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Aischa

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Insgesamt 572 Bewertungen
Bewertung vom 18.12.2020
Seiser, Katharina

Immer wieder vegan


ausgezeichnet

Dieses moderne, hochwertig gestaltete und sehr durchdachte Kochbuch trifft genau meinen Geschmack. Und wo bitteschön, wenn nicht bei einem Kochbuch, kommt es auf Geschmack an ...?! Schon als ich es zum ersten Mal in der Hand hielt, war ich quasi verliebt: Ein edler Leineneinband in frohen Farben lädt zum Schmökern ein, die moderne, übersichtliche Gestaltung macht Lust, sofort den Kochlöffel zu schwingen, und gleich zwei Lesebändchen ersparen Einmerker, die rausfallen können.

Die erfahrene Kulinarik-Journalistin und Autorin bereits mehrerer Kochbücher, Katharina Seiser, stellt hier 70 Rezepte aus 30 Ländern vor. Allesamt sind "von vorneherein" vegan und kommen ohne jegliche Fleischersatzprodukte aus. Die Gerichte sind praktischerweise nach unseren vier Jahreszeiten geordnet, was das saisonale Einkaufen und Kochen sehr erleichtert. Darüber hinaus gibt es ein Kapitel mit Rezepten, die "jederzeit" zubereitet werden können, da sie ohne Frisches vom Markt auskommen. Innerhalb der Kapitel gibt es eine Ordnung nach Frühstück / kalt / lauwarm / warm und süß.

Den ersten Teil des Buchs bildet eine ausführliche Warenkunde, in der Seiser hilfreiche Tipps zu Einkauf, Lagerung, Küchenwerkzeug und Verwendung gibt. Der Hinweis, Küchenmesser regelmäßig schleifen zu lassen fehlt hier genauso wenig wie die Warnung, mit Meersalz Mikroplastik zu sich zu nehmen.

Zum Schluss runden ein Glossar mit Fachbegriffen, ein ausführliches Register (praktischerweise nach Namen und Zutaten verschlagwortet) und einer wahre Flut an Literaturtipps dieses Kleinod im Bücherregal ab.

Aber nun zum Wichtigsten, den Rezepten: Schmecken sie? Und wie! Ich koche mich gerne "rund um den Globus", aber ich habe hier viele kulinarische Neuentdeckungen gemacht. Wie schwierig oder aufwändig ist die Zubereitung? Das variiert, ist aber anhand entsprechender Symbole auf einen Blick zu erkennen. Mir ist jedenfalls bislang alles problemlos gelungen, und ich habe einige neue Lieblingsrezepte gewonnen.

Für alle, die weniger tierische Produkte essen wollen (oder die, die bereits vegan leben) und neugierig auf fremdländische Gaumenfreuden sind, die sich auch mit hiesigen Zutaten gut zubereiten lassen, ist dieses Kochbuch genau das Richtige!

Bewertung vom 11.12.2020
Maher, Kerri

Grace. Das Mädchen mit den weißen Handschuhen


weniger gut

Dieser Roman über das Leben von Grace Kelly, der oscarprämierten US-Schauspielerin und späteren First Lady des Fürstentums Monaco, lässt mich ziemlich ratlos zurück.

Das - viel zu kurze - Leben der schillernden Persönlichkeit bot jahrzehntelang reichlich Stoff für die Regenbogenpresse, ihr dramatischer Unfalltod gab Anlass zu wilden Spekulationen, und so hatte ich eine fesselnde Geschichte, gespickt mit biografischen Details, erwartet. Doch leider erzählt Kerri Maher die erste Hälfte des Buch unglaublich langweilig, vor allem Graces Werdegang als junge Schauspielerin gerät zu einer drögen Aneinanderreihung belangloser Gespräche und Begegnungen, lediglich unterbrochen von diversen Liebschaften und ihrem fortwährenden Buhlen um die Anerkennung des Vaters. Grace lernt die damaligen Größen des Filmgeschäfts kennen, doch leider bleiben diese als Romanfiguren blaß und oberflächlich, die Autorin schafft es nicht, sie wirklich zum Leben zu erwecken. Begegnungen geraten zum bloßen Namedropping, Gespräche mit Tiefgang sind selten. Interessant ist die Maschinerie der Filmindustrie, die Macht der großen Filmgesellschaften und Regisseure, aber leider verliert sich auch das etwas zwischen vielen Belanglosigkeiten.

