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Sabine
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Bewertungen

Insgesamt 409 Bewertungen
Bewertung vom 26.08.2013
Gerhards, Matthias

Gott ist kein Zigarettenautomat


sehr gut

Thomas ist vierzehn Jahre alt und wohnt mit seiner Schwester und Mutter in einem heruntergekommenen Haus im rheinischen Braunkohlerevier. Sein Vater ist schon lange fort, seine Mutter dem Alkohol verfallen und die Wohnung sieht aus wie nach einem Bombenangriff. Als er dann noch seinen Bruder im Fluss schwimmend tot auffindet, ist es um seinen Glauben wirklich bestellt. Doch Jakob scheint nicht freiwillig gestorben zu sein. Doch wen interessiert schon ein toter Junge in einem Dorf, dass eh dem Abbruch gewidmet ist.
Das Buch hat mich sehr zwiegespalten zurückgelassen, denn die Geschichte an sich hat mich wirklich angesprochen, doch die Umsetzung mochte ich nicht immer. Aus der Sicht des 14jährigen Thomas werden seine Erlebnisse in einem kleinen Dorf im Braunkohlerevier geschildert. Er hat es nicht leicht und oft hatte Mitleid mit dem Jungen, der für sein Alter sehr pfiffig ist, und es dennoch nicht schafft, aus seinem Umfeld auszubrechen. Wohin auch? Schon früh muss er Verantwortung übernehmen, denn die Mutter ist dem Alkohol verfallen und kümmert sich um nichts. Nicht nur, dass er sich vor den „Glatzköpfen“ verstecken muss, denn er ahnt, dass die seinen Bruder auf dem Gewissen haben, nein – auch eine Beerdigung will organisiert werden und der Abbruch des Dorfes – seiner Heimat – verhindert werden. Die Kindheit des kleinen Thomas ist wirklich erdrückend und seine Kraft und sein Mut, mit dem er das Leben angeht, beeindruckend. Thomas als Charakter ist wirklich sehr gut gelungen, manchmal ein bisschen altklug, doch gezeichnet durch seine Erlebnisse. Immer wieder macht er sich Gedanken über sein Leben, die man schon fast als Weisheiten durchgehen lassen kann und hadert zudem mit sich, seinem Dasein und Gott – doch letztlich kann er sich nicht entschließen, wirklich an ihn zu glauben. Die anderen Charaktere waren mir alle ein wenig zu flach, zwar außergewöhnlich und jeweils mit einem eigenen Charakterzug, doch irgendwie spielten sie nur Nebenrollen. Thomas ist und bleibt einfach der Mittelpunkt des Buches.
Die Geschichte ist sehr dicht erzählt und ich musste mich konzentrieren, um nichts zu verpassen. Dabei ist der Schreibstil eigentlich einfach und flüssig, oft sogar flapsig, immer wieder jedoch lässt Matthias Gerhards einzelne Charaktere in einem Dorf-Slang reden, der meinen Lesefluss gestört hat und den ich einfach nicht mochte. Dennoch passte er zur Geschichte und zum Buch und hat den Eindruck verstärkt, eingefangen zu sein in diesem kleinen Dorf. Das Thema des Buches ist eigentlich sehr ernst, dennoch musste ich an einigen Stellen schmunzeln über die ironischen und unabsichtlich witzigen Beschreibungen.
Das Ende der Geschichte hat mich wirklich gepackt, es war für mich völlig unerwartet und niemals hätte ich mit dieser Auflösung gerechnet. Aber es war passend und hat mich mit einem guten Gefühl das Buch beenden lassen.
Ein Wort noch zum Cover und zum Titel des Buches: beides hat mir gar nicht gefallen. Das Cover hat mich überhaupt nicht angesprochen und hätte ich nicht ein Leseexemplar erhalten, hätte ich es in einem Buchladen wohl auch nie in die Hand genommen. Auch der Titel spricht mich nicht an; erst nach Lesen des Buches finde ich ihn passend und er ergibt einen Sinn. Doch niemals hätte mich der Titel eingeladen, das Buch in die Hand zu nehmen – dabei lohnt es sich und jetzt bin ich froh, den Roman gelesen zu haben. Mal eine ganz andere Geschichte, die mich manchmal schmunzelnd, meist aber nachdenklich zurück gelassen hat. Von meiner Seite 4 Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.08.2013
Donnelly, Jennifer

