Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
xxx
Wohnort: 
xxx

Bewertungen

Insgesamt 36 Bewertungen
Bewertung vom 14.07.2017
Ich, Eleanor Oliphant
Honeyman, Gail

Ich, Eleanor Oliphant


gut

„Ich, Eleanor Oliphant“ ist der Debütroman der britischen Autorin Gail Honeyman und erschien 2017 im Verlagshaus Lübbe. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Einzelgängerin Eleanor, die viel zu kritisch und wenig gelassen mit ihrer Umwelt umgeht. Doch alles ändert sich, als sie IHN trifft und damit beginnt etwas ganz Neues. Aber dann steht sie sich selbst im Weg und nur noch die Freundschaft kann ihr noch helfen.

Das Buch fiel mir bereits in einer Vorschau von Bastei Lübbe auf. Schon allein aufgrund des farbenfrohen Covers und des Titels hätte ich mir das Buch gekauft. Leider führt das Äußere dann doch in die Irre. Das soll es wahrscheinlich auch. Denn ich rede hier nicht von einer Liebesgeschichte aller Jojo Moyes oder Cecilia Ahern. Nein! Ganz zu schweigen von einer Komödie. Es ist ein Drama mit vielen kritischen Gesichtspunkten. Nur Eleanors interessante Wahrnehmung lockert es ab und an auf.
Und damit wären wir auch schon bei der 30-jährigen Buchhalterin Eleanor Oliphant. Aus der Ich-Perspektive schildert sie uns ihre Sicht der Dinge - eine ungewöhnliche, spezielle Sicht. Ich hatte meine Schwierigkeiten mit ihr warm zu werden. Eleanor ist kein mitfühlender Mensch, sondern sozial inkompetent. Dennoch intelligent, direkt und vor allem eins: Einsam. Es weckte teils Mitleid, teils Unverständnis in mir, dass sie sich selbst für kaum existent hielt. Die Frage, ob sie je jemand vermissen würde, konnte sie nicht beantworten. Liebe? Fehlanzeige. Warum? Zum Beispiel, weil „Mummy“ ein Biest ist und Eleanors Leben bestimmt ohne überhaupt in der Nähe zu sein. Wieso lässt sie sich nur die Lebensfreude nehmen? Die Brotkrumen zu dieser Antwort werden Stück für Stück bis zum überraschenden Ende gesät!
Dazu zählt auch die Ansprache eines gesellschaftlichen Fiaskos: Depressionen und deren Folgen. Sehr detailliert und in Eleanors trockener Art beschreibt die Autorin über geplante Ausflüge in die Stille und Leere. Grausam, aber wahr: Die dazugehörigen Kapitel fallen unter die Überschrift „gute Tage“.
Im Buch folgen, Gott sei Dank, noch glückliche Momente. Zum einen gesellt sich ihr Schwarm dazu, der bei Eleanor die schockierende Naivität eines Groupies auslöst. Was übrigens nicht zum Rest von Eleanors Charakterzügen passt.
Zum anderen erscheint das komplette Gegenteil auf der Bildfläche: Ihr Kollege Raymond. Eine wirklich geniale Idee der Autorin! Traum und Realität in Form der Männer gegenüber zu stellen.
Schritt für Schritt, wenn auch teils widerstrebend, lernt Eleanor durch die Beiden die „Außenwelt“ kennen. Dabei lässt der Umgang mit Menschen und das Taktgefühl noch zu wünschen übrig. Für den Leser allerdings gibt es den ein oder anderen Schmunzler, weil Eleanors neuen Erfahrungen und Abenteuer für den „normalen“ Menschen nichts Besonderes sind, für sie aber um so mehr.
Ich bin mit Eleanor nicht nur durch „gute Tage“, sondern weiter durch „schlechte““ und „bessere Tage“ getaucht. Zum Schluss kann ich sagen, dass ich mich mit ihr angefreundet habe. Aber der Weg dahin war schwer, da ich sie manchmal schütteln und zu ihr sagen wollte: „Mädchen, das kann auch anders funktionieren“. Ihr psychischer Zustand ist schon recht starker Stoff, was es wiederum interessant und nervenaufreibend zugleich macht.

