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smartie11
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Insgesamt 920 Bewertungen
Bewertung vom 14.07.2021
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1


ausgezeichnet

Ein fesselnder historischer Krimi im spannenden Abbild seiner Zeit

„Friedhöfe sind magische Orte – Heimat der Toten, an die es uns Lebende doch immer wieder hinzieht.“ (S. 442)

Meine Meinung
Wien im Jahre 1893 – eine Zeit des Umbruchs, in der viele neue Techniken und Geräte schleichend Einzug in das Leben der Menschen genommen haben, vom Automobil über die Fotografie bin hin zur Telefonie. In Sachen Polizeiarbeit entwickelt sich langsam die Kriminalistik, im Jahr zuvor wurde erstmals ein Mord (in Argentinien!) rein aufgrund eines Fingerabdrucks aufgeklärt. Mit viel Elan und neuen Ideen tritt Leopold „Leo“ von Herzfeldt seine Stelle beim Wiener Sicherheitsbüro an und muss gegen mannigfaltige Vorurteile aus dem Kreis der „altgedienten“ Wiener Ermittler ankämpfen.

Bereits der Prolog ist fesselnd und sorgt für eine Gänsehaut: In einem Sarg erwacht ein vermeintlich Toter, der seine eigene Beerdigung miterleben muss. Zugleich wird eine Frauenleiche aufgefunden, die mit einem Holzpflock geschändet wurde. Die Wiener Polizei ist bis in die höchste Spitze in Aufruhr und Leopold von Herzfeldt steht vor einer Aufgabe, deren Dimensionen er noch nicht mal im Ansatz erahnen kann…

Es entspinnt sich ein Storyline, die es in sich hat. Je tiefer Leo „gräbt“, desto mehr Fragen werfen sich auf. Neue Verdachtsmomente ergeben sich, andere lösen sich wieder in Luft auf. Zwielichtige Gestalten tauchen auf und scheinbar spurlos wieder unter. Überraschende Wendungen und schockierende Erkenntnisse sorgen dafür, dass die Geschichte von Beginn an bis zum letzten Kapitel spannend bleibt und in einem packenden Finale gipfelt, dass alle Fragen beantwortet und diese Story zu einem runden Abschluss bringt. Zugleich gelingt es Oliver Pötzsch sehr gut, ein Portrait dieser vom Umbruch geprägten Zeit zu zeichnen, mit allen ihren Glanzlichtern, aber umso mehr auch mit den teils menschenverachtenden Schattenseiten einer sehr heterogenen Gesellschaft.

Ein weiteres Highlight dieses Romans sind für mich die drei Protagonisten. Neben dem sympathischen Charakter des Leo von Herzfeldt, der unter seinen ganz eigenen Dämonen leidet, haben mir insbesondere die selbstbewusste und (für diese Zeit unglaublich) emanzipierte Julia Wolf sowie der etwas verschrobene, aber herzensgute und blitzgescheite Totengräber Augustin Rothmayer gefallen. Ein tolles Trio, das Oliver Pötzsch da zusammengedacht hat, von dem ich gerne mehr lesen / hören würde!

FAZIT:
Ein ausgeklügelter Fall, tolle Charaktere und ein interessantes Zeitportrait - eine klare Leseempfehlung für alle Fans historischer Krimis.

Bewertung vom 28.06.2021
Johnson, Pete

Wie man seine Eltern richtig groß rausbringt / Eltern Bd.6


ausgezeichnet

Luis, die Lachnummer, startet nun richtig durch

„Ich bin der frech aussehende Junge mit dem zweibelförmigen Kopf, der Kids beim Problemlösen hilft und Witze erzählt.“ (S. 7)

Meine Meinung:
Dies ist bereits der sechste Band der erfolgreichen „Eltern“-Reihe von Bestsellerautor Pete Johnson („Wie man 13 wird…“). Natürlich dreht sich auch diesmal alles um Luis großen Traum: endlich den Durchbruch als Komiker zu schaffen! Doch während Luis und seine Freundin und Managerin Maddie wirklich alles daransetzen, Luis ins Rampenlicht zu bringen, ziehen seine spleenigen Eltern mal eben rechts an ihm vorbei und avancieren zu zwei Kult-Ikonen…

