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Bücherfreundin

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Insgesamt 319 Bewertungen
Bewertung vom 04.02.2022
Der Papierpalast
Heller, Miranda Cowley

Der Papierpalast


ausgezeichnet

Bewegendes Familiendrama und berührende Liebesgeschichte
Die amerikanische Autorin Miranda Cowley Heller erzählt in ihrem großartigen Debütroman "Der Papierpalast" die Geschichte der 50jährigen Elle Bishop, die all ihre Sommer im Papierpalast, dem Ferienhaus der Familie, verbracht hat. Das Ferienhaus in den Back Woods auf Cape Code trägt seinen Namen, weil der Großvater, der es vor langer Zeit baute, die Innenräume mit Pappe auskleidete. Elle ist mit dem englischen Journalisten Peter glücklich verheiratet. Das Paar hat drei Kinder: Jack, Maddy und Finn. Während eines Treffens mit ihrer Mutter und Freunden im Ferienhaus kommt es mit Jonas, Elles langjährigem Freund aus Kindertagen, in der Dunkelheit der Nacht zu einer intimen Begegnung, während Peter und Jonas' Ehefrau Gina im Haus sind und sich unterhalten. 
 
Die Haupthandlung geht über einen Zeitspanne von 24 Stunden, während derer Elle sich über ihre Gefühle klar werden und die Entscheidung treffen muss, ob sie bei ihrem Mann bleiben oder mit Jonas ein neues Leben beginnen wird.
 
Parallel dazu erzählt sie die Geschichte ihrer Großeltern, ihrer Eltern und ihre eigene. 
Sowohl die Großeltern als auch Vater Arthur und Mutter Wallace waren mehrere Male verheiratet. Es gab für Elle und ihre zwei Jahre ältere Schwester Anna mehrere Stiefväter und Stiefgeschwister. Sie erzählt über das erste Zusammentreffen mit Jonas und die Begegnungen mit ihm während der Ferienaufenthalte bis hin zu der Tragödie, die alles veränderte. Sie beleuchtet auch ihr Verhältnis zur selbstverliebten und jähzornigen Mutter und zum unzuverlässigen Vater. 
 
Der Roman hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Er ist keine leichte Kost, die schwereren Themen - sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, Mord - sind schwer zu ertragen. Faszinierend fand ich die Beschreibung der unterschiedlichen Familienkonstellationen mehrerer Generationen. 
 
Das Ende habe ich als etwas abrupt empfunden, hier hätte ich gern noch ein wenig mehr gelesen.
 
Dieses außergewöhnliche Buch über familiäre Beziehungen, Geheimnisse und Lügen hat mich sehr berührt und gefesselt, aber auch erschüttert und aufgewühlt. Ich konnte vollkommen eintauchen in Elles Lebensgeschichte mit allen Höhen und Tiefen. Der Roman geht unter die Haut und wird bei mir noch lange nachwirken. Der schöne und intelligente Erzählstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen - klare Leseempfehlung und 5 Sterne von mir!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.02.2022
Die Gezeiten gehören uns
Vida, Vendela

Die Gezeiten gehören uns


sehr gut

Geschichte über Freundschaft und Lügen
Der neue Roman "Die Gezeiten gehören uns" von Vendela Vida spielt in der Mitte der achtziger Jahre und erzählt die Geschichte zweier Freundinnen. Die Ich-Erzählerin Eulabee und ihre schöne und umschwärmte Freundin Maria Fabiola leben mit ihren Familien in der privilegierten Wohngegend Sea Cliff , einem Stadtteil von San Francisco. Beide sind 13 Jahre alt, sie kennen sich seit der Vorschule und besuchen die gleiche Schule. Eines Tages fragt ein Mann, der in einem Auto sitzt, die Mädchen nach der Uhrzeit. Später behauptet Maria Fabiola, der Mann habe sich angefasst. Dies wird von Julia, einer Klassenkameradin, bestätigt. Eulabee, die sich sicher ist, dass ihre Freundin lügt, erzählt dem Schuldirektor und der Polizei, dass der Mann nichts Unangemessenes getan hat. Man glaubt ihr.
Eulabees Ehrlichkeit hat Konsequenzen: fortan wird sie von ihren Freundinnen gemieden. Man bezichtigt sie des Verrats, sie ist nun eine Geächtete, und niemand will in der Schule neben ihr sitzen.

