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Insgesamt 1258 Bewertungen
Bewertung vom 01.05.2021
Diner, Dan

Ein anderer Krieg


ausgezeichnet

Reichlich verschwurbelt geschrieben – aber hochinteressant

Zunächst zum Schreibstil von Dan Diner. Der Autor liebt offensichtlich ellenlange Schachtelsätze. Es macht einige Mühe, sich in das Buch hinein zu lesen. Aber dann...

Die Mühen, die historischen Fehler, die vor und bei der Gründung des heutigen Staates Israel gemacht wurden, beschreibt Dan Diner ausführlich. Trotzdem die sich jeder menschlichen Vorstellungskraft entziehende industriell organisierte Ermordung von Millionen Menschen durch die Nazis einen der Schwerpunkte der 346 Seiten bilden, geht es noch um sehr viel mehr. Von den 346 Seiten Umfang entfallen im Übrigen 42 auf Anmerkungen und Literaturhinweise. Alle, die die Feststellungen des Autors in Zweifel ziehen oder sogar negieren, können diese Feststellungen also problemlos auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. So sie sich ausgehend von ihrer Leugnung der Tatsachen diese Mühe überhaupt machen.


Aus diesem Verhalten heraus entwickelten sich die verhängnisvollen Grundlagen des bis heute aktuellen so genannten Nahost-Konfliktes. Mitsamt der katastrophalen Situation in Syrien, Libanon, Iran, Irak, Kurdistan, dieses ganze Pulverfass.

Die Briten verweigerten trotz der erlangten Kenntnisse über die Massenvernichtungslager der Nazis die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge in ihrem völlig unberechtigt erlangten Mandatsgebiet Palästina. Dies aus der Befürchtung heraus, dass sie, die Briten, die Kontrolle über Palästina verlieren können.

Der indische Ozean wurde von den Briten faktisch als Besitz des Empires betrachtet. Um diese mit nichts zu rechtfertigende Ansicht zu verteidigen, schreckten sie auch vor Massakern nicht zurück. Nur eines von vielen möglichen Beispielen, Seite 59: "Hierfür steht das Vorgehen der 'Royal Ulster Rifles' (RUR), die Anfang September 1938 an den arabischen Bewohnern des ganz in Grenznähe zum Libanon gelegenen Dorfes al-Bassa ein Massaker verübten. Nachdem ein britisches Militärfahrzeug auf einer verminten, am Dorf vorbeiführenden Straße zerstört worden war, wobei vier aufsitzende Soldaten des besagten Regiments zu Tode kamen, trachteten die RUR nach Vergeltung. Dorfbewohner wurden in einen Bus gepfercht, und dessen arabischer Fahrer musste ihn über eine von britischen Pionieren gelegte Mine lenken. Die professionell platzierte Sprengladung entfaltete eine derartige Wucht, dass das Fahrzeug vollständig zerbarst und Leichenteile in die weitere Umgebung geschleudert wurden."

Sir Arthur Travers Harris, später unter der Bezeichnung 'Bomber-Harris' bekannt geworden, war 1922 Führer einer Lufttransportstaffel im Irak. Dort versuchten, den Widerstand der Einheimischen durch Terrorangriffe auf Städte und Dörfer zu brechen, bevor der Einsatz von Infanterie notwendig wurde. Harris hatte die Idee, alle Transportflugzeuge zusätzlich mit Bombenträgern auszustatten, „kam es doch nicht auf Präzisionsangriffe an, sondern auf eine möglichst flächendeckende Terrorisierung der Bevölkerung.“
Auf seinen Befehl hin wurde im Juli/August 1943 bei der Operation Gomorrha Hamburg in Schutt und Asche gelegt. Er lernte sein "Handwerk" also bei der Terrorisierung der arabischen Bevölkerung.

Weitere äusserst interessante und bei dem üblichen Blickwinkel aus europäischer Sicht meist übersehene Aspekte ist der Krieg in Nord-Afrika, die Pläne und Absichten des japanischen Militärs in Ostasien, Stichworte Burma und Indien, der Krieg im östlichen Mittelmeer, die Wege der Waffen- und Rohstofflieferungen der USA an die Rote Armee, sprich die Sowjetische Militärmacht. Ohne die der Feldzug der Roten Armee gegen Nazi-Deutschland nicht möglich gewesen wäre.

