerwein-Krimi-Reihe von Jörg Maurer. Für seine Alpenkrimis wurde Jörg Maurer 2013 mit dem Radio-Bremen-Krimipreis ausgezeichnet.

Zeit für die Beerdigung von Freund Hansi bleibt kaum. Kriminalhauptkommissar Hubertus Jennerwein und Polizeipsychologin Maria Schmalfuß sind wegen dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau im Sondereinsatz. Jennerwein mischt sich inkognito im Camp unter die Gipfelgegner und gerät plötzlich in Gefahr.

Kopf- oder Blattschuss? Der Einstieg in die Geschichte ist trotz der „harten Fakten“ unterhaltsam. Wer ist das Opfer? Wer der Täter? Die beiden Fragen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Handlungswechsel. Mit Hansis Beerdigungswünschen und skurrilen Ereignissen wird eine Schippe Humor draufgelegt. Traditionen spielen eine große Rolle. Klar, dass trotz minutiöser Vorbereitung nicht alles glatt geht. Eine Ehrung hat ungeahnte Folgen. Der G7-Gipfel wird für verbrecherische Zwecke genutzt. Wie kann der Täter trotz hoher Sicherheitsvorkehrungen seinen Plan durchsetzen? Es gibt nicht nur einen Fall, der beschäftigt. Die Handlungsstränge und Geschehnisse verwirren. Lange lässt sich kein Zusammenhang erkennen. Skurril ist, dass sich trotz hoher Polizei-Präsenz die Bösen scheinbar frei bewegen können. Wer plant was? Eskalationen sind vorprogrammiert. Jennerwein trügt sein Gespür nicht. Es ist so Einiges im Busch. Von den Ausmaßen ahnt selbst er nichts. Erzählstil, Sprache und Dialekt haben Unterhaltungswert. Es entsteht der Eindruck, dass eine Auflösung zu früh verraten wird. Spannung kommt über weite Strecken nur in kleinen Portionen auf. Ein bisschen zu schräg wird es mit einer Verbrecherorganisation und einer ganz neuen Taktik. Der Autor verliert sich in Abschweifungen. Ab dem zweiten Buchdrittel wirkt die Geschichte zeitweise langatmig. Die Seitenhiebe gegen Geheimdienste und Mafia werden auf die Spitze getrieben. Etwas mehr Gradlinigkeit hätte dem Plot gut getan. Im letzten Buchdrittel entsteht der Eindruck, dass Episoden aneinandergereiht sind. Der Showdown zum Schluss ist nicht so gelungen wie erwartet. Bei der Auflösung wurde zu sehr auf die dunkle verborgene Seite gesetzt. Sie ist nicht sehr glaubwürdig und zufriedenstellend.

Cover und Titel weisen auf den unterhaltsamen Humor des Alpenkrimis hin. Farben und Kulisse erregen Aufmerksamkeit. Mehr Rätselhaftes und der Fokus auf Spannung und packende Szenen hätten der Geschichte wesentlich mehr Intensität verliehen. „Im Grab schaust du nach oben“ eignet sich gut als kurzweilige Reiselektüre. Ein Lesespaß ist es allemal.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.04.2017
Der Freund der Toten
Kidd, Jess

Der Freund der Toten


ausgezeichnet

„Der Freund der Toten“ ist der Debüt-Roman von Autorin Jess Kidd. Ein rätselhafter Vermisstenfall beschäftigt noch Jahre später.

Mahony ist in einem Waisenhaus aufgewachsen. Nach dem Tod von Nonne Veronica erhält er einen Brief, der damals mit im Babykorb gelegen hatte. „Für das Kind, wenn es erwachsen ist.“ Mahony reist ins Dorf Mulderigg, wo seine Mutter gelebt hat, um herauszufinden, was mit ihr geschehen ist.