Einige Monate später wird Maria Fabiola vermisst, sie ist auf dem Heimweg von der Schule spurlos verschwunden. Da sie die Erbin eines berühmten Zuckerkonzerns ist, wird eine Entführung nicht ausgeschlossen. Weihnachten ist Maria Fabiola wieder zurück und berichtet, von Russen entführt worden zu sein. Eulabee glaubt ihr nicht ....

Die Geschichte ist flüssig und in klarem, intelligentem Sprachstil erzählt, ich habe sie gern gelesen. Allerdings habe ich bedauert, dass das Thema Gentle so abrupt endete.
Das letzte Kapitel - 35 Jahre später - über das ungeplante Aufeinandertreffen von Eulabee und Maria Fabiola hat mir am besten gefallen und einige Fragen beantwortet, die ich mir während des Lesens gestellt habe. 

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.01.2022
Dachs und Rakete. Ab in die Stadt!
Isermeyer, Jörg;Schüttler, Kai

Dachs und Rakete. Ab in die Stadt!


ausgezeichnet

Sehr schön gestaltetes Kinderbuch
Jörg Isermeyer erzählt in seinem neuen Kinderbuch "Dachs und Rakete. Ab in die Stadt!" die spannende Geschichte von Herrn Dachs und seiner Freundin, der Schnecke mit dem zauberhaften Namen Rakete. Herr Dachs liegt noch gemütlich in seinem Bett, als ein Bagger beginnt, seinen Bau zu untergraben. Alle Bauten der Umgebung sollen abgerissen werden, damit ein Freizeitpark mit Naturerlebnisqualität errichtet werden kann. Widerspruch ist zwecklos, also müssen Herr Dachs und Rakete umziehen. Sie laden alles, was sie mitnehmen wollen, auf einen Wagen und ziehen los. Unterwegs geht der Wagen kaputt, und Herr Dachs, ein Tüftler, baut ein Fahrrad. Sie beladen das Fahrrad - viele Dinge lassen sie am Wegesrand stehen - und es geht weiter. Unterwegs müssen sie sich von immer mehr Sachen trennen, bis Herr Dachs nur noch ein Foto seiner Eltern hat. 

Auf einmal liegt die Stadt vor ihnen, und sie beschließen, dort zu bleiben. Das Leben in der Stadt ist vollkommen anders als auf dem Land, und Herr Dachs und Rakete müssen sich vielen Schwierigkeiten stellen. Sie brauchen eine Wohnung, aber auch Geld, eine Arbeit, etwas vollkommen Neues in ihrem Leben. Die erste Fahrt mit der Straßenbahn wird zum Abenteuer und die Suche nach Essbarem zur Herausforderung. 

Das Buch ist  auf 121 Seiten in 13 Kapitel unterteilt. Die Geschichte ist kindgerecht erzählt und sehr gut  zum Vorlesen geeignet. Aber auch Erstleser werden an dem schönen Buch ihre Freude haben. Die spannenden Kapitel sind von Kai Schüttler wunderschön illustriert. Herr Dachs und seine kleine Freundin Rakete sind zum Verlieben und werden die kleinen Leser begeistern. Ich hoffe auf weitere Leseabenteuer von Herrn Dachs und Rakete!

Bewertung vom 26.01.2022
Das Vorkommnis / Biographie einer Frau Bd.1
Schoch, Julia

Das Vorkommnis / Biographie einer Frau Bd.1


ausgezeichnet

Großartiger und beeindruckender Auftakt einer Trilogie
Julia Schoch stellt mit "Das Vorkommnis" den ersten Teil ihrer Trilogie "Biographie einer Frau" vor.
In diesem Roman signiert die namenlose Ich-Erzählerin, eine Autorin, nach einer Lesung in Norddeutschland ihre Werke, als eine fremde Frau auf sie zutritt und zu ihr sagt: "Wir haben übrigens denselben Vater". Daraufhin fällt sie der Fremden schluchzend um den Hals. Als sie am Abend ihrer älteren Schwester am Telefon von der Begegnung berichtet, verschweigt sie aus Scham die Umarmung.