Die Protagonistin wird als taktierende Frau geschildert, die ihr Leben lang erfolglos um Anerkennung - zunächst durch den Vater, später durch den Ehemann - buhlt. Die Männer werden fast durchweg in sehr schlechtem Licht gezeichnet, und so wundert es auch wenig, dass sich der Traumprinz aus Monaco schnell zum Despoten entpuppt, den Grace nur deshalb nicht verlässt, weil sie laut Ehevertrag ansonsten ihre Kinder nicht mehr sehen dürfte. Wie es um die Beziehung von Grace und Rainier in Wirklichkeit stand, wussten natürlich nur die beiden, aber die Darstellung hier im Roman ist für meinen Geschmack doch sehr einseitig. Grace ist die Gute, Rainier der Böse.

Gut gelungen ist der (fiktive) mehrmonatige Briefwechsel zwischen dem künftigen Fürstenpaar vor ihrer Hochzeit. Hier gewinnen die beiden Kontur und man bekommt eine Ahnung davon, was sie aneinander fanden. Das letzte Drittel des Romans nimmt dann auch etwas an Fahrt auf und konnte mich mehr fesseln. Insgesamt hat mich die literarische Umsetzung dieser spannenden Vita jedoch sehr enttäuscht, hier wurde viel Potenzial verschenkt.

Bewertung vom 07.12.2020
Pearson, Anna

PASTA


ausgezeichnet

Obwohl ich leidenschaftlich gerne frisch koche - Pasta selbst zuzubereiten, daran hatte ich mich bislang nicht gewagt. Zu aufwendig erschien mir das Vorhaben, außerdem wollte ich nicht das Risiko eingehen, mir mit einer Pastamaschine eventuell ein weiteres Küchengerät zuzulegen, das nach einmaligem Gebrauch nur Platz im Schrank wegnehmen würde ...

Doch dank dieses großartigen Buchs von Köchin und Designerin Anna Person (und wahrscheinlich auch ein wenig aufgrund der vielen zusätzlichen Zeit, die ich wegen der coronabedingten Beschränkungen derzeit zu Hause verbringe) hat sich dies geändert. Ich liebe es, mit eigenen Händen (und ohne Maschine!) Pasta herzustellen, und sie schmecken einfach traumhaft!

Doch zurück zum Buch: Nach einer kurzen, informativen Warenkunde gibt der erste praktische Teil äußerst detaillierte Anleitungen zum Herstellen der verschiedenen Nudelteige und -sorten. Jeder Arbeitsschritt ist genauestens beschrieben und anhand eines Fotos illustriert, teils im Maßstab 1:1, was gerade für Anfänger extrem hilfreich ist. Überhaupt scheint die Autorin etwas perfektionistisch veranlagt zu sein. Es ist sonst nicht meine Art, in der Küche mit dem Maßband zu hantieren. Hier aber habe ich mich brav an die Millimeter-Angaben zu Teigdicke etc. gehalten, und das Ergebnis gibt Anna Pearson Recht.

Die Abschnitte für Eiernudeln sind, sowohl bei Text als auch den Fotos in Rot , diejenigen für Hartweizenpasta in Blau gedruckt, was die Orientierung sehr erleichtert. (Allerdings hätte ich Vierfarb-Druck für die Fotos den einfarbigen und grob gerasterten den Vorzug gegeben, aber das ist Geschmackssache.)

Nach den sage und schreibe 30 Pastasorten schließt sich eine Rezeptsammlung mit 40 Gerichten an. Diese sind saisonal geordnet und werden auf je einer Doppelseite mit wundervollem, ästhetischen Foto vorgestellt. Die Rezepte kommen mit wenigen Zutaten aus, sind meist leicht zuzubereiten, und alles was ich bislang gekocht habe, war ausgesprochen schmackhaft.

Ein großes Plus dieses Kochbuchs ist seine Praxisorientierung. Zwei Lesebändchen (eins für die Pastasorte, eins fürs Gericht) sparen ein mühevolles Hin- und Herblättern. Und geradezu genial sind die Seitenverweise, die jeweils deutlich sichtbar seitlich am Rand des Textes erscheinen. Sie sind auf einen Blick zu erfassen und deutlich übersichtlicher als - wie üblich - im Fließtext oder als Fußnoten.

Angaben zu Zubereitungsdauer und Schwierigkeitsgrad habe ich vermisst, und ein Register mit der Übersetzung typisch schweizer Begriffe ins Hochdeutsche hätte mir eigene Recherche erspart. (Was Baumnuss, Kefen und Randen sind, wissen vermutlich die meisten Deutschen nicht.)

