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meerblick

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Insgesamt 452 Bewertungen
Bewertung vom 17.09.2024
Knüwer, Thomas

Das Haus in dem Gudelia stirbt


sehr gut

Der etwas andere Kriminalroman

Die Bewohner von Unterlingen haben ihre Häuser und Wohnungen verlassen, als eine verheerende Flutkatastrophe im Jahre 2024 über die kleine Ortschaft hinwegrollt. Doch die einundachtzigjährige Gudelia bleibt in ihren vier Wänden, arrangiert sich mit den Unannehmlichkeiten wie Stromausfall, Einstellung der Frischwasserversorgung und dem Nahrungsmangel, trotzt den Gefahren der Naturkatastrophe. Niemals würde sie ihr vertrautes, geliebtes Zuhause verlassen. Aber warum? Mit Schicksalsschlägen hatte sie gelernt umzugehen, ihnen zu trotzen als 1984 ihr geliebter Sohn ums Leben kam und 1998 ihr Mann sie verlies.
Sprachlich wunderbar ausgearbeitet schafft es Thomas Knüwer in seinem Debüt 'Das Haus in dem Gudelia stirbt' eine unheimliche Atmosphäre von Trauer und Enttäuschung zu schaffen, in der die Protagonistin und Ich-Erzählerin Gudelia charakterlich facettenreich brilliert. Spannend unterhält uns der Autor in seinem kurzen, prägnanten Sprachstil, der Sogwirkung besitzt und Spannung bis zur letzten Seite aufrechterhält.
Lesevergnügen ist garantiert, ebenso wie die Vorfreude auf nachfolgende Kriminalromane.

Bewertung vom 16.09.2024
Kolb, Elli

9 Grad


sehr gut

Das große Geschenk: Leben mit seinen Herausforderungen

Elli Kolb präsentiert mit '9 Grad' ihren Debütroman, der sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen in unserem modernen Alltag beschäftigt, die ernsthafte gesundheitliche Problem darstellen. Sie zeichnet eine Geschichte um die drei Freunde Josie, Rena und Anton, die im Alter von Ende zwanzig sind und mit schwerwiegenden Themen wie Essstörungen, vermindertes Selbstwertgefühl, Nahtoderfahrungen, Depressionen, Angst vor dem Outing zu kämpfen haben. Während die schwer kranke Rena immer passende Örtlichkeiten aussucht, um ihre Probleme den Freunden schön verpackt mitzuteilen, machen die beiden Frauen erste Erfahrungen mit dem Eisbaden. Für Josie entwickelt sich dieses Erlebnis zu einer Sucht von gefährlichem Ausmaß, bei dem Lee, ihr depressiver Freund, Schlimmeres verhindern kann.
Der Roman lässt uns eintauchen in eine vielschichtige Welt junger Erwachsener, die auf der Suche nach Erfüllung in ihrem Leben sind, den Sinn in unterschiedlichen Bereichen finden mit sehr differenten Vorstellungen von Glück und Zufriedenheit. Nachdenklich, mitunter sprachlos darüber, welche Probleme das Schicksal bereithält, lässt die Geschichte mich in Gedanken versunken zum Wert des Geschenks Leben zurück.

Bewertung vom 16.09.2024
Baldelli, Giulia

Das Schweigen meiner Freundin


ausgezeichnet

Facetten einer Freundschaft

Guilia Baldelli lässt in ihrem Debütroman 'Das Schweigen meiner Freundin' Guilia eine sowohl fesselnde als auch tief berührende Geschichte erzählen, die das Dreiecksverhältnis von Cristi, Mattia und ihr selbst in einem faszinierenden, lebendigen Sprachstil wiedergibt. Sie formt die Charaktere ihrer Protagonisten lebensnah, mit viel Feingefühl für Emotionen, die den Leser direkt in die Handlung hineinzieht, er als Beobachter mitleidet und große Freude empfindet.
Das Buch gliedert sich in sechs Teile. Wir dürfen miterleben, wie sich Guilia und Cristi zunächst kennenlernen, freundschaftlich annähern, welche Rolle sehr bald Mattia in dieser Beziehung spielen wird, wie sie erwachsen werden und schließlich immer wieder ihre sowohl gesellschaftlichen als auch persönlichen Konflikte lösen müssen. Dabei spielen die soziale Prägung aber auch politisch motivierte Herausforderungen eine entscheidende Rolle. Die Darstellung des freien naturverbundenen Lebens in der italienischen Provinz Anfang der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts und das Dasein als Erwachsene in der Großstadt Bologna sind sehr gelungen gezeichnet. Garantiert ist höchster Lesegenuss.
Meine Leseempfehlung gebe ich sehr gern für diesen Roman, in der Hoffnung und Vorfreude auf Nachfolger.