Das Blut der Lilie


sehr gut

Die junge Andi ist seit dem Tod ihres Bruders wie gelähmt, nichts im Leben hat für sie einen Sinn. Ihre Mutter zerbricht an dem Tod des Sohnes, ihr Vater scheint sich rasch abgefunden zu haben mit dem Verlust. Alleingelassen und frustriert kann sich das junge Mädchen an nichts mehr erfreuen. Erst als sie per Zufall ein altes Tagebuch findet, wird ihr Interesse geweckt: Ein Mädchen namens Alexandrine erzählt ihre letzten Tage während der Französischen Revolution und sie hat nur ein Ziel – den kleinen Louis Charles vor dem sicheren Tod zu retten. Und mit dem Eintauchen in Alexandrines Geschichte findet auch Andi wieder zurück ins Leben.
Das Hörbuch war toll! Ich bin völlig versunken in die Geschichte – sowohl in die von Andi als auch in die von Alexandrine. Die beiden Sprecherinnen Lotte Ohm und Josefine Preuß haben wirklich eine gute Arbeit geleistet – sie geben den beiden Protagonistinnen Charakter und haben es geschafft, Emotionen zu transportieren.
Andi ist ein frustriertes und vom Leben gebeuteltes junges Mädchen, die einen solchen Schmerz ausstrahlt, dass man fast geneigt ist, ihr aus dem Weg zu gehen. In vielen Punkten konnte ich sie gut verstehen, oft mochte ich sie rütteln und schütteln, ihr zeigen, dass das Leben lebenswert ist. Nur die Musik kann sie im Leben halten und mir haben die Einschübe zur Musikgeschichte, die sich durch das ganze Hörbuch ziehen, wirklich gut gefallen. Ich fand sie nicht störend, sondern sehr informativ und passend. Als Andi dann per Zufall das Tagebuch findet, zeigt sie Interesse und entwickelt sich zu einem neugierigen und liebenswerten Mädel. Alexandrine, die Protagonistin des Tagebuches, ist etwa in gleichem Alter wie Andi und auch sie ist mir sehr sympathisch. Ihr Kampfgeist und ihr Mut sind wirklich unglaublich, umso trauriger die Ausweglosigkeit in den Wirren der französischen Revolution.
Die Wechsel zwischen den beiden Hauptsträngen der Geschichte sind wirklich sehr gut gelungen. Die Übergänge sind weich, gut in den jeweiligen Handlungsstrang integriert – immer weiß man sofort, in welcher Zeit man sich befindet. Und beide Geschichten haben ihren Reiz, bei beiden wollte ich wissen, wie es weitergeht: In der Vergangenheit ist es die Rettung des jungen Louis Charles, in der Gegenwart die Entwicklung Andis, dass sie langsam wieder Freude am Leben findet, an der natürlich ein junger Mann mit beteiligt ist.
Einzig die fast schon fantastisch anmutenden Elemente gegen Ende des Romans haben mir nicht so gut gefallen. Traum oder Wirklichkeit – das bleibt letztlich offen.
Aber alles in allem bin ich begeistert von diesem Hörbuch, die Geschichte ist interessant und spannend, die Charaktere zeigen eine schöne Entwicklung und sind wirklich liebenswert. Ich bin sehr gut unterhalten worden und vergebe daher 4 Sterne!

Bewertung vom 21.08.2013
French, Marilyn

Die weißen Handschuhe und andere Erzählungen


weniger gut

Ein Buch mit Kurzgeschichten und Erzählungen zu bewerten finde ich immer schwierig, da nicht jede Geschichte einen fesseln kann und somit die Gesamtbewertung meist eine Sammlung der Bewertungen der einzelnen Geschichten ist.

