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Aischa

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Insgesamt 572 Bewertungen
Bewertung vom 25.01.2021
Schecke zu Gülitz, Wynfried;Cikán, Ondrej

Margot


sehr gut

Das schmale Büchlein kommt im zartrosa Cover mit stilisiertem Pferdekopf ganz unschuldig daher, dabei hat es der Roman "faustdick hinter den Ohren" oder besser gesagt: zwischen den Buchdeckeln.

Die Story handelt von einer sadistischen Baroness, die es liebt, ihr Pferd Wynfried (im übrigen auch der fiktive Autor!) zu schlagen.

Das Buch ist völlig anders als alles, was ich in den letzten Jahren gelesen habe. Die Andersartigkeit zeigt sich bereits im Schriftbild: Der Roman ist in Fraktur-Schrift gesetzt. Aber wie ist der Inhalt? Grotesk oder großartig? Brillianter Wortwitz oder wahnsinnige Blödelei? Das mag jeder für sich selbst entscheiden; für mich ist es jedenfalls eine sehr originelle Mixtur, die sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Eine Melange aus Absurditäten à la Monty Python´s Flying Circus, intelligenten Anspielungen, die vom humoristischen Altmeister Loriot stammen könnten und dem schrägen Wortwitz eines Karl Valentin.

Die Ausstattung des Hardcovers ist hochwertig, die Illustrationen von Josephine Schlepitzka und einige (fiktive) Rezensionen im Anhang sind hübsche Details.

Alles in allem sicher nichts für Spießer, aber eine klare Empfehlung für MAD- oder Titanic-Leser.

Bewertung vom 15.01.2021
Stern, Caroline

Nichts


gut

Reporterin und Germanistin Caroline Stern hatte eine durchaus witzige, kreative Idee: Jeder kennt Freunde oder Familienangehörige, die auf Nachfrage, was man denn zur Geburtstagsfeier mitbringen könne mit einem unbefriedigenden "Ich brauche nichts" antworten.

Meist möchte man ja doch nicht mit leeren Händen vor dem Jubilar erscheinen, und mit dem vorliegenden Buch hat man eine originelle Alternative: "Nichts - das Geschenk, das du dir gewünscht hast", so der Untertitel.

Stern bezeichnet es als Geschenkbuch, ich finde Notizheft passender. Denn die 60 blanko Seiten (etwas kleiner als DIN A5) sind von einem flexiblen dünnen Pappeinband eingefasst und nicht geheftet, sondern durch Klebebindung fixiert. Mit knapp 6 € muss man doch einen stolzen Preis für diese recht einfache Ausführung bezahlen, da liegt der Gedanke nahe, die Idee zu klauen, sich ein deutlich günstigeres Notizheft im Schreibwarenhandel zu besorgen und es mit eigenem Aufkleber zu "Nichts" zu machen.

Bewertung vom 13.01.2021
Laurin, Ruben

Die Jüdin von Magdeburg


sehr gut

Lust auf einen richtig guten Mittelalterroman? Dann lasst euch bitte nicht von den stolzen 560 Seiten abschrecken, keine einzige davon ist langweilig, im Gegenteil: Ruben Laurin hat bei seiner Geschichte in und um Magdeburg Ende des 13. Jahrhunderts aus dem Vollen geschöpft, es kommt alles vor, was das Herz eines Mittelalterfans höher schlagen lässt: adelige Damen, die von Minnesängern umworben werden, blutige Machtkämpfe und intrigante Ränkelspiele, damalige Handwerkskunst und klerikale Strukturen. Sogar ein schwarzer Ritter darf nicht fehlen.

Die bildgewaltige Sprache des Autors, zahlreiche unerwartete und dennoch plausible Twists und die intelligente Verwebung der vielen Handlungsstränge machen diesen Roman zu einem außerordentlichen Lesegenuss. Die Bösen sind vielleicht ein wenig zu einseitig dargestellt, aber davon abgesehen zeichnet Laurin seine Charaktere erfreulich facettenreich und lässt sie sich entwickeln.

Die Ausstattung ist - für ein Paperback eher ungewöhnlich - überaus aufwendig: ein Personenregister hilft vor allem in den ersten Kapiteln, sich inmitten der doch zahlreichen Figuren zurecht zu finden, und auch die Zeittafel, den eigens angefertigten historischen Stadtplan Magdeburgs und das Glossar mit Fachbegriffen habe ich bei der Lektüre gerne genutzt.