Aber von diesen Kleinigkeiten ist "Pasta" ein rundum gelungenes, durchdachtes und sehr ästhetisches Kochbuch, das jeden , der sich die Zeit dafür nimmt, dazu befähigt, leckere, hochwertige Nudeln selbst auf den Tisch zu zaubern.

Bewertung vom 07.12.2020
Metzenthin, Melanie

Als wir wieder Hoffnung hatten / Die Hafenschwester Bd.2


ausgezeichnet

Der Auftakt zur Hafenschwester-Trilogie hatte mir gut gefallen, und so habe ich die Fortsetzung mit Spannung erwartet.

Und ich wurde nicht enttäuscht, mit "Als wir wieder Hoffnung hatten" ist Melanie Metzenthin ein wirklich hervorragender Historienroman gelungen.

Diesmal begleiten die LeserInnen Protagonistin Martha, inzwischen glücklich verheiratet und Mutter dreier Kinder, von der unbeschwerten Zeit im Jahr 1913 durch die grausamen Jahre des ersten Weltkriegs bis hin zur Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann.

Es hat mir große Freude bereitet, die aus dem ersten Teil bekannten Figuren erneut zu begleiten. Sie durchlaufen allesamt eine plausible Entwicklung, haben Ecken und Kanten. Eindimensionale Charaktere sucht man bei Metzenthin vergebens, ihre Geschichten sind so bunt und vielschichtig wie das echte Leben. Eine weitere Stärke sind bestens recherchierte historische Details, wie etwa die Beschreibung des Passagierschiffs Imperator, auf dem Dach des New Yorker Hotels Mc Alpin campierende Blackfoot Native Americans oder das durch Einwanderer geprägte damalige Hamburger Chinesenviertel. Besonders fasziniert hat mich, wie weit fortgeschritten die rekonstruierende Gesichtschirurgie zur damaligen Zeit bereits war, nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Kriegsversehrten, die von den Ärzten versorgt werden mussten.

Neben den persönlichen Schicksalen der Romanfiguren zeichnet die Autorin auch ein anschauliches Sittengemälde sowie eine Sozialstudie Deutschlands zur Zeit des ersten Weltkriegs, nicht nur, aber auch anhand der Hafenschwester, die ihr medizinisches Engagement auch nach der Heirat fortsetzt und ihres politisch aktiven Ehemanns.

Ein rundum gelungener Historienroman mit Tiefgang, ich fiebere bereits jetzt dem dritten Teil der Saga entgegen.

Bewertung vom 07.12.2020
Haigh, Tara

Das schwarze Gold des Südens


sehr gut

Ein Historienroman, der das Wohl und Wehe zweier Schwestern erzählt, die als Töchter eines florierenden Süßholzimperiums in Bamberg aufwachsen ...? Eine sehr ungewöhnliche Idee, aber meine Neugierde war schnell geweckt. Umso mehr, als ich zuvor nie gehört hatte, dass in Süddeutschland Süßholz angebaut wurde, der Rohstoff für die Lakritzproduktion.

Erfolgsautorin Tara Haigh verflicht die persönlichen Schicksale ihrer Protagonistinnen geschickt mit zeithistorischen Ereignissen, wie etwa dem Bau des Pariser Eiffelturms oder die Besetzung Eritreas durch italienische Truppen. Die temporeiche Erzählung wechselt häufig zwischen den beiden Perspektiven, die jeweils eine der beiden ungleichen Schwestern in den Mittelpunkt stellt. Spannung entsteht durch den Gegensatz der pflichtbewussten Amalie, die eher der Vernunft als dem Herzen folgt, und ihrer jüngeren Schwester Elise, die mit dem Vater bricht, mit ihrem Geliebten nach Paris flieht und dort ihr eigenes Geschäft eröffnet.

Mit dem "Schwarzen Gold des Südens" hat sich Tara Haigh an ein ungewöhnliches Sujet gewagt. Herausgekommen ist ein wahrer Pageturner, der in Sachen Spannung mit einem guten Krimi locker mithalten kann. Gegen Ende des Romans jagt ein Twist den nächsten, und das überraschende Ende ... wird natürlich hier nicht verraten!

Besonders gelungen sind die inneren Monologe der Hauptfiguren, ihre Sehnsüchte und Ängste, ihre Hoffnungen und Zweifel. Zudem ist der Roman ein unterhaltsames und informatives Sittengemälde Westeuropas Ende des 19. Jahrhunderts, vom ländlich-traditionellen Kalabrien bis zur pulsierenden Metropole Paris.

