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jam

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Insgesamt 475 Bewertungen
Bewertung vom 30.04.2020
Bradley, Christina

Thirty


gut

„Ach Bella. Wir sind zu alt für Bullshit“, sagte er weise. „Wenn es ums Dating geht, habe ich vor allem eins gelernt: Entweder es klappt, oder es klappt nicht.“

Kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag bricht der ganze Frust aus Bella. Sie schmeißt ihren Job hin und landet bei einer fragwürdigen Wahrsagerin. Als die ihr auch noch prophezeit, dass sie den einen nicht finden wird, reist sie von London nach New York zu ihrer besten Freundin Esther. Gemeinsam mit einer Menge Alkohol beschließen sie eine Challenge:
Dreißig Tage bis zum 30. Geburtstag – dreißig Dates um den Richtigen zu finden!

So locker und leichter der Stil der Autorin ist, so unterhaltsam die Idee klingt, die Umsetzung hat mich nicht überzeugt. Bella reist einmal quer durch die USA, besucht ihre alten Freunde und lässt sich von Ihnen Treffen vermitteln.
Bella hat in Amerika studiert, war dort 4 Jahre lang mit jemandem zusammen – und mit ein großer Grund für die Trennung war ihre Sehnsucht nach ihrer Heimat England. Also was liegt da näher als ein Roadtrip durch die USA, um dort den Richtigen zu finden?!

Anstatt die Zeit mit ihren Freunden von früher zu verbringen und das Land zu entdecken, wird alles gedatet, was nicht bei drei am Baum ist. Was leider nicht immer unterhaltsam ist sondern dann auch manchmal mit abgedroschenen Szenen rüberkommt.
Schon klar, die Grundidee fordert Tempo. Aber in der kurzen Zeit findet sie die große Liebe, verliert sie, findet wieder jemanden… ach ja, und betrinkt sich, kifft ein wenig, kuriert ihren Kater aus und … trinkt wieder mal.
Klingt stressig? Las sich stellenweise auch so!

Wie gesagt, die Autorin schreibt wunderbar locker und unterhaltsam, wenn die Handlung ein wenig mehr mitgespielt hätte, wäre das ein Roman ganz nach meinem Geschmack!
So fühle ich mich selbst ein wenig verloren und gehetzt von den „Möchtegerndates“ und verstehe den Grund dafür nicht. Und so schön die Auflösung am Ende war, kam sie mir doch zu schnell und daher nicht ganz glaubwürdig.
Dass der Schlussgag dann auch noch durch die Übersetzung verwaschen wurde, ist richtig schade.
Fazit: Leider kann der flotte Stil der Autorin nicht immer über die etwas maue Geschichte hinwegtrösten.

Bewertung vom 21.04.2020
Guggisberg, Brigitte

Der Weg des Glücks / Die Winzerinnen Bd.1


ausgezeichnet

„Es war völlig verrückt. Es war die dümmste Entscheidung, die sie je getroffen hatte, und sie hatte sie treffen müssen, weil es sich richtig anfühlte.“
Seite 324

Inhalt:
Drei Frauen, die auf den ersten Blick so gar nichts verbindet, vom Schicksal in den heruntergekommenen Weinberg eines sturen Winzers gespült – und doch gibt es etwas, was sie eint. Sie alle stehen an einem Scheidepunkt in ihrem Leben, müssen entscheiden, in welche Richtung sie weitergehen…

Wie es mir dabei ging:
Es gibt Bücher, wo ich mir schon bei der Kurzbeschreibung schwer tue, nicht zu viel zu verraten… Und dennoch möchte ich euch nahebringen, wie gut mir diese Geschichte gefallen hat!
Fangen wir mit den Protagonisten an:
Hermann hatte in den letzten Jahren viel Pech und vermutlich falsche Entscheidungen getroffen, so steht er mit seinem Weingut kurz vor der Pleite. Verbissen kämpft er weiter, versucht, all die anstehenden Arbeiten alleine zu meistern um den Traditionsbetrieb zu halten.
Valentina hat eine Affäre mit einem verheirateten Mann, Marlene alles verloren, was ihr wichtig war und Sandrine hat ihr Leben der Arbeit verschrieben.