Der Prolog führt zurück ins Jahr 1950 und geht sehr nah. Ereignisse erschüttern. Eine Mutterliebe berührt. Autorin Jess Kidd weiß mit ihren ungewöhnlichen Beschreibungen Emotionen zu transportieren. Handlungswechsel, 26 Jahre später hat Gelegenheitsdieb und Charmeur Mahony nur eines im Sinn, das Rätsel um seine Mutter zu lösen. In der alten Schauspielerin Mrs Cauly findet Mahony eine Verbündete. Bald werden den Beiden Hindernisse in den Weg gelegt. Bis auf wenige Ausnahmen ist niemand ist mehr an der Wahrheit interessiert. Mahony und seine Freunde lassen sich nicht von den Recherchen abbringen. Dosierte Rückblicke geben Aufschluss über Vorkommisse in der Vergangenheit. Immer mehr Raum nimmt das Übernatürliche ein. Wirkt es anfangs ungewohnt und überraschend, passt es von Buchseite zu Buchseite mehr zur Story. Einige humorvolle, aber auch traurige Szenen sind dem Übernatürlichen zu verdanken. Der Roman hat einen ganz eigenen Stil. Nicht nur die beiden Hauptfiguren Mahony und Mrs Cauly reißen mit. Bald kommt auch den Toten eine besondere Stellung zu. Durch Sprache und Erzählstil entwickelt sich eine besondere Atmosphäre. Es fällt leicht, mit Mahony mitzufiebern. Geheimnisse treten zu Tage. Das Schicksal eines kleinen Mädchens berührt. Verwicklungen werden erst im Laufe der Geschichte deutlich. Ein ganz neues Motiv für den Hass der Dorfgemeinschaft auf Mahonys Mutter tritt zu Tage. Wer ist der Täter? Die Frage beschäftigt bis zum Schluss. Das Verwirrspiel ist gelungen. Es gibt gleich mehrere Verdächtige. Mit jedem Puzzleteil steigt die Spannung. Selbst die Natur nimmt Einfluss. Zum Schluss nimmt das Grauen zu. Der Showdown ist perfekt inszeniert. Gänsehaut pur! Ein passender Ausklang folgt. Es fällt schwer zu akzeptieren, dass der Roman hier zu Ende ist.

Cover und Titel sind Understatement pur. So eine fesselnde Geschichte war nicht zu erwarten. Der Titel ist wenig kreativ. Der dschungelartige Hintergrund macht neugierig. „Der Freund der Toten“ könnte auch als Thriller durchgehen. Charaktere und Story sind originell. Das Buch entwickelt sich schnell zum Pageturner. Ein brillantes Debüt, das noch lange nachhallt.

Bewertung vom 12.04.2017
Die Zeit, in der wir träumten
Jaeger, Meredith

Die Zeit, in der wir träumten


gut

In „Die Zeit, von der wir träumten“ von Autorin Meredith Jaeger erregt ein Rätsel aus der Vergangenheit das Interesse einer Journalistin. Was bringt ihre Recherche ans Licht?

Die 30jährige ehemalige leitende Redakteurin von „Pulse of The City“ Sarah Havensworth arbeitet an ihrer Abschlussarbeit zum Master of Fine Arts. Mit ihrem Roman ist sie mehr als unzufrieden. Durch Zufall stößt Sarah auf das Schicksal zweier verschwundener Näherinnen im Jahr 1876. Das Rätsel um die beiden jungen Frauen nimmt sie sofort gefangen. Nicht jedem ist ihre Recherche recht.