Wieder einmal liefert Pete Johnson gekonnt ab und bietet rund 180 Seiten beste und extrem humorvolle Leseunterhaltung für alle jungen und junggebliebenen Leser*innen. Der Spaß an der Geschichte steht hier gewohnt an erster Stelle, doch auch Beziehungs- und Familienprobleme kommen hier vor und verleihen dem Buch durchaus ein wenig Tiefgang. Neben Luis zahlreichen Kalauern und einiger wunderbarer Situationskomik gibt es so mal wieder eine on-/off-Problematik mit Maddie, in die sich Luis gekonnt ahnungslos und sehenden Auges hineinmanövriert, und endlich tatsächlich auch die langersehnte Anerkennung seiner Eltern für Luis´ großen Karriereplan.

Nicht nur mein Sohn (10) hat schrecklich viel Spaß mit diesem Buch gehabt, sondern ich selbst (ü40) auch. Es hat uns mal wieder ein paar absolut unterhaltsame Lesestunden beschert. Jetzt freuen wir uns gemeinsam auf den nächsten Band!

FAZIT:
Wer nach „Greg´s Tagebuch“ neues Lesefutter sucht, wird von dieser Reihe garantiert nicht enttäuscht werden!

Bewertung vom 24.06.2021
Winner, Jonas

Der Nachlass


ausgezeichnet

Ein überraschender Thriller, der einen nach und nach immer tiefer in seinen Bann zieht

„das ganze Haus hatte wie ein Ungeheuer auf ihn gewirkt, das nur darauf wartete, ihn zu verschlingen“ (s. 101)

Meine Meinung:
Hedda Laurent liegt im Sterben und versammelt Ihre Liebsten in der altehrwürdigen Familienvilla noch einmal um sich. Für Überraschung sorgt dabei ihr Testament, denn es verpflichtet die potenziellen Erben, sich einem Wettstreit mit 27 vordefinierten Aufgaben zu stellen – und nur wer am Ende die meisten Punkte errungen hat, erbt alles…!

Nach „Murder Park“ und „Die Party“ überrascht Autor Jonas Winner einmal mehr mit einer spleenigen Idee und einem extravaganten Setting. Diesmal spiel sich alles in und um die alte Familienvilla ab, die herrschaftlich, aber gleichzeitig auch geheimnisvoll auf der fiktiven Insel Sandwerder im Tegeler See thront. Zwar beginnt alles – abgesehen vom Versterben Heddas – sehr ruhig und harmlos, doch von Anfang an ist da dieses undefinierbare und schwer zu fassende, „ungute“ Gefühl, dass sich rasch beim Lesen im Bauch einnistet. Nach und nach, Schritt für Schritt spitzt sich die isolierte Lage zu, werden alte und schockierende Familiengeheimnisse aufgedeckt, verlieren die Charaktere die Bodenhaftung und das Augenmaß jeglicher Vernunft. Geschickt erzählt Jonas Winner seine Geschichte auf mehreren Zeitebenen und springt dabei lebhaft vor und zurück. Dabei versprüht die Story ein Grauen, das sich langsam anschleicht, um dann im Verlauf der Story urplötzlich zuzuschlagen. Dabei fragt man sich die ganze Zeit – und bis zum Schluss –, was hier eigentlich los ist. Ob das tatsächlich alles so gewollt gewesen sein kann. Ob die Charaktere wirklich bereit sind, so weit zu gehen. Und zugleich wird einem immer klarer, dass diese Geschichte kein gutes Ende nehmen kann. Geschockt und fasziniert gleichermaßen begleitet man als Leser*in diese Entwicklung, die einen bis zum grausigen Finale nicht mehr loslassen wird. Absolut fesselnd und wirklich geschickt gemacht! So hat es mich von der Storyline an die Klassiker Agatha Christies erinnert, freilich allerdings im aktuellen Gewandt und deutlich blutiger…

FAZIT:
Es beginnt so harmlos, eskaliert immer weiter und fesselt bis zur letzten Seite. Nichts für schwache Nerven!