Bewertung vom 16.09.2024
Hannah, Kristin

Die Frauen jenseits des Flusses


ausgezeichnet

Eine starke Stimme für Frauen, die im Vietnamkrieg dienten

Der Gedanke den amerikanischen Frauen, die im Vietnamkrieg ihrem Land aufopferungsvoll als Krankenschwestern gedient haben ein Denkmal zu setzen, begleitete die Weltbestsellerautorin Kristin Hannah über zwanzig Jahre. Erst während der Zeit der Corona-Pandemie der Zeit der aufopfernden Arbeit medizinischer Pflegekräfte, in der sich nicht nur ihr Heimatland sondern die gesamte Erdbevölkerung gespalten in der Meinung zum Umgang mit der Krankheit zeigte, wagte sie sich dem Thema der Gleichbehandlung von Mann und Frau in Fragen der Heldenverehrung oder der Anerkennung als Veteran mit Zusprechung unterstützender Leistungen für mehr Lebensqualität, zu nähern, in der Hoffnung, dass die Menschen bereit sind, sich mit den traumatischen Folgen des brutalen Krieges auseinanderzusetzen.
Eindrucksvoll, fesselnd, schockierend ehrlich baut Kristin Hannah die Fiktion um ihre Protagonistin Frances ‘Frankie‘ McGrath, die in einer gutbürgerlichen, wohlhabenden Familie auf Coronado Island in Kalifornien aufwächst und so gar nicht den Vorstellungen ihrer Eltern folgt, als sie sich Mitte der neunzehnhundertsechziger Jahre im Alter von zwanzig Jahren zum Militärdienst als Krankenschwester bei der US Navy meldet und ihrem Bruder in das kriegsbesetzte Vietnam folgt, um auch als Frau Teil der Familientradition zu sein. Inmitten von Chaos und blinder Zerstörungswut gerät die völlig unerfahrene Frankie schon bald in emotionale Zwänge und lebensgefährliche Situationen, wird aufgefangen von freundschaftlicher Zuneigung, hat schließlich nach ihrer Rückkehr in die Heimat jahrelang mit schweren posttraumatischen Zuständen, mit Ablehnung und Ignoranz zu kämpfen.
Der historische Roman ‘Die Frauen jenseits des Flusses‘ besticht durch seinen beeindruckenden Schreibstil, seine brillante Darstellung und Ausarbeitung der Charaktere verbunden mit einem authentischen Setting. Wer es liebt, über geschichtliche Ereignisse verarbeitet in fiktionaler Erzählung zu lesen, der ist hier bestens aufgehoben, erlebt einen Genuss der besonderen Art.
Ich gebe ganz besonders gern meine Leseempfehlung.

Bewertung vom 09.09.2024
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


ausgezeichnet

Freundschaft kennt keine Grenzen

Oscar ist mit seinen sechzehn Jahren bereits ein Mathe-Nerd sieht seine Zukunft in Reich der Zahlen, in ihren Beziehungen zueinander, die nach Lösungen fragen. Gemeinsam mit Moni der warmherzigen, liebevollen Omi, die fast vierzig Jahre älter ist, beginnt er das Studium der Mathematik. Beide sind auffällig anders als der Rest ihrer Kommilitonen. Während Oscar aus besserem Hause stammt, sein bisheriges Leben ausnahmslos der Mathematik gewidmet hat, kommt Moni schrill, bunt und sehr laut daher. Sie hat familiäre Verpflichtungen, die sie allerdings nicht davon abhalten, ihren Traum zu verwirklichen und dem Geheimnis logischer Mengenverknüpfungen auf den Grund zu gehen. Sehr schnell kann sie auch ihr Talent diesbezüglich unter Beweis stellen, geht mit Oscar eine Lerngemeinschaft zum gegenseitigen Vorteil ein. Daraus entwickeln sich freundschaftliche Strukturen, die dem jungen Mann im Umgang mit seinen Mitmenschen helfen. Aber auch Moni profitiert davon.
Alina Bronsky versteht es in ihrem Roman ‘Pi mal Daumen‘ auf witzige humorvolle Art zwei Charaktere zu skizzieren, die wunderbar gegensätzlich sind und sich doch irgendwie ergänzen. Ihre Sprache ist leicht und verständlich, der Plot weckt ein tieferes Verständnis für Andersartigkeit. Es macht Spaß, ganz und gar in die Geschichte einzutauchen, sich dabei dem besonderen Lesegenuss hinzugeben.
Leseempfehlung!

