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Sabine
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Insgesamt 405 Bewertungen
Bewertung vom 18.08.2013
Neeb, Ursula

Die Hurenkönigin und der Venusorden / Frankfurter Hurenkönigin Bd.2


gut

Zur Zeit der Frankfurter Frühjahrsmesse im Jahre 1512 sind Zimmer rar gesät, so dass sich die Hurenkönigin Ursel entschließt, das Zimmer ihrer verstorbenen Freundin Ingrid zu vermieten. Zwei Wanderhuren, Alma und ihre wundschöne Tochter Irene fragen an und rasch ist das Zimmer vergeben. Ursel ist fasziniert von Alma, eine Seelenverwandtschaft scheint die beiden zu verbinden, und die junge Irene bringt Schwung in das Hurenhaus, denn kaum ein Mann kann den Blick von ihr lassen. Doch nach dem Besuch des Hurenhauses wird der Ratsherr Uffinger ermordet aufgefunden – es gibt viele Personen, die sich seinen Tod gewünscht haben, denn er war nicht zimperlich und nicht beliebt in Frankfurt. Doch Alma war kurz vor seinem Tod in einen Streit mit ihm verwickelt und gerät daher in die Mühlen der Justiz.

Leider hat mich dieses Buch nicht richtig packen können, und das, obwohl ich gerne historische Romane lese. Irgendwie bin ich in die Geschichte nicht richtig reingekommen, dabei ist die Zeit des 16. Jahrhunderts in Frankfurt wirklich gut recherchiert. Der Schreibstil ist einfach gehalten, so dass sich das Buch rasch durchlesen lässt. Auch die Charaktere sind gut beschrieben, und ich konnte mir gut vorstellen, wie sie im historischen Frankfurt lebten und handelten. Im Hurenhaus herrscht schon fast eine familiäre Atmosphäre, Ursel als Hurenkönigin hat das Herz am rechten Fleck und immer ein offener Ohr für die Probleme ihrer Hübscherinnen. Alma ist mir ein undurchsichtiger Charakter und die Faszination, die von ihr ausgeht und Ursel in ihren Bann zieht, konnte ich nicht spüren. Leider jedoch hat sich die Hurenkönigin seit dem Zusammentreffen sehr verändert und manche ihre Handlungen konnte ich nicht nachvollziehen.
Die Kriminalgeschichte ist spannend und ohne Längen flüssig erzählt. Auf die eine oder andere falsche Fährte bin ich gelangt, so geschickt hat die Autorin die Spuren gesät. Und dennoch ist das Ende nicht überraschend und die Fäden laufen alle wieder zusammen.
Ich frage mich natürlich, warum mich dieses Buch nicht wirklich einfangen konnte, obwohl doch alles gestimmt hat. Ob es der doch eher moderne und manchmal sehr umgangssprachliche Schreibstil war oder die einfache, wenn auch spannende Kriminalgeschichte. Ich kann es nicht sagen – irgendwie war ich einfach nicht berührt, obwohl alles gut beschrieben war und ich mir auch alles vorstellen konnte. Selbst die zum Teil sehr brutalen Szenen, ich denke da an die Folterungen und auch die Verstümmelungen des Ratsherrn, ließen mich völlig kalt, dabei bin ich eigentlich gerade bei solchen Sachen sonst sehr empfindlich. Außerdem hätte ich mir mehr Informationen zum Venusorden gewünscht, das Thema fand ich sehr interessant, doch wurde es leider relativ kurz und rasch abgehandelt – dabei hätte es doch viel Potential gehabt.
Auch wenn mich dieses Buch nicht wirklich überzeugen konnte, ist es ein kurzweiliger historischer Kriminalroman mit interessanten Charakteren und spanendem Plot. Vielleicht war es für mich einfach der falsche Zeitpunkt, dennoch würde ich das Buch weiterempfehlen an Leser und Leserinnen, die Freude haben an der Aufklärung eines Mordes vor historischem Hintergrund.