Langsam lernen wir die vier kennen, erfahren, wo sie herkommen, wohin sie wollen. Und wie es kommt, dass sie sich auf einmal alle an einer Weggabel treffen und sich jeder von ihnen entscheiden muss, in welche Richtung er weitergehen will.
Dass sich diese Gabelung ausgerechnet in einem Weingarten, einem der schönsten Orte aus meiner Kindheit, befindet, hat für mich die Geschichte zu etwas ganz Besonderem gemacht!

Aber ich bin mir sicher, auch ohne diese Verbindung spürt man als Leser die beruhigende Wirkung der Natur, der erdenden Arbeit, der Ruhe und auch den Zusammenhalt, der ebenso wie die Reben erst wachsen muss und empfindlich auf äußere Einflüsse reagiert.
Brigitte Guggisberg hat ein Buch geschaffen, dass eine Ruheoase ist, realitätsnah und nachvollziehbar vom Leben und vom Schicksal erzählt, von Rückschlägen und erkämpften Fortschritten, von Pech, von Glück, von Liebe und Freundschaft.

Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, greift euch das Buch, ein gutes Glas Wein oder Saft und macht es euch gemütlich, ihr werdet es genießen!

Bewertung vom 20.04.2020
Pfundmeier, Monika

Kreizkruzefix


ausgezeichnet

„Sie halten die Traditionen aufrecht. Und die Traditionen halten so manchen von ihnen aufrecht. Ob man das sehen will oder nicht.“
Seite 229

Und Traditionen werden aufrecht gehalten in Oberammergau. Alle 10 Jahre gibt es dort die Passionsspiele, das ganze Dorf macht mit. Einst ein Versprechen an Gott, um die Pest abzuwenden, haben sie sich mittlerweile zu einem Event entwickelt, das anzieht.
So wimmelt es in Oberammergau schon von Schauspielern und Touristen, als ein paar Tage vor der Premiere ein schrecklicher Doppelmord passiert.
Ist das die Strafe dafür, dass sich die Thallers vom traditionellen Bauernhof zur exklusiven Gin-Destillerie gewandelt haben und sie, statt das nicht mehr vorhandene Vieh im Stall zu pflegen, Partys feiern und zu Messen jetten?

Die erste am Tatort: Theres Hack, auch eine, dies nicht so mit dem hat, was alle tun. Aus Wien zurück hat sie die Metzgerei des Vaters auf links gedreht. Damit, und mit ihrer wortkargen, direkten Art hat sie sich nicht nur Freunde gemacht. Und auch weiter zieht es sie zu den Menschen, die mit den Thallers zu tun hatten.

„Die Zeiten sind vorbei, in denen die Täter zurückkehren an den Tatort. (…) Stattdessen…“
„Stattdessen schlägt man sich am Tatort mit neugierigen Hobby-Experten herum.“
Seite 119

Das erste, was beim Lesen dieses ungewöhnlichen Krimis ins Auge sticht, ist der abgehackte Stil. Ebenso wie die Protagonistin ist auch die Sprache eckig und kantig, hinterlässt lose Fäden, die man weiterdenken soll, die zum Reflektieren einladen. Sie nimmt sich kein Blatt vorn Mund, die Metzgerin, und macht sich damit nicht nur Freunde.

„Keine Ahnung von nix, aber für alles denselben Kamm.“
Seite 66

Doch in den beiden Tonis, den örtlichen Polizisten, hat sie Verbündete gefunden und mit ihrem Herumstochern wirft sie viele Fragen auf. Motive scheint es viele zu geben, aber erst sehr spät hatte ich einen Verdacht.

So präsent wie Traditionen ist in diesem Buch auch die Vergangenheit. Fehler, die man gemacht hat, Worte, die nicht gesagt wurden, Entscheidungen, die man fiel.

„Manchmal rennen wir, und uns holt die Vergangenheit ein. Manchmal entkommen wir, aber der Schatten fällt trotzdem auf uns. Und wenn du keinen Schatten willst, mach das Licht an!“
Seite 101

Ich kam extrem schwer in dieses Buch rein, das erste Kapitel hab ich zwei Mal gelesen, bis ich ein wenig durchblickte. Doch ich bin sehr froh, dass ich weitergelesen habe, dass ich mich von Monika Pfundmeier nach Oberammergau führen ließ. Denn wenn man sich auf Theres und ihre Welt einlässt, sich auf die Spurensuche begibt und zwischen den Zeilen liest, so erzählt einem das Buch viel über sich selbst, über die eigenen Werte.