Kleiner Wermutstropfen: In Sachen Lebensmittel sind dem Autor leider gleich zwei Fehler unterlaufen, weder Kartoffeln noch Mais hat es zur damaligen Zeit in Europa gegeben, die Entdeckung Amerikas und seiner Vegetation ließ noch ein paar Jahrhunderte auf sich warten.

Aber dies fällt nicht wirklich ins Gewicht; ich habe diesen Roman geradezu verschlungen. Wer eine spannende Geschichte voller Leidenschaft und historischer Details vor mittelalterlicher Kulisse sucht, wird hier sicher nicht enttäuscht!

Bewertung vom 13.01.2021
Hartley, Aimee

Richtig gut atmen


gut

Die britische Atemtrainerin Aimee Hartley, Inhaberin einer Atemschule in London, legt mit diesem Ratgeber eine Sammlung von Atemübungen für die verschiedensten Zwecke vor.

Ob man die Nervosität vor einer Präsentation im Kollegenkreis oder Einschlafstörungen in den Griff bekommen möchte, Hartley bietet für die unterschiedlichsten Situationen Atemtechniken an. Die meisten sind gut erklärt und einfach nachzumachen. Allerdings hätte ich mir gesundheitliche Kontraindikationen an prominenterer Stelle gewünscht, diese stehen relativ klein und erst am Ende der Übung, so manche/-r hat dann vielleicht schon etwas versucht, was für ihn/sie nicht ratsam ist.

Die Hintergrundinformationen sind für meinen Geschmack zu knapp gehalten, so etwa wenn Smoothies als gesunde Powerdrinks für die Lunge propagiert werden, dann sollte doch auch ein Hinweis darauf nicht fehlen, dass sie wahre Kalorienbomben sein können.

Die wirklich beeindruckende Zahl an Atemübungen hat mich etwas verwirrt. Ich hätte mir eine Art Trainingsplan gewünscht, oder zumindest Tipps, womit man als Anfänger am besten beginnt.

Auch mit der Ausstattung bin ich leider nicht ganz glücklich: Zahlreiche pastellfarbene Illustrationen sind zwar eine gute Ergänzung des Texts, aber es nervt mich, dass fast nur weiße, langhaarige Frauen im Alter von geschätzt 30 Jahren (abgesehen von ein paar Kindern) abgebildet sind. Unsere Gesellschaft ist - Gott sei Dank - nicht so stereotyp, wo sind die Alten, die Männer, AfrikanerInnen, AsiatInnen etc, sollen die nicht "richtig gut atmen"? Außerdem hat sich bereits nach der ersten Lektüre die Klebung des Einbands von der letzten Seite gelöst, obwohl ich nur sehr vorsichtig umgeblättert habe.

Dennoch ein guter Einstieg für alle, die ohne viel Theorie einfach mal ein paar Atemübungen ausprobieren wollen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.01.2021
Udo, Weinbörner

Der lange Weg nach Weimar


gut

Eins gleich vorneweg: Dafür dass ich den ersten Teil von Udo Weinbörners Schiller-Roman nicht gelesen habe, kann der Autor selbstredend nichts. Ich hatte erst vor kurzem einen anderen historischen Roman über die Jugendjahre des deutschen Freiheitsdichters gelesen und traute mir daher die Lektüre von "Der lange Weg nach Weimar" zu, auch ohne den Vorgängerband "Die Stunde der Räuber" zu kennen.

Ein paar Wissens- und Verständnislücken haben sich dann doch aufgetan, die ich aber selbstverständlich in diese Bewertung nicht einfließen lasse. Ich empfehle jedoch interessierten Lesern unbedingt zunächst den ersten Roman-Teil.

Nun aber zum vorliegenden Band: Weinbörner zeichnet die letzten zwanzig Lebensjahre Schillers, von 1782 bis zu seinem frühen Tod 1805. Der Dichter wird als getriebene Persönlichkeit dargestellt, seiner übersteigerten Leidenschaft als Schriftsteller, musste(n) sich- im Gegensatz zu seinen theoretischen Idealen von Freundschaft, Liebe und Freiheit - im Alltag allzu Viel(e) unterordnen.

Der Autor hat umfangreich recherchiert, und so ist die Erzählung mit manchen liebevollen historischen Details ausgeschmückt. Ein wirklicher Gewinn sind die den Kapiteln vorangestellten Zitate aus Werken oder Briefen Schillers. Vermisst habe ich jedoch ein Personenregister - allein bei den zahleichen Charlottes, die Schiller umgarnte, kann man schon mal durcheinander kommen. Auch eine Zeittafel und eine historische Karte mit Schillers wichtigsten Lebensstationen hätte ich schön gefunden.