Bewertung vom 24.06.2021
Küpper, Michaela

Berlin 1922 - Crime Mysteries


ausgezeichnet

11 atmosphärische Sehr-Kurz-Krimis zum Mitraten

„Berlin 1922 – Die Metropole war die Hauptstadt des Vergnügens, aber leider auch des Verbrechens.“ (S. 5)

Meine Meinung:
Berlin, 1929. Die junge Rosalie Menzel hat als eine der ersten Frauen überhaupt jüngst ihren Dienst als Kriminalassistentin bei der Berliner Polizei angetreten und ist dem erfahrenen und erfolgreichen Ermittler Kommissar Gunter Hartmann zur Seite gestellt. Nach ihrem ersten Jahr blickt sie auf elf spannende Fälle zurück, bei denen sie kriminalistischen Spürsinn beweisen und gegen so manches Vorurteil kämpfen musste…

Dieses Buch bietet elf kleine Kriminalfälle, die jeweils zwischen 18 und 24 Seiten umfassen. Man darf hier also keine ausgeklügelten Stories mit komplexen Hintergründen und überraschenden Twists erwarten, aber das ist auch nicht das Ziel dieses Buches. Es sind vielmehr unterhaltsame und durch das Setting im Berlin der 1920´er Jahre sehr atmosphärische kleine Krimi-Leckerbissen, bei denen man als Leser*in aufgefordert ist mitzuraten. Dies geschieht sehr geschickt dadurch, dass vor Bekanntgabe wichtiger Ermittlungserkenntnisse stets die passende Frage formuliert ist, deren Antwort man dann nach dem Umblättern auf der Folgeseite im Textfluss bekommt. Eine wirklich schöne Idee und dazu noch einfach, aber funktional umgesetzt!

Die präsentierten elf Fälle sind sehr unterschiedlich, sprühen regelrecht von Lokalkolorit (etwa durch die vielen Berlinernden Charaktere) und bieten das typische „Ambiente“ von Ort und Zeit. So treffen wir hier auf zwielichtige Gestalten wie etwa Finten-Freddy, Funkel-Fritze oder auch Muskel-Addi. Bei Figuren wie Madame Lafajette (alias Else Strunz) oder mitternächtlich umherfahrenden Leichenkutschen wird es sogar ein wenig mysteriös. Manche der gestellten Fragen sind nicht schwierig zu beantworten, andere hingegen erfordern schon ein aufmerksames Lesen und Kombinieren, was insgesamt eine unterhaltsame Lesezeit beschert.

Meine persönlichen „Highlights“ sind hier die Protagonistin Rosalie Menzel selbst, die frisch, selbstbewusst, schlagfertig, intelligent und weltoffen daherkommt, während der blitzgescheite, aber doch ein wenig gestrig anmutende Herr Kommissar (gewollt) stereotyp erscheint. Zum anderen möchte ich noch die sehr gelungene und schon fast liebevolle Aufmachung dieses Buches loben. Es gibt hier sehr viele stimmige und atmosphärische Bilder und Illustrationen, wie aus einer Ermittlungsakte, und das ganze Buch ist in passenden Sepiatönen gehalten. Toll gemacht!

FAZIT:
Ein tolles Gimmick für Krimifans mit kurzen Stories für „zwischendurch“, die zum Mitraten einladen.

Bewertung vom 24.06.2021
Richert, Katja

Bababoo and friends - Zusammen starten wir ins Abenteuer!


ausgezeichnet

Ein zauberhaftes Vorlesebuch für Kinder ab zwei

„Wir üben jetzt das Mutigsein!“

Meine Meinung:
Bababoo, der kleine Löwe, erfindet immer wieder die tollsten Sachen, hat dann aber doch Angst, sie auszuprobieren. Als er seine Himmelsschaukel gebaut hat, überzeugt ihn seine beste Freundin Miss Mali, das kleine Glühwürmchen, dann aber doch, sie auszuprobieren. Mutig und unerschrocken erleben die beiden daraufhin ein paar aufregende Abenteuer…

Das Pappbilderbuch richtet sich an kleine Zuhörer*innen ab zirka zwei Jahren. Auf 24 Seiten erleben sie, wie Bababoo und seine Freunde beim Schaukeln fast die Wolken kitzeln, Kirschen pflücken, Torten backen, einem verletzten Wal helfen oder auch viel Spaß am Strand haben. Dabei begeistert sich Bababoo immer wieder für die tollen Abenteuer, die man in der Natur erleben kann und lernt, dass es gar nicht so schlimm ist, auch mal hinzufallen oder die Küche beim Backen etwas durcheinander zu bringen. Während des Zuhörens gibt es für die Kleinen auf den wunderbar bunten Bildern ganz viel zu entdecken und bestaunen. So macht jede einzelne Seite selbst Lust, hinaus zu gehen und gemeinsam kleine Alltagsabenteuer zu erleben.