Sich in das Buch hineinzulesen, sich mit dem Schreibstil von Dan Diner halbwegs anzufreunden ist die Mühe allemal wert.

Bewertung vom 18.04.2021
Herbert, Ulrich

Wer waren die Nationalsozialisten?


ausgezeichnet

Womit ist die allgemeine Zustimmung zur Diktatur des Dritten Reiches zu erklären? Das Buch beantwortet die Frage.

Biografien über die führenden Nazis existieren sehr viele. Einige schlechte, viele sehr gute. Über Hitler, Himmler, Göring, Heydrich, Speer. Bonzen der obersten Führungsriege.
Bücher über die militärischen Entwicklungen im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges gibt es viele.
Der mit nichts zu verleugnende Holocaust, der nationalsozialistische Völkermord an 5,6 bis 6,3 Millionen europäischen Juden. wird in zahlreichen Büchern geschildert. Aus einer historischen Gesamtperspektive, aus der Sicht und mit Schilderungen der furchtbaren Erlebnissen Einzelner, die ihn überlebt haben.

Die Frage, die trotz all der Literatur offen bleibt, lautet "Wer waren die Nationalsozialisten?"

Ulrich Herbert, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Uni Freiburg, gelingt es, diese Frage schlüssig zu beantworten.
Indem er beispielsweise die familiäre, ökonomische, soziale Situation des Gros der NSDAP-Wähler analysiert. Die geordnete hierarchisch gegliederte autoritäre Struktur des in Folge des Ersten Weltkrieges untergegangenen Deutschen Kaiserreichs, die Wirren der Weimarer Republik, die maßlose Frustration, die der Versailler Vertrag ausgelöst hat. Paul von Hindenburg als eine Art Kaiserersatz, 'Dolchstosslegende', Heilsversprechungen der Nazis, die oberflächlich betrachtet anfangs in Erfüllung zu gehen schienen.

Der sich über viele Jahre sich immer weiter entwickelnde und weit verbreitete Neid auf die Erfolge der jüdischen Bevölkerung. "Die Juden galten als besonders erfolgreich in der Bewältigung der Herausforderungen, welche die neue Zeit mit sich brachte - und das nicht ohne Grund: Sie gehörten zu einem überproportionalen Teil dem Bürgertum an [im Gegensatz zum deutschen Arbeiter, Bauern und Arbeitslosen; Anmerkung WS], waren besonders bildungsbeflissen und - wie die meisten religiösen oder ethnischen Minderheiten - besonders aufstiegsorientiert. Im Jahr 1901 erreichten 7,3 Prozent der christlichen Kinder in Preußen einen höheren Schulabschluss als die Volksschule - aber 56,3 Prozent der jüdischen Kinder. [...] Das Durchschnittseinkommen der Juden war zu dieser Zeit etwa fünfmal so hoch wie das der christlichen Deutschen. [...] Die Juden in Deutschland waren vor dem Ersten Weltkrieg die sozial vermutlich erfolgreichste Minderheit in Europa." (Seite 62)

"Erst mit der Weltwirtschaftskrise stieg die NSDAP zur Massenpartei auf und gewann auch der Antisemitismus unmittelbar politische Relevanz. [...] ..., weil sie sich von der Wahl der Nazis Verbesserungen für ihre soziale Lage, für das außenpolitische Ansehen des Reiches oder für andere Dinge erwarteten. [...] Und viele werden nicht die NSDAP gewählt haben, weil sie die Juden hassten, sondern sie hassten die Juden, weil sie die NSDAP wählten." (Seite 71).

„Eine Gesamtbilanz der deutschen Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg ist nach wie vor nicht mit hinreichender Genauigkeit zu ziehen. Zu den 5,7 Millionen Juden und den mindestens 200 000 ermordeten Sinti und Roma sind etwa eine Million nicht-jüdische polnische Zivilisten hinzuzurechnen, etwa 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene, etwa 3,5 Millionen sowjetische Zivilpersonen sowie etwa 400 000 nichtjüdische Zivilisten in den anderen von Deutschland besetzten Ländern sowie in Deutschland selbst. Insgesamt ist also von einer Größenordnung von 12 bis 14 Millionen außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich umgekommenen Menschen auszugehen.“ (S.224)