Durch ihren Ehemann Hunter ist Sarah Havensworth in noble Kreise aufgestiegen. Die Familie ist sehr auf Prestige und einen guten Ruf bedacht. Welches hässliche Geheimnis aus ihrer Vergangenheit verheimlicht Sarah Traummann Hunter? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Mit Sarahs Recherche und einem Artikel über den alten ungelösten Fall der vermissten Näherinnen teilt sich der Roman in zwei Zeiten, heute und 1876, und zwei Handlungssträngen auf. Der Leser erfährt mehr von den Schneiderinnen Hanna und Margaret und ihrem Leben damals. Beide kommen aus ärmlichen Verhältnissen und leiden unter der Gewalttätigkeit eines Familienmitglieds. Mit dem Abbruch einer Geschichte im fesselnden Moment, um mit der anderen fortzufahren, kommt Spannung auf. Bald erweckt die Vergangenheit mehr Interesse als die Geschichte um Sarah. In beiden Handlungssträngen geht es um die große Liebe und um Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten, die zueinander finden. Wer hat eine Zukunft? Welche Hindernisse stellen sich den Liebenden in den Weg? Es geht kitschig, aber auch mitreißend zu. Hanna und Margaret sind als Charaktere interessant, weil sie gegen Widrigkeiten zu kämpfen haben und überall Gefahren auf sie lauern. Es geht ums Überleben, Arbeit, Sicherheit und um den Traum von einer besseren Zukunft. Es fällt leicht, mit den beiden mitzufiebern. Hätte Sarah kein Geheimnis, wäre sie eine eher blasse Hauptfigur. Mit unvorhergesehenen Ereignissen nehmen in beiden Handlungssträngen Tempo und Unterhaltungswert zu. Was ist damals geschehen? Was verbirgt Sarah? Spekulationen werden lange angeheizt. Die Auflösungen kommen zu schnell. Das Ende beider Geschichten lässt sich größtenteils erahnen. Dem letzten Buchdrittel fehlt es an Raffinesse.

Das Cover hat etwas Romantisches und Melancholisches. Gut gewählt sind Farben und Details. Der Titel zieht die Blicke aufs Buch. „Die Zeit, in der wir träumten“ ist eine Mischung aus Liebes- und Historienroman mit einer Prise Krimi. Auch wenn das Ende teils etwas enttäuscht, reißt der Roman mit. Den kitschigen Einfluss muss man mögen.

Bewertung vom 09.04.2017
Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte
Basener, Anna

Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte


sehr gut

Von Autorin Anna Basener stammt unter anderem der Ratgeber „Heftromane schreiben und veröffentlichen“. In ihrem Roman „Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte“ sorgt nicht nur eine Ruhrpottikone für Turbulenzen.

Ommas alte Freundin aus Bordellzeiten Mitzi ist tot. Sie wird von allen schmerzlich vermisst. Mit der spontanen Idee von Omma, zu ihr nach Berlin-Kreuzberg zu ziehen, hat Bianca nicht gerechnet. WG-Mitglied Louise macht Probleme. Ist Omma eine Alternative?

Die Geschichte beginnt mit dem „Vorspiel“. Die Kapitelüberschrift lässt Amüsantes erahnen. Omma ist ein Unikat und lässt nächtliche Ruhezeiten nur gelten, wenn es ihr in den Kram passt. Dank ihrer bewegten Vergangenheit als Wirtschafterin in einem Bordell, weiß Omma mit den Widrigkeiten des Lebens umzugehen. Wer glaubt, dass sich die Geschichte hauptsächlich um die resolute alte Dame dreht, täuscht sich. Der Rest der Familie hat ebenfalls Marotten und Eigenarten. Wie ist Mitzi gestorben? Ungereimtheiten machen Bianca misstrauisch. Mitzis Leben und ihr Schicksal werden zum roten Faden des Romans. Alle Charaktere haben sowohl Unterhaltsames als auch Interessantes, aber Mitzi sorgt für Spannung. Geht alles mit rechten Dingen zu oder wurde etwas ausgeheckt? Die Frage beschäftigt über viele Seiten. Bianca hat gegen eine Wand aus Schweigen anzukämpfen. Im Laufe der Story ähnelt sie ihrer Omma immer mehr. Sehr gelungen ist eine kuriose nächtliche Szene, in die Bianca mit hineingezogen wird. Humor und skurrile Begebenheiten machen den Unterhaltungswert des Buches aus. Die spezielle Sprache der Familie hat einen großen Anteil am Lesespaß. Der besondere Slang hebt die Eigenarten der Charaktere hervor. Süß ist Papas Spitznamen für Bianca. Chaos ist bei der Familie vorprogrammiert. Zusammenhalt spielt trotz aller Herausforderungen eine wichtige Rolle. Liebe, Sex, Freundschaft, es wird nichts ausgelassen, was Freude bereitet. Eine Überraschung darf nicht fehlen. Zum Schluss nimmt die Geschichte noch mal Fahrt auf. Das Ende lässt sich erahnen. Der Ausklang ist gelungen. Omma und Co bleiben im Gedächtnis.