Was bedeutet Tradition für dich? Fessel oder Freiheit, Verbundenheit oder Trennung? Muss man Traditionen wirklich brechen oder kann man sie auch weiterentwickeln?

Nach dem Lesen ist vor dem Lesen, am liebsten würde ich gleich nochmal das erste Kapitel aufschlagen und mich diesmal noch mehr auf diese intelligente Geschichte einlassen.

Auch ein Highlight: Das intensive Cover und der grüne Schnitt!

Fazit: Ein interessanter Krimi, geschrieben so eckig und kantig wie seine Protagonistin, ein gutes Stück weg vom traditionellen Heimatkrimi.

Bewertung vom 15.04.2020
Esteban, Isabella

Mord in Barcelona / Comissari Soler Bd.1


ausgezeichnet

„Dieser Kommissar Soler ist echt seltsam“ sagte er jetzt „Wir sind einmal komplett um das Schifffahrtsmuseum herumgelaufen und dann den Hafen rauf und runter, nur damit er mich am Ende fragt, was ich denke, was meine Mutter dort gewollt haben könnte.“

Seite 105



Sommerhitze in Barcelona. Auf dem Friedhof auf Montjuic wird eine Leiche gefunden. Kommissar Soler ermittelt – auf seine ganz eigene Art. Ohne dass er es will, unterstützen ihn dabei seine eigenwillige Mutter und seine starrköpfige Schwester Montse. Auf eigene Faust befragt sie und trifft sich mit Verdächtigen – und kommt auf Hinterwegen oft näher an Informanten als ihr Bruder auf offiziellem Wege.



Eins vorne weg: Wer sich einen packenden Thriller mit blutigen Details erwartet, dem wird „Mord in Barcelona“ zu wenig aufregend sein.

Wer aber so wie ich Cosy Crime mit viel lokalem Flair mag, für den ist dieses Buch ein Hauptgewinn!



Soler und vor allem Montse führen uns und den Hauptverdächtigen quer durch eine der schönsten Städte Europas. Wir wandern auf den Montjuic, besuchen den Park Güell, finden uns am Hafen wieder. Wir sehen Menschen, die sich als Statuen verkleiden, holen uns einen Snack in der Boqueria und wandern auch fernab von Touristenpfaden durch all die interessanten Nebengässchen.

Ich hatte das große Glück, viele dieser Plätze vor einigen Jahren zu besuchen und ein Stück liegt meine Begeisterung sicher auch daran, dass dieses Buch viele Erinnerungen geweckt hat.

Während der Fall sich schwierig und spannend gestaltet, weht uns die salzige Meerluft um die Nase.



Es gibt mehrere Verdächtige oder gar keinen, viele Fäden kreuzen sich, aber der eine rote lässt sich schwer finden.

Damit mag die Geschichte langatmig wirken, ist aber sicher auch nahe dran an authentischen Ermittlungen.

Jaume Soler Martí wirkt manchmal langsam und schräg, lässt sich auf Irrwege führen und ist sehr festgefahren in seiner Meinung. Wir dürfen aber auch kurz seine Frau und seine Kinder kennenlernen, die uns einen anderen Soler zeigen. Da wirkt er deutlich jünger und hellwach.



Auch wenn ich bis zu Letzt nicht ganz verstanden habe, warum Montse sich zu Beginn so in die Ermittlungen stürzt, so ist es doch gerade ihre Ermittlungsarbeit, die den Fall und das Buch vorantreibt. Sie nutzt alte Freundschaften, katalanische Verbundenheit und oft auch einfach nur ihren Neugierde, um dort weiterzukommen, wo die Uniformierten vor einer Mauer stehen.

Doch ihre Neugierde hat ihren Preis, und nicht nur ihre Gefühle stehen auf dem Spiel.



Isabella Esteban lässt uns aber auch ein wenig von der Vergangenheit der Familie erahnen, und da scheint es einige sehr dunkle Kapitel zu geben, die hoffentlich in den Folgebänden näher beleuchtet werden.

