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Circlestonesbooks.blog
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Lesebegeisterte Literaturbloggerin, https://www.circlestonesbooks.blog/

Bewertungen

Insgesamt 411 Bewertungen
Bewertung vom 04.01.2021
Stein, Marie von

Elfenborn


ausgezeichnet

Regenbogenreise in das Tal der Kalle

„Das sah aus, als folgten die Gestalten da unten dem Regenbogen und seinem Weg bis in die Gegend von Elfenborn. Wie passend. Susannas Neugier war geweckt.“ (Zitat Seite 66)

Inhalt
An die weiße Frau, die sie manchmal sieht und in ihren Gedanken hört, ist Susanne Kallen, eine moderne junge Frau Ende zwanzig, seit ihrer Kindheit gewöhnt. Doch erst als ihre Vorfahrin Anna, Freiin von Callendorf, dringend ihre Hilfe benötigt, erkennen beide die Zusammenhänge.

Thema und Genre
Ein Roman mit Regionalbezug und zugleich eine magische Zeitreise in das 17. Jahrhundert. Die Geschichte spielt in der grünen Hügellandschaft der alten Grafschaft Lippe, heute Gemeinde Kalletal. Themen, damals wie heute, sind Neid und Geldgier, Ausgrenzung und als Gegenteil Toleranz und Verständnis, aber auch Freundschaft und mutige, tatkräftige Frauen.

Charaktere
Susanna ist naturverbunden, offen, interessiert, und wenn ihre Hilfe benötigt wird, fragt sie daher nicht lange, sondern handelt.
Anna, Freiin von Callendorf, trägt die Verantwortung für das Gut und die Ländereien der Familie, obwohl sie erst zwanzig Jahre alt ist. Sie bemüht sie sich um Bildung für alle Kinder, aus allen Gesellschaftsschichten, um fortschrittliche Hygiene- und Gesundheitsbedingungen, was 1669 bei den meisten Menschen noch auf Unverständnis stößt. Doch sie ist mutig und lässt sich nicht beirren.

Handlung und Schreibstil
Dieser erste Band der RegenbogenReigen-Serie umfasst zwei Handlungsstränge. Die aktuelle Handlung spielt im Spätsommer 2019, der historische Teil findet 1669 statt. Auch wenn die Zeitreise in das Reich der Magie und Phantasie gehört, spürt man die genaue Recherche des Lebens in dieser Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg und die spannende Geschichte liest sich glaubhaft, bunt und sehr lebendig. Der Autorin gelingt es, auch die Sprache der jeweiligen Zeit und den Figuren anzupassen, sie tut dies jedoch charmant und unverkrampft, sodass die Geschichte sehr angenehm zu lesen ist. Typische lippische Ausdrücke werden in einem Glossar am Ende des Buches erklärt, gefolgt von den Quellenangaben.

Fazit
Eine spannende, magische Zeitreise in das Tal der Kalle im Lipper Bergland, als die moderne Gemeinde Kalletal des 21. Jahrhunderts im 17. Jahrhundert noch die Grafschaft Lippe war. Was jedoch zeitlos ist, ist die Schönheit der Natur, die beim Lesen in unseren Gedanken entsteht und das unterhaltsame Lesevergnügen abrundet.

Bewertung vom 28.12.2020
Berg, Sibylle

GRM


ausgezeichnet

Packend und brisant

„Sie wussten, dass sie als Kinder keine Menschenrechte hatten. Wussten, dass auch Erwachsene keine Menschenrechte hatten und dass die Idee, sich wie ein Haustier einen Chip unter die Haut schieben zu lassen, befremdlich war.“ (Zitat Seite 239)

Inhalt
Sie sind noch Kinder, Don, Peter, Hannah und Karen. In Rochdale haben sie einander gefunden, da sie eines gemeinsam haben, in einem Großbritannien einer nahen Zukunft, wo die Gesellschaft weit auseinanderklafft, sind sie sogar auf der Seite der Sozialfälle Außenseiter, alleine und auf sich gestellt. Ihre Musik ist Grime, harte Beats, wütend, wie ihr Leben, das sie täglich neu erfinden müssen. Die vier sind jetzt eine Gruppe und gleichzeitig die einzige Familie, die sie noch haben. Sie gehen nach London, in der Hoffnung auf eine Zukunft. Doch Überwachungschip und Grundeinkommen gibt es nicht für Kinder, die nirgendwo registriert sind. Als sie eine leere Fabrikhalle entdecken, haben sie ein Zuhause und eine Basis für ein Leben und Überleben außerhalb des Systems.