Manche Wendung war mir persönlich dann doch etwas zu süß, und damit meine ich keineswegs Elises leckere Lakritzkreationen. Und Elises Geliebter hätte ein paar Ecken und Kanten vertragen, er ist mir fast zu perfekt. Aber dies ist Geschmacksache, und davon abgesehen habe ich die Geschichte geradezu verschlungen und wirklich genossen!

Bewertung vom 04.12.2020

Lustige Lyrik. Fünfzig komische Gedichte


sehr gut

Herausgeber Harry Fröhlich versammelt in dieser Anthologie humorvolle Gedichte aus unterschiedlichsten Epochen. Die Bandbreite der Autoren reicht von bekannten wie Joachim Ringelnatz und Christian Morgenstern bis zu nicht so prominenten wie Ror Wolf.

Natürlich wird nicht jeder jedes Gedicht witzig finden, ich kann z.B. mit James Krüss eher wenig anfangen, dafür liebe ich Robert Gernhardt. Aber Humor ist eben sehr individuell, es ist auch Geschmackssache, und daher ist gerade die sehr bunte Mischung dieses Büchleins eine Stärke, die sich bereits auf dem ebenso bunten Cover mit einem Mosaik aus lachenden Gesichtern andeutet.

Ebenso gut gefällt mir, dass das Büchlein mit knapp 10 cm x 15 cm klein und handlich ist und somit als idealer Begleiter kurze Wartezeiten unterwegs unterhaltsam gestalten lässt.

Bewertung vom 04.12.2020
Strömquist, Liv

I'm every woman


ausgezeichnet

Die Schwedin Liv Strömquist ist studierte Politikwissenschaftlerin, und davon profitiert diese feministische Graphic Novel definitiv.

Strömquist kritisiert patriarchale Strukturen und entlarvt prominente Männer - von Edward Munch über Karl Marx bis hin zu Elvis Presley - als miese Lover, die die Frauen an ihrer Seite ausbeuteten und unterdrückten. Sie skizziert die Liebesbeziehung zwischen Yoko Ono und John Lennon und hält der Gesellschaft spiegelbildlich vor, wie Yoko Ono stigmatisiert wurde, als sie nicht der Rolle von "Mrs. Lennon" entsprach.

Die Geschichten bewegen sich innerhalb eines sehr großen zeitlichen Rahmens, es gibt Referenzen zu vorchristlichen Göttinnen wie auch zur zeitgeschichtlichen Popkultur (u.a. die Simpsons und Barbapapa-Comics). LeserInnen sollten nicht nur ein Interesse für feministische Themen mitbringen, sondern sich auch an expliziten Darstellungen nicht stören - bei Strömquist entspringen die Sprechblasen schon mal der Vulva statt des Mundes der gezeichneten Frauen.

Mein persönliches Highlight ist das (sicher nicht ganz ernst zu nehmende) Kapitel mit der Überschrift "Kinder sind rechtskonservativ". Diese steile These wird unter anderem belegt mit "Kinder sind Kernfamilienfans", "Kinder favorisieren Hausfrauen" oder "Kinder lieben gegenständliche Kunst".

Überhaupt hatte ich auf vielen Seiten das Gefühl, die Autorin zwinkert mir zu, wie bereits auf dem Titelbild. Für mich eine zeitgemäße, frische Form des Feminismus, gerne mehr davon!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.11.2020
Burnside, John

What light there is


gut

"What light there is" ist mein erster Kontakt zum umfangreichen Werk des vielfach ausgezeichneten schottischen Romanciers und Lyrikers John Burnside. Und wahrscheinlich war dies mein Fehler.

Nicht etwa, weil der Roman - oder ist es doch eher ein Memoir? - schlecht wäre, nein, sicher nicht. Aber ich hatte immer wieder das Gefühl, ich hätte manches besser einordnen können, wenn ich mehr von Burnside gekannt und über ihn gewusst hätte. Doch nicht nur was den Autor und sein Werk angeht stieß ich auf viele Wissenslücken meinerseits. Auch seinen Bildungskanon betreffend kam ich mir unzulänglich vor, zu viele seiner Referenzen und Zitate aus Film, Literatur und Kunst musste ich mühevoll recherchieren: Sei es Nathan Coleys Textskulptur "Heaven is a place where nothing ever happens" im britischen Folkestone, sei es der Film "Brigadoon", die Spielerposition des Outfielders im Cricket, die alte britische Ballade "Barbara Allen" oder das osteuropäische Arthouse-Kino der 1960er Jahre - ich kam mir bei der Lektüre manchmal vor wie ein in eine Universitätsvorlesung katapultierter Grundschüler: schlichtweg überfordert.