Fazit: Definitiv nichts für Lovestory-Leser. Die Einsamkeit, ihre Folgen und wie man es besser machen kann, wurden wortwörtlich in Form der Eleanor Oliphant personifiziert. Das Buch ist etwas für anspruchsvolle Leser, die Verständnis für schwierige Charakterzüge haben.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.06.2017
Dornen und Rosen / Das Reich der sieben Höfe Bd.1
Maas, Sarah J.

Dornen und Rosen / Das Reich der sieben Höfe Bd.1


ausgezeichnet

Der 1. Band des neuen Epos von Sarah J. Maas erschien 2017 als 2. Auflage bei dtv Junior. In „Das Reich der sieben Höfe – Dornen und Rosen“ gerät die junge Feyre in Schwierigkeiten als sie auf der Jagd einen verwandelten Fae tötet. Um ihre Schuld zu begleichen, wird sie in das verhasste Land der Fae gebracht. Doch statt Folter und Tod erlebt sie anfangs eine faszinierende Welt und eine Liebe, die langsam zerbricht.

Ich muss zugeben, es ist mein erster „Maas´“. Das Buch stand auch auf keiner Wunschliste, sondern war lediglich in einer Buchbox dabei. Ein ziemlich dicker Wälzer von knapp 500 Seiten, klang vom Umschlag her nach einem typischen Fantasy-Schmankerl.
Natürlich sieht das Cover nach was aus: Eine schöne, toughe Jägerin umringt von Zweigen und roten Blüten. Das konnte nur unsere Hauptprotagonistin Feyre darstellen. Ich war ziemlich erfreut über die Landkarte als Einstieg. Das Land Prythian, mehr „Fae-Land“ als „Menschen-Land“. Das machte mich schon neugierig: Wie es wohl dazu kam?
Die Geschichte selbst wird komplett aus der Ich-Perspektive von Feyre erzählt. Sie ist eine jungen Frau, die nach einer Tragödie schnell erwachsen werden musste. Ihre Familie lebt in Armut, so dass Feyre jagt um nicht zu verhungern. Es klingt schon ein wenig nach Katniss Everdeen,... Aber ganz so ist es nicht. Feyre hat trotz der ganzen Verantwortung eine zauberhaft künstlerische Art, die Dinge zu betrachten. Sie beschreibt die Dinge in schillernden Farben und rügt sich, wenn sie in diese „dumme“ Art zurück fällt. Es ist einfach die typische Streiterei zwischen Herz und Kopf, sodass ich beim Lesen ab und an die Augen verdreht habe.
Trotzdem hat es die Autorin geschafft, sich auf die wichtigen Aspekte und Situationen zu konzentrieren und schweift nie in Belanglosigkeiten ab. Jede Situation hat einen tieferen Sinn. Da kann es durchaus vorkommen, dass in der Story einige Tage oder Wochen vergehen, ohne dass der Leser es merkt.
Schließlich hat man in einem Land der „Elfen“ viele Möglichkeiten sich auszutoben. Mir fehlten glatt nur noch die Einhörner auf der Wiese. Die „Fae“ selbst sind Stereotypen: Wunderschön, elegant, arrogant und dramatisch. Und Feyre mitten drin. Klingt nach Märchen und Widerspruch zugleich. Ein Stoff aus denen sich Liebesgeschichten entwickeln können, wie auch hier. Ich war überrascht, dass es tatsächlich zu erotischen Szenen kam. Dennoch kein Wunder! Unser männlicher Hauptdarsteller ist unwiderstehlich. Ich mag Tamlin, der immer seiner Verantwortung statt seiner eigenen Wünsche folgt.
Das Leben ist natürlich kein Ponyhof. Denn wo es Gutes gibt, ist das Böse nicht weit. Böse Fae in verschiedenster gruseliger Gestalt brachten mir eine Gänsehaut und leichten Ekel bei. Es wird blutig und grausam, wenn es darum geht, die zu beschützen, die man liebt. Es ist noch nicht genug? Na dann kommt ein böser Fluch von einer „Hexe“ gleich dazu. So werden Aspekte aus „Die Schöne und das Biest“, „Das kalte Herz“, „Die kluge Bauerntochter“ und anderen typischen Märchen mit neuen Akteuren und einem erwachsenen Touch versehen.
Ich bin letztendlich durch die Geschichte gerauscht, die nie langweilig wurde, auch wenn mir so manches schwer bekannt vor kam.
Ein weiterer positiver Eindruck: Der 1. Band hat kein offenes Ende.
Habe ich dem Ganzen etwas entgegen zu setzen? Nur ganz klein am Rande. Die Autorin webt sooo wunderbar undurchschaubare Motive der einzelnen Protagonisten ein, aber löst sie letztendlich mit einem Schwall mittendrin auf. Ich hätte sie lieber Stück für Stück entdeckt.
Werde ich den 2. Band lesen? Bestimmt.