Die Tatsache, eine Halbschwester zu haben, ist seit langem bekannt, die Mutter hatte es erzählt. Nun, nach langen Jahren des Vergessens, erzählt der Vater seinen Töchtern, was sich vor über 40 Jahren zugetragen hat. Er hatte die Vaterschaft anerkannt, das Kind war einige Wochen nach der Geburt zur Adoption freigegeben worden.

Die Ich-Erzählerin tritt wenige Wochen nach dem Vorkommnis gemeinsam mit ihrer Mutter und den beiden Kindern eine längere Reise nach Ohio an, um an der dortigen Universität ein Seminar zu halten. Auch während ihres Aufenthaltes beschäftigt sie die Begegnung mit der fremden Frau, ihre Gedanken kreisen um das Thema Adoption, aber auch um ihre eigene Kindheit in der DDR. Sie befragt ihre Mutter zur gemeinsamen Vergangenheit, von der nur wenig im Gedächtnis geblieben ist.

Sie denkt über ihre Mutter nach, daran, wie deren Leben verlief als junge Studentin und später als berufstätige Ehefrau und Mutter im Osten Deutschlands. Die Mutter lebt inzwischen nach der Scheidung ihr Leben mit den ersehnten Freiheiten und einer gewissen Leichtigkeit. Die Halbschwester ist in der Gedankenwelt der Ich-Erzählerin, sie denkt aber auch an deren Mutter, die ihre Freunde stets auf mütterliche Art behandelte, es aber 40 Jahre später nicht fertigbrachte, die ihr fremde Tochter ins Haus zu lassen. Sie beleuchtet ihre eigene Mutterschaft, die Beziehung zu ihrem Ehemann, die sich seit der Begegnung mit der Halbschwester verändert hat, und das distanzierte Verhältnis zu ihrer leiblichen Schwester.

Julia Schoch hat diesen anspruchsvollen Roman in beeindruckender und schöner Sprache geschrieben. Es hat mir große Lesefreude bereitet, der Gedankenwelt der Ich-Erzählerin zu folgen, ihre Vergangenheit zu erforschen und zu erleben, wie das Vorkommnis ihr Leben veränderte.

Ich freue mich bereits jetzt auf den zweiten Band der Trilogie.

Bewertung vom 21.01.2022
Das Geheimnis der Pirateninsel / 1000 Gefahren junior Bd.2
Lenk, Fabian

Das Geheimnis der Pirateninsel / 1000 Gefahren junior Bd.2


ausgezeichnet

Grandiose Kinderbuchidee
Fabian Lenk und Jan Saße haben mit ihrer Reihe "1000 Gefahren - du entscheidest selbst!" eine grandiose Buchidee umgesetzt. Dem kleinen Leser wird die Möglichkeit gegeben, die abenteuerliche Geschichte des kleinen Nick immer wieder anders zu gestalten. Die Seiten werden nicht unmittelbar hintereinander gelesen bzw. vorgelesen, sondern man folgt den Hinweisen zu passenden Anschlussseiten. Manchmal hat man mehrere Möglichkeiten und muss sich für eine entscheiden. Dadurch ändert sich die Abenteuergeschichte ständig. Zwischendurch müssen auch kleine Rätsel gelöst werden.

Das Buch "Das Geheimnis der Pirateninsel" ist in einfacher, kindgerechter Sprache in gut lesbaren großen Buchstaben geschrieben und eignet sich sehr gut zum selbständigen Lesen, aber auch zum Vorlesen. Die ständig wiederkehrende Suche nach den gewünschten Anschlussseiten macht die Geschichte spannend und abwechslungsreich, sie fördert aber auch die Konzentration. Das Buch ist wunderschön illustriert und wird kleine Leser mit Sicherheit begeistern. Das Piratenthema ist vor allem bei den Jungen sehr beliebt, und sie werden sehr viel Freude an den unterschiedlichen Variationen haben.