Richard von Weizäcker in seiner am 08. Mai 1985 gehaltenen Rede anlässlich des 40sten Jahrestages der Kapitulation:
„Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.“

Dem lässt sich nur eine Hippokrates zugeschriebene Feststellung hinzufügen:

„Erkläre die Vergangenheit, erkenne die Gegenwart, sage die Zukunft voraus.“

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.04.2021
Fitch, Chris;Young, Matthew

Subterranea


ausgezeichnet

Die Unterwelt - von der Natur geschaffen, von Menschen geschaffen

Über die ganze Erde verstreut liegen die Höhlensysteme, die sich die Natur im Laufe der Zeit, Jahrtausend über Jahrtausend selbst geschaffen hat. Höhlensysteme mit unvorstellbaren Dimensionen und Eigenschaften.

Von der aktuell bekannten längsten Höhle der Welt, der Mammoth-Höhlen in Kentucky, USA, sind bisher 653 Kilometer kartographiert. Das entspricht etwa der Entfernung von München nach Florenz. Weswegen allerdings gerade diese Höhle nicht aufgeführt wird, erschliesst sich nicht so ganz. Denn ansonsten findet man nur Erstaunliches.

In der tiefsten derzeit bekannten Höhle geht es 2212 Meter abwärts. Der Eingang befindet sich in einer Höhe von 2309 Meter über dem Meeresspiegel auf einem Pass in Georgien. befindet, geht von dort in eine Tiefe von 2212 Meter. Was bedeutet, der bekannte tiefste Punkt liegt gerade noch 97 Meter über dem Meeresspiegel.

Eine der naturgeschaffenen Höhle enthält Wasser, welches stark schwefelsäurehaltig ist, andere sind ein unterirdisches Fluss-System.

In diesem Stil werden mitsamt interessanter Farbfotos und gezeichneten Karten 40 erstaunliche Unterwelten vorgestellt.

Die von Menschen geschaffenen Höhlensysteme beziehungsweise deren Entstehungsgeschichten sind ebenso interessant wie verblüffend.
Sei es der Bau einiger Streckenabschnitte der 'Tube', also der U-Bahn Londons. Bei deren Schaffung Massengräber aus der Zeit der großen Pest anno 1665 gefunden wurden.
Sei es das Tunnelnetzwerk, welches während des Vietnam-Krieges die Niederlage der USA mit sich brachte.
Oder die 'handgemachten' Höhlen im Kongo, in denen Kinder und Jugendliche nach dem für die Existenz der glitzernden, glänzenden Smartphone-Industrie überlebensnotwendigen Kobalt kratzen.

Sehr interessant Blicke diesmal nicht auf, sondern in die Erde.

Bewertung vom 16.04.2021
Kiefer, Philip

Das große Vorsorge Paket


ausgezeichnet

Ähnliches gibt es gratis auf manchen Behörden - jedoch bei Weitem nicht so umfassend

Im DIN-A4-Format, damit die im Anhang befindlichen Formularvordrucke dank Perforation problemlos herausgetrennt, ausgefüllt und abgeheftet werden können. In einer recht großen (13 oder 14 pt mit größerem Zeilenabstand für den Fließtext) gedruckt und damit gut lesbar.

Mustertexte beispielsweise für das handschriftlich abzufassende Testament. Hinweise, wie das digitale Erbe geregelt werden kann, sollte, muss. E-Mail-Konten, Zugangsdaten für das e-Banking, OnLine-Einkaufskonten (Amazon etc.), Facebook, Instagram und wie sie alle heißen.

Patienten-, Pflege-, Betreuungs- und Bestattungsverfügung. Auszufüllende Liste der Notfallkontakte, Philip Kiefer hat an so gut wie alles gedacht.
Ein Beispiel sei genannt:
"Meine Wünsche in Bezug auf freiheitsentziehende Schutzmaßnahmen" (Seite 3 von 8 im Kapitel über die Pflegeverfügung.) Damit ist nicht gemeint, wie der/die zu Pflegende gegebenenfalls im Knast wünscht gepflegt zu werden.
Sondern er/sie erklärt das Einverständnis, freiheitsentziehende Maßnahmen wie Sitzgurt oder Bettgitter zu akzeptieren oder eben nicht zu akzeptieren. Auf der selben Seite geht es um das Einverständnis resp. die Ablehnung von technischen Überwachungsmaßnahmen (Videokamera beispielsweise). Weiter geht es mit Wünschen zu eventuellen Umbauten (Treppenlift, Toilette...) im Haus oder der Wohnung, mit Wünschen in Bezug auf bevorzugte Schlafgewohnheiten, Körperpflege, Bekleidung etc.