Der Panguin Verlag wirbt damit, dass mit diesem Buch Kreativität und Fantasie angeregt werden, der Spracherwerb gefördert, der Wortschatz erweitert und die soziale Entwicklung unterstützt wird. Das Buch gibt konkrete Anregungen für eigene Abenteuer, vermittelt einen breiten, aber dennoch altersgerechten Wortschatz und die Tiere helfen einander ganz selbstverständlich. Der Einschätzung des Verlags kann ich mich also nur voll und ganz anschließen!

FAZIT:
Das perfekte Buch, um kleine Zuhörer*innen zu begeistern und zu eigenen Abenteuern anzuregen!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.06.2021
Johnson, Pete

Wie man mit seinen verrückten Eltern fertig wird / Eltern Bd.3 (3 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Ein urkomisches Hörbuch - (nicht nur) meine Jungs hatten viel Spaß damit!

„Mom, ich bin jetzt ein Teenager! Du kannst von Glück sagen, dass ich überhaupt mit dir rede!“ (Luis, Section 20)

Meine Meinung:
Autor Pete Johnson hat mittlerweile mehr als 50 Kinderbücher geschrieben, darunter die extrem erfolgreichen Reihen „Wie man 13 wird…“- und „Eltern“, dessen dritter Band dies ist. Diese Reihe erlaubt uns einen Blick in das Tagebuch von Luis, seines Zeichens „in jedem Fach der Schlechteste seiner Klasse“, begnadeter Witzeerzähler und (so hofft er zumindest) zukünftiger Stand-Up-Comedy-Star!

In dieser Story geht es echt turbulent zu! Während Luis´ Eltern mal eben die Rollen tauschen und sein Dad zum überambitionierten, aber wenig geeigneten Hausmann mutiert, hat Luis gleich einen ganzen Haufen eigener Probleme. Weder sein erstes Date mit seiner BFF und Managerin Maddy, noch sein lang ersehnter Auftritt im großen Finale von „Kids mit Biss“ verlaufen auch nur ansatzweise wie sich Luis das so vorgestellt hat. Noch dazu manövriert er sich bei Geschichtslehrer Mr. Beech (aka „Godzilla“) selbst ins Abseits und muss auch noch feststellen, dass sein Dad ein Geheimnis hat…

Wir haben diese Story als Hörbuch genossen und uns wirklich großartig amüsiert! Es ist echt faszinierend, wie viel Ereignisse man in so rasanter Folge in den knapp 4 Stunden Hörvergnügen unterbringen kann. Auch wenn die Hörfassung gekürzt ist, hatten wir an keiner Stelle das Gefühl, dass etwas fehlen könnte (bei 176 Seiten des Buches kann das auch nicht wirklich viel sein). Sprecher Henning Nöhren zuzuhören macht wirklich viel Spaß, denn er verleiht Luis eine frisch-freche Note, mal passend überdreht, mal zum Mitfühlen verleitend niedergeschlagen. So vergeht das Hörbuch wie im Flug und am Ende freut sich das Zwerchfell, dass es endlich eine Lachpause bekommt…

Manches ist natürlich bewusst überspitzt (z.B. die gruseligen Nachbarn Mr & Mrs Blauhaar und Pferdegebiss), manches auch etwas fäkal-humorig, aber Einiges lässt einen beim Hören über ähnliche Familienerlebnisse schmunzeln, wie etwa die Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Sauberkeits- und Ordnungszustands von Teenager-Zimmern. So ist dieses Hörbuch nicht nur ein Riesenspaß für Kids, sondern auch für uns Eltern.