Bei diesem Buch dagegen ist es mir leicht gefallen, denn keine der Geschichten hat mir gefallen, dabei mag ich die Bücher der Autorin Marilyn French eigentlich gerne.

Die sechs Erzählungen handeln von Frauen und Männern, mal sind sie in Ich-Form, mal aus der Sicht eines Erzählers geschrieben. Die Protagonisten sind sehr skurrile Charaktere, deren Handlungsweisen ich gar nicht nachvollziehen konnte und in die ich mich auch nicht hineinversetzen konnte. Meist passiert gar nicht viel, sondern die Erzählungen handeln von dem, was die Protagonisten gedanklich beschäftigt. Aber gerade auch deren Einstellungen sind sehr eigentümlich und wunderlich, manchmal bin ich sogar geneigt, sie als verrückt zu bezeichnen - ich jedenfalls konnte sie nicht verstehen.

Die Sprache ist sehr bildreich und blumig, Gedanken und Beschreibungen sind gut herausgearbeitet. Das hat mir bei den Büchern von Marilyn French sonst auch immer gut gefallen, jetzt jedoch hat mir einfach die Handlung gefehlt, mir ist zu wenig passiert in den einzelnen Geschichten.

Leider bleibt mir nichts wirklich Gutes zu sagen über dieses Buch, zum Glück habe ich zuvor schon Romane der Autorin gelesen und weiß, dass diese wirklich zu empfehlen sind. Vielleicht aber habe ich die Erzählungen auch einfach nicht verstanden …

Bewertung vom 18.08.2013
Maybach, Katja

Die Stunde der Schwestern


ausgezeichnet

Bérénice und Hippolyte leben seit vier Jahren in Paris, doch ihre Ehe scheitert. Während Hippolyte sich zurückzieht in das kleine Dorf Saint Emile, um dort sein verloreneres Weingut zurückzukaufen, bleibt Bérénice in Paris und macht Karriere bei einem bekannten Modezar. Schon bald spricht Maxime Malraux sie mit dem Namen Fleur an, ihre Ähnlichkeit zu dem bekannten Model der 50er Jahre sei frappierend. Bérénice macht sich auf die Suche nach Fleur, ihre Recherchen führen sie in ihren Heimatort, doch hier stößt sie nur auf Ablehnung – keiner scheint ihr über Fleur mehr erzählen zu wollen. Bis Bérénice auf ein tragisches Geheimnis stößt…
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, schon nach wenigen Seiten war ich gebannt von der Geschichte und versetzt in das Paris der 50er Jahre. Das Geheimnis um Bérénice und Fleur war wirklich spannend, der flüssige und angenehme Schreibstil macht das Lesen zu einer Freude, so dass die Seiten nur so dahingeflogen sind.
Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen, die geschickt abwechseln und am Ende schlüssig ineinander greifen. Das Augenmerk der Geschichte liegt dabei auf dem tragischen Familiengeheimnis, in dem Missgunst und Neid eine große Rolle spielen. Zwar kriegt man auch einen Einblick in die Modewelt von Paris und in das Leben der Models in den 50er Jahren, doch ist dies nicht der Schwerpunkt des Romans. Die Stärke liegt vielmehr in den wunderbar gezeichneten Charakteren, die einem das Gefühl geben, sie schon lange Zeit zu kennen. Bérénice ist mir zwar nicht immer sympathisch, gerade zu Anfang kann ich ihre Handlungen nicht immer nachvollziehen. Aber sie steht zu sich, und ihre beharrliche Art, den Dingen auf den Grund zu gehen, hat mir gefallen. Den interessantesten Charakter fand ich jedoch Dénise, die viel mitgemacht hat in ihrem Leben und es sicherlich nicht leicht hatte. Dennoch konnte sie nicht mein Mitleid gewinnen, denn sie hat auch ausgeteilt, dabei Menschen verletzt und ins Unglück laufen lassen. Selbst zum Schluss scheint sie keine Einsicht zu haben, beharrt stur auf ihrer Version der Geschichte.
Auch Hippolyte hat mir gefallen, er gibt Bérénice Kraft und unterstützt sie, er reflektiert sich und lernt dazu. Dass er es am Ende schafft, seinen Schatten zu überspringen und endlich die Wahrheit zu sagen, hat mir sehr gefallen und ihn menschlich wirken lassen und sympathisch gemacht.
Manche Szenen sind vielleicht ein bisschen melodramatisch, gerade am Ende überschlagen sich die Ereignisse und einiges scheint ein bisschen überspitzt. Doch dies kann ich verschmerzen, denn ich habe mich wohlgefühlt in der Geschichte, die von Anfang an spannend war und die mich bis zum Ende fesseln konnte. Von mir daher volle 5 Sterne!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.08.2013
Neeb, Ursula