Bewertung vom 14.08.2013
Blume, Judy

Sommerschwestern


gut

Selten war ich bei einem Buch so hin und her gerissen wie bei diesem. Die Geschichte selber ist sicherlich nicht neu – die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei sehr unterschiedlichen Mädchen. Doch die erste Hälfte des Buches fand ich eher zäh und langatmig, so richtig konnte ich nicht nachvollziehen, was die beiden Mädchen miteinander verbindet. Sie scheinen eher gelangweilt und versuchen, die eintönigen Sommermonate mit Leben und Beschäftigung zu füllen. Erst nach dem Schulabschluss der beiden wird es interessanter – während Caitlin auf der Suche nach sich selbst durch die Welt zieht, schafft Vix es nach Harvard. Dieser Teil hat mir weitaus besser gefallen, es geschieht etwas und die Mädchen werden erwachsen und etwickeln sich – wenn auch in völlig verschiedene Richtungen.
Der Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen, angenehm – daran hat es nicht gelegen, dass mir die erste Hälfte nicht gefallen hat. Gestört haben mich jedoch die eingestreuten Kapitel, die aus der Sicht anderer Figuren geschrieben sind und deren Gedanken vermitteln. Zwar erfährt man so, was Nebenfiguren denken und fühlen, aber für mich war es störend im Lesefluss.
Ich habe mich beim Lesen immer gefragt, ob das wirklich eine Freundschaft ist, denn ich habe es nicht so empfunden. Eigentlich weiß keine der beiden wirklich etwas über den anderen, sie leben aneinander vorbei und nur die gemeinsamen Sommer in der Kindheit scheinen die beiden zu verbinden. Und schon hier ist es für mich keine Freundschaft – Caitlin sucht nach einem Mädel, dem sie imponieren kann und hat damit in Vix das passende Pendant gefunden. Und Vix kann durch die gemeinsamen Sommerferien ihrem Alltag entfliehen, aus ihrer Familie ausbrechen, in der sie keine Geborgenheit findet. Denn in der „Sommerfamilie“ findet sie das, was sie vermisst – Liebe und Geborgenheit.
Die Charaktere sind gut gezeichnet, doch weder Caitlin noch Vix sind mir wirklich ans Herz gewachsen. Gerade in der ersten Hälfte des Buches kann ich ihre Handlungsweisen nicht verstehen, erst in der zweiten Hälfte mit dem Erwachsenwerden wird mir Vix etwas sympathischer. Caitlin dagegen ist mir völlig fremd, sie hat mein Mitleid, scheint sie doch ihr ganzes Leben auf der Suche zu sein – auf der Suche nach sich selbst.
Die Geschichte um die „Sommerschwestern“ war nicht schlecht, aber nochmal lesen würde ich das Buch nicht. Es ist eine interessante Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft, die zwar nicht immer, aber über große Teile des Buches unterhalten und fesseln konnte. Ein Buch, dass zum Nachdenken anregt und mich ein bisschen wehmütig zurückgelassen hat.