Thema und Genre
Dieser Roman ist eine kritische, schonungslose Offenlegung unserer Zeit. Es geht um AI, Scheinwelten, Gier in allen Facetten, um Menschenwürde, die nicht nur am Einkommen gemessen wird. Gesellschaftskritik zum Nachdenken, die nicht als Dystopie verstanden werden will.

Charaktere
Die vier Hauptfiguren sind dem Alter nach Kinder, konnten jedoch nie wirklich Kind sein. Sie beobachten und versuchen, die Welt, die sie umgibt, zu verstehen und darin irgendwie einen Platz zu finden. Wir folgen ihrem Weg vom Kind zum Jugendlichen, zum Erwachsenen. Ergänzt werden sie durch Figuren, die jeweils klassentypisch für Gesellschaftsschichten unserer Zeit sind. Erklärt wird jeder einzelne neue Charakter durch aufgelistete Informationen, Daten, im omnipräsenten Überwachungssystem gesammelt.

Handlung und Schreibstil
Dieser Roman führt das auktoriale Erzählen in eine moderne, neue Form des Schreibens, lässt uns jede der Figuren in immer wieder neuen Facetten und Situationen erleben. Die Handlung ist fortlaufend, mit erklärenden Rückblicken und Erinnerungen. Sie setzt sich aus vielen aneinandergereihten Momentaufnahmen und Ereignissen zusammen, zieht uns sofort mit in einem soghaften Lesefluss zwischen tiefer Beklemmung, Schock, Spannung und lautem Lachen, denn plötzlich landen wir in skurrilen, sehr witzigen und ironisch-bösen Szenen. Die Sprache umfasst alles zwischen stichwortartig-kurz, atemlos, intensiv und detailliert beschreibend und einfühlsam-poetisch. Erschienen im April 2019, erhält dieser Roman im Corona-Jahr 2020 eine zusätzliche Komponente von erschreckend aktueller Realität.

Fazit
Getarnt als Geschichte einer möglichen Zukunft, ist dieser vielschichtige, gesellschaftskritische, brisante Roman ein packender Aufruf, auch hinter die schönen Fassaden zu schauen und nachzudenken, welche Welt wir unseren Kindern wünschen.

Bewertung vom 22.12.2020
Born, Leo

Vergessene Gräber / Mara Billinsky Bd.5


ausgezeichnet

Ein packender, vielschichtiger Thriller

„Das schreckliche Gefühl, dass längst nicht alles vorüber war und ihnen noch einiges bevorstand, übermannte Mara mit jäher Wucht. Wie steckten mittendrin in diesem Spiel und hatten nicht die leiseste Ahnung, was der Einsatz war.“ (Zitat Seite 31)

Inhalt
Sie ist jung, unbeschwert, eine angehende Rechtsanwältin am Beginn ihrer Karriere – und sie wurde entführt. Sie ist überzeugt, dass es um Lösegeld geht, doch hier irrt sie. Auch er ist jung, hat gerade erfolgreich sein Studium beendet und auf ihn wartet eine erfolgversprechende Arztstelle. Es bleibt nicht bei diesen zwei Opfern und sie alle haben eines gemeinsam: sie sind jung, sympathisch, zielstrebig, erfolgreich. Mara Billinsky und Jan Rosen stehen unter Druck, es scheint weder Motive noch Zusammenhänge zu geben, denn diese jungen Menschen waren beliebt, hatten keine Feinde. Die betroffenen Eltern hüllen sich in Schweigen, doch Mara spürt, dass sie mehr wissen.