Die Hurenkönigin und der Venusorden / Frankfurter Hurenkönigin Bd.2


gut

Zur Zeit der Frankfurter Frühjahrsmesse im Jahre 1512 sind Zimmer rar gesät, so dass sich die Hurenkönigin Ursel entschließt, das Zimmer ihrer verstorbenen Freundin Ingrid zu vermieten. Zwei Wanderhuren, Alma und ihre wundschöne Tochter Irene fragen an und rasch ist das Zimmer vergeben. Ursel ist fasziniert von Alma, eine Seelenverwandtschaft scheint die beiden zu verbinden, und die junge Irene bringt Schwung in das Hurenhaus, denn kaum ein Mann kann den Blick von ihr lassen. Doch nach dem Besuch des Hurenhauses wird der Ratsherr Uffinger ermordet aufgefunden – es gibt viele Personen, die sich seinen Tod gewünscht haben, denn er war nicht zimperlich und nicht beliebt in Frankfurt. Doch Alma war kurz vor seinem Tod in einen Streit mit ihm verwickelt und gerät daher in die Mühlen der Justiz.

Leider hat mich dieses Buch nicht richtig packen können, und das, obwohl ich gerne historische Romane lese. Irgendwie bin ich in die Geschichte nicht richtig reingekommen, dabei ist die Zeit des 16. Jahrhunderts in Frankfurt wirklich gut recherchiert. Der Schreibstil ist einfach gehalten, so dass sich das Buch rasch durchlesen lässt. Auch die Charaktere sind gut beschrieben, und ich konnte mir gut vorstellen, wie sie im historischen Frankfurt lebten und handelten. Im Hurenhaus herrscht schon fast eine familiäre Atmosphäre, Ursel als Hurenkönigin hat das Herz am rechten Fleck und immer ein offener Ohr für die Probleme ihrer Hübscherinnen. Alma ist mir ein undurchsichtiger Charakter und die Faszination, die von ihr ausgeht und Ursel in ihren Bann zieht, konnte ich nicht spüren. Leider jedoch hat sich die Hurenkönigin seit dem Zusammentreffen sehr verändert und manche ihre Handlungen konnte ich nicht nachvollziehen.
Die Kriminalgeschichte ist spannend und ohne Längen flüssig erzählt. Auf die eine oder andere falsche Fährte bin ich gelangt, so geschickt hat die Autorin die Spuren gesät. Und dennoch ist das Ende nicht überraschend und die Fäden laufen alle wieder zusammen.
Ich frage mich natürlich, warum mich dieses Buch nicht wirklich einfangen konnte, obwohl doch alles gestimmt hat. Ob es der doch eher moderne und manchmal sehr umgangssprachliche Schreibstil war oder die einfache, wenn auch spannende Kriminalgeschichte. Ich kann es nicht sagen – irgendwie war ich einfach nicht berührt, obwohl alles gut beschrieben war und ich mir auch alles vorstellen konnte. Selbst die zum Teil sehr brutalen Szenen, ich denke da an die Folterungen und auch die Verstümmelungen des Ratsherrn, ließen mich völlig kalt, dabei bin ich eigentlich gerade bei solchen Sachen sonst sehr empfindlich. Außerdem hätte ich mir mehr Informationen zum Venusorden gewünscht, das Thema fand ich sehr interessant, doch wurde es leider relativ kurz und rasch abgehandelt – dabei hätte es doch viel Potential gehabt.
Auch wenn mich dieses Buch nicht wirklich überzeugen konnte, ist es ein kurzweiliger historischer Kriminalroman mit interessanten Charakteren und spanendem Plot. Vielleicht war es für mich einfach der falsche Zeitpunkt, dennoch würde ich das Buch weiterempfehlen an Leser und Leserinnen, die Freude haben an der Aufklärung eines Mordes vor historischem Hintergrund.