Was meines Erachtens zu bemängeln ist, ist einmal eine fehlende deutlichere Aufklärung über Sinn und Unsinn einer Sterbegeldversicherung. Und die Tatsache, dass in Richtung der Vergleichsportale für Versicherungen nur ein Hinweis (check24) zu finden ist.

All Diejenigen, die sich rechtzeitig über Alles, was auf ihn/sie und die Nachkommen unausweichlich zukommen wird, informieren will, wer eben vorsorgen will, hat mit diesem Buch ein Rundum-Paket erworben.

Bewertung vom 16.04.2021
Mangartz, Dirk

125er: Einfach aufs Zweirad (eBook, PDF)


ausgezeichnet

Für Opas, Väter, Mütter, Enkel - für Alle, denen zwei (oder drei) motorisierte Räder reichen...

Diejenigen mit einem Mindestalter von 25 Jahren, die bereits seit fünf Jahren eine Fahrerlaubnis für PKW besitzen, dürfen eine 125er fahren. Damit ist der Hubraum in cm³ des Motors und indirekt auch die maximale Leistung von 11kW (15PS) gemeint.

Die Jüngeren, die von ihrem ersten 'Moped' träumen, finden alle notwendigen und aktuellen Informationen über den Führerscheinerwerb. Wie vorgeschriebene Mindestanzahl an praktischen Fahrstunden, Theorieteil, Führerscheinklassen, Kostenfaktor etc.

Alle, ob alt oder jung, können sich dann über die verschiedenen Typen der 125er-Maschinen informieren. Vom NakedBike über Roller, Dreiräder, gebrauchte Maschinen. Über die Vor- und Nachteile von Benzinern oder Stromern. Über die unbedingt notwendige Sicherheitsausstattung von Helm über Protektor bis Stiefel. Die entsprechenden Hinweise hat Dirk Mangartz deutlich und gut verständlich wie jeden anderen Text in seinem Buch formuliert: "Stabile Lederstiefel, die bis über die Waden reichen, sind das Mittel der Wahl. Sind diese Stiefel dann mit Stahlkappen, Knöchelpolstern und Schienbeinschutz ausgestattet, sind Füße und Unterbeine bestmöglich bekleidet." (S. 98).

Nur weil die Lust vorhanden und die gesetzlich vorgeschriebenen Möglichkeiten gegeben sind, sich eine 125er anschaffen? Um den Fahrwind, die Neigung beim Durchfahren von Kurven zu erleben?
Einfach so besser nicht.
Erst lesen, sich informieren, dann kaufen.

Bewertung vom 16.04.2021
Tiburzy, Reinhard

DuMont Reise-Taschenbuch Belgien


ausgezeichnet

Sax in the City...

Nein, kein Tippfehler. Adolphe Sax, im Städtchen Dinant (S. 241) geboren, erhielt für das von ihm erfundene Saxophon im Jahr 1846 das Patent. Also doch Sax in the City.

Das Königreich Belgien, von der Fläche her nicht einmal halb so groß wie der Freistaat Bayern, wird von Reinhard Tiburzy ausführlich beschrieben. Nicht nur hinsichtlich der unzähligen Biersorten oder der Schokolade. Er gibt eine noch grössere Anzahl von Hinweisen auf Restaurants, Hotels, Shoppingadressen , Cafés. Aber auch Sehenswürdigkeiten wie Burgen, Museen, Kirchen, was es eben auf einer Reise alles zu sehen gibt.

Der Autor hält auch nicht mit der Preisgabe seiner Lieblingsorte hinter dem Berg. Egal, ob diese an der belgischen Nordseeküste oder im Wald'gebirge' der Ardennen zu finden sind.

Die beiliegende Strassenkarte (Massstab 1:600.000) wird im Reise-Taschenbuch selbst durch einige kommentierte Auszüge aus Stadtplänen ergänzt. So beispielsweise für Brüssel, Antwerpen, Lüttich und einige weitere grossen Städte. Die 17 Tourenvorschläge, vom Stadtrundgang bis zur Radtour, haben jeweils ihre eigene kleine Karte ab bekommen.