Ich bin auf jeden Fall wieder mit dabei!



Fazit: Ein Cosy Crime wie ein Kurztrip nach Barcelona – Urlaubsflair und Spannung in einem!!

Bewertung vom 14.04.2020
Wood, Dany R.

Nur Rudi tanzte schräger / Familie Jupp Backes ermittelt Bd.3


ausgezeichnet

„… legten die zwei Tanzpaare jeweils Wange an Wange einen absolut heißen argentinischen Tango hin – heißer als jede Gulaschkanone.“



Ja, heiß geht es wieder her bei Jupp Backes. Um des lieben Hausfrieden willen lässt er sich von seiner besseren Hälfte Inge zum Tangokurs verdonnern – und Oma Käthe legt natürlich auch eine flotte Sohle aufs Parkett. Ob das eine gute Idee war? Inges Zehen haben ganz schön zu leiden unter seiner Tollpatschigkeit und der argentinische Tanzlehrer Julio versucht ehrgeizig, auch noch das Letzte aus seinen Schülern rauszuholen.

Nicht jeder ist davon begeistert – aber wird er deswegen am nächsten Tag tot aufgefunden? War das wirklich ein Unfall?



Jupp ist sich da nicht so sicher und ermittelt rasch auf eigene Faust. Da wird mal schnell der Dienstweg abgekürzt und Inge und Oma Käthe zum Ermitteln verdonnert – das kann nur amüsant werden!

Jeder der ehemaligen Tanzkollegen wird verdächtigt und bei ihren Befragungen stoßen sie – sehr zur Unterhaltung des Lesers - auf brisante Details über ihre Bekannten, die sie lieber nicht hätten wissen wollen.

Und auch im Rathaus geht es heiß her, des Bürgermeisters Hochzeit steht an, Doris will aus dem Hasenkäfig raus und Elvis-Günther soll auf einmal zum Michael werden…



Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich mit Familie Backes ermittelt habe. Aber schon nach den ersten witzigen Szenen hatte ich sie alle wieder vor Augen: Den etwas altbackenen Jupp, Inge, die immer ihre Ehe aufpäppeln will und ihn zwangsbeglückt, Oma Käthe, junggeblieben und schräg und dann noch der FKK-Nachbar. Sie alle haben mir gefehlt und es war eine willkommene unterhaltsame Ablenkung vom momentan auch etwas skurrilen neuen (Corona)Alltag.

Gottes Tiergarten ist groß und artenreich – und Dany R. Wood hat absolut liebenswert-schräge Exemplare in seinem Buch vereint. Denn auch die Tanzpaare bieten so einige Überraschung! Bei all der Situationskomik (noch nie hat heißer Tee zu solcher Missinterpretation geführt ;) )kommt aber auch der Fall nicht zur kurz. Bis zu Letzt tappt man mit Jupp im Dunkeln, und doch ist die Auflösung absolut stimmig und sorgt noch Mal für Spannung hintenraus.


Fazit: Ein heißer, schräger neuer Fall für Familie Backes – gewohnt unterhaltsam und überraschend!

Bewertung vom 04.04.2020
Dittrich, Petra;Moritz, Rainer

Meine Inselbuchhandlung / Sehnsuchtsorte Bd.10


ausgezeichnet

„Mit einem albernen „Was kann ich für Sie tun?“ wird bei mir keiner begrüßt. Die Frage käme mir gar nicht über die Lippen, sie würde mir im Hals stecken bleiben.“
Seite 110

Auf etwas über 200 Seiten lässt uns die Autorin Petra Dittrich tief blicken. Sie erzählt offen und ehrlich von ihrem Heranwachsen auf Rügen, ihrer Zeit in Berlin und ihrer Heimkehr auf die Insel. Von Partys und unterschiedlichen Jobs, bis ihre „Bestimmung“ sie ereilte.
Sie riskierte es, eine eigene Buchhandlung zu eröffnen, klein, fein, gut sortiert und mit viel Charme. Vom Einrichten mit individuellen Möbeln, dem dazugehörenden bezaubernden Garten bis zu besonderen Verkaufsgesprächen. Davon, wie es sich nach und nach ergab, dass sie pro Jahr an die 20 Lesungen veranstaltet, mit namhaften Autoren die den besonderen Flair und ihre ganz eigene Betreuung zu schätzen wissen.
Von kleinen und großen Pannen, die es da schon mal geben kann –und wie sie diese mit viel Engagement, Herzblut und guten Freunden und dankbaren Kunden jedes Mal zum Guten wenden konnte.
Das ganze lockert sie auf – mit ihren persönlichen Lieblingsbüchern, sehenswerten Plätzen auf Rügen und zu Herzen rührenden Katergeschichten!
Und mit jeder Seite macht sie einem Lust – Lust aufs Leben, auf Herausforderungen und auf ein gutes Buch abseits vom Mainstream!
Fazit: Die offene und berührende Geschichte einer außergewöhnlichen Frau und ihrer ganz besonderen Buchhandlung!