Bewertung vom 21.01.2022
Dschinns
Aydemir, Fatma

Dschinns


ausgezeichnet

Faszinierender und emotionaler Roman - unbedingte Leseempfehlung!
Der Hanser Verlag hat mit diesem fesselnden Familiendrama von Fatma Aydemir ein großartiges Buch veröffentlicht, das bereits jetzt zu meinen diesjährigen Lesehighlights gehört und mich noch lange beschäftigen wird.

Die Geschichte der türkischen Familie Yilmaz spielt in den neunziger Jahren.
Das Buch ist in 6 Kapitel unterteilt, in jedem Kapitel steht ein anderes Mitglied der Familie im Mittelpunkt.

Kapitel 1 - Hüseyin
Der Metallarbeiter Hüseyin steht kurz vor seinem 60. Geburtstag und der Frührente. Seit 33 Jahren ist er mit Emine verheiratet, das Paar hat 4 Kinder: Sevda, Hakan, Perihan und Ümit. Hüseyin hat 30 Jahre für seinen Traum gespart: eine Eigentumswohnung in Istanbul, in der er die Sommer mit seiner Familie verbringen möchte. Am Umzugstag erleidet er einen Herzinfarkt und stirbt.

Kapitel 2 - Ümit
Ümit ist mit seinen 15 Jahren der Jüngste der Familie und geht noch zur Schule. Er reist zusammen mit seiner Mutter und seiner Schwester Peri nach Istanbul, um den Vater zu beerdigen. Es fällt ihm schwer, echte Trauer zu empfinden, seine Gedanken schweifen ständig ab. Er denkt an seine erste Liebe und die daraus resultierenden Besuche bei Dr. Schumann.

Kapitel 3 - Sevda
Sevda ist die älteste Tochter der Familie, sie blieb mit 12 Jahren in der Türkei bei den Großeltern, während der Rest der Familie zum Vater nach Deutschland durfte. Sie widersetzt sich der geplanten Ehe mit einem Lehrer und darf mit fast 15 Jahren zu ihrer Familie nach Deutschland. Der Vater lebt da schon seit fast 10 Jahren in Deutschland. Ihre Mutter und sie sind sich fremd geworden, Emine begegnet ihrer Tochter mit Misstrauen. Drei Jahre später geht Sevda eine arrangierte Ehe mit Ihsan ein und bekommt zwei Kinder: Sohn Cem und Tochter Bahar. Immer schon hat sie davon geträumt, Geschäftsfrau zu werden. Sie übernimmt eine Pizzeria und trennt sich nach einem Brandanschlag auf ihre Wohnung von ihrem Ehemann. 
Sie begibt sich gemeinsam mit ihren Kindern nach Istanbul, den Vater hatte sie 5 Jahre zuvor zum letzten Mal gesehen.

Kapitel 4 - Peri
Perihan, genannt Peri, lebt ihr Leben so, wie sie es möchte, frei von allen Zwängen. Ihre erste Liebe ist Armin, ein Schulkamerad, mit dem sie sich jeden Tag heimlich trifft. Während Peri sich auf ihr Abitur konzentriert, fehlt Armin jeglicher Ehrgeiz. Er lebt in den Tag hinein und nimmt Drogen. Peri verlässt ihre Eltern sofort nach dem Abitur, um in Frankfurt Germanistik zu studieren. Sie geht nun eigene Wege und geht zu Armin auf Distanz. Die Beziehung endet tragisch. Peri lernt in einer Campuskneipe den geheimnisvollen Ciwan aus Kurdistan kennen.

Kapitel 5 - Hakan
Hakan wollte nie so sein wie sein Vater, der sich nichts gönnte und nur arbeitete. Er wollte sich nie einem Chef unterordnen und handelt mit Gebrauchtwagen. Bereits als Jugendlicher gerät er mit dem Gesetz in Konflikt und enttäuschte seinen Vater.
Auf der Fahrt nach Istanbul gerät er in Österreich in eine Polizeikontrolle und muss sich einem Drogentest unterziehen, wodurch er die Beisetzung seines Vaters versäumt.

Kapital 6 - Emine
Im letzten Teil des Buches wird offenbart, weshalb Emine depressiv ist und wodurch sie innerlich zerbrochen ist. Sie erzählt ihrer Tochter Sevda ihr grausames Geheimnis, das sie seit vielen Jahren in sich trägt. 