Nun lasse ich mich nicht so leicht ins Bockshorn jagen, und schließlich meinte schon Voltaire "Lesen stärkt die Seele". Letzlich wurde mein Durchhaltevermögen auch belohnt. Und zwar einerseits von Passagen in wunderbarer Sprache, gerade dort, wo Burnside in Kindheitserinnerungen schwelgt und die Schönheit der Natur beschreibt. Hier findet sich geradezu eine Verschmelzung von Nature Writing und biografischen Rückblicken. Andererseits haben mich die Betrachtungen zur Ars moriendi, der Kunst des Sterbens, überrascht. Ich weiß nicht genau wie, aber Burnside hat es geschafft, über ein so bedeutungsschweres Thema wie das Sterben mit einer überraschenden Leichtigkeit zu schreiben. Auch wenn ich nicht jede seiner Ansichten teile, wert sich damit zu beschäftigen sind sie allemal.

Das Buch ist - trotz seiner oft poetischen, zarten Ausdrucksweise - keine leichte Kost. Weder sollte man es am Stück, noch zur Entspannung lesen, nein, es fordert volle Konzentration und am besten ein Gegenüber, mit dem man das Gelesene diskutieren kann. Der Autor mischt Autobiografisches mit zahlreichen Zitaten, er philosophiert und reflektiert, es war für mich kein wirklicher Erzählstrang erkennbar, sondern er lässt seine Gedanken schweifen und auch mal springen.

Fazit: Anstrengende und dennoch lohnenswerte Lektüre, meines Erachtens aber nicht unbedingt als Einstieg in Burnsides Welt geeignet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.11.2020
Wiebe, Anastasia

Rosenstich


gut

Der Plot, den Sportmanagementstudentin Anastasia Wiebe für ihr Erstlingswerk entwickelt hat, hat durchaus Potenzial für einen spannenden Psychothriller: Studentin Lejla zieht aus ihrer Heimat Israel nach Berlin und hofft damit unter anderem, den Fängen ihres psychopathischen Exfreundes zu entkommen - ein Trugschluss, wie sich schon bald herausstellt.

Der gestörte Verflossene ist mit Abstand die stärkste Figur des Romans, hier ist Wiebe ein überzeugendes Psychogramm gelungen. Auch die zahlreichen lustvollen Sexszenen sind durchaus ansprechend, sofern man sich an expliziter Sprache nicht stört. Protagonistin Lejla ist durchaus glaubhaft, eine junge, moderne Frau, Abenteuern nicht abgeneigt, obwohl sie unter der Bedrohung ihres Ex-Freundes leidet. Hingegen wirkt Student Fabi, der neue Mann an ihrer Seite, wie aus einem Groschenroman entliehen: blendend aussehend, im Bett eine Granate und überdies Sproß aus reichem Hause. Der Mr. Right in jeglicher Hinsicht also - sorry, aber das ist mir dann doch eine Spur zu übertrieben.

Mein größter Kritikpunkt gilt aber der Sprache. Dass sich die Autorin immer wieder in der langatmigen Aufzählung unwichtiger Details verliert, die die Geschichte nicht voranbringen, damit könnte ich noch leben. Dass hier ein Text veröffentlicht wurde, der vor Rechtschreib- , Grammatik- oder auch Bedeutungsfehlern nur so wimmelt, ist für mich persönlich leider sehr störend. Sicher, als Selfpublisher ohne Rückendeckung eines Verlags kann man sich nicht unbedingt ein professionelles Korrektorat leisten. Aber ein qualifizierter Testleser, z.B. ein Germanistikstudierender, sollte meines Erachtens schon drin sein.

Denn so wurde das Potenzial dieser Geschichte leider nur zum Teil ausgeschöpft, und ich kann nur für diejenigen Leser eine Empfehlung geben, die über sprachliche Mängel zugunsten einer guten, spanndenden Story großzügig hinwegsehen.

Ein kleines Highlight sei nicht unerwähnt: Die literarischen Zitate, die den einzelnen Kapiteln vorangestellt sind, sind sehr gut ausgewählt.