FAZIT:
Rasante Erlebnisse mit Gag-Feuerwerk – meine Jungs (10 & 13) haben sich schlappgelacht!

Bewertung vom 03.06.2021
Föhr, Andreas

Unterm Schinder / Kreuthner und Wallner Bd.9 (1 MP3-CD)


ausgezeichnet

Ein verzwackter Fall und gewohnt viel Humor – diese Reihe ist einfach Spitzenklasse!

Meine Meinung:
„Unterm Schinder“ ist der neunte Fall für das urige Ermittler-Duo Clemens Wallner und Leonhard „Leo“ Kreuthner und bereits der Beginn ist spannend. Während uns Andreas Föhr nach dem Prolog um das Leben eines 14jährigen Mädchens bangen lässt beginnt der Haupthandlungsstrang mit einem sehr skurrilen Versuch Kreuthners, seine attraktive junge Kollegin Lisa zu beeindrucken. Selbstverständlich geht Kreuthners Plan mächtig schief und der alte Grantler stolpert so in einen neuen Fall…

Andreas Föhrs wunderbare „Wallner & Kreuthner“-Reihe gehört zu meinen liebsten deutschen Krimireihen und der neue Band hat diesen Status einmal mehr untermauert. Grundsolide und gekonnt entwickelt der Autor einen ausgeklügelten Plot auf zwei Zeitebenen, dessen Zusammenhänge sehr lange im Dunkeln bleiben und mich dabei zum Miträtseln angespornt haben. Akribische Ermittlungen fördern Puzzlestück für Puzzlestück ans Licht und langsam setzt sich ein Gesamtbild des Ganzen zusammen. Mehr als einmal gelingt dem Autor dabei eine faustdicke Überraschung. Die letzte – kaum vorhersehbare Überraschung – präsentiert er dann im Finale und löst damit seinen Fall überzeugend und nachvollziehbar auf. Ein rundum gelungener Kriminalfall, der ohne allzu viel Blut und Effekthascherei auskommt.

Die stets gelungenen Storylines sind aber nur eine Seite der Medaille bei Föhrs Oberbayern-Krimis, denn den ganz besonderen Charme erhalten seine Bücher durch die skurrilen Charaktere und den gewohnt passend dosierten Humor. Sei es der im wahrsten Sinne des Wortes coole Clemens Wallner („bei der ganzen Polizei Oberbayerns als verfroren bekannt“ -„er ging ganz offen mit seiner Behinderung um“) oder eben auch der „Leo“ Kreuthner, dem keine Idee zu abwegig erscheint und der oftmals am Rande des noch Machbaren taumelt – oder eben auch darüber hinaus. Die beiden sind ein echt bestechendes Ermittlerpaar, die sich in ihren Gegensätzen abwechselnd im Wege stehen oder gegenseitig beflügeln. Doch noch immer ist ein anderer mein absoluter Liebling hier: Opa Manfred Wallner, der es auch mit seinen knapp 90 Jahren gerne in der berüchtigten Mangfallmühle krachen lässt, einem guten Joint nicht abgeneigt ist oder auch den eigenen Enkel in Sachen Freiersfüßen überflügeln will. Ganz klar: Opa Manfred ist Kult!

Neben dem altbekannten und heißgeliebten Ensemble dieser Reihe fährt Andreas Föhr einmal mehr die passenden Fall-Charaktere in schillernder Pracht auf, von der wegen Mordes inhaftierten Jennifer Wächtersbach, die Wallner im Knast geradezu unanständige Angebote macht, bis hin zum windigen und gelungen stereotypen Kredithai Gerald „Gerry“ Branek.

Zum Schluss noch ein großes Lob an den Argon Verlag für die wie immer sehr gelungene Hörbuchproduktion und insbesondere an Sprecher Michael Schwarzmaier, der dieses Werk zu einem echten Hörerlebnis macht und den Charakteren eine unverwechselbare Einzigartigkeit verleiht. Die Paraderolle ist hierbei natürlich der ordentlich angeschickerte Opa Manfred… wer auch sonst?

FAZIT:
Ein – mal wieder – rundum gelungener Hörgenuss mit komplexem Fall und wunderbaren Charakteren.