Fazit: Menschen, Elfen, heidnische Bräuche und bekannte Märchen in einem. Ein gelungenes Gänsehaut-Fantasy-Spektakel von Sarah J. Mass. Einfach eintauchen und nicht so schnell wieder auftauchen!

Bewertung vom 04.06.2017
Die maskierte Stadt / Die unsichtbare Bibliothek Bd.2
Cogman, Genevieve

Die maskierte Stadt / Die unsichtbare Bibliothek Bd.2


gut

Ich war begeistert von der unsichtbaren Bibliothek. Natürlich habe ich daher den 2. Band erworben. Das Design des Covers wurde fortgeführt. Diesmal schmückt es die Karte der Stadt Venedig, Bücher und eine Karnevalsmaske. Alles ist dezent in blau gehalten. Es wirkt geheimnisvoll.
Ich war erstaunt als ich das Buch aufschlug: Vorab gibt es Fachliteratur für Studenten der unsichtbaren Bibliothek. Dem Leser soll das wohl ein bisschen Hintergrundwissen vermitteln. Ich fand es etwas trocken, Schulbuchcharakter eben. Aber nach wenigen Seiten ging es dann doch los. Miss Cogman erzählt nicht nur aus Irenes Perspektive, nein, es gibt auch ein paar „Intermezzos“ und zum Anfang einen „Prolog“ von Kai! Überraschung gelungen.
Die Autorin erspart mir auch einen Rückblick und legt sofort los. Mit einer detaillierten Beschreibung jeder Situation, jeder Person und jeder Umgebung zaubert sie Bilder in meinen Kopf - ich bin mitten im Geschehen. Man merkt, dass vorab, zum Beispiel zur Stadt Venedig, recherchiert wurde. Dazu noch die unglaubliche Wortgewandtheit und Umgangsformen, die sich in den vielen Dialogen der Charaktere bemerkbar machten. Das macht die Cogman aus :-)
Leider hat das über die Geschichte nicht ganz hinaus geholfen. Denn es war oft langatmig. Zunächst vergingen locker 200 Seiten bis Irene überhaupt in Venedig war. Es drehte sich nur um Kais Spur und seine Rettung aus einem, für mich, sehr theatralischen Venedig. Die Nebendarsteller sind größtenteils Elfen. Miss Cogman gab diesen vor allem den Drang zur Dramatik. Ganz ehrlich, das nervte dann doch. Fantasy hin oder her, ich mochte am 1. Band, dass die Autorin einen guten Weg zwischen Realität, Literatur, Geschichte und Fiktion gefunden hatte. Die Literatur fiel komplett weg, das Thema Bibliothek kam nicht wirklich vor. Fiktion und magische Fähigkeiten überwogen. Mir entzog sich die Logik mancher Situation, auch wenn diese dem Elfenzaubers zuzuschreiben war. Vielleicht fehlte der Autorin die ein oder andere Idee? Schade. Altbewährte Nebendarsteller wie Vale hätten mehr aushelfen können. Für mich rettete Irene das Buch! Clever und bedacht in den gefährlichsten Situationen, das kann nur sie. Anders als im vorherigen Band: Unsere Heldin ist komplett unvorbereitet in ihr Abenteuer gestartet. Was für eine Neuigkeit! Irene überrumpelt und emotional handelnd. Für sich, für Kai, nicht für die unsichtbare Bibliothek. Natürlich kommt ihr Sarkasmus zur Geltung und auch so mancher Zweifel, aber das macht die Junior-Bibliothekarin menschlicher denn je. Natürlich überwindet Irene mit der Sprache einige Gefahren. Das wollte ich auch lesen. Naja, nur nicht so oft. Manchmal habe ich gehofft, dass sie es auch mal „ohne“ schafft. Also mit Körper und Geist allein. Ich könnte schwören, dass hätte unsere Hauptprotagonistin drauf gehabt...Auch hier fehlte es wohl an Ideen.
Gegenüber unserer Heldin standen sadistisch und sich kompliziert gebende Antagonisten. Natürlich soll man die Bösen nicht mögen, aber sie sollen faszinieren! Hier waren es einfach Stereotypen, mehr nicht.
Ob man es glaubt oder nicht, zum Ende hin, geht es dann rasanter zu! Die Dinge überschlagen sich nicht gleich, aber es zieht sich nicht mehr. Es folgen so richtige Überraschungsmomente! Vielleicht liegt es auch daran, dass Elfen keine große Rolle mehr spielen, wer weiß. Ein weiterer Pluspunkt, es gibt keinen großen Cliffhanger! Die Geschichte wird abgeschlossen. Dennoch wurde nicht vergessen, einen kleinen Anreiz zu geben. Schließlich gibt es noch einen aktuellen 3. Band.