Was die Reise-Taschenbücher von DuMont ausser den für einen Reiseführer notwendigen Informationen (siehe oben) so lesenswert macht, das sind die vielen 'Nebenher-Informationen'.
Für heutige Zeiten beispielsweise unvorstellbar:
Unter dem bekannten Wahrzeichen der Expo 1958, dem Atomium, befand sich als Anschauungsobjekt ein Nuklearreaktor mit der Bezeichnung AGN-211-P.

Im Magazinteil erfährt man vieles über die Geschichte Belgiens, die flämische Malerei, die Differenzen zwischen den Flamen und den Wallonen. Deren sehr unterschiedlichen Mentalitäten, Sprachen bis hin zur gelegentlich erhobenen Forderung nach einem 'Flexit', dem Austritt Flanderns aus dem Königreich Belgien.

Bewertung vom 15.04.2021
Juling, Petra;Berger, Ulrich

DuMont Reise-Taschenbuch Eifel, Aachen, Trier


ausgezeichnet

Ruhe und Natur sind (auch dank des Reise-Taschenbuches) in der Eifel zu finden

Was die Reise-Taschenbücher vom DuMont-Verlag so besonders macht ist der Zusatz "Taschenbuch". Denn hier werden nicht die einzelnen Besonderheiten der beschriebenen Region stichpunktartig abgehakt und mit den 'absoluten Geheimtipps' aufgehübscht. Sondern man erfährt doch einiges links und rechts von diesen natürlich auch vorhandenen Informationen.

In diesem Band unterbreiten die Autoren 22 Tourenvorschläge. Davon sechs per Rad zu erfahren. Mit einer abzustrampelnden Strecke von 24 Kilometern bis zu 115 Kilometern, für die mehrere Tage angesetzt werden, weil es so viel zu sehen gibt. Die restlichen 16 Vorschläge sind Wanderungen zwischen 4,5 bis hin zu 17 Kilometern Länge. Alles durch Natur.

Dass die grösseren und kleineren Städte wie Trier, Aachen oder Monschau, um nur ein paar zu nennen, ebenfalls ausführlich beschrieben werden, steht ausser Frage. Mit Hinweisen auf Restaurants, Unterkünfte, Cafés, Shoppingmöglichkeiten.

Die beigefügte Landkarte (1:290.000) macht die Orientierung einfach. Für grössere Städte gibt es einen kommentierten Auszug aus einem Stadtplan. Verlaufen nahezu unmöglich.

Auch der Nazi-Wahnsinn mit der 'Ordensburg Vogelsang' wird erwähnt. Wie bei allen anderen beschriebenen Sehenswürdigkeiten mit Angabe der Öffnungszeiten, Adressinfos, Telefonnummer, Internet-Adresse etc.

Zwei Punkte der Negativkritik: im Zusammenhang mit dem Nazi-Wahnsinn Ordensburg Vogelsang wäre ein Hinweis auf den Eifel Sternenpark sehr sinnvoll gewesen. Der Kölner Astronom Harald Bardenhagen bringt dort seinen Gästen den Nachthimmel im Nationalpark Eifel näher. Auf Grund des ausgewiesenen Lichtschutzgebietes besteht die Möglichkeit, auch von Deutschland aus einmal unsere Galaxie namens Milchstraße zu sehen.
Wer den Wunsch hat, sich bei den Übernachtungen als Burgherr zu fühlen. findet im Netz weitere Informationen, Bilder und Kosten nach Eingabe des Suchbegriffes "Betradaburg". Schaut richtig gut aus, was dort geboten wird.

Ansonsten ist das Reise-Taschenbuch so wie die ganze Reihe von DuMont: super.

Bewertung vom 11.04.2021
Lüders, Michael

Die scheinheilige Supermacht


ausgezeichnet

… Scheinheilig ist kein Ausdruck!

Seit dem Unabhängigkeitskrieg 1775 haben die USA 219 Kriege, offene oder verdeckte Militäroperationen, Geheimdienstoperationen weltweit geführt.
Seit ihrer Gründung 1947 wurden der CIA 36 illegale Operationen nachgewiesen, Dunkelziffer logischerweise unbekannt.