Thema und Genre
Dieser packende Thriller ist der fünfte Band der Mara Billinsky-Serie. Es geht um mächtige internationale Verbrecherorganisationen, ein brutales Verbrechen in der Vergangenheit und um das Frankfurter Milieu. Auch prägende Erfahrungen in der Kindheit, Beziehungen und Familie sind Themen.

Charaktere
Die Ermittlerin Mara Billinsky wird im Kollegenkreis immer noch „die Krähe“ genannt, aber inzwischen geschieht dies mit Anerkennung. Mara ist nach wie vor eigenwillig in ihren Ermittlungen, doch mit Jan Rosen bildet sie inzwischen ein Team. Ihr Vorgesetzter, Hauptkommissar Klimmt, lässt ihr weitgehend freie Hand. Dieser besondere Fall bringt Mara endlich auch ihrem Vater Edgar näher.

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte ist in vier Hauptteile gegliedert und es sind mehrere Handlungen, die parallel verlaufen. Nicht nur diese Mordserie gibt den Ermittlern Rätsel auf, sondern auch der gewaltsame Tod eines alleinstehenden Mannes. Jan Rosen ist auch noch in einen persönlichen Fall verwickelt, während Mara ebenfalls eigene Wege in ihren Ermittlungen geht. Dieser Thriller ist spannend und rasant geschrieben, nimmt sich trotzdem Zeit für die persönliche Entwicklung der Hauptfiguren und die Schilderung der Hintergründe und Verflechtungen, bis sich langsam ein Bild dieses sehr komplexen Falles ergibt. Die gesamte Handlung bleibt stimmig und nachvollziehbar.

Fazit
Auch dieser fünfte Fall von Mara Billinsky ist ein packender, beklemmender Thriller, vielschichtig in der Themenwahl, geheimnisvoll und mit gekonnt entwickelten Charakteren. Besonders die leisen Veränderungen der bereits aus den vorhergehenden Bänden bekannten Hauptfiguren sind sehr interessant zu verfolgen und das macht sie mit allen ihren Eigenheiten noch sympathischer. Auch diesmal wieder ein sehr spannendes, facettenreiches Leseerlebnis.

Bewertung vom 19.12.2020
Falk, Susanne

Fast ein Märchen


ausgezeichnet

Originell und unterhaltsam

„Ich kenne die Namen aller Kinder dieser Welt, auch die der unartigen, und ich mache mehr Menschen glücklich als irgendein anderes Wesen. Und man kann mich herbeizaubern, indem man mit einem Glöckchen klingelt, allerdings nur an einem Tag im Jahr.“ (Zitat Seite 12)

Thema und Inhalt
Eine Sammlung von vierundzwanzig Geschichten, die in den Tagen rund um das Weihnachtsfest spielen, auch wenn das Fest selbst nicht unbedingt im Mittelpunkt steht.

Umsetzung
Erzählt werden Erlebnisse von bekannten historischen Persönlichkeiten: von den Brüdern Grimm über Goethe, Schiller, bis Mary Shelley, von Mozart bis Elvis, von König Artus bis Kaiserin Maria Theresia, und viele mehr. Ein breit gefächertes Potpourri von Namen und eine ebenso vielfältige, bunte Mischung von Geschichten, witzig, skurril, mysteriös, und alle könnten theoretisch so oder so ähnlich im Leben der Figuren passiert sein, oder auch nicht.

Fazit
Vierundzwanzig sehr unterschiedliche Erzählungen, die alle in den Weihnachtstagen spielen, mal nachdenklich-besinnlich, mal mit einem humorvollen Augenzwinkern, aber auch angenehm gruselig, wie es ebenfalls in diese Zeit passt. Eine unterhaltsame Lektüre für alle, die sich lesend in Weihnachtsstimmung bringen wollen, aber ohne kitschige Romantik.