Bewertung vom 14.08.2013
Blume, Judy

Sommerschwestern


gut

Selten war ich bei einem Buch so hin und her gerissen wie bei diesem. Die Geschichte selber ist sicherlich nicht neu – die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei sehr unterschiedlichen Mädchen. Doch die erste Hälfte des Buches fand ich eher zäh und langatmig, so richtig konnte ich nicht nachvollziehen, was die beiden Mädchen miteinander verbindet. Sie scheinen eher gelangweilt und versuchen, die eintönigen Sommermonate mit Leben und Beschäftigung zu füllen. Erst nach dem Schulabschluss der beiden wird es interessanter – während Caitlin auf der Suche nach sich selbst durch die Welt zieht, schafft Vix es nach Harvard. Dieser Teil hat mir weitaus besser gefallen, es geschieht etwas und die Mädchen werden erwachsen und etwickeln sich – wenn auch in völlig verschiedene Richtungen.
Der Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen, angenehm – daran hat es nicht gelegen, dass mir die erste Hälfte nicht gefallen hat. Gestört haben mich jedoch die eingestreuten Kapitel, die aus der Sicht anderer Figuren geschrieben sind und deren Gedanken vermitteln. Zwar erfährt man so, was Nebenfiguren denken und fühlen, aber für mich war es störend im Lesefluss.
Ich habe mich beim Lesen immer gefragt, ob das wirklich eine Freundschaft ist, denn ich habe es nicht so empfunden. Eigentlich weiß keine der beiden wirklich etwas über den anderen, sie leben aneinander vorbei und nur die gemeinsamen Sommer in der Kindheit scheinen die beiden zu verbinden. Und schon hier ist es für mich keine Freundschaft – Caitlin sucht nach einem Mädel, dem sie imponieren kann und hat damit in Vix das passende Pendant gefunden. Und Vix kann durch die gemeinsamen Sommerferien ihrem Alltag entfliehen, aus ihrer Familie ausbrechen, in der sie keine Geborgenheit findet. Denn in der „Sommerfamilie“ findet sie das, was sie vermisst – Liebe und Geborgenheit.
Die Charaktere sind gut gezeichnet, doch weder Caitlin noch Vix sind mir wirklich ans Herz gewachsen. Gerade in der ersten Hälfte des Buches kann ich ihre Handlungsweisen nicht verstehen, erst in der zweiten Hälfte mit dem Erwachsenwerden wird mir Vix etwas sympathischer. Caitlin dagegen ist mir völlig fremd, sie hat mein Mitleid, scheint sie doch ihr ganzes Leben auf der Suche zu sein – auf der Suche nach sich selbst.
Die Geschichte um die „Sommerschwestern“ war nicht schlecht, aber nochmal lesen würde ich das Buch nicht. Es ist eine interessante Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft, die zwar nicht immer, aber über große Teile des Buches unterhalten und fesseln konnte. Ein Buch, dass zum Nachdenken anregt und mich ein bisschen wehmütig zurückgelassen hat.