Bewertung vom 07.08.2013
Lavoie, Marie-Renée

Ich und Monsieur Roger


sehr gut

Mit ihren acht Jahren ist Hélène ganz schön verantwortungsvoll, will sie doch ihrer Familie, die in einem ärmlichen Viertel wohnt und jeden Cent mehrfachen umdrehen muss, finanziell ein bisschen helfen. Dafür macht sie sich kurzerhand 2 Jahre älter und nennt sich Joe, um einen Job als Zeitungsausträger zu bekommen. Ihre Eltern sind Lehrer, der Vater todunglücklich in seinem Job und gibt sich zunehmend dem Alkohol in. Die Mutter – eigentlich eine Seele von Mensch – ist vom Leben gezeichnet, hält dennoch die Familie zusammen, wenn auch manchmal mit ein bisschen Härte. „Fertig aus“ ist ihrer Devise. Als dann der 80jährige Roger in die Gegend zieht, ist Joe zunächst nicht angetan von ihm, denn er ist alt und verbittert und flucht wie ein Rohrspatz. Doch zwischen den beiden ungewöhnlichen Charakteren entwickelt sich eine zarte Freundschaft.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und der Schreibstil hat mich sofort eingesogen in die Geschichte. Er ist eher ungewöhnlich, mit langen Sätzen, sehr beschreibend und mit vielen Metaphern und obwohl aus Sicht der kleinen Hélène erzählt, erinnert der Schreibstil gar nicht an ein junges Mädchen. Die Geschichte lebt von vielen kleinen Ereignissen, manchmal sind es Alltagsdinge, die durch ihre ausführliche und dennoch pointierte Beschreibung ein gutes Bild der Familie zeichnen. Manche Situationen sind tragisch und zugleich komisch und lassen mich sowohl lächeln, aber auch nachdenken und mit dem Schicksal hadern.
Hélène wünscht sich nichts sehnlicher, als ein Junge zu sein und hat als Vorbild den jungen Oscar – einen Helden aus einer Zeichentrickserie. Die Vergleiche mit dem Fernsehhelden und die Gedanken Hélènes, die immer wieder um ihren Helden kreisen, sind toll und geschickt in die Geschichte eingebunden. Dass dann die Serie bald zu Ende geht und dies natürlich auch Einfluss auf Hélènes Leben hat, zeichnete sich natürlich ab und bringt eine Wendung in dem jungen Leben.
Hélène ist ein pfiffiges und aufmerksames junges Mädchen, das ich rasch ins Herz geschlossen habe. Es ist rührend, wie sie sich um die Familie sorgt und sie manchmal durch ihre Bemühungen zusammenzuhalten scheint. Roger, der grimmige und schrullige alte Herr, der vor allem flucht wie ein Rohrspatz, hat auch einen warmen und weichen Kern, dennoch ist er mir während des ganzen Buches nicht wirklich ans Herz gewachsen. Es entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen ihm und Hélène, und auch wenn man die zarte Bande zwischen beiden gespürt hat, hätte ich mir mehr gemeinsame Passagen und Zeiten zwischen den beiden gewünscht.
Dennoch ist das Buch eine wertvolle Erzählung über eine ungewöhnliche Freundschaft, vor allem aber über ein ungewöhnliches Mädchen, dem es gelingt, durch kleine Taten Großes zu bewegen. Ein wirklich bewegendes Buch, das zu lesen lohnt!

Bewertung vom 05.08.2013
Link, Charlotte

Das Haus der Schwestern


ausgezeichnet

Ein tolles Buch, in das ich eingetaucht bin und mitgefühlt und gelitten habe! Zwei Erzählstränge, deren Verbindung ich zunächst noch nicht richtig durchschaut habe, die mich aber beide von Anfang an fesseln konnten: Die Geschichte um Barbara und Ralph, die eigentlich nur einen Kurzurlaub geplant hatten, dafür eine einsame Hütte in Yorkshire auswählten, um ihr kriselnde Ehe zu retten – dabei aber einschneien und verzweifelt auf der Suche sind nach was Essbarem und Holz zum Heizen. Beim Suchen findet Barbara ein altes Manuskript, in welchem Francis Gray eine Geschichte erzählt – und zwar ihre eigene, die kurz vor dem ersten Weltkrieg beginnt und bei der man Francis, ihre Familie und Freunde über Jahre begleitet.
Charlotte Link schreibt mit einem sehr angenehmen und gut lesbaren Schreibstil, dabei sind die Charaktere wirklich gut gezeichnet. Es sind keine Helden, sondern alles Menschen mit guten und schlechten Seiten, mit Ecken und Kanten, die sie liebenswert machen und „echt“ aussehen lassen. Dabei sind mir nicht alle sympathisch, manche verhalten sich skurril und tun Dinge, die ich nicht nachvollziehen kann, aber sie sind menschlich, und gerade das hat mir sehr gut gefallen.
Aber auch die Umgebung, die Landschaften, die verschiedenen Orte – all das wurde eingehend beschrieben, so dass ich es mir gut vorstellen konnte, nicht zu detailliert, dass es langatmig wurde, nein, in einem genau richtigen Maß, dass es interessant und aufschlussreich ist.
Ich mag Bücher, die auf verschiedenen Zeitebenen spielen, daher hat „Das Haus der Schwestern“ meinen Geschmack voll getroffen. Zunächst hatte ich den Eindruck, dass die beiden Geschichten nicht viel miteinander verbindet, doch nach und nach erkennt man die Zusammenhänge und die Verstrickungen, und geschickt laufen dann am Ende doch alle Fäden zusammen. Dabei wird es im letzten Drittel richtig spannend und das Buch zu einem wahren „Pageturner“.
Das war das erste Buch von Charlotte Link, was ich gelesen habe, doch sicherlich nicht das letzte. Sie konnte mich wirklich überzeugen und hat mir mit diesem Familienroman schöne Stunden geschenkt!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.08.2013
Miller, Andrew