Bewertung vom 16.12.2020
Escribà, Christian;Tarragó, Sílvia

Die Bäckerei der Wunder


sehr gut

„In der wohligen Wärme eines nie verlöschenden Herdfeuers, über dem sich je nach Tages- oder Jahreszeit die verschiedensten Düfte entfalteten, konnte sie beim Köcheln der Kasserollen jedes Zeitgefühl verlieren.“ (Zitat Seite 30, 21)

Inhalt
Wir schreiben das Jahr 1926 und es ist der erste Weihnachtstag. Es schneit in Barcelona und an diesem besonderen Tag wird Alba geboren, deren Begeisterung und Gabe für das Kochen und ganz besonders für das Backen sie eines Tages, als junge Frau, in die berühmte Konditorei Escribà führt, wo sie eine Konditorlehre beginnen kann. Dies in einer Zeit, als in Spanien die traditionelle Rolle der Frauen in der Ehe, Mutterschaft und damit im Kreise einer eigenen Familie gesehen wurde. Doch Alba weiß genau, was sie will und sie ist bereit, hart dafür zu arbeiten.

Thema und Genre
Dieser Roman erzählt die Geschichte der berühmten Pastisseria Escribà in Barcelona. Es geht um die Leidenschaft für das Bäcker- und Konditorhandwerk, um Kunst und Schokolade, aber auch um Familie und die Liebe.

Charaktere
Die Hauptfiguren sind einerseits Antonio und Antoni Escribà, Großvater und Vater von Christian Escribà und andererseits Alba, das Mädchen aus einfachen Verhältnissen mit der besonderen Begabung und Liebe zum Backen. Antoni Escribà ist ein begabter Künstler und als er die besonderen Eigenschaften von Schokolade für die Gestaltung von meisterhaften Skulpturen für sich entdeckt, macht dies aus der ursprünglichen Bäckerei endgültig die berühmte Patisserie Escribà. Alba, keine besonders sympathische Figur, ist eine Getriebene, in deren Leben der Beruf, ihre Berufung, immer an erster Stelle stehen wird. Auch prägende persönliche Erlebnisse können daran nichts ändern, ihre Ideen und Empfindungen lebt sie in der Backstube aus.

Handlung und Schreibstil
Die Handlung ist in drei übergeordnete Teile gegliedert, Teil I umfasst den Zeitraum 1896 bis 1948, Teil II die Jahre 1926 bis 1952 und Teil III spielt zwischen 1954 bis 1979. Mit wenigen Ausnahmen sind die einzelnen Kapitel jeweils nach einem besonderen Gebäck benannt und die Schilderungen der speziellen Eigenschaften und der Zubereitung sind in die Ereignisse eingefügt. Die Geschichte Kataloniens in den Jahren 1926 bis 1977 zieht sich durch die gesamte Handlung, bleibt jedoch vage im Hintergrund. Es ist kein Roman mit einer fortlaufenden Geschichte, sondern es werden wichtige Episoden und besondere Ereignisse aus Albas Leben erzählt, nicht immer chronologisch, und parallel dazu die Entwicklung des Hauses Escribà von der einfachen Bäckerei zur erfolgreichen Pastisseria. Auch hier werden nur Meilensteine des Aufschwungs und besonders erzählenswerte Ereignisse berichtet.

Fazit
Die fiktive Geschichte einer jungen Frau, die im Nachkriegsspanien unbedingt Konditormeisterin werden will, ist eng verbunden mit der Geschichte der berühmten, realen Pastisseria Escribà in Barcelona. Der Duft von Gewürzen, frischen Backwaren und Schokolade, der aus den Seiten des Buches in unsere Gedanken zieht, macht diese Geschichte auch zur genussvollen Weihnachtslektüre.

Bewertung vom 10.12.2020
Bernheimer, Konrad

Tödliche Gemälde


sehr gut

Mord als Gesamtkunstwerk

„Als John nach dem eingehenden Studium des Hl. Sebastian von Guido Reni nach London zurückkam, war er sehr erregt. so ein wunderbares Motiv! Wie herrlich wäre es, sich seinen eigenen Sebastian zu erschaffen!“ (Zitat Seite 86)

Inhalt
Der Kunsthändler John Blumenstein erkennt ein Original eines der berühmten italienischen Meister sofort, wenn er es entdeckt und dies endet in der Regel mit einem für alle Beteiligten sehr lukrativen Geschäft. Auch im Privatleben huldigt er der Kunst, indem er Szenen von berühmten Gemälden nachstellt. Jedes Detail muss stimmen und so wird die Kunst zur grausamen Realität, doch die ermittelnden Beamten erkennen die Zusammenhänge nicht. Die Fälle landen beim BKA, auf dem Schreibtisch es unbeliebten, frustrierten Polizeipsychologen Martin Blume, der plötzlich erkennt, woran ihn die Tatortfotos erinnern.