Bewertung vom 07.08.2013
Lavoie, Marie-Renée

Ich und Monsieur Roger


sehr gut

Mit ihren acht Jahren ist Hélène ganz schön verantwortungsvoll, will sie doch ihrer Familie, die in einem ärmlichen Viertel wohnt und jeden Cent mehrfachen umdrehen muss, finanziell ein bisschen helfen. Dafür macht sie sich kurzerhand 2 Jahre älter und nennt sich Joe, um einen Job als Zeitungsausträger zu bekommen. Ihre Eltern sind Lehrer, der Vater todunglücklich in seinem Job und gibt sich zunehmend dem Alkohol in. Die Mutter – eigentlich eine Seele von Mensch – ist vom Leben gezeichnet, hält dennoch die Familie zusammen, wenn auch manchmal mit ein bisschen Härte. „Fertig aus“ ist ihrer Devise. Als dann der 80jährige Roger in die Gegend zieht, ist Joe zunächst nicht angetan von ihm, denn er ist alt und verbittert und flucht wie ein Rohrspatz. Doch zwischen den beiden ungewöhnlichen Charakteren entwickelt sich eine zarte Freundschaft.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und der Schreibstil hat mich sofort eingesogen in die Geschichte. Er ist eher ungewöhnlich, mit langen Sätzen, sehr beschreibend und mit vielen Metaphern und obwohl aus Sicht der kleinen Hélène erzählt, erinnert der Schreibstil gar nicht an ein junges Mädchen. Die Geschichte lebt von vielen kleinen Ereignissen, manchmal sind es Alltagsdinge, die durch ihre ausführliche und dennoch pointierte Beschreibung ein gutes Bild der Familie zeichnen. Manche Situationen sind tragisch und zugleich komisch und lassen mich sowohl lächeln, aber auch nachdenken und mit dem Schicksal hadern.
Hélène wünscht sich nichts sehnlicher, als ein Junge zu sein und hat als Vorbild den jungen Oscar – einen Helden aus einer Zeichentrickserie. Die Vergleiche mit dem Fernsehhelden und die Gedanken Hélènes, die immer wieder um ihren Helden kreisen, sind toll und geschickt in die Geschichte eingebunden. Dass dann die Serie bald zu Ende geht und dies natürlich auch Einfluss auf Hélènes Leben hat, zeichnete sich natürlich ab und bringt eine Wendung in dem jungen Leben.
Hélène ist ein pfiffiges und aufmerksames junges Mädchen, das ich rasch ins Herz geschlossen habe. Es ist rührend, wie sie sich um die Familie sorgt und sie manchmal durch ihre Bemühungen zusammenzuhalten scheint. Roger, der grimmige und schrullige alte Herr, der vor allem flucht wie ein Rohrspatz, hat auch einen warmen und weichen Kern, dennoch ist er mir während des ganzen Buches nicht wirklich ans Herz gewachsen. Es entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen ihm und Hélène, und auch wenn man die zarte Bande zwischen beiden gespürt hat, hätte ich mir mehr gemeinsame Passagen und Zeiten zwischen den beiden gewünscht.
Dennoch ist das Buch eine wertvolle Erzählung über eine ungewöhnliche Freundschaft, vor allem aber über ein ungewöhnliches Mädchen, dem es gelingt, durch kleine Taten Großes zu bewegen. Ein wirklich bewegendes Buch, das zu lesen lohnt!

Bewertung vom 05.08.2013
Link, Charlotte

Das Haus der Schwestern


ausgezeichnet

Ein tolles Buch, in das ich eingetaucht bin und mitgefühlt und gelitten habe! Zwei Erzählstränge, deren Verbindung ich zunächst noch nicht richtig durchschaut habe, die mich aber beide von Anfang an fesseln konnten: Die Geschichte um Barbara und Ralph, die eigentlich nur einen Kurzurlaub geplant hatten, dafür eine einsame Hütte in Yorkshire auswählten, um ihr kriselnde Ehe zu retten – dabei aber einschneien und verzweifelt auf der Suche sind nach was Essbarem und Holz zum Heizen. Beim Suchen findet Barbara ein altes Manuskript, in welchem Francis Gray eine Geschichte erzählt – und zwar ihre eigene, die kurz vor dem ersten Weltkrieg beginnt und bei der man Francis, ihre Familie und Freunde über Jahre begleitet.
Charlotte Link schreibt mit einem sehr angenehmen und gut lesbaren Schreibstil, dabei sind die Charaktere wirklich gut gezeichnet. Es sind keine Helden, sondern alles Menschen mit guten und schlechten Seiten, mit Ecken und Kanten, die sie liebenswert machen und „echt“ aussehen lassen. Dabei sind mir nicht alle sympathisch, manche verhalten sich skurril und tun Dinge, die ich nicht nachvollziehen kann, aber sie sind menschlich, und gerade das hat mir sehr gut gefallen.
Aber auch die Umgebung, die Landschaften, die verschiedenen Orte – all das wurde eingehend beschrieben, so dass ich es mir gut vorstellen konnte, nicht zu detailliert, dass es langatmig wurde, nein, in einem genau richtigen Maß, dass es interessant und aufschlussreich ist.
Ich mag Bücher, die auf verschiedenen Zeitebenen spielen, daher hat „Das Haus der Schwestern“ meinen Geschmack voll getroffen. Zunächst hatte ich den Eindruck, dass die beiden Geschichten nicht viel miteinander verbindet, doch nach und nach erkennt man die Zusammenhänge und die Verstrickungen, und geschickt laufen dann am Ende doch alle Fäden zusammen. Dabei wird es im letzten Drittel richtig spannend und das Buch zu einem wahren „Pageturner“.
Das war das erste Buch von Charlotte Link, was ich gelesen habe, doch sicherlich nicht das letzte. Sie konnte mich wirklich überzeugen und hat mir mit diesem Familienroman schöne Stunden geschenkt!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.08.2013
Miller, Andrew