Die Geschichte der Familie Yilmaz hat mich von Anfang an gefesselt und zutiefst berührt. Das Buch ist in anspruchsvollem und intelligentem Sprachstil geschrieben. Ich konnte eintauchen in das Leben der Familie Yilmaz, mich einfühlen in ihre Sorgen und seelischen Nöte. Das Buch verdeutlicht dem Leser auch die Schwierigkeiten, mit denen eine Familie in einem fremden Land leben muss.

Für diese großartige und faszinierende Geschichte unbedingte Leseempfehlung und hochverdiente 5 Sterne von mir!

Bewertung vom 13.01.2022
Erschütterung
Everett, Percival

Erschütterung


ausgezeichnet

Zutiefst berührender und fesselnder Roman
Seit langem schätze ich das literarische Angebot des Hanser Verlags und freute mich daher sehr auf die Lektüre des neuen Romans "Erschütterung" von Percival Everett. 

Der Autor erzählt in seinem Roman die Geschichte des 42jährigen Geologie-Paläobiologen Zach Wells, der als Hochschulprofessor tätig ist. Er selbst bezeichnet sich als Nerd, der in Höhlen herumkriecht, und sein Hang zur Melancholie lässt ihn immer wieder an Selbstmord denken. In seine Ehefrau Meg ist er nicht verliebt, jedoch schätzt er sie und teilt gern den Alltag mit ihr. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter, Sarah, die 12 Jahre alt ist. 

Zachs und Sarahs große Freude ist das gemeinsame Schachspiel, bei dem Sarah ihrem Vater weit überlegen ist. Einen Fehlzug beim Spiel entschuldigt Sarah damit, dass sie eine gegnerische Figur nicht gesehen habe. Wenig später berichtet sie den Eltern, das Whiteboard in der Schule nur noch verschwommen zu sehen. Ein Sehtest bei der Optikerin ergibt keine Klarheit, ebenso der Besuch bei der Kinderärztin. Beim Augenspezialisten der Kinderklinik erleidet Sarah einen komplex fokalen Anfall. Der Arzt ist ratlos und überweist Sarah an eine Neurologin. Diese führt umfangreiche Untersuchungen durch, die ergeben, dass Sarah das Batten-Syndrom hat, welches auf einem Gendefekt beruht. Sarah wird nicht nur ihr Augenlicht, sondern all ihre geistigen und motorischen Fähigkeiten verlieren. Die unheilbare Krankheit schreitet rasch voran. 

Zach, dessen Welt bis in die Grundfesten erschüttert wird und der dem Verfall seines Kindes hilflos zusehen muss, findet in einer bei Ebay erworbenen Second Hand-Jacke einen kleinen Zettel mit einem mysteriösen Hilferuf in spanischer Sprache. Heimlich fährt er nach New Mexico und begibt sich auf die Suche nach jemandem, den er retten kann.

Das fesselnde Buch ist in der Ich-Form erzählt und hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen, ich konnte es kaum aus der Hand legen. Es ist in intelligentem und kraftvollem Sprachstil geschrieben. Die Geschichte hat mich zutiefst erschüttert und berührt, ein großartiger Roman, der mich noch lange begleiten wird und der bereits jetzt zu meinen Highlights des Jahres gehört. 

Interessanterweise hat Percival Everett die Originalausgabe "Telephone" des Buches im letzten Jahr in drei verschiedenen Versionen mit unterschiedlichen Abschlüssen veröffentlicht, sehr zum Unmut vieler Leser.

Der Roman stand im letzten Jahr im Finale des renommierten Pulitzer-Preises.
Klare Leseempfehlung von mir und hochverdiente 5 Sterne!

Bewertung vom 11.01.2022
Zum Paradies
Yanagihara, Hanya

Zum Paradies


ausgezeichnet

Beeindruckendes und außergewöhnliches Buch
Mit ihrem neuen, fast 900 Seiten umfassenden Werk hat Hanya Yanagihara einen Roman geschrieben, der sicherlich für viele Diskussionen sorgen wird.
Das Buch besteht aus drei unterschiedlichen Büchern, die sich auf eine Zeitspanne zwischen 1893 und 2093 erstrecken.
 