Thema und Genre
Dieser Roman ist kein typischer Kriminalroman, denn der Täter ist bekannt, man folgt seinem Weg zwischen London, Paris und Venedig. Es geht um realistische Einblicke in den internationalen Kunstmarkt, alte italienische Meister, und um Mord als Huldigung an die Kunst.

Charaktere
Sympathische Figuren sucht man hier vergebens, aber jeder einzelne Charakter ist sehr speziell und mit feiner Ironie pointiert entwickelt, besonders Jonas „John Blumenstein“, der erfahrene Kunsthändler, international tätig, weltgewandt, geschäftstüchtig und finanziell sehr erfolgreich. Zu seinen Vorlieben zählen nicht nur die Darstellungen entrückter Märtyrer, sondern auch gepflegte Jahrgangsweine und herausragendes Essen. Sein Pendant ist sein Zwillingsbruder Martin Blume, der unauffällige, langweilige, penible Polizeipsychologe.

Handlung und Schreibstil
Die Handlung findet in der Jetztzeit statt und ist in zwei übergeordnete Teile eingeteilt. Teil I spielt in Paris und London, Teil II großteils in Venedig. Rückblenden ergänzen die aktuelle Geschichte. Einige Abbildungen der Kunstwerke, um die es bei den einzelnen Ereignissen geht, veranschaulichen die geschilderten Details. Die Sprache nimmt sich Zeit, beschreibt ausführlich die spektakulär und mit Kunstsinn zelebrierten Taten und Tatorte. Ebenso umfassend werden die besonderen Spezialitäten der gehobenen französischen und italienischen Küche geschildert, ihre Zubereitung und die hervorragenden Jahrgangsweine, die sie begleiten. So gesehen ist dieser Roman eine Art genussbetontes Gesamtkunstwerk.

Fazit
Obwohl auf dem Cover steht „Ein Kunstkrimi“, ist diese Geschichte kein Kriminalroman, dann man kann schon auf dem Cover lesen, wer hier so kunst- und genussvoll mordet. Es geht auch nicht um packende Ermittlungen, denn auch diese finden nicht statt. Es ist eine lebensfrohe, sinnesfreudige Geschichte, üppig wie ein barockes Gemälde und mit dem begeisternden Lebensgefühl der Städte London, Paris und Venedig. Hier geht es nicht um rasante Spannung und nachvollziehbare Logik, sondern um ein genüssliches Lesevergnügen, verbunden mit einem Ausflug in die italienische Kunstgeschichte zwischen Barock und Renaissance.

Bewertung vom 29.11.2020
Börjlind, Cilla;Börjlind, Rolf

Kaltes Gold / Olivia Rönning & Tom Stilton Bd.6


sehr gut

Spannung aus dem hohen Norden

„Es war eine düstere Zeit, eine Zeit, in der eiskalte Echos aus der Vergangenheit widerhallen. Aber auch düstere Zeiten müssen durchlebt werden.“ (Zitat Seite 121)

Inhalt
Die Erderwärmung lässt auch Schnee schmelzen, der damals, vor zwanzig Jahren, als „ewiges Eis“ galt und einen Toten bedeckt hielt, nun aber eine Hand freigibt. Ein Detail erinnert Tom Stilton an einen alten, nie aufgeklärten Fall. Es ist der erste Fall, bei dem Olivia Rönning, gerade aus ihrem Urlaub in Mexiko zurückgekehrt, die Ermittlungen leitet. Als sie zum Fundort in der rauen, einsamen Natur fliegt, stürzt ihr Hubschrauber ab, doch dies ist nicht ihr größtes Problem, denn jemand will noch vor ihr alle Spuren vernichten und das um jeden Preis. Grund genug für Tom Stilton, nach Hause zu kommen und, zusammen mit Mette lsäter, Olivia in diesem Fall zu unterstützen.