Friedhof der Unschuldigen


sehr gut

Jean Baptiste Baratte, ein junger Ingenieur aus der Normandie, bekommt einen ungewöhnlichen Auftrag: Ein alter Friedhof in Paris verpestet mit seinen Ausdünstungen die Stadt und macht die Menschen, die unweit von ihm leben, krank – also muss der Friedhof mitsamt seiner Kirche weg. Ein bizarrer Aufrag, genauso sind auch die Reaktionen der in Paris lebenden Menschen: Verständnis, Entsetzung, Unmut und Verzweiflung machen sich breit und die Arbeit von Barette wird nicht nur unterstützt, sondern auch boykottiert …
Die Idee des Romans hat mich sehr angesprochen, zumal sie auf einer wahren Begebenheit beruht und viele Orte tatsächlich auch in Paris zu finden sind. Anfangs hatte ich jedoch etwas Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzukommen, zum Einen, weil in der ersten Hälfte nur wenig passiert, dafür umso mehr Charaktere und Orte vorgestellt, die oft sehr detailliert beschrieben sind. Zum Anderen ist der Schreibstil nicht einfach zu lesen, er ist dem 18. Jahrhundert angepasst, oft sehr anspruchsvoll mit langen Sätzen und bildhaften Beschreibungen. Die Dialoge dagegen sind oft sehr eigenwillig, mit wenigen Worten und dadurch manchmal nicht einfach zu verstehen. Aber ich konnte mich an den Schreibstil gewöhnen und dann auch in die Geschichte einfinden.
Ich habe während des Lesens viel erfahren über das Leben in Paris im 18. Jahrhundert kurz vor der französischen Revolution. Denn es wird nicht nur die zum Teil doch unmenschliche Arbeit auf dem Friedhof beschrieben, sondern auch viele Episoden aus dem Alltag der Bürger. Es sind Probleme der Arbeiter zu lösen, finanzielle Dinge zu regeln, das Wetter zu beachten und die freien Abende zu gestalten.
Die zweite Hälfte des Buches hat mir dann richtig gut gefallen, hier wird es spannend, die Arbeit fordert zwar Opfer, doch Jean-Baptiste wächst mit seiner Aufgabe und entwickelt sich vom unerfahrenen Jüngling zum gestandenen Mann. Er findet Freunde und die Liebe und kann seinen Mann stehen gegen die Anfeindungen aus der Stadt. Das Ende kam ein bisschen plötzlich und dennoch machte es Sinn und hat dem Buch einen passenden Abschluss gegeben.
Ich mag historische Romane und auch dieser hat mir mit seiner ungewöhnlichen Thematik gut gefallen. Nach anfänglichen Problemen mit dem Schreibstil habe ich mich dann doch noch einfinden können in die Geschichte, und habe Gefallen gefunden an den skurrilen Charakteren mit einem ungewöhnlichen Auftrag.