"Washington Square"
Im ersten Buch wird die 220 Seiten umfassende, im Jahre 1893 in den Freien Staaten spielende Geschichte von David Bingham erzählt, der bei seinem Großvater Nathaniel in New York lebt. Dieser hatte nach dem Tod der Eltern die Kinder David, John und Eden aufgenommen. Mittlerweile ist John mit Peter verheiratet, Eden mit Eliza, beide haben ihre eigenen Haushalte und Kinder.
 
Auf Veranlassung des Großvaters soll der 28jährige David mit Charles Griffith, einem 41jährigen wohlhabenden Geschäftsmann, verheiratet werden. Charles ist Witwer eines Lehrers, der 9 Jahre zuvor an Krebs starb.
 
David ist Vorsitzender der wohltätigen Stiftung des Finanzinstitutes seines Großvaters und unterrichtet ehrenamtlich Kunst in einem Waisenhaus. Dort lernt er den neuen Musiklehrer Edward Bishop, der in sehr ärmlichen Verhältnissen lebt, kennen und verliebt sich in ihn. Während einer längeren Abwesenheit von Edward - dieser lässt trotz seiner Ankündigung nichts von sich hören - trifft David sich häufiger mit Charles, der aus seinem Interesse für ihn keinen Hehl macht.
 
Nach Edwards Rückkehr berichtet dieser David von einem lukrativen Angebot in Kalifornien und bittet David, ihn dorthin zu begleiten. Davids Großvater hat in der Zwischenzeit Erkundigungen über Edward eingezogen und konfrontiert seinen Enkel mit dessen Vergangenheit. 
 
 
"Lipo-wao-nahele"
Dieses Buch umfasst 228 Seiten und ist in zwei Teile gegliedert.
 
Im ersten Teil erzählt die Autorin die Geschichte des 25jährigen Rechtsanwaltsgehilfen David Bingham, der heimlich mit dem 30 Jahre älteren Charles Griffith liiert ist, einem New Yorker Anwalt. Wir schreiben das Jahr 1993, und Charles ist damit beschäftigt, für seinen krebskranken Freund Peter ein Abschiedsessen zu organisieren. David unterstützt ihn bei den Vorbereitungen und erinnert sich dabei an die Zeit, als er Charles kennenlernte und an ihr bisheriges gemeinsames Leben. Ihr Leben ist geprägt von Aids, sie müssen viele Freunde beerdigen, und auch Charles hatte ihm kurz nach der ersten Begegnung eröffnet, dass er HIV-positiv ist.
 
Im zweiten Teil des Buches steht Davids Vater Wika im Mittelpunkt. Er ist sehr krank, lebt in einem Pflegeheim und erzählt in der Ich-Form von seiner Kindheit auf Hawaii, den dortigen politischen Verhältnissen, der komplizierten Familiengeschichte und seinem Freund Edward, der sein Leben immer wieder kreuzte. 
 
 
"Zone Acht"
Dieses Buch, das fast 450 Seiten umfasst, schildert die Erlebnisse der jungen Charlie im Jahr 2093. Sie lebt in einer durch ihren Großvater arrangierten Scheinehe mit einem Homosexuellen. Charlie lernt anlässlich ihrer wöchentlichen Besuche bei einem Geschichtenerzähler den geheimnisvollen David kennen, der ihr eines Tages erzählt, weshalb er den Kontakt zu ihr suchte.
Die Schilderungen über Charlies Leben werden unterbrochen durch Emails, die ihr Großvater Charles an seinen Freund Peter schrieb, der in Neubritannien lebt. In diesen Emails schilderte er ausführlich sein Leben mit seinem Ehemann Nathaniel, seinem Sohn David und der Enkelin Charlie während einer Zeitspanne von 2043 bis zu seinem Tod.
 
In diesem dritten Buch leben die Menschen in einem Überwachungsstaat. Ziel ist es, die Pandemien zu bekämpfen, die alle paar Jahre neu auftreten. Es gibt kaum Bücher, kein Fernsehen, kein Internet, niemand darf das Land verlassen, ständige Kontrollen erschweren den Alltag. Die Lebensmittel sind rationiert, ebenso das Wasser, es gibt Coupons, mit denen Lebensmittel gekauft werden können. Gegen die Hitzeperioden schützen die Menschen sich mit speziellen Kälteanzügen.
 