Ein weiterer Kritikpunkt geht an das Lektorat, hier sind leider viele Fehler übersehen worden. Rechtschreibfehler oder Wiederholungen mag man noch tolerieren, falsche Ortsbezeichnungen finde ich jedoch mehr als ärgerlich. Und was meinen Lesefluss wirklich beeinträchtigt hat, sind die übergangslosen Perspektiv- bzw. Szenenwechsel. Ich musste oft ganze Abschnitte erneut lesen, weil nicht ersichtlich war, dass die Szenerie sich geändert hat. Hier hätten ganz banale Leerzeilen als Abtrennung wirklich geholfen.

Die Erzählung an sich bewerte ich sehr unterschiedlich. Der Beginn ist großartig, sehr stimmungsvoll und zieht einen sofort in den Bann. Leider setzt sich das nicht durch das gesamte Buch fort. Im Lauf der Zeit überwiegen biografische Aufzählungen und das Romanhafte tritt in den Hintergrund. Schade, denn ich hatte definitiv einen Historienroman erwartet, der auf biografischen Eckdaten beruht.

Weinbörner wünscht sich in seinem Schlusswort, die Leser auch für Schillers Werk begeistern zu können. Dies zumindest ist ihm in meinem Fall gelungen, danke dafür!

Bewertung vom 30.12.2020

Drawdown - der Plan


ausgezeichnet

"Wow, was für ein Projekt!" Dieser Gedanke begleitete mich fast durch die komplette Lektüre dieses umfangreichen Sachbuchs.

Herausgeber Paul Hawken, Unternehmensberater und Publizist, hat 2014 die Nonprofit-Organisation "Drawdown" mitgegründet. Diese hat zum Ziel, bis 2050 die Treibgasemissionen in der Atmosphäre nicht nur zu stoppen, sondern freigesetzten Kohlenstoff daraus zu entfernen und so den Klimawandel schnellstmöglich zu stoppen.

Dazu haben über 200 WissenschaftlerInnen weltweit 100 Ideen untersucht und ausgewertet. Diese stellt das Buch komprimiert und dennoch anschaulich dar, zusammengefasst in Kapiteln zu Energie, Ernährung, Frauen und Mädchen, Gebäude und Städten, Landnutzung, Transportwesen und Materialien. Jedes Lösungskonzept wird mit wissenschaftlichem Hintergrund und Beispielen erläutert und es wird das Ranking für das Potenzial zur Emissionsreduzierung angegeben. Außerdem finden sich konkrete Zahlen, was die Einführung kosten würde, wieviel Tonnen Treibhausgase vermieden oder der Atmosphäre entzogen werden können und etwaige Einsparungskosten. Dabei werden die Zahlen des im Original bereits 2017 erschienenen Buchs verwendet. Das schmälert jedoch die Bedeutung der deutschen Ausgabe von 2019 keineswegs, denn zum einen werden durch aktuelle Zahlen die Lösungen eher bestätigt (etwa weil Solarmodule seither noch günstiger wurden), zum anderen lassen sich auf der Website drawdown.org jederzeit aktuelle Zahlen recherchieren.

Zukunftsvisionen und die Vorstellung der beteiligten Wissenschaftler runden dieses gleichermaßen wichtige wie faszinierende Sachbuch ab.

Das Buch ist klimaneutral produziert - alles andere wäre auch unglaubwürdig gewesen. Das stabile Paperback ist optisch sehr ansprechend, mit zahlreichen hochwertigen, ästhetisch anspruchsvollen Fotos, die die Lektüre sehr bereichern.

"Drawdown - der Plan" macht begründete Hoffnung. Es gibt zahlreiche clevere Technologien und wissenschaftlich fundierte Ideen, anhand derer wir unseren Planeten noch retten können. Wir müssen es nur endlich tun. Daher mein Appell: Lest dieses Buch, schenkt es Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik!

Bewertung vom 30.12.2020
Prüfer, Tillmann

Jetzt mach doch endlich mal das Ding aus!


ausgezeichnet

Nachdem im letzten Jahr die erste Sammlung von Kolumnen des ZEIT-Magazins über seinen Alltag mit vier Töchtern hoch gelobt wurde, verwundert es wenig, dass Tillmann Prüfer, seines Zeichens Stilchef und Mitglied der Chefredaktion des ZEIT-Magazins, nun bereits seinen zweiten Band vorlegt.