Bewertung vom 02.08.2013
Kitty Ray

Die Gabe einer Liebe


ausgezeichnet

Die schüchterne Emma beginnt mit 16 Jahren ein Kunststudium in London und fühlt sich in eine andere Welt versetzt. Bisher wohlbehütet zu Hause aufgewachsen, lernt sie jetzt eine andere Seite des Lebens kennen: mit ihrer neuen Clique steht nicht das Lernen an erster Stelle, sondern Feiern, Musik, Alkohol und freie Liebe. Zunächst bleibt Emma zurückhaltend, dann aber lernt sie Ricky kennen und lieben, doch auch Jay hat Gefallen an ihr gefunden und ihr in schweren Zeiten beigestanden. Zu beiden hat Emma eine ganz besondere Beziehung, doch sie muss sich für einen entscheiden.
Ein fantastisches Buch, das mich sehr gefesselt und mich nach London in die 60er Jahre versetzt hat. Die Geschichte um Emma und ihre Zerrissenheit zwischen zwei Männern war spannend und ergreifend, ich habe mit ihr gefühlt und gelitten. Dies ist mein zweites Buch von Kitty Ray und ich mag ihren Schreibstil, der gut und flüssig zu lesen ist, und es schafft, Atmosphäre einzufangen und Gefühle und Emotionen zu vermitteln.
Emma ist mir sehr sympathisch, auch wenn ich ihre Handlungen nicht immer verstehen konnte. Ihre Zerrissenheit zwischen Ricky und Jay ist manchmal wirklich schmerzlich und zu keinem Punkt der Geschichte konnte ich wirklich einschätzen, für wen der beiden sie sich letztlich entscheidet. In manchen Punkten sind die beiden Konkurrenten sich sehr ähnlich, in anderen könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Jeder hat seine Ecken und Kanten, aber auch seine liebenswerten Seiten und Eigenschaften.
Die Charaktere sind allesamt gut gezeichnet, sie sind lebensnah und echt, nicht nur schwarz und weiß, sondern mit vielen Grautönen. Dadurch fühlte ich mich inmitten der Studierenden und begleite nicht nur Emma, sondern auch ihre Studienfreunde. Alice, George, Bill und Tante Mabel – um nur einige zu nennen - jeder hat eine eigene Geschichte und sein eigenes Päckchen zu tragen. So ist dieser Roman nicht eine reine Liebesgeschichte, sondern eher eine Darstellung menschlicher Beziehungen mit allen Höhen und Tiefen.
Mich hat auch dieser Roman von Kitty Ray wieder überzeugen können! Ich bin völlig eingetaucht in die Geschichte um Emma und ihre Freunde und habe mitgefühlt mit den toll gezeichneten Charakteren. Eine Geschichte wie das wahre Leben, mit Höhen und Tiefen, mit Freud und Leid, keineswegs ein kitschiger Liebesroman sondern eine interessante Charakterstudie zur Zeit der 60er Jahre in London.

Bewertung vom 02.08.2013
Ebert, Sabine

Das Geheimnis der Hebamme / Hebammen-Romane Bd.1


gut

Damit ihr nicht Hände und Füße abgeschlagen werden, nachdem eine Burgfrau ein Kind tot geboren hat, flieht die 14jährige Hebamme Marthe und schließt sich einem Trupp fränkischer Siedler an. Ritter Christian ist Führer der Truppe und er ist angetan von der Heilkunst der jungen Marthe. Damit ist sie eine Bereicherung der reisenden Gruppe, denn auf der langen Reise in das noch unerschlossene Land lauern Hinterhalt und Gefahren…