Friedhof der Unschuldigen


sehr gut

Jean Baptiste Baratte, ein junger Ingenieur aus der Normandie, bekommt einen ungewöhnlichen Auftrag: Ein alter Friedhof in Paris verpestet mit seinen Ausdünstungen die Stadt und macht die Menschen, die unweit von ihm leben, krank – also muss der Friedhof mitsamt seiner Kirche weg. Ein bizarrer Aufrag, genauso sind auch die Reaktionen der in Paris lebenden Menschen: Verständnis, Entsetzung, Unmut und Verzweiflung machen sich breit und die Arbeit von Barette wird nicht nur unterstützt, sondern auch boykottiert …
Die Idee des Romans hat mich sehr angesprochen, zumal sie auf einer wahren Begebenheit beruht und viele Orte tatsächlich auch in Paris zu finden sind. Anfangs hatte ich jedoch etwas Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzukommen, zum Einen, weil in der ersten Hälfte nur wenig passiert, dafür umso mehr Charaktere und Orte vorgestellt, die oft sehr detailliert beschrieben sind. Zum Anderen ist der Schreibstil nicht einfach zu lesen, er ist dem 18. Jahrhundert angepasst, oft sehr anspruchsvoll mit langen Sätzen und bildhaften Beschreibungen. Die Dialoge dagegen sind oft sehr eigenwillig, mit wenigen Worten und dadurch manchmal nicht einfach zu verstehen. Aber ich konnte mich an den Schreibstil gewöhnen und dann auch in die Geschichte einfinden.
Ich habe während des Lesens viel erfahren über das Leben in Paris im 18. Jahrhundert kurz vor der französischen Revolution. Denn es wird nicht nur die zum Teil doch unmenschliche Arbeit auf dem Friedhof beschrieben, sondern auch viele Episoden aus dem Alltag der Bürger. Es sind Probleme der Arbeiter zu lösen, finanzielle Dinge zu regeln, das Wetter zu beachten und die freien Abende zu gestalten.
Die zweite Hälfte des Buches hat mir dann richtig gut gefallen, hier wird es spannend, die Arbeit fordert zwar Opfer, doch Jean-Baptiste wächst mit seiner Aufgabe und entwickelt sich vom unerfahrenen Jüngling zum gestandenen Mann. Er findet Freunde und die Liebe und kann seinen Mann stehen gegen die Anfeindungen aus der Stadt. Das Ende kam ein bisschen plötzlich und dennoch machte es Sinn und hat dem Buch einen passenden Abschluss gegeben.
Ich mag historische Romane und auch dieser hat mir mit seiner ungewöhnlichen Thematik gut gefallen. Nach anfänglichen Problemen mit dem Schreibstil habe ich mich dann doch noch einfinden können in die Geschichte, und habe Gefallen gefunden an den skurrilen Charakteren mit einem ungewöhnlichen Auftrag.