Fazit: „Die maskierte Stadt“ lebt mehr von ihrer Hauptprotagonistin und den liebevoll umschriebenen Details als von der Geschichte selbst. Das Buch könnte auch ohne Vorkenntnisse zum 1. Band gelesen werden und bildet eine in sich geschlossene Geschichte.

Bewertung vom 26.05.2017
Das Herz des Verräters / Die Chroniken der Verbliebenen Bd.2
Pearson, Mary E.

Das Herz des Verräters / Die Chroniken der Verbliebenen Bd.2


sehr gut

Band 2 von Mary E. Pearsons „Chroniken der Verbliebenen“ erschien im Mai 2017 im One – Verlag by Lübbe. Die Geschichte von Prinzessin Lia, Prinz Rafe und den Attentäter geht weiter. Nur jetzt ist Venda der Ort des Geschehens, die Heimat des Feindes. Gefangen und mitgenommen müssen Lia und Rafe alles versuchen um ihre Freiheit wieder zu erlangen. Doch Venda und dessen Volk nimmt sie in ihren Bann.

Ich dürfte das Buch im Rahmen einer Leserunde des Lübbe-Verlages bereits in Augenschein nehmen.
Die Optik des Hardcovers ist, genau wie Band 1, sehr ansprechend gestaltet. Eine junge Frau im roten Kleid inmitten einer dunklen, langsam verfallenden Stadt. Es zeigt vorab die Stimmung des Buches, dass nicht nur für Heiterkeit spricht. Aber keine Angst, es gibt auch die ein oder andere Situation, die mich zum Lächeln gebracht hat. Dazu später mehr. Der über 500 Seiten - Wälzer beginnt nahtlos dort, wo Band 1 aufgehört hat. Wer also denkt, er kann Band 1 überspringen und gleich mit Band 2 los legen – Fehlanzeige. Man sollte die bisherigen Geschehnisse auf jeden Fall kennen.
Im Gegensatz zum ersten Teil haben wir keine fröhliche Stadt wie Terravin, sondern Venda, die Hauptstadt des Feindes, im Blickfeld. Die Autorin hat es geschafft, ein anfangs barbarisch wirkendes Volk zu loyalen, aufopfernden Mitbürgern zu machen. Dabei hilft die personale Erzählweise über verschiedene Charaktere sehr. Faszinierend und nie langweilig wird erklärt wie Stadtteile, Clans und die Hierarchie aufgebaut sind. Im Endeffekt muss man Venda als verworrene und kulturell so vielseitige Stadt einfach mögen.
In der Hierarchie ganz oben steht der neue Antagonist. Der von mir bereits heiß erwartende Komizar. Ein machtgieriger, nach außen für das Volk arbeitender, Anführer. Überzeugend. Nur leider der einzige Darsteller, der wenig Emotionen zeigt.
Endlich wird das Verhältnis zwischen ihm und Kaden unter die Lupe genommen. Es gibt Antworten zur Vergangenheit des Attentäters und die Begründung für seine Loyalität. Trotzdem steht er „zwischen den Stühlen stehen“ und das bringt Nervenkitzel ins Buch