Ich lese gerne und viele historische Romane und vielleicht ist das auch der Grund, dass mich dieses Buch nicht ganz überzeugen konnte. Die Geschichte ist nicht neu und daher leider sehr vorhersehbar. Dadurch kommt in den ersten zwei Drittel keine große Spannung auf. Die letzten 200 Seiten jedoch hat mich das Buch wirklich gefesselt, und ich konnte es nicht aus der Hand legen. Dabei liest sich der Roman durch einen einfachen und klaren Schreibstil schnell und flüssig. Im Lesefluss gestört haben mich nur die immer wieder auftretenden sehr brutalen Szenen, die mich stets haben schütteln lassen und den Eindruck vermitteln, das Mittelalter bestehe nur aus Folter, Gewalt und Missbrauch.
Die Charaktere sind gut gezeichnet, Marthe ist ein Mädchen, was mir schnell ans Herz gewachsen ist – sie ist lieb und einfühlsam, hilfsbereit und verständnisvoll. Einen Makel jedoch hat sie, dass sie nämlich immer und alles richtig macht und nie einen Fehler begeht. Das fand ich zum Teil anstrengend, denn kein Mensch ist unfehlbar und einfach nur gut. Leider zieht sich das durch alle Charaktere, die keine „Grautöne“ aufweisen, sondern einfach viel zu gut oder einfach auch nur sehr sehr böse sind. Christian, der Ritter und Held, ist auch immer gut und gerecht, aufopferungsvoll und leidensfähig. Auf der anderen Seite sind die Bösen auch wirklich abgrundtief böse, brutal und ungerecht. Trotz dieser sehr einfach gestrickten Charaktere sind mir die Siedler ans Herz gewachsen und ich habe ihre Geschichte gerne gelesen und verfolgt.
Insgesamt ist dies ein schöner historischer Roman für zwischendurch, der zwar wenig Neues bietet, mich aber dennoch gut unterhalten konnte. Wer historische Bücher mag und dem historische Korrektheit nicht ganz so wichtig ist, der wird auch an dieser Liebesgeschichte zu Zeiten König Barbarossas seine Freude haben. Bestimmt werde ich auch den Folgebänden eine Chance geben, bin ich doch neugierig, wie es mit Marthe und ihren Freunden weitergeht.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.08.2013
Dickens, Charles

Oliver Twist


gut

Oliver wächst als Findelkind in einem Waisenhaus auf, nachdem seine Mutter bei der Geburt gestorben und sein Vater unbekannt ist. Bald werden seine Dienste angeboten und für 5 Pfund wird der kleine Oliver an einen Leichenbestatter weitergegeben. Doch hier wird er gezüchtigt und misshandelt, Oliver flieht nach London und findet Anschluss bei einer Diebesbande, angeführt von dem gerissenen Juden Fagin. Doch Oliver ist viel zu ehrlich, um andere zu bestehlen und landet rasch im Gefängnis. Doch Fagin hat an ihm ein ganz besonderes Interesse und will in unbedingt in die Kunst des Diebstahl einführen.
Zunächst habe ich mich mit der Geschichte etwas schwer getan, denn der Sprachstil ist nicht unserer Zeit entsprechend und wirkte auf mich daher hölzern und ungelenk. Doch nach wenigen Kapiteln habe ich mich daran gewöhnt und konnte mich dann auch einfinden in die Geschichte um den kleinen Oliver Twist. Wirklich toll sind die Beschreibungen Dickens der Landschaft, der Stadt London und auch der vielen Kleinigkeiten in den verschiedenen Häusern und Stätten. Dadurch gewinnt man einen plastischen Eindruck, wie das Leben im London und die Zustände von England im 19. Jahrhundert wirklich waren. Hunger, Verzweiflung und Armut waren insbesondere in den unteren Bevölkerungsschichten stets präsent, ein Menschenleben hier auch nicht besonders viel wert.
Dickens hat zudem einen sehr eigenen Humor, manchmal ironisch und sarkastisch, was mir immer wieder ein Lächeln auf die Lippen gebracht hat und mir sehr gefallen hat. Probleme hatte ich jedoch mit den verschiedenen Dialekten, die meinen Lesefluss gestört haben und für mich keinen wirklichen Sinn gemacht haben. Im Original sollten damit wohl die verschiedenen gesellschaftlichen Schichten hervorgehoben werden, in der deutschen Übersetzung jedoch ist es eher ein uneinheitliches Sammelsurium verschiedener deutscher Dialekte.
Der kleine Oliver hatte in seinen frühen Jahren wirklich kein gutes Leben und irgendwie hat er mir auch leid getan. Dennoch war er mir nicht wirklich sympathisch. Eingeschüchtert und eher als Heulsuse dargestellt schien er mir nicht als „Held“ einer Geschichte, sondern eher hin und her geschuppst von anderen. Die meisten Sachen geschehen einfach mit ihm, nur selten ergreift er selber die Initiative und handelt. Insgesamt scheinen mir die Charaktere eher einfach gestrickt: entweder sind sie gut oder böse, entsprechen meist einem gängigen Klischee und kommen daher leider ein wenig flach daher.
Die Geschichte war relativ schnell durchschaut und etwas vorhersehbar, dennoch hat mir das Ende gefallen, denn es konnte offenen Fragen für mich klären.
Ich bin froh, nun endlich diesen Kinderbuch-Klassiker gelesen zu haben, auch wenn er meine Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte. Dennoch habe ich das Lesen nicht bereut, denn schon alleine die Beschreibungen Dickens verschiedenster Situationen und Orte haben mir sehr gefallen und mir die Zeit des 19. Jahrhunderts in London näher gebracht. Die Geschichte selber fand ich leider nicht so ansprechend, trotzdem bereue ich das Lesen nicht und vergebe 3 Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.07.2013
Graham, Eliza