Bewertung vom 09.09.2024
Huth, Peter

Der Honigmann


sehr gut

Spiegelbild der Gesellschaft

In Fischbach, einem kleinen, idyllischen Vorort, lebt es sich unbeschwert. Die Großstadt ist nur wenige Kilometer entfernt, gut und schnell mit dem Auto erreichbar, denn dort wird das Geld für den Lebensunterhalt verdient. Die kleine Siedlung bestehend aus schicken modernen Neubauten bietet ihren Bewohnern, gutverdienende Mitmenschen, alles was ihr Herz begehrt. Gepflegte Gärten, die in regelmäßigen Abständen für durchorganisierte Grillabende genutzt werden, prägen die Gemeinschaft. Man gibt und nimmt, zeigt was man hat, nimmt wohlwollend die soziale Gleichstellung zur Kenntnis. Kleine Geschenke aus dem Geschäft des Honigmanns, insbesondere der hochgelobte Honig aus Rumänien, erhalten die Freundschaft, sind beliebte Mitbringsel. Sie passen vom Preis und man hat sich darüber hinaus auch noch Gedanken über eine nette, kleine gesunde Gabe gemacht. Die Welt scheint in Ordnung zu sein, bis zu jenem Tag als die Vergangenheit das Honigmanns an Licht kommt und die lieben Mitbürger ihr wahres Gesicht zeigen.
Ungeschönt und authentisch schreibt Peter Huth in seinem Roman ‘Honigmann‘ darüber, wie schnell sich doch von einem Tag auf den anderen das vermeintliche Paradies in eine Hölle verwandelt, wie schnell man verurteilt, ausgrenzt, sich der Meinung der Mehrheit anschließt, um selbst nicht zum Außenseiter zu mutieren. Aus verschiedenen Perspektiven bekommt der Leser die Gedanken und Emotionen der Bewohner gespiegelt, welche Wirkung Worte haben. Der Autor zeigt ein glaubhaftes Gesellschaftsbild, in dem Fiktion und Realität nah beieinander liegen.

Bewertung vom 09.09.2024
Sullivan, J. Courtney

Die Frauen von Maine (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Auseinandersetzung mit dem Leben

Wann immer Jane Flanagan ihrem Alltag entfliehen kann, sucht sie Zuflucht auf dem Grundstück mit einem alten, hinter Gestrüpp verborgenen Haus, das an den Klippen Maines gelegen ist. Sie sucht die Stille, um Nachdenken zu können über ihr Leben mit der alkoholkranken Mutter. Hier oben an diesem verlassenen Ort mit dem Blick aufs Meer fühlt sie sich frei, kann ihre Alltagssorgen abstreifen. Die alte Villa umgibt eine geheimnisvolle Aura, das spürt sie, verwirrt sie und zieht sie gleichzeitig an. Jahre später nach dem Tod ihrer Mutter kehrt Jane an den Ort ihrer Kindheit zurück mit einem Sack voller Probleme. Und wieder strahlt das alte Haus, welches in der Zwischenzeit zu einer prunkvollen Villa umgebaut wurde, eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus, die einen gewaltigen Einfluss auf ihr weiteres Leben haben wird.
J. Courtney Sullivan beschenkt uns Lesende mit ihrem hervorragenden Roman 'Die Frauen von Maine'. Ihre Gedanken zur Geschichte indigener Vorfahren, zu Suchtkrankheiten und den wunderschönen Seiten des Lebens fasst sie in Worte, die tief unter die Haut gehen, die nachdenklich stimmen und gleichzeitig ein hohes Maß an Lesevergnügen bringen. Intelligent setzt sie ihre Charaktere in Szene, gibt ihnen Volumen und füllt sie mit einer unglaublichen Ausdruckskraft.
Dieses Buch schafft mit seiner einfühlsamen Authentizität eine Wohlfühlatmosphäre und den steten Drang tiefer in die Geschichte einzutauchen. Damit schreit es förmlich nach einer Leseempfehlung.