Das anspruchsvolle Buch ist außergewöhnlich und hat mich sehr beein

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.01.2022
Ein Drache auf Burg Erbsenfels - Leserabe ab 1. Klasse - Erstlesebuch für Kinder ab 6 Jahren
Sohr, Daniel

Ein Drache auf Burg Erbsenfels - Leserabe ab 1. Klasse - Erstlesebuch für Kinder ab 6 Jahren


ausgezeichnet

Sehr liebevoll gestaltetes Kinderbuch
Daniel Sohr hat ein neues Buch für kleine Erstleser ab 6 Jahren geschrieben. Es heißt "Der Drache auf Burg Erbsenfels" und erscheint in der Leserabe-Reihe des Ravensburger Verlags.

Auf 48 Seiten wird in vier Kapiteln die Geschichte vom kleinen Bruno erzählt, der mit Ritter Otto auf der Burg Erbsenfels lebt. Als Ritter Otto auf der Jagd ist, landet auf dem Burghof ein Drache. Anfangs fürchtet sich Bruno vor dem Drachen, aber schon bald werden die beiden Freunde. 

Das empfehlenswerte Buch ist mit vielen schönen Illustrationen sehr kindgerecht gestaltet, die Texte sind spannend und eignen sich sowohl zum Vorlesen als auch zum Selberlesen. Sehr schön finde ich die Idee mit dem beigefügten Stickerbogen. Beim Selberlesen kann der Erstleser nach jedem gelesenen Kapitel einen Sticker in ein dafür vorgesehenes Feld kleben, ebenso nach Beantwortung der Leserätsel am Ende des Buches. 

Das farbenfroh gezeichnete Cover zeigt Bruno mit Helm auf dem fliegenden Drachen und passt wunderbar zum Inhalt des Buches.

5 Sterne von mir und klare Leseempfehlung für dieses spannende und sehr liebevoll gestaltete Kinderbuch!

Bewertung vom 20.11.2021
Shuggie Bain
Stuart, Douglas

Shuggie Bain


ausgezeichnet

Aufwühlendes und bedrückendes Sozialdrama
In seinem autobiographischen Debütroman erzählt Douglas Stuart die Geschichte von Shuggie Bain, der in den achtziger Jahren zur Zeit der Thatcher-Ära in Glasgow aufwächst. Bedingt durch die hohe Arbeitslosigkeit leben viele Familien in bitterer Armut. Shuggie lebt mit seiner wunderschönen Mutter Agnes und seinem Vater Shug sowie seinen älteren Halbgeschwistern Catherine und Leek bei den Großeltern. Die Mutter ist seit längerem alkoholkrank, der Vater brutal, unberechenbar und untreu. Nach dem Umzug in ein Armenviertel am Stadtrand von Glasgow verlässt Shug seine Familie, um mit einer anderen Frau zusammenzuleben. Agnes, die nun die alleinige Verantwortung für ihre Kinder trägt, verfällt immer mehr dem Alkohol. Sie setzt die Sozialhilfe in Alkohol um, während ihre Kinder kaum etwas zu essen haben.

Catherine entflieht dem häuslichen Elend durch frühe Heirat und zieht nach Südafrika. Leek zieht nach einem Streit mit der Mutter aus, und der minderjährige Shuggie kümmert sich fortan, so gut es geht, aufopferungsvoll und mit viel Hingabe um seine Mutter. Er liebt sie vorbehaltlos und versucht, alles für sie zu tun und sie zu retten.

Shuggie ist anders als die Kinder seiner Umgebung, sein Gang ist feminin, er interessiert sich nicht für Fußball - Gründe für seine Mitschüler, ihn zu demütigen und zu misshandeln. 

Das Buch ist in sehr schöner, kraftvoller Sprache geschrieben, es ist fesselnd und hat mich zutiefst berührt und aufgewühlt. Douglas Stuart ist 2020 für seinen großartigen Roman mit dem renommierten Booker-Preis ausgezeichnet worden. 

Absolute Leseempfehlung von mir und 5 Sterne!