Das geheime Bild


gut

Leider sind meine Erwartungen an das Buch nicht ganz erfüllt worden, denn ich hatte mir einen spannenden Roman um ein Familiengeheimnis gewünscht. Die Geschichte beginnt zwar, als Meredith und ihre Schwester Clara noch kleine Kinder waren, spielt dann aber vorwiegend in der Gegenwart. Doch irgendwie schien mir die ganze Geschichte zu konstruiert und vorhersehbar, die Fäden liefen am Ende zwar zusammen, aber irgendwie unrund.
Dabei liest sich das Buch sehr leicht und flüssig, der Schreibstil ist angenehm und beschreibend. Gerade auch die Schilderungen des Landsitzes Letchford haben mir gefallen. Das Buch wird vorwiegend aus der Sicht Merediths geschrieben, im letzten Drittel des Buches wechseln die Sichtweisen dann – mal ist es die von Emily, mal die des Vaters Charles. Die Kapitelüberschrift verrät jedoch immer, um wen es gerade geht, so dass hier keine Verwirrung auftritt.
Meredith ist eine junge, durchaus sympathische Frau, die mir aber irgendwie unentschlossen scheint und ein bisschen ratlos durchs Leben zieht. Grundsätzlich ist sie neugierig und will das Geheimnis lösen, manchmal jedoch hält sie sich so im Hintergrund, dass ich das nicht verstehen kann und ich mich frage, warum sie die Dinge nicht in die Hand nimmt. Ihre Schwester Clara dagegen ist eine Frau der Tat, die sagt, was sie denkt, und macht, was sie für richtig hält. Charles, der Vater, wirkt wie ein distinguierter älterer Herr, an den man nicht gut herankommt und der sich durch Korrektheit und Tugend auszeichnet. Erst im letzten Drittel des Buches finde ich ihn zunehmend sympathisch, man erfährt von seiner Vergangenheit und seinem Schicksal. Die übrigen Charaktere sind im Großen und Ganzen gut gezeichnet, manchmal neigt die Autorin jedoch dazu, sie entweder als nur gut oder nur schlecht darzustellen.
Es tauchen im Roman viele verschiedene Handlungsstränge auf und leider ist bei mir der Eindruck entstanden, dass manche Ereignisse ins Leere laufen und nicht aufgelöst werden. Doch am Ende laufen dann doch alle Fäden zusammen, wenn auch etwas konstruiert und holprig.
Das letzte Drittel ist wirklich spannend und man bekommt Einblick in die Vergangenheit des Vaters, sein Schicksal, seine Motive und sein Handeln. Dann wird auch das Geheimnis des Bildes gelöst, was zwar leicht zu durchschauen war, doch der Spannung keinen Abbruch getan hat.
Vielleicht hatte ich einfach etwas anderes erwartet und auch wenn die Geschichte sehr vorhersehbar war, hat es Spaß gemacht, sie zu lesen. Gerade das letzte Drittel war sehr spannend und hat einiges wieder wett gemacht. Von meiner Seite daher 3,5 Sterne.