Bewertung vom 25.03.2020
Bartsch, Ingo

Opakalypse


weniger gut

„Außerhalb von Altenheimen sind alte Menschen ohnehin meist nicht besonders liebenswert. Im Supermarkt stehen sie im Gang rum und halten an der Kasse den Betrieb auf, weil sie entweder geschwätzig sind oder Kupfermünzen in Zeitlupe sortieren.“

Inhalt:
Julien hat sein bisheriges Leben hauptsächlich mit Zocken, Kiffen und nebenbei ein wenig Studieren verbracht – kein Problem, Papa zahlt. Als der den Geldhahn zudreht und seine Freundin Nadja nicht bereit ist, ihn zu unterstützen, meldet er sich bei einer Zeitarbeitsfirma. Die vermittelt ihn als Pflegehelfer ins Haus Nikolaus – eines der schlechtesten Altersheime im Umkreis. Trotzig tritt er seinen Dienst an, will nach dem ersten Tag bereits krankfeiern. Doch er bleibt im Haus Nikolaus und versucht, die Bewohner mehr schlecht als recht zu versorgen. Denn die anderen Mitarbeitenden sind heillos überfordert, das Budget gering und das Essen widerlich bis hygienisch fragwürdig.

Mein Eindruck:

Ich habe mir einen humorvollen Einblick in ein Altenheim erwartet, die die Härte dieses Berufes zeigt mit schrulligen Erlebnissen dank der Eigenheiten der Bewohner.
Im ersten Drittel des Buches habe ich mich wirklich gut amüsiert – Wortspiele unter der Gürtellinie, Kabbeleien im Arbeitsalltag und wirklich entzückend-schräge Bewohner. Ganz mein normalerweise schmerzbefreiter Humor. Da haben wir die zwei Alten am Gang, die alles und Jeden verbal in ihre Einzelteile zerlegen, den alten Säufer, den Dicken, oder die alte Dame, die doch nur will, dass jemand Briefe an ihre Katze schreibt.
Um ihnen ihre Leiden etwas zu nehmen, bringt Julien auch schon mal ein paar Haschkekse auf Station, die Manchem das Durchschlafen erleichtern.

Beim weiteren Lesen verging mir dann das Lachen. Es tat mir manchmal körperlich weh, all die Misshandlungen und Vernachlässigungen hilfloser Personen zu lesen. Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass Jules seinen A… hochkriegt, zu dokumentieren und aufzudecken beginnt.
Die Pfleger irren gehetzt durch die Gegend oder stehen rauchend draußen, kiffen auch mal zwischendurch oder vergreifen sich am Alkoholvorrat der Bewohner. Jeder intrigiert gegen jeden, wirklich qualifiziert, motiviert oder auch nur ein wenig menschlich scheint kaum einer zu sein.
Dank der liebevollen Pflege haben manche Bewohner blaue Flecken, das Essen ist Müll – und Jules, Anwaltssohn und ehemaliger Jurastudent, sieht weg wie alle anderen wenn Bewohner physisch oder psychisch misshandelt werden.
Mir ist durchaus bewusst, dass es im Pflegebereich oft wirklich hart und wie überall kostenorientiert zugeht, Dokumentationen unnötig Zeit fressen und manche in ihrer Überforderung Druck nach unten – also an die Bewohner – ablassen.
Dennoch konnte mir keiner meiner Bekannten, die in Heimen arbeiten, auch nur fehlende Waschlappen bestätigenm von all den anderen Verfehlungen gar nicht zu reden. Die Zustände im Haus Nikolaus scheinen also zumindest in meiner Umgebung glücklicherweise nicht zum Pflegealltag zu gehören.