Zumeist ging es dabei um die wirtschaftlichen Interessen der USA. Sei es in Mittel- oder Südamerika (Honduras, Nicaragua, Chile und weitere Staaten), sei es in Asien (Philippinen, Korea, Vietnam, Laos, Kambodscha), im so genannten Nahen Osten (Ägypten, Libanon, Jordanien), in der arabischen Welt (Iran, Afghanistan, Libyen, Irak), Afrika (Somalia, Sudan, Uganda) oder auch direkt vor der ‚Haustüre‘ Mittel-Europas wie im ehemaligen Jugoslawien.

Wie es den USA gelingt, mittels Framing die Medien immer wieder zur Berichterstattung in ihrem Sinne, aus ihrer Sichtweise heraus zu manipulieren, das weist Michael Lüders überzeugend nach. Wer die Feststellungen des Autors in Zweifel zieht, kann diese anhand der 19 Seiten Anmerkungen mit Quellenangaben selbst auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen.

Anhand oberflächlich betrachtet ‚kleinerer‘ Zwischenfälle wie der Festsetzung des iranischen Supertankers ‚Grace‘ vor Gibraltar im Jahr 2019 durch die britische Marine, die von den USA juristischen mehr als fragwürdig angeordnet wurde über den von den USA und Großbritannien initiierten Sturz des demokratisch gewählten iranischen Premierministers Mohammad Mossadegh im Jahr 1953 oder der Ermordung Qasem Soleimani, der am 03. Januar 2020 durch Raketen, abgeschossen von einer US-amerikanischen MQ-9-Reaper-Drohne, nahe des Flughafens von Bagdad umgebracht wurde.

Michael Lüders zeigt die Auslösemechanismen des Framing auf. Der Autor weist dies anhand der Wirkung der ersten Meldungen über von Militärs abgeschossenen Passagierjets nach.

War es ein Passagierflugzeug, welches durch eine Abweichung von mehr als 500 Kilometern von der vorgesehenen Flugroute in den russischen Luftraum eingedrungen war und von russischen Militärjets abgeschossen wurde, dann war es Mord an 269 Menschen.

Wird ein ziviler Airbus der Iran-Air von der US-Marine über der Straße von Hormus abgeschossen, wobei 290 Menschen ums Leben kommen, dann ist es ein ‚tragisches Versehen‘. Der den Befehl zu Abschuss des Passagierflugzeuges gebende Kapitän des US-amerikanischen Kriegsschiffes erhält später sogar noch militärische Ehrungen.

Genau so wird es dann auch in den hiesigen Medien kundgetan, tagelang wiederholt.

Die Vasallen-Funktion Großbritanniens, die den höchst gefährlichen Konflikt in der Golf-Region anheizenden wirtschaftlichen Sanktionen der USA gegen Irak, die Sekundärsanktionen der USA hinsichtlich der Pipeline Nordstream 2 gegen die am Bau der Pipeline beteiligten westlichen Firmen - alles Themen, die Michael Lüders schlüssig analysiert.

All diese Feststellungen haben nichts damit zu tun, was die USA bei dem Sieg über den Nazi-Terror beigetragen, geleistet haben. Allerdings sollten die unvorstellbaren Opfer der damaligen Sowjetunion nicht immer vergessen werden.

Wer versucht, Verständnis für die Vorgehensweisen der von den USA als feindlich gesinnt klassifizierten Staaten („Achse des Bösen“) aufzubringen, wir sofort als „Russland-Versteher“ oder „Mullah-Förderer“ oder sonst was in der Richtung stigmatisiert.

Zwei Erkenntnisse ergeben sich nach der Lektüre:

sowohl das Römische Reich als auch das Britische Empire hatten irgendwann ihren Zenit überschritten…

Und wie schreibt Michael Lüders auf Seite 220 so treffend: „Egon Bahr wurde nicht müde zu betonen, dass die Bereitschaft, auch die Sichtweise des Gegenübers in das eigene Denken und Handeln einzubeziehen, die Voraussetzung jeder Friedensfähigkeit sein. Gegenwärtig ist allerdings nicht Friedensfähigkeit gefragt, sondern die Bereitschaft «mehr Verantwortung zu übernehmen».

Was im Grunde nichts anderes bedeutet, als weiterhin nach der Pfeife des USA zu tanzen.
Anstatt aus dem Schatten

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.