Thema und Genre
Dieser Kriminalroman aus dem hohen Norden ist Teil einer Serie um die Ermittler Olivia Rönning und Tom Stilton. Diesmal geht es um einen Cold Case, Umwelt, globale Wirtschaftsinteressen, Beziehungen und intensive Recherche.

Charaktere
Olivia Rönning ist überzeugt, ihren Unfall und die damit verbundenen Ereignisse gut verkraftet zu haben. Sie stürzt sich mit entschlossener Intensität und ruhelos in ihre Ermittlungen, nicht immer einfach für ihr Team Lisa und Bosse. Ihre Beziehung zu Lukas belastet sie, da sie sich permanent Sorgen um ihn macht. Es ist interessant zu sehen, wie sich die einzelnen Ermittler-Figuren und ihr Umfeld im Laufe dieser Serie charakterlich entwickelt haben, auch wenn dieser sechste Band genügend Rückblenden und Erklärungen enthält, um als eigenständiger Kriminalroman gelesen zu werden.

Handlung und Schreibstil
Dieser spannende, vielschichtige Fall spielt in Stockholm und in Arjeplog in Schwedisch-Lappland. Gleichzeitig führt ein Aspekt der Ermittlungen Tom nach Banjul, Gambia und somit in eine parallele Handlung. Die Geschichte findet in der Gegenwart statt. Die Ermittlungen befassen sich jedoch auch mit den Ereignissen, die zwanzig Jahre zurückliegen und reichen dann plötzlich noch weiter in die Vergangenheit zurück. Dieser Fall birgt nicht nur zu Beginn viele Rätsel und offene Fragen, was immer wieder zu neuen Erkenntnissen und unvorhersehbaren Wendungen führt. Dennoch bleibt die Geschichte plausibel und nachvollziehbar. Wichtig ist dem Autorenteam auch die private Situation von Olivia, ihre Beziehung zu dem schwierigen, psychisch labilen Künstler Lukas. Die damit verbundenen Schilderungen der Befindlichkeiten unterbrechen in ihrer Ausführlichkeit leider manchmal den Spannungsbogen. Dies ist vermutlich gewollt, führt jedoch dazu, dass die Geschichte etwas Zeit in Form von Buchseiten braucht, um richtig in Schwung zu kommen.

Fazit
Ein vielschichtiger, spannender Kriminalroman aus dem kalten Norden, düster und intensiv.

Bewertung vom 24.11.2020
Herron, Mick

Real Tigers / Jackson Lamb Bd.3


ausgezeichnet

Ein origineller Spionagethriller

„Und das war der springende Punkt. Kein Mensch verließ Slough House am Ende eines Arbeitstages und fühlte sich, als hätte er zur Sicherheit der Nation beigetragen.“ (Zitat Seite 31)

Inhalt
Catherine Standish, Mitglied des Slough House, ist entführt worden. Für ihre Freilassung verlangen die Entführer ein streng geheimes Dossier über den Premierminister, das River Cartright besorgen soll. Doch dieses befindet sich im Hauptquartier des MI5 am Regent’s Park. Er wird entdeckt und der neue Innenminister befiehlt, Slough House sofort zu schließen. Es sieht schlecht aus für die Slow Horses. Doch bei seiner Operation Tigerteam hat der Politiker wichtige Details übersehen und die Ereignisse entwickeln eine brisante Eigendynamik.

Thema und Genre
In diesem Spionagethriller geht es um Geheimdienste, Intrigen, Politik, Hierarchien und Machtspiele. Ein wichtiges Thema sind in diesem neuen Fall der Slow Horses auch die Sicherheit von gesammelten Daten in einer Zeit der modernsten Technologien.

Charaktere
Von den aktiven Mitgliedern des MI5 werden die Agenten im Slough House herablassend als lahme Gäule bezeichnet. Es sind eigenwillige Einzelgänger, unangepasst und frustriert und obwohl man sie nicht als sympathische Protagonisten bezeichnen würde, hat man diese interessanten Figuren sofort ins Leserherz geschlossen. Jackson Lamb, der Chef dieser Einheit, ist unangenehm, überheblich und schwer durchschaubar. Doch wenn es um einen von ihnen geht, sind sie plötzlich ein Team und auch der bequeme, übergewichtige Jackson Lamb wird sehr beweglich.