Auf den ersten Blick wirkt das Cover etwas seltsam, bis klar wird was für Vorlieben Omma hat. Der Titel weckt die Neugierde. Er passt perfekt zur Geschichte und gibt einen Hinweis auf die Art des Humors. „Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte“ spricht jeden Lesebegeisterten an, der urige Typen mag. Gute Unterhaltung zum Abschalten.

Bewertung vom 03.04.2017
Die Grausamen
Katzenbach, John

Die Grausamen


ausgezeichnet

„Die Grausamen“ ist das neueste Werk von Autor John Katzenbach. Ein zwanzig Jahre alter Vermisstenfall gibt erneut Rätsel auf.

Assistant Deputy Chief Gabriel Dickinson befindet sich nach einem Unglück und der Trennung von seiner Frau in freiem Fall. Sein Alkoholproblem bleibt auch seinem Chef nicht verborgen. Er bekommt eine letzte Chance und wird ins Resort „Cold Cases“ versetzt. Zusammen mit seiner neuen Partnerin Marta Rodriguez-Johnson nimmt er sich alter, ungelöster Fälle an. Nach einer Durststrecke im Papierwust entdeckt Marta eine Spur.

Der Prolog spielt im Jahr 1996. Die 13jährige Tessa kommt von einem Besuch bei ihrer Freundin nicht nach Hause. Die Verzweiflung der Eltern ist greifbar. Alle Suchmaßnahmen verlaufen im Sande. Was ist passiert? Das Undurchsichtige und Rätselhafte zieht sich durch die Geschichte. Handlungswechsel, Gabe hat alles verloren, was ihm wichtig war. Selbst für seinen Job kann er nicht mehr die notwendige Energie aufwenden. Auch Marta hat mit einem Vorfall zu kämpfen, der ihr den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Beide müssen sich beweisen. Es lässt sich erahnen, dass sich das Team Gabe und Marta sehr gut zusammenrauft. Sie sind als Charaktere mit ihren Schwächen und Eigenarten sehr interessant und ergänzen sich. Die anfängliche Lustlosigkeit verwandelt sich bald in Ermittlungsfieber. Eine überraschende Wende ist effektvoll inszeniert. Wie Gabe und Marta bleibt auch der Leser geschockt zurück. Das Netz aus Lügen scheint undurchdringlich. Wer ist der Gegner? Die Gefahr für Gabe und Marta nimmt zu. Marta muss ihr Trauma überwinden und Gabe einer Versuchung widerstehen. Jedes kleinste Anzeichen von Schwäche kann den Tod bedeuten. Autor John Katzenbach setzt auf die psychologische Schiene. Welche Abgründe stecken hinter den Taten? Spekulationen kommen auf. Alleingänge sorgen zusätzlich für Spannung. Die Paukenschläge kommen zum Schluss. Wer glaubt, der Auflösung schon früh näher gekommen zu sein, irrt sich. Die letzten Seiten haben mehr als eine Überraschung parat. Der Thriller ist klasse inszeniert. Autor John Katzenbach lässt dem Leser Atempausen, um ihm dann eine packende Szene vor den Bug zu knallen. Man weiß nie, was demnächst passiert.

Das Spinnennetz mit den scheinbaren Wassertropfen setzt den Inhalt passend undurchsichtig in Szene. Der Titel wirkt aussagekräftig und kann doch auf falsche Fährten führen. Anziehungskraft hat zusätzlich der Autorenname. Für Thriller-Fans ist „Die Grausamen“ ein Muss. Die Intensität der Story ist dem ungewöhnlichen Ermittlerteam zu verdanken.