Bewertung vom 28.05.2021
Meyer, Kai; Surborg, Lisanne

Imperator (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein unglaublich atmosphärischer und geheimnisvoller Genre-Mix

Meine Meinung:
„Imperator“ ist die Roman-Adaption von Lisanne Surborg der für Audible geschriebenen und produzierten Hörbuchserie aus der Feder von Kai Meyer. Doch dies merkt man dem Buch auf keiner einzigen Seite an, denn es wirkt vollkommen „rund“ und wie aus einem Guss geschrieben. Bereits der Start in die Geschichte ist extrem atmosphärisch, denn alles beginnt in einem kleinen, versteckt gelegenen und psychedelisch-chaotisch anmutenden Platten-(und mehr!)Laden im London der „Swinging Sixties“ - und mit einer unheilschwangeren Prophezeiung von Madame Shivani! Doch schnell führt uns die Geschichte an ihren eigentlichen Schauplatz, nach Rom. Während Hollywood-Größen sich ein Stelldichein zum Dolce Vita geben und B-Schauspieler um ihre Karriere kämpfen, umtriebige Paparazzi mit ihren rasenden Vespas immer auf der Jagd nach dem Geld bringenden Skandalfoto sind, die politische Struktur des Landes zwischen Alt-Faschisten und Neu-Kommunisten immer weiter zerrissen wird, sucht die junge Anna Savarese nach Beweisen dafür, ob ihre Mutter tatsächlich von ihrem mittlerweile inhaftierten Vater ermordet worden ist. Doch in diesem quirligen Getümmel braut sich hinter den pittoresken Fassaden der alten Palazzi eine dunkle Bedrohung zusammen…

Wie von Kai Meyer gewohnt, bietet dieses Buch eine ausgeklügelte und raffinierte Story mit einer ungewöhnlichen Grundidee. Der Autor nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit der „Ewigen Stadt“ und schafft mit jeder Seite eine unglaublich intensive und authentisch anmutende Atmosphäre. Edelklubs auf der Via Veneto, Ruinen auf dem Forum Romanum, wimmeliges Durcheinander auf der Piazza Barberino oder auch lautstarkes Treiben in den Filmstudios Roms zur Blütezeit des Italienischen Kinos. Versinkt man in diesen Seiten, hört man regelrecht die Vespas knattern, spürt die Sonne auf der Haut und riecht den Duft eines frisch zubereiteten Espressos. Keine Frage, die Atmosphäre dieses Buches hat mich rundum verzaubert!

Aber auch die Story hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Denn auf Annas Suche nach persönlichen Antworten wird schnell klar, dass in Rom Dunkles vor sich geht. Sehr behutsam und in homöopathischen Dosen lassen die Autoren Mystisches und Unerklärliches in ihre Geschichte einfließen. Kai Meyer schreibt selbst im Nachwort, dass er sich eines magischen Realismus bedient hätte, „der die Wirklichkeit punktuell überhöht, aber nicht die gesamte Handlung ad absurdum führt.“ Und das ist ihm perfekt gelungen. So steigert sich die Spannung von einem zu Beginn undifferenziertem Bauchgefühl bis zu einem actionreichen und atemlosen Finale, dass die Protagonisten jeweils an die Grenzen ihrer eigenen Belastbarkeit führt.

Apropos Protagonisten: Auch hier hat Kai Meyer einmal mehr ein sehr geschicktes Händchen bewiesen. Anna Savarese ist die klassische Figur, bei der einem als Leser.in sofort warm ums Herz wird: Den Kinderschuhen kaum entwachsen, gezeichnet von einem Schicksalsschlag, voller Mut und Tatendrang und mit einer ordentlichen Portion Unbedarftheit ausgestattet. Schön, dass ihr mit dem smarten Paparazzi Spartaco ein passender und ebenfalls sehr sympathischer Sidekick zur Seite gestellt worden ist. Als Gegengewicht wirkt der dritte Protagonist im Bunde, der ehemalige Polizist und „Privatdetektiv“ Gennaro Palladino, ganz anders: etwas abgehalftert, ein wenig zu tief im Sumpf steckend und stets von einer inneren Unruhe angetrieben. Palladino ist alles andere als der strahlende Sympathieträger, doch wirklich unsympathisch ist auch nicht… eine perfekte Ballance!