Und auch diesmal erzählt er witzig, ironisch, aber manchmal auch nachdenklich und tiefgründig über seine Erlebnisse mit dem Nachwuchs, zwischen Smartphones und Saugroboter, beim Homeschooling und im Theater. Die Töchter zwischen 7 und 20 Jahren bringen ihn abwechselnd zum Lachen und zum Verzweifeln, wobei dem Leser Letzteres erspart bleibt. Dafür gibt es reichlich Anlass zum Schmunzeln, etwa wenn Prüfer überlegt, das elektronische Spielzeugküken seiner Jüngsten dem CIA als legales Folterinstrument nahezulegen. Oder wenn er sich wundert, dass Jacken oder selbst neue Schuhe seiner Kinder verloren gehen, nicht aber deren winzige Blootooth-Kopfhörer.

Ich empfehle, das Büchlein eher häppchenweise zu genießen. Denn liest man es am Stück, nutzt sich die Schreibe etwas ab. Aber als literarisches Betthupferl oder kleine Lektüre zum Frühstück (falls gerade mal keine Kinder herumwuseln) ist es großartig - was gibt es Schöneres, als den Tag mit einem Lächeln zu beginnen oder zu beenden.

Meine einzige Kritik gilt der Tatsache, dass - bis auf drei neue Geschichten - alle Kapitel dieses Büchleins bereits als Kolumne im ZEIT-Magazin erschienen sind. Regelmäßigen Lesern der Wochenzeitung dürfte also das meiste bekannt vorkommen.

Ich ende mit dem Hinweis auf einen großen Pluspunkt für alle, denen Nachhaltigkeit am Herzen liegt: Das Buch wurde klimaneutral produziert.

Bewertung vom 28.12.2020
Orths, Markus

Picknick im Dunkeln


sehr gut

Gleich mal vorneweg eine Warnung: Wer nach dem Verlagstext "eine aufregende philosophische Reise, eine urkomische und todernste Geschichte über die großen Fragen des Lebens" erwartet, wird wahrscheinlich etwas enttäuscht sein.

Das hat dieser kluge, kurze Roman jedoch nicht verdient. Leider werden die Klappentexte jedoch auch hierzulande immer reißerischer, keine Ahnung, was sich die Marketing-Abteilungen davon versprechen. Jedenfalls habe ich in "Picknick im Dunkeln" keine urkomischen Passagen gefunden, wohl aber fein dosierten Wortwitz. Und ja, es geht um den Tod, darum ob und wenn ja was uns danach erwartet, und die philosophischen Betrachtungen sind durchaus ernst, aber deswegen nicht gleich todernst.

Der Plot mutet zunächst mystisch-skurril an: Stan Laurel, bekannt vor allem als Komiker des legendären Filmduos "Laurel und Hardy"/"Dick und Doof", trifft in einem zappendusteren Gang auf den rund 700 Jahre vor ihm geborenen Thomas von Aquin, seines Zeichens dominikanischer Theologe und Philosoph. Autor Markus Orths schafft eine unterhaltsame und lehrreiche Melange aus einer Doppelbiografie und einem philosophischen Spaziergang.

Ich habe das Buch zwei Mal gelesen und kann dies nur empfehlen: Es steckt voller sprachlicher Kleinode, besonders die witzig-beschreibenden Neologismen, wie etwa "Schneckenfühlerfingerchen" haben es mir angetan. Für das bessere Verständnis manch philosophischen Gedankengangs hätten mir etwas mehr einschlägige Vorkenntnisse wohl geholfen. Sehr bereichernd fand ich hingegen die wahre Flut an biografischen Details, vor allem zu Stan Laurel. Daneben ist der Roman aber vor allem auch eine Geschichte über zwei Männer, die aus völlig unterschiedlichen Erfahrungs- und Glaubenswelten stammen, und die dennoch in einen wirklichen Dialog treten. Die den Gesprächspartner erzählen lassen und ihm aufmerksam zuhören, versuchen, ihn zu verstehen, auch das, was zunächst fremd erscheint, ins eigene Denken zu lassen.

So gesehen ein wichtiges Buch, gerade in einer Zeit, in der sich vorgefasste Meinungen schnell zementieren und Diskussionen oft zum reinen Schlagabtausch statt zu wirklichem Dialog verkommen.

Bewertung vom 22.12.2020
Bernheimer, Konrad

Tödliche Gemälde


sehr gut

Mein Interesse an diesem Kunstkrimi wurde zum einen durch die interessante Vita des Autors geweckt - Der in Venezuela geborene Konrad O. Bernheimer gilt als einer der bedeutendsten Kunsthändler Europas.

Da ich seit dem Beginn der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Beschränkungen unter mittelschwerem "Museums-Entzug" leide und sehr gerne Krimis lese, lockte mich die Kombination aus spektakulären Morden und psychologisch raffiniert gestaltetem Verwirrspiel, die der Klappentext verspricht.