Handlung und Schreibstil
Diesmal ist es ein Geist, der durch das Slough House streift, ungehindert durch alle Türen und Mauern blickt und zu Beginn die einzelnen Mitglieder der Slow Horses vorstellt, sodass auch Leser*innen, welche noch kein Buch dieser Serie gelesen haben, die Mitglieder dieses speziellen Teams und ihre Geschichte kennenlernen.
Die spannenden Ereignisse sind in Kapitel und diese in zwei Hauptteile eingeteilt: „Falsche Freunde“ und „Wahre Feinde“. Wie schon diese beiden Titel aussagen, enthält die spannende, straffe Handlung überraschende Wendungen, die weder für die Protagonisten vorhersehbar sind, auch nicht für jene, die wesentlich an der Planung der Geschehnisse beteiligt waren, noch für uns Leser. Dennoch ist die Geschichte absolut glaubhaft, nachvollziehbar und könnte durchaus real sein. Gekonnt schildert, charakterisiert und entwickelt der Autor auch alle seine Figuren. Die Sprache überzeugt auch durch englischen Humor und lockere Ironie. So bleibt sogar während des packenden, rasanten Showdowns Zeit für witzige Sequenzen, sodass man beim Lesen, obwohl mitten im Geschehen eines actionreichen Nahkampfes auf Leben und Tod, in lautes Lachen ausbricht.

Fazit
Auch dieser dritte Band der Serie um die sympathischen Antihelden enttäuscht nicht und bietet wieder eine Fülle von Überraschungen und neuen Themen. Eine moderne Variante der klassischen Spionageromane, ein packender und realistischer Thriller und ein großartiges Leseerlebnis zwischen gefährlicher Action, spannenden Intrigen, unvorhersehbaren Wendungen und Humor.

Bewertung vom 17.11.2020
Bunda, Martyna

Das Glück der kalten Jahre


sehr gut

Zeitgeschichte aus Sicht der Frauen

„Drei Schwestern, aber ohne die Blautöne, ohne den See, den Himmel und die mal aus dem Wasser, mal aus den Wolken springenden Fische, ohne die seltsam fahlen Blumensträuße und den Namen Astrida. Ohne all die frappanten und schönen Details. Mithin kein bisschen so wie im Leben.“ (Zitat Seite 317)

Inhalt
Es ist ein solides Haus, das erste gemauerte Haus in Dziewcza Góra, einem Dorf im polnischen Teil von Pommern, das Rozela 1932 für sich und ihre drei Töchter baut. Es wird zum Zentrum der Familie, Heimat für diese vier Frauen, Rozela, Gerta, Truda und Ilda. Auch wenn das Leben sie teilweise an andere Orte führt, so kehren die drei Schwestern immer wieder in dieses Haus zurück, um schwierige Situationen und Schicksalsschläge im Gleichschritt, Arm in Arm, und mit dem Blick nach vorne zu bewältigen.

Thema und Genre
Ein Familien- und Generationenroman, in dessen Mittelpunkt die Frauen stehen. Es geht um das alltägliche Leben auf dem Land in einem sich ständig wiederholenden Wechsel der Jahreszeiten, durch Kriegs-, Nachkriegsjahre und die nachfolgenden Jahrzehnte. Das Kernthema ist jedoch der Zusammenhalt innerhalb dieser Familie.