So hat mich dieses Buch mit seinen schnellen Szenen- und Perspektivwechseln durchweg sehr gut unterhalten und am Ende hat es mich nicht gewundert, dass es auf die drängendsten Fragen noch keine Antworten gegeben hat.

FAZIT:
Ein wunderbares Buch, in das man von der ersten bis zur letzten Seite vollkommen versinken und währenddessen die Zeit vergessen kann!

Bewertung vom 27.05.2021
Mack Jones, Stephen

Der gekaufte Tod


ausgezeichnet

„Das Schwert in Gottes linker Hand“ – gelungener Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe

„Also kehrte ich in eine Stadt zurück, wo Glück sich meist darauf beschränkt, eine gewisse Zufriedenheit in einem hinnehmbaren Maß an diffuser Angst, unspezifischer Abscheu und unerklärlichem Überdruss zu finden.“ (S. 11)

Meine Meinung:
Der Ex-Cop und Ex-Marine August Octavio Snow, 34, hat mit seinen Aussagen vor Gericht einen Korruptionsskandal ausgelöst, der weite Teile des Detroiter Police Departments und sogar den Detroiter Bürgermeister zu Fall gebracht hat. Außerdem machte ihn das Gerichtsverfahren durch eine Entschädigungszahlung zu einem Multimillionär. Nachdem er nun monatelang ziellos durch die Welt getingelt ist und sich dabei beinahe totgesoffen hätte, ist er zurück in seiner alten Heimat und probiert, mit seinem Geld etwas Gutes zu bewirken. Doch noch immer ist er in den Augen Vieler eine absolute „Persona non grata“…

Zu Beginn nimmt sich Stephen Mack Jones viel Zeit und Raum, uns seinen Protagonisten, dessen Werdegang und die Entwicklung Detroits, von der Legende der amerikanischen Automobilindustrie bis zur Komapatientin der Bankenkrise, nahezubringen. Detroit ist mit seiner sehr heterogenen Entwicklung, dem Korruptionsfilz und dem kulturellen Schmelztiegel ein sehr außergewöhnliches und interessantes Setting für einen Krimi. Der eigentliche Kriminalfall tritt dabei für die ersten rund 100 Seiten eher in den Hintergrund. Ich fand diesen Teil dennoch sehr interessant und atmosphärisch zu lesen und auch wenn hier die Spannung fehlte, lohnt sich das „dranbleiben“ doch auf jeden Fall!

Denn nachdem der Autor seine Figuren gekonnt auf dem Schachbrett dieser Story platziert hat und wir als Leser*innen ein Gefühl für die Besonderheiten dieser Stadt bekommen haben, nimmt der eigentliche Kriminalfall an Fahrt und Spannung auf. Nach und nach zeichnet es sich immer mehr ab, dass dieser Fall weitaus größere Dimensionen aufweist, als zunächst anzunehmen gewesen ist. So verwundert es auch kaum, dass es für Snow schnell selbst brandgefährlich wird. In der zweiten Hälfte zündet der Autor dann ein wahres Action-Feuerwerk á la Hollywood-Blockbuster - das ist wirklich perfekte Unterhaltung bis zum Schluss!

Neben der ausgeklügelten Story und dem atmosphärischen Setting besticht dieses Buch insbesondere auch durch seinen kantigen Protagonisten. Außen rau und mit oft schon an Selbstzerstörung grenzenden Aktionen, hat Snow doch ein butterweiches Herz und hilft allen, die sich nicht selbst zu helfen wissen, mit Geld, Rat und Tat. Ein bisschen erinnerte er mich damit an Evan Smoak aus der ebenfalls sehr empfehlenswerten "Orphan X"-Reihe von Gregg Hurwitz. Aber auch Snows Sidekicks (vor allem Tomás und Frank) sowie die Nebencharaktere sind Stephen Mack Jones sehr gut gelungen, so dass ich mich wirklich freuen würde, mehr von ihnen zu lesen! (Im Original ist jüngst Band 3 erschienen).

FAZIT:
Zu Beginn durchhalten, dann Atem anhalten. Ein voll und ganz überzeugender Reihenauftakt, der von Seite zu Seite fesselnder wird!