Bewertung vom 09.09.2024
Vaglio Tanet, Maddalena

In den Wald


ausgezeichnet

Sensibilität trifft auf brutale Gewalt

Maddalena Vaglio Tanet legt mit ‘In den Wald‘ ihren Debütroman vor, der die Leser ins dörfliche Piemont von Biella der neunzehnhundertsiebziger Jahre entführt. Noch sind die Schrecken des Krieges nicht in den Köpfen der betroffenen Generationen zur Gänze verarbeitet. Einfach machen, ohne groß nachzudenken, um das tägliche Überleben in gefährlichen Zeiten zu sichern, ist tief verankert im Bewusstsein der Bevölkerung. Aggressionen und patriarchale Gewalt in den Familien hinterlassen tiefgreifende, psychische Spuren nicht nur bei sensiblen Charakteren.
Beruhend auf einer wahren Begebenheit gelingt es der Autorin den Konflikt zwischen der Unsicherheit heranwachsender Jugendlicher, die erste Erfahrungen mit den komplizierten Herausforderungen des Erwachsenseins erleben, rebellisch darauf reagieren und der brutalen, nichtssagenden Antwort von Erziehungsberechtigten, darzustellen. Die Kunst immer tiefer in die Gedankenwelt der Protagonisten einzudringen, sie verständlich und nachfühlbar zu beschreiben, ist äußerst beeindruckend, steigert den Lesegenuss.
Silvia, eine Lehrerin, erlebt nicht nur während ihrer Ausbildung in einem lieblos geführten Nonnenkloster persönlichen Pein, sie fühlt sich auch später in ihrem Beruf stets verantwortlich für ihre Handlungen. Durch ein unvorhersehbares Ereignis verfällt sie eines Tages in eine Art Schockstarre, zieht sich vollkommen zurück aus ihrem Leben, versucht sich schließlich gedanklich zu sortieren. Welche Rolle dabei ein kleiner Junge spielt, erzählt die Geschichte eindrucksvoll.
Dieses Buch habe ich tatsächlich in einem Rutsch gelesen, verschlungen. Es hat mich bereits von der ersten Seite an sich gefesselt. Dafür gebe ich sehr gern meine Leseempfehlung.

Bewertung vom 08.09.2024
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Historie verwoben mit Fiktion

Es gab sie tatsächlich diese Philosophenschiffe, auf denen unliebsame Intellektuelle 1922 mit der Gründung des jungen Sowjetstaates außer Landes gebracht wurden, ein Versuch gefährliche idiologische Einflüsse im Keim zu ersticken. Denn die junge Sowjetunion brauchte Ruhe nach der Oktoberrevolution im Jahre 1917 und dem sich anschließenden erbitterten Bürgerkrieg, Ruhe, um ihre Machstrukturen zu etablieren und zu festigen.
Michael Köhlmeier lässt in seinem Roman ‘Das Philosophenschiff‘ die Protagonistin Anouk Perlemann-Jakob, eine international bekannte Architektin russisch-jüdischer Abstammung, mit dem Schriftsteller Michael, mehr wird über ihn nicht verraten, nur dass er seine Erfolge mit Veröffentlichungen feiert, die nicht immer so ganz den Tatsachen entsprechen, zusammentreffen. Es ist zu vermuten, dass der Autor sich selbst anlässlich des einhundertjährigen Geburtstages der Dame verpflichten lässt, eine Biografie über eben jene zu schreiben, deren Fakten sie in gemeinsamen Sitzungen liefert.
Gekonnt werden in der Geschichte sowohl historische Ereignisse und Personen als auch historische Tatsachen mit Fiktionen verknüpft, wieder korrigiert und schließlich bleibt es dem Leser überlassen, welcher Wahrheit er folgen mag. Hauptsächlich spricht Anouk, weit ausholend und immer wieder abschweifend. Geschickte Fragestellungen des Interviewpartners bringen allerdings stets neue Erkenntnisse ans Licht und lassen bisherige Aussagen schonungslos kippen.
Ein Roman, der Aufmerksamkeit verlangt und nicht nur unterhalten will.

Bewertung vom 03.09.2024
Rosenbauer, Dagmar

Rübentod


sehr gut

Ermittlungen in der Prignitz

Mit ‘Rübentod‘ legt Dagmar Rosenbauer einen bemerkenswerten Kriminalroman vor, der es in sich hat. Mit Spannung pur und immer wieder neuen Spuren zur Mordaufklärung fesselt sie den Leser in ihrem Debüt. Nicht nur das Setting erlebt eine wunderschöne, bildhafte Darstellung, nein auch die Charaktere der Protagonisten entwickeln sich im Laufe der Geschichte zu lebendigen Personen. Leicht und flüssig ist der Schreibstil. Es macht Spaß mit zu rätseln und mit zu fiebern.
Marley Leonhard, die neue Polizeichefin in Neuruppin, hat es nicht leicht mit ihren neuen Kollegen. Da muss sie sich erst noch beweisen. Doch gemeinsam mit dem ehemaligen Berliner Polizeisprecher Richard Said Wagner, der aus nicht bekannten Gründen vom Dienst beurlaubt wurde, packt sie die Sache an und geht beherzt an ihre Ermittlungsarbeit. Langeweile kommt nicht auf bei der Spurensuche, die sehr detailliert wiedergegeben wird und so reiht sich ein Puzzleteil an das andere. Es bleibt spannend bis zum Schluss.