Charaktere
Es sind keine starken Frauenfiguren, aber sie sind unbeugsam und hartnäckig. Die Schwestern sind oft unterschiedlicher Meinung, doch wenn es darauf ankommt, halten sie zusammen. So lange sie lebt, hat die Mutter Rozela das letzte Wort im Haus. „In ihrem ganzen Leben war es so wie an diesem Herbsttag. Drei Töchter hatte sie, die liebte sie alle gleich, aber sie konnte sie nicht alle gleich behandeln.“ (Zitat Seite 260)

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte dieser Frauen wird abwechselnd erzählt, entweder aus Sicht der Mutter, oder es steht eine der drei Töchter im Mittelpunkt. Manche Ereignisse werden daher aus unterschiedlichen Blickwinkeln geschildert. Die Handlung verläuft großteils chronologisch, greift jedoch auch manchmal vor oder ergänzt mit Rückblenden, und folgt den unterschiedlichen Lebenswegen der Töchter durch Beziehungen, Mutterschaft, Schicksalsschläge und immer wieder auch das kleine Glück guter Zeiten. Wir erleben skurril-humorvolle Episoden, als Ilda im Zorn von ihrem Lebensgefährten, dem Bildhauer, wegläuft, sich auf ihr geliebtes Motorrad schwingt und, ohne es geplant zu haben, ein Motorradrennen gewinnt. Auch Schweine spielen eine Rolle in diesem Roman, wegen der besonderen Kreuzung, die ebenfalls zufällig passiert ist, verboten, dann viele Jahre später als besondere Rasse entdeckt. Die Sprache schildert unaufgeregt, auch die für mich persönlich entbehrlichen Schilderungen des Schlachtens von diversen Tieren erfolgen in einem beinahe zärtlichen Stil.

Fazit
Es ist die Geschichte über den Werdegang von Frauen im einfachen, ländlichen Umfeld im wechselvollen 20. Jahrhundert, ihr Leben zwischen Tradition und dem Wunsch nach mehr Freiheit. Ein interessantes Beispiel polnischer Gegenwartsliteratur.

Bewertung vom 16.11.2020
Bismuth, Nadine

Familienbande


sehr gut

Ein realistischer Blick auf moderne Paare

„Wieder ist ein Tag zu Ende, sage ich mir, wieder ein Tag, an dem ich nichts getan habe, um mich aus dieser irrwitzigen Lage zu befreien.“ (Zitat Seite 93)

Inhalt
Magalie, vierzig Jahre alt und Mutter der fünfjährigen Charlotte, ist eine erfolgreiche Küchendesignerin. Obwohl es in ihrer Beziehung mit dem Rechtsanwalt Mathieu, Vater von Charlotte, längst kriselt, kann sich Magalie nicht entscheiden, einen Schlussstrich zu ziehen. So sieht sie über die langen Arbeitszeiten und beruflichen Abwesenheiten von Mathieu hinweg, obwohl sie diese Situation belastet.

Thema und Genre
In diesem Roman geht es um moderne Paarbeziehungen und Familiengefüge, und um die zeitlose Suche nach Liebe und verlässlichen Partnern.

Charaktere
Die Figuren dieses Romans sind urbane Menschen unserer modernen Zeit. Sie stehen aktiv im Berufsleben und sind gleichzeitig Paare und Eltern. Es sind unterschiedliche Charaktere, nicht besonders sympathisch, doch realistisch und ihre Denkweise und Handlungen sind nachvollziehbar.

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte spielt in Montréal, in der Zeit zwischen 10. August und 4. März. Die Hauptfiguren wechseln einander als Ich-Erzähler ab, sodass die Ereignisse und die Beziehung untereinander aus den unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt werden. Es ist weniger eine Handlung mit Höhepunkten, als vielmehr eine intensive Schilderung von modernen Beziehungen, ihren Möglichkeiten und Krisen, und vor allem der Gefühle der Menschen, die diese durchleben. Spannung ergibt sich aus der Frage, ob Magalie den entscheidenden Schritt wagen wird, diese für sie belastende Beziehung zu beenden, oder ob sie und Mathieu ihre Partnerprobleme lösen können. Die Autorin ist eine sehr gute Beobachterin der Menschen und setzt ihre Eindrücke und sprachlich gekonnt um.

Fazit
Ein Roman über mehrere Paare, die in diesem Zeitraum von weniger als einem Jahr zwischen Problemen und Hoffnungen nach Lösungen suchen. Eine Geschichte über moderne Beziehungen und Familien, die an einem Wendepunkt angelangt sind und die Frage, ob die Sehnsucht nach Liebe auch in unserer Zeit noch Gültigkeit hat.