Ich habe den Roman fast in einem Zug durchgelesen und wurde bestens unterhalten. Dennoch möchte ich gleich zu Beginn eine kleine Warnung aussprechen: Leser klassischer Kriminalromane werden unter Umständen ihre Probleme mit der Geschichte haben. Zu klischeehaft sind die Figuren, der Zufall spielt dem Protagonisten oft extrem in die Hände, der Plot ist an vielen Stellen arg konstruiert, nicht schlüssig und realitätsfern. Und dass der Täter sehr schnell als solcher bekannt ist, lässt die Spannung naturgemäß ziemlich abflachen.

Dennoch gebe ich aus vollem Herzen eine Leseempfehlung für diesen Debütroman. Und zwar an alle, die bereit sind, ihn (wie ich) mit einem Augenzwinkern zu lesen. Die Story ist nämlich eine wirklich witzige Persiflage des internationalen Kunsthandels. Das der Autor dieses Metier wie seine Westentasche kennt, merkt man an vielen witzigen Details. Die Kunstwerke nach denen der Protagonist seine Morde inszeniert - was mich im übrigen an den Film "Seven" von David Fincher erinnert hat - sind ganzseitig im Buch abgebildet. Zwar in schwarz-weiß, aber um den gleichermaßen fundierten wie interessanten kunsthistorischen Betrachtungen des Autors zu folgen reichen die Illustrationen allemal.

Mein größter Kritikpunkt gilt der Sprache. Stilistisch ist hier jede Menge Verbesserungspotenzial, was ich nicht mal so sehr Bernheimer anlaste, der immerhin seine ersten Schritte als Romancier unternommen hat. Vielmehr ist mir schleierhaft, wie das Verlagslektorat derart viele Fehler in Druck geben konnte.

Dennoch: Ich habe mich köstlich amüsiert, viel über Renaissance-Kunstwerke, einiges über katholische Märtyrer und Heilige gelernt und bin ein wenig über den Kunsthandel entsetzt. Vor allem aber warte ich schon jetzt auf den angekündigten Folgeband!

Bewertung vom 21.12.2020
Fuchs, Christine

Räuchern in Winterzeit und Raunächten


sehr gut

Egal ob man Räucherriturale als Unterstützung für den eigenen, spirituellen Weg nutzen möchte, oder ob man einfach neugierig ist, wie sich wohlduftende Kräutermischungen und Harze auf Stimmung und Wohlbefinden auswirken - das neue Buch von Christine Fuchs bietet praktische Anleitung dazu.

Im ersten Teil erläutert die Räucherexpertin traditionelle keltische und germanische Bräuche, bei denen getrocknete Pflanzenteile verglüht wurden. Hier hätte ich es schön gefunden, sich nicht nur auf unseren Kulturkreis zu beschränken, sondern auch kurz auf Rituale aus dem asiatischen, afrikanischen und amerikanischen Kulturkreis einzugehen. Es folgt eine Beschreibung des keltisch-germanischen Jahreskreises mit besonderem Augenmerk auf die sogenannten Zeitqualitäten, veränderte Lichtverhältnisse und Stimmungen in der Natur.

In die Begriffsbestimmung der Raunächte bringt Fuchs zunächst einmal Klarheit, gibt es doch gleich drei verschiedene kalendarische Festlegungen. Die Autorin plädiert hier für eine individuelle Herangehensweise, sie fordert dazu auf, nachzuspüren welche Zeit für einen selbst die stimmigste für diese winterlichen Rituale ist. Für mich ist dies eine sehr pragmatische und sympathische Herangehensweise. Zu den einzelnen Raunächten schließlich gibt es neben Hintergrundinformationen jeweils die Schilderung eines persönlichen Erlebnisses beim Räuchern (nicht der Autorin) sowie - übersichtlich in einem farbigen Kasten abgesetzt - Beispiele für Tagesfragen, mit denen man sich in der jeweiligen Raunacht auseinander setzen kann.

Abgerundet wird das Buch schließlich mit Tipps zu Utensilien und Räuchermischungen. Die stabilen ausklappbaren Umschlaginnenseiten des Softcovers zeigen stimmungsvolle Arrangements zu den sechs traditionellen Wegmarken, von Herbstbeginn über Advent bis zu Lichtmess. Überhaupt ist das Buch optisch sehr gelungen, ein modernes Layout und viele, ansprechende Fotos machen Freude beim Durchblättern und wecken Lust, sich umgehend ans Räuchern zu machen.