„Opakalypse“ will wohl überspitzt Missstände aufzeigen, aber das ist bei mir leider nicht immer so angekommen. Teilweise empfinde ich es als Affront gegen all die vielen Menschen, die sich in der Pflege wirklich aufopfernd und liebevoll um ihre Bewohner kümmern.

So sehr ich zu Beginn gelacht habe, am Ende des Buches bin ich enttäuscht.

Bewertung vom 20.03.2020
Greiner, Alexander

Als ich dem Tod in die Eier trat


ausgezeichnet

„Mich beherrschten die Gedanken an die bevorstehende Zeit: Wird die Behandlung erfolgreich sein? Wie definiere ich Behandlungserfolg? Schaffe ich es, nebenbei meine Selbstständigkeit vorzubereiten?“
Seite 137

Alexaner Greiener steht mit beiden Beinen fest im Leben. Sportlich, beruflich erfolgreich, als er mit der Diagnose Hodenkrebs konfrontiert wird.

Erst Mal bewundere ich die Offenheit, mit der der Autor über dieses schwierige und auch „intime“ Thema schreibt. Im ersten Teil des Buches berichtet er nüchtern und fast emotionslos von den Untersuchungen und seinen Gedanken. Erst im weiteren Verlauf wurde mir klar, dass das daran liegt, dass er erst genauso mit seiner Erkrankung umging. Ein kleines Hindernis, rasch überwunden, fertig.
Doch leider sah die Realität anders aus und konfrontiert mit einer ungewissen Zukunft beginnt der Autor, sein Leben völlig neu auszurichten, seine Familiengeschichte aufzuarbeiten und vieles neu zu definieren. Er sucht seinen Weg, bekommt ungefragt Tipps zur ultimativen Heilung und Wundertröpfchen aber auch wirklich wirksame Unterstützung ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung.
Seine Geschichte und sein Weg haben mich sehr berührt, seine ehrliche, reflektierte Art ist einfach bewundernswert und sein Buch macht Mut. Auch Mut, Ärzte zu wechseln, hinzusehen, sich zu informieren und so einen individuellen Heilungsweg zu finden!
Ein unglaubliches Buch und ein bewundernswerter Autor – dem ich alles Glück und vor allem viel Gesundheit wünsche!

Bewertung vom 19.03.2020
Maleh, Nadja

Ich lieb mich, ich lieb mich nicht ...


ausgezeichnet

Gönn dir mal ein wenig Blödsinn: „Achtsamkeit ist mehr als Siebensamkeit, aber weniger als Neunsamkeit!“
Seite 42

Wer von uns könnte nicht ein wenig mehr brauchen an Selbstwert, Selbstliebe, Selbstakzeptanz?
In ihrem bunt illustrierten Buch gibt uns die super-sympathische Kabarettistin Nadja Maleh Tipps, wie wir unsere Beziehungen verbessern, die zu uns selbst, zu anderen und der Welt.
Und stellt dabei Fragen wie „What would Jesus do?“ oder ersatzweise „Was würde jemand tun, der sich selbst liebt?“ – eine sehr interessante Frage, denn die meisten verwenden im Umgang mit sich selbst Worte, die sie ihrem Feind nicht sagen würden.
Mit ihren Geschichten, selbst gezeichneten Bildern und ihrem ganz eigenen Humor gibt sie wertvolle Impulse selber Schritt für Schritt ein wenig mehr leiden kann und sich so letzten Endes endlich selbst zur besten Freundin wird. Dabei dürfen wir lernen, dass Fehler Gold wert sind und auch so geschmückt werden sollen, dass uns jede schlechte Beziehung doch auch etwas Gutes gezeigt hat und wir uns selbst auch gerne mal was Gutes gönnen dürfen!
Mit ihrer liebenswerten Sicht auf die Dinge hat sie mich von der ersten bis zur letzten Seite gut unterhalten und mehr als einmal zum Schmunzeln gebracht!

Fazit: Ein unterhaltsames Buch, das einen bei dem Weg zu mehr Selbstliebe humorvoll unterstützt!