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Kyra112
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Sachsen-Anhalt

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Insgesamt 330 Bewertungen
Bewertung vom 27.04.2022
Dahmer, Nora

Endlich Nora!


ausgezeichnet

Endlich Nora! von Nora Dahmer erzählt den Lebensweg eines Mannes, gefangen im Körper einer Frau. Sie beschreibt den Weg von der Entdeckung des „Andersseins“ bis hin zur Transition. Ein schonungsloser, emotionaler und ehrlicher Bericht.

Ich fand den Schreibstil wunderbar. Es handelt sich hierbei ja nicht um eine Geschichte einer Autorin, sondern den Lebensbericht einer starken Frau, die normalerweise im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich unterwegs ist. Das Buch ist schonungslos ehrlich und reflektierend. Nora Dahmer berichtet emotional über Gespräche, Erlebnisse und Ereignisse innerhalb und mit ihrer Familie, Freunden und Bekannten. Die Leser*innen erhalten einen tiefen Einblick in ihre Psyche.
Sie wirkt aber gleichzeitig in all ihren Lebensphasen als starker, zielorientierter und familienorientierter Mensch, der sich aber auch sehr oft in emotionalen Zwiespalten befindet. Das ist ihren Zeilen auch wunderbar zu entnehmen. Einige Beschreibungen laden auch mal zum Schmunzeln ein.
Ich finde, es ist Nora Dahmer exzellent gelungen, über ein Thema zu sprechen, was in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung in unserer Gesellschaft gewonnen hat. Es gelingt ihr, erklärend und anschaulich zu berichten, was in, sie nennt es trans Menschen (was ich eine tolle Bezeichnung finde), vorgeht. Ein Thema, was nicht mehr an den Rand unserer Gesellschaft gehört, sondern normal und akzeptiert sein muss!

Ebenso kritisiert sie einige Dinge, die in unseren Gesetzmäßigkeiten heute total überholt sind und an Diskriminierung grenzen!

Ein beispielgebendes Buch einer starken, das meiner Meinung nach nicht nur für trans Menschen ein Vorbild, sondern für alle Menschen, die in ihrem Leben was verändern wollen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.04.2022
Sommerfeldt, Albrecht

Der Pesthof


sehr gut

„Der Pesthof“ von Albrecht Sommerfeldt behandelt eine Kriminalgeschichte auf dem Hamburger Pesthof im Jahre 1617. Es kommt zu mehreren ungeklärten Todesfällen. Merten Overdiek, ein gut betuchter Kaufmann und Bewohner des Pesthofs versucht den Umständen und der Aufklärung dieser Todesfälle auf die Spur zu kommen. Dabei werden ihm diese und jene Steine in den Weg gelegt. Auf dem Weg zur Wahrheit begegnet er äußerster Lebensgefahr.

Dieser Roman ist der dritte des Autors Albrecht Sommerfeldt. Alle drei Romane spielen in der gleichen Zeitepoche und auch zeitlich sehr nah beieinander.

Die Vorschau auf dieses Buch las sich sehr interessant, dennoch war ich etwas skeptisch, weil es mich vom Text und der Aufmachung her etwas an „1793“ von Niklas Natt och Dag erinnerte. Durch dieses Buch habe ich mich absolut durch gequält und es konnte mich gar nicht begeistern.
Bei „Der Pesthof“ wiederum war dies ganz anders. Sommerfeldt führt mit einem Fall „erklärend“ in die Handlung ein. Anschließend beginnt der Spannungsbogen sich ganz sanft aufzubauen und erreicht erwartungsgemäß kurz vor Ende den Höhepunkt, flacht aber dann noch nicht sofort ab, sondern es bleibt spannend bis zur letzten Seite.
Die Geschichte des Buches war für mich zu jederzeit nachvollziehen und ich konnte ihrem Verlauf problemlos folgen.
Die Figuren schienen mir auch absolut authentisch.
Merten Overdiek ist als intelligenter, neugieriger Mann beschrieben. Er wird mit einem gewissen Freiraum behandelt, da er, bevor er auf den Pesthof kam, ein gut betuchter Hamburger Bürger war, der immer noch hin und wieder Handel betreibt. Was mir komisch vorkam, dass er sogar einen beträchtlichen Freiraum hat. Das kann ich mir zur damaligen Zeit nicht so ganz vorstellen.
Auch die anderen Figuren, speziell die Schwestern sind als durchsetzungsfähige und manchmal bissige Frauen beschrieben, genauso, wie ich mir das zur damaligen Zeit vorstellen würde. Das Gleiche trifft auf den Pestmeister zu. Albrecht Sommerfeldt stellt gut dessen Zwiespalt als Autoritätsperson und Bittsteller gegenüber der Kirche und der Gesellschaft dar.
Interessant fand ich überhaupt das Thema des Buches, das Leben auf einem Pesthof. Ich wusste bis zu diesem Buch nicht, dass es so etwas überhaupt gab. Daher finde ich die Erklärungen innerhalb der Handlung als auch im Anhang des Buches sehr interessant. Zum Teil habe ich während des Lesens auch nochmal einige Dinge recherchiert, weil ich es einfach spannend fand.

Dem Schreibstil des Autors konnte ich gut folgen. Es gab keinerlei Probleme. Was mir auch sehr gut gefallen hat, er hat einige Male einen Perspektivwechsel vorgenommen, wie aus der Perspektive des Vierbeiners oder des Nagers. Das fand ich sehr abwechslungsreich. Auch die Darstellung der Figur des Merten Overdiek fand ich sehr erfrischend. Aber die Thematik der Erkrankten und des ganzen Umfelds des Hofes verlor er nie aus den Augen, stellte es nicht lächerlich dar, sondern beschrieb ohne Verschönerungen die Verhältnisse der Kranken, bspw. derjenigen in den Tollkisten o.ä.

Kurz und knapp, mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Es ist ein historischer Kriminalroman, der ohne Verschönerungen die Zustände der damaligen Zeit, speziell die Zustände von Kranken und damit gesellschaftlich geächteten darstellt. Gleichzeitig schafft der Autor es, einen Kriminalfall darzustellen, der bis zur letzten Seite spannend ist. Hin und wieder erleidet auch der kriminalistische Spürsinn des/der Leser*in einen Dämpfer, aber gerade sowas motiviert mich zum Weiterlesen, weil die Geschichte dann nicht einfach nur dahin plätschert. Es lohnt sich also für alle Geschichts- und Krimifreunde dieses Buch zu lesen und mitzufiebern. Ein weiterer positiver Aspekt, man lernt auch noch einiges Historisches dazu!

Bewertung vom 26.04.2022
Völler, Eva

Was die Hoffnung verspricht / Die Dorfschullehrerin Bd.1


ausgezeichnet

Helene Werner, genannt Lenchen, ist eine junge Lehrerin. Sie ist aus der DDR ins hessische Kirchdorf geflüchtet. Ein Dorf an der Zonengrenze, mit Blick auf ihr Heimatdorf Weisberg auf der anderen Seite der Grenze. Dort lebt ihre Tochter bei Helenes Vater. 
Helene arbeitet als Lehrerin in Kirchdorf und ist dort schnell beliebt bei den Einwohnern, sowie beim örtlich ansässigen Arzt, Tobias Krüger. Mit ihrer Ankunft in Kirchdorf beginnt für Helene ein Zeit des emotionalen Auf und Ab. Wird sie ihrer Aufgabe als Lehrerin gerecht? Werden ihre Tochter und sie wieder vereint und was ist eigentlich mit Tobias?

Mir hat das Cover des Buchs schon sehr gefallen, erinnerte es mich doch an die alte Bücherreihe „Försters Pucki“, die ich als Kind gern gelesen habe. 
Ich finde, dass das Buch schon emotional schwere Kost ist. Die Protagonisten hat in den vergangenen Monaten eine Menge durchgemacht. Diese Darstellung ist der Autorin wunderbar gelungen. Sie hat nichts verschönert oder verweichlicht, sondern die knallharte Wahrheit berichtet und auch die Geschichte darum nicht verschönert. Ich fand auch die Beschreibung über die Grenze sehr getroffen und gut erklärt, auch der im späteren Verlauf stattfindende Mauerbau wurde historisch gut erklärt.
Ebenso gut gefallen, hat mir die Darstellung der Bevölkerung Kirchbergs. Die gesellschaftlichen Ansichten der damaligen Zeit und die Äußerungen der Bewohner im rhöneschen Platt haben mich manchmal sogar zum Schmunzeln eingeladen.

Die Protagonisten Helene ist als äußerst starke Figur dargestellt. Ihr Charakter ist geprägt durch das Schicksal als junge, geflüchtete und verwitwete Frau, die von ihrem Kind getrennt leben muss. Dennoch ist sie jedoch nicht der eiskalte und abweisende Mensch, der sie versucht zu sein, um sich nicht verletzbar oder angreifbar zu machen, denn in so manchem Moment kommen doch ihre Gefühle zum Vorschein. Ich finde ihren inneren Konflikt mitreißend dargestellt. Die Problematik, dass ein Mensch nicht all das Leid, was er erfahren hat, in sich hineinfressen kann. Aber gleichzeitig beschreibt Eva Völler auch den Konflikt, wie schwierig es ist, nach solchen Erfahrungen, die Helene machen musste, Menschen zu finden, die einem vertrauen.
Was für mich etwas realitätsfern war, war die Beziehung ihres Mannes außerhalb der Ehe. Die hat Helene doch bewundernswert lässig weggesteckt.

Ich finde dieses Buch absolut lesenswert, gerade für Leser*in, die sich für die deutsch-deutsche Geschichte interessieren.

Bewertung vom 24.04.2022
Lott, Sylvia

Die Frauen vom Inselsalon / Norderney-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Die Frauen vom Inselsalon von Sylvia Lott ist die Geschichte zwei junger und selbstbewusster Frauen, die ihren, mit ein paar Steinen versehenen Weg zielstrebig gehen.
Die junge Frieda wurde auf Norderney geboren, ist dort aufgewachsen und fühlt sich dort wohl. Ihre Geburt stand unter einem besonderen Stern, da sie mit einer Glückshaube geboren wurde. Sie ist aufgeschlossen, hat aber auch ihren eigenen Kopf, aber ist dennoch sehr hilfsbereit und wissbegierig. Sie träumt vom Arbeiten in einem Friseursalon.
Ihre Freundin Grete, die sie während deren Sommerfrische kennenlernt, stammt aus der höheren Gesellschaftsschicht, weshalb die Freundschaft der Beiden von den Elternteilen kritisch beäugt wird. Frieda und Grete sind diese Standesschranken egal und durch das Selbstbewusstsein und den Einfluss von Friedas Glückshaube ist dieser Unterschied eines Tages egal. Beide Frauen gehen selbstbewusst ihren Weg. Ihre Freundschaft ist dabei immer der verbindende und anhaltende Teil, der sie viele Dinge durchstehen lässt.

Schon das Buchcover mit den hellen, aufgeschlossenen Farben lädt zum Lesen ein. 
Sylvia Lott beschreibt wunderbar den mondänen Stil Norderneys Anfang des 21. Jahrhunderts, die Sitten und Gebräuche, aber auch die inselinternen Abläufe vor, während und nach der Kursaison. Überhaupt verfügt sie über einen tollen und mitreißenden Schreibstil.
Ich fand es sehr gut, dass sie zwar öfter auf die politische Entwicklung einging, aber sich nicht zu tief darin verging und eben auch die Hauptpersonen weniger der politischen Entwicklung beipflichteten (Hauptsächlich war es Friedas Schwiegervater). Interessant fand ich jedoch, dass die Autorin die Reformbewegung einbrachte und diese im Buch weiterverfolgte. Das fand ich sehr interessant und fortschrittlich (für die damalige Zeit).
Sehr gut recherchiert fand ich auch ihre Kenntnisse über das Friseurhandwerk. So laß ich einige Dinge, bspw. dass Friseure früher Zähne zogen etc., zum ersten Mal. Ich konnte also auch noch einiges dazulernen.

Die Hauptpersonen fand ich wunderbar dargestellt. Am meisten imponierte mir Frieda. 
Der Leser konnte wunderbar ihre Entwicklung vom jungen, dickköpfigen Backfisch zur wohlüberlebten, klugen, zielstrebigen, geschickten und vor allem empathischen jungen Mutter und Ehefrau nachvollziehen.
Ich fand auch die Beziehung zu ihrem Mann und dessen Gewissenskonflikte gut dargestellt. Ich denke, es gab zur damaligen Zeit sehr viele Frauen und Männer, denen es ähnlich ging und so verliefen sehr viele Ehen unglücklich, mitunter auch ohne das beide Partner von der Orientierung des anderen wussten. Man könnte hier lediglich anmerken, dass das Klischee des homosexuellen Friseurs bedient wurde, aber das sehe ich eher nicht. Ich denke, es ging der Autorin mehr um die Thematik selbst.

Auch Gretes Entwicklung vom jungen, devoten Backfisch, zur selbstbewussten und intelligenten, jungen Schwesternschülerin ist toll zu verfolgen. Ihre Aufenthalte in Ney sind letzten Endes die Grundlage für die Entwicklung ihres Selbstbewusstseins. 
Die Freundschaft zwischen den beiden Frauen ist sehr tief und wird von Jahr zu Jahr inniger. Standesunterschiede sind irgendwann absolut vergessen und die Verbindung wird sehr familiär.

Auch die Beschreibung des Salons Fisser ist sehr interessant. Die technischen Entwicklungen und auch die Entwicklungen von handwerklichen Techniken sind sehr interessant, ist doch heutzutage Vieles für uns selbstverständlich. 
Am Anfang irritierten mich die Erzählungen über das Ehepaar Fisser etwas, aber im Verlaufe des Buchs fand ich diese sogar sehr erfrischend und auflockernd.

Fazit: Ein wunderbarer, historischer Roman über zwei selbstbewusste Frauen, die ihren eigenen Weg gehen, aber immer durch eine tiefe Freundschaft verbunden sind.

Bewertung vom 16.04.2022
Jonson, Jo

Ein irisches Cottage zum Verlieben (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Tamara ist Ende 20 und seit 10 Jahren mit Simon zusammen. Beide arbeiten für ein Reisemagazin, Simon als Fotograf, Mara als Autorin von Reiseberichten. Gemeinsam erkunden sie die Welt und führen ein Nomadenleben. Sie besitzen noch keine eigene Wohnung, sondern bewohnen ein Geschoss im Haus seiner Eltern.
Nach zehn Jahren fühlt sich Mara nicht mehr wohl in ihrer Beziehung und versucht diese mit einem Urlaub in Irland wieder ins Lot zu bringen. Doch hier werden die Unterschiede der beiden Partner erst recht sichtbar. Mara versucht es dennoch immer wieder mit Vernunft und Nachsicht, bis sie Henrik kennenlernt.

Das Buchcover und auch der Name des Buches wirken auf mich etwas kitschig. Dennoch machte es mich dadurch etwas neugierig.

Dies ist ein Roman, der über eine Frau erzählt, die sich am Scheidepunkt ihres Lebens befindet. Einer Frau, die sich die Frage stellt, ob sie mir ihrem Leben zufrieden ist oder ob es da nicht noch mehr gibt. Sie sehnt sich nach einem Mann, der sie als Person wahrnimmt, der ihren Charakter, ihre Sehnsüchte und Träume wahrnimmt und akzeptiert.
Ich finde die Figur der Tamara sehr gut dargestellt, ihre Nachgiebigkeit, die Gutgläubigkeit, dass alles schon wieder irgendwie gut werden wird, obwohl sie genau weiß, dass es nicht so ist. Auch ihre Gewissenskonflikte mit der metaphorischen Darstellung finde ich sehr gelungen.
Tamara errichtet eine regelrechte Gefühlsmauer um sich, die sie Henrik gegenüber versucht, aufrecht zu erhalten. Sie versucht Distanz zu wahren, obwohl sie tiefe Gefühle empfindet. Sie versucht auf ihren Kopf, ihre Vernunft zu hören, obwohl ihr Herz ihr etwas anderes sagt.
Es gelingt dem Leser auch zu jeder Zeit, diese Gedankengänge nachzuvollziehen, was ich toll fand.

Auch Henrik war sehr einfühlsam dargestellt. Er erschien mir an manchen Stellen schon zu vernünftig, weshalb er vielleicht auch manches sehr in die Länge zog, weil er Angst vor Zurückweisung hatte. Er ist ein absolut sensibler Mensch, was ihn sehr sympathisch macht.

Auch die Bewohner von Dingle sind gutherzig und lebensweise dargestellt. Dies macht die behagliche Atmosphäre dieses tollen Buches aus.

Fazit: Eine wunderschöne Liebesgeschichte, die es lohnt, zu lesen. Ganz speziell auch für Menschen, die, wie Tamara auch nicht mehr erfüllt sind, mit dem, was sie haben und die sich davor scheuen, das zu hinterfragen.

Bewertung vom 15.04.2022
Hoffman, Beth

Die Frauen von Savannah


ausgezeichnet

Cecilia Rose Honeycut lebt in Ohio. Dieses Buch spiegelt ihre Kindheit in Teilen vom Kleinkindalter bis ungefähr zum zwölften Lebensjahr wieder. Bis zum Tod ihrer Mutter, die unter einer schweren psychischen Störung litt, lebt sie mit ihren Eltern in Willoughby. Ihre Mutter lebt in ihrer eigenen Welt, ihr Vater ist nie da und CeCe muss früh lernen, mit der Krankheit ihrer Mutter zu leben. Dies fordert eine Kindheit und beginnende Jugend, die geprägt ist durch Einsamkeit und Hänseleien.
Nach dem Tod der Mutter lebt sie bei Ihrer Großtante und deren Haushälterin. Nun blüht Cecilia auf bis zu einem dramatischen rassistischen Vorfall. Cecilia muss lernen, das Leben zu akzeptieren.

Ich fand dieses Buch sehr berührend. Die Charaktere dieses Buches prägen es sehr tiefgehend.
CeeCee ist ein Mädchen, welches über eine ungeheure Stärke verfügt. Sie lernt, das Schicksal ihrer Mutter hinzunehmen und dafür ihr eigentliches Leben, ihre Kindheit aufzugeben. Je verrückter die Mutter wird, umso mehr zieht sie sich in ihre eigene Welt zurück. Sie liebt und bewundert ihre Mutter, weshalb man ihr anmerkt, dass sie deren Verfall umso mehr kränkt. Sie steht in so mancher Situation über den Dingen, bewahrt einen kühlen Kopf und meistert sie mit einer Bravour, da kann sich so manch ein Erwachsener ein Beispiel nehmen. Schlussendlich wird sie aber ihrer Kindheit beraubt.
Es ist vor allem die Haushälterin ihrer Großtante, Oletta, die CeeCee zurück ins Leben holt. Sie lässt sie Kind sein, hört ihr zu und gibt ihr unwahrscheinlich wichtige Tipps für ihr weiteres Leben. Oletta lehrt sie Vergebung, Stärke , Sensibilität und Akzeptanz, aber gleichzeitig Lebensfreude.
Jeder der weiblichen Hauptcharaktere dieses Buches ist ein, im positiven Sinne, eigensinniger Charakter. Dieses Buch strahlte auf mich eine ungeheure Sensibilität und Lebensfreude aus. Jede dieser Frauen ist bewundernswert und beispielgebend. Dies merkt man auch am Schreibstil. Die Erlebnisse CeeCees und ihre Gedankengänge zeigen eine unwahrscheinlich hohe emotionale Intelligenz. Aber auch die Darstellung ihrer Großtante und Olettas zeigen deren Weisheit.
Dieses Buch spielt in den 1960er Jahren. Es wird auch die Rassenproblematik angesprochen, die für einen Großteil der Buchcharaktere keine Rolle mehr spielt, aber es gibt dennoch, genau wie heute auch, diese eine Person, für die es bis heute eine Rolle spielt. Ich finde es schön, dass diese Problematik angesprochen wurde und genau so behandelt wurde, wie sie es verdient!

Für alle Leser*in, die gern über Lebensfreude, Zusammenleben und Freundschaft lesen, ein toller und empfehlenswerter Roman.

Bewertung vom 10.04.2022
Gabriel, Micaela A.

Stimmen der Freiheit / Die Frauen vom Reichstag Bd.1


sehr gut

Dr. Marlene von Runstedt ist Anfang 30, ledig und promovierte Juristin. Sie arbeitet in der Rechtsberatung für Frauen in der Kanzlei ihres Vaters, ganz im Sinne ihrer verstorbenen Mutter. Als promovierte Juristin kann sie zur Zeit des Buchs (1918/1919) noch nicht eigenständig arbeiten und ist immer auf das Wohlwollen ihres Vaters bzw. die Unterstützung von dessen Partner Max von Emden angewiesen.
Als 1918 das Wahlrecht für Frauen eingeführt wird, sieht Marlene darin ihre Chance die Rechte der Frauen als Parlamentarierin zu vertreten. Auf dem Weg dahin begegnet sie ihrer ehemals besten Freundin, der Schauspielerin Sonja Grawitz, die heutzutage ihre Konkurrentin ist und ihrer Jugendliebe Justus von Ostwald.

Das Cover des Buches und sein Titel haben mich neugierig gemacht und angesprochen.
Vom Titel des Buches und dem Klappentext her hatte ich mir eine Geschichte über Marlenes Weg in den Reichstag und die Herausforderungen erwartet, die ihr anschließend dort begegnen. Das Buch handelt jedoch von Marlenes beruflicher und politischer Entwicklung bis zum Einzug in den Reichstag und den ersten Monaten, jedoch nicht mehr.
Marlene ist als selbstbewusste, intelligente und gut aussehende Frau dargestellt. Ich empfinde sie als Respektsperson und Vorbild. Sie wird mit ihrer Art auch von den Männern um sie herum sehr geschätzt, allen voran ihrem Vater und dessen Partner, Max von Emden. Nur im Umgang mit Justus von Ostwald wird Marlene manchmal sehr naiv dargestellt. Sie verfällt ihm immer wieder, entgegen jeder Vernunft.
Justus von Ostwald wirkt oftmals wie der typische Junker aus der Zeit und nimmt Marlenes Belange auch nicht immer für voll. Auch finde ich, wirkt es, als rate er Sonja Granits zum Schritt in die Politik, um sich von ihr zu befreien. Er wirkt auf mich nicht ganz aufrichtig.
Wunderbar dargestellt, fand ich Max von Emden. Er liebt Marlene und respektiert sie absolut. Sicher hat er manchmal auch ein bisschen zu viel Beschützerinsinkt und stellt sie deswegen als etwas naiv dar. Ich denke, das ist jedoch seinen Gefühlen geschuldet.

Die Autorin schildert auch sehr gut die derzeitige politische Lage, die Unruhen, die Lage der Frauen, deren Ansehen und die Meinung der Männer zu Frauen in Berufen und in der Politik.
Es ist interessant und gleichzeitig bedauernswert zu sehen, welchem Kampf sich Frauen unterziehen musste bis zum Frauenwahlrecht und der Ausübung politischer Ämter.

Für mich ein toller historischer Roman, mit guten Einblicken zur Politik nach dem 1. WK und der beginnenden Weimarer Republik. Vor allem aber ein toller Roman über bemerkenswerte, junge Frauen, die bedacht ihren Weg gehen.

Bewertung vom 06.04.2022
Kudziela, Rainer

Kasernen-Cowboy


sehr gut

Bei Kasernen-Cowboy handelt es sich um eine autobiografische Erzählung, die zumeist chronologisch erzählt wird.
Erzählt wird die Geschichte eines Jungen, aufgewachsen im Alten Land und in einer ehemaligen Stader Kaserne, vom Kleinkindalter bis zum Abitur. Es werden seine Erlebnisse aller Art geschildert, Familiendinge, Schulgeschichten, Erzählungen über Streiche und Erlebnisse in der Freizeit, etc. Außerdem erfahren Leser sehr viel über sein Gefühlsleben und seine emotionalen Konflikte.

Das Cover finde ich etwas gewöhnungsbedürftig. Wenn man das Buch allerdings gelesen hat, ergibt sich die Idee dahinter.

Die Geschichte wird in der dritten Person aus der Sicht eines Jungen erzählt. Dies ist erst sehr gewöhnungsbedürftig. Zumal der Autor auch einen eigenen Schreibstil hat. Er schreibt recht kurze Sätze, was ich sehr gut finde, aber manchmal besteht ein Satz auch nur aus einem Wort. Das ist am Anfang etwas irritierend. Ich habe mich aber schnell daran gewöhnt und fand es im Laufe der Zeit sogar gut. Für mich gab es den Dingen eine andere Betonung und Wertigkeit.

Das Buch ist in mehrere große Abschnitte unterteilt, die wiederum in kürzere Unterabschnitte aufgeteilt sind. Solch eine Aufteilung finde ich sehr gut, weil es mich eher zum Weiterlesen animiert.

Der Junge ist ein ungewöhnliches Kind, was aber in der damaligen Zeit vielleicht auch normal war. Er ist sehr introvertiert und macht sehr viel mit sich selbst aus. Der Leser kann seine Gefühle und sein Denken nachverfolgen, kann in seine Fantasien eintauchen. Er traut sich oftmals nicht, seinen Eltern von seinen Gefühlen und Gedankengängen zu erzählen. Umgedreht ist es ähnlich, sie öffnen sich ihren Kindern auch nicht. Das macht es für ihn schwierig. Es ist interessant, dieser Entwicklung im Laufe seiner Lebensjahre zu folgen und mitzubekommen, wie er damit umgeht.
Ein großer Teil des Romans beschäftigt sich mit Geschichte. Wie geht man mit der eigenen Geschichte um? Wie gehen andere mit der Vergangenheit um? Alles sehr interessante Fragestellungen, die vielleicht auch manch Leser zum Nachdenken bringt oder zu Nachfragen bei den eigenen Eltern oder Großeltern oder anderen Familienangehörigen/ Bekannten.

Ich finde, es handelt sich hierbei um einen wunderbaren autobiografischen Roman, der sich, nach dem man sich an den Schreibstil gewöhnt hat, gut zu lesen ist.
Für alle, die Geschichte, Sachbücher oder autobiografische Bücher mögen, eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 04.04.2022
Thaler, Anna

Das Land, von dem wir träumen / Die Südtirol Saga Bd.1


ausgezeichnet

Franziska ist Anfang 20 und hat auf Lehramt in Innsbruck studiert. Als sie wieder in ihre Heimat nach Südtirol, in der Nähe von Meran, zurückkommt, ist es ihr behördlich untersagt als Lehrerin zu arbeiten. Für Franziska bricht eine Welt zusammen. Statt zu unterrichten, arbeitet sie auf dem elterlichen Hof mit. Dabei kommt ihr eine Idee, wie es möglich ist, doch zu unterrichten. Aufgrund des neuen politischen System in Italien beginnt aber nun ein riskantes Unterfangen für Franziska.
Hinzukommt, dass sie zugucken muss, wie es mit dem elterlichen Hof aufgrund des politischen Systems und der Prägung der Familienangehörigen durch den 1. Weltkrieg, immer weiter bergab geht. Franziska versucht alles, um den Untergang zu verhindern.

Das Buchcover finde ich wunderbar dargestellt. Es ist zum Großteil in Pastellfarben gehalten. Dies spiegelt meiner Meinung nach wunderbar Franziskas Charakter dar. Sie ist zwar selbstbewusst, aber dennoch zurückhaltend. Gleichzeitig wird die wunderschöne Landschaft der Bergwiesen hervorgehoben, die lange Zeit Teil der Grundlage des Hofes waren.

Ein wunderbarer historischer Roman über eine starke und intelligente Frau. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig. Sie stellt die Hauptpersonen sehr charakterstark dar und ebenso das Leben zur damaligen Zeit, wie auch die wunderschöne Südtiroler Berglandschaft. Der Schreibstil wirkt dabei aber nicht blumig. Ungewohnt ist für mich die Anrede der Eltern mit „Sie“ gewesen. Das kenne ich in dieser Zeit nur aus den Kreisen des Hochadels.
Franziska gefällt mir sehr gut. Sie ist als besonders ehrgeizig und strebsam dargestellt, die für ihre Rechte und ihre Visionen kämpft. Am Anfang war sie mir etwas unsympathisch, weil sie doch sehr zickig gegenüber dem Knecht Wilhelm war, aber das gab sich im Laufe des Buchs.
Auch der Vater, Ludwig Bruggmoser, war mir hin und wieder unsympathisch, weil er sehr an Traditionen festhielt und seine Tochter absolut unterschätzt.

Sehr gefühlvoll fand ich die einzelnen Personen im Hinblick auf ihre Erlebnisse im ersten Weltkrieg dargestellt. Allerdings hätte es mir gefallen, wenn ich die Personen und ihre Vergangenheit etwas intensiver kennengelernt hätte. Das Schicksal Wilhelms, der Zwillinge und auch von Franziskas Brüdern wird nur nebenbei angeschnitten, sodass ich deren Verhalten, speziell das von Josepha, nur schwerlich nachvollziehen konnte.

Auch finde ich es interessant, dass auch hier schon die beginnende Diktatur und der Umgang der Exekutive mit den jüdischen Geschäftsleuten angesprochen wird.

Fazit: Ein ganz toller, historischer Roman, der neugierig auf den zweiten Band macht! Eine Empfehlung für alle, die historische Romanreihen lieben.

Bewertung vom 03.04.2022
Müller, Anne

Das Lied des Himmels und der Meere


sehr gut

Emma ist 19 Jahre als sie ihre Heimat Schleswig in Richtung Amerika verlässt. Auf der Borussia fährt sie über Panama in Richtung San Francisco. Dort arbeitet sie als Gesellschafterin bei der etwas launischen, aber doch liebevollen, Mrs. Thompson. Während einer derer Tanzveranstaltungen lernt sie Lars Jensen kennen, einen Holzhändler aus Eureka. Beide sind sich sympathisch und heiraten kurz darauf.
Ihren gemeinsamen Lebensweg begleitet Hans, Lars' bester Freund und Eigner einer Schiffswerft. Emma und er stehen sich sehr nah. Gleichzeitig fühlt sie sich etwas einsam in ihrem neuen Zuhause und sucht daher Beschäftigung, bspw. als Sekretärin in Lars' Kontor. Emma setzt sich damit und noch mit anderen Dingen über gesellschaftliche Konventionen hinweg und geht ihren eigenen Weg.

Der Titel des Buches und das Cover haben mich interessiert, da es scheinbar einen Bezug zur Seefahrt herstellt. Auch die farbliche Ausrichtung und die Zeichnung waren mal etwas anderes für ein Cover.

Der Schreibstil von Anne Müller ist sehr angenehm. Ich bin sehr gut in das Buch hineingekommen, da mir Emma sofort sympathisch war. Sie war lebensfroh und aufgeschlossen, das spürte man sofort. Aber auch ihren Sturkopf hat die Autorin sehr gut beschrieben.
Leider ließ diese Emotionalität im Laufe des Buches nach. Emma wirkte jetzt etwas mechanischer und es fehlte der Geschichte an Tiefe. Viele Dinge wurden mechanisch ohne große Gefühle, die ich aber erwartet hätte, abgearbeitet. Auch Emmas Umgang mit ihren Gefühlen zu den beiden Männern fand ich eigenartig.
Auch verläuft alles sehr gerade, Rückschläge wandeln sich ganz schnell ins Positive und alles wird immer schnell gut.

Die Briefe an Berthas Schwester fand ich am Anfang auch schön, sie lockerten alles auf, aber im Laufe der Geschichte waren sie immer mehr als Zusammenfassung der vorherigen Kapitel gestaltet.

Wunderschön fand ich die Zusammenhalte zu Emmas Bezugspersonen dargestellt. Mrs. Thompson war wie eine Mutter zu ihr, Suzette ist trotz Anfangsschwierigkeiten zu einer lieben Freundin geworden, das Verhältnis zu Bertha war immer absolut freundschaftlich und auch zu Hans' Familie. Einzig das Verhältnis zur Mutter war immer distanziert.
Gleichzeitig merkte man auch, wie Emma erwachsen wurde. Wie sie immer selbstbewusster und charakterlich stark wurde. Auch diese Entwicklung zu verfolgen, war schön.
Letzten Endes war das wichtigste, dass familiäre und freundschaftliche Beziehungen einen ausgeglichenen Menschen ausmachen.

Alles in allem aber dennoch eine schöne und leichte Lektüre für alle, die selbstbewusste Frauen mit dem Hang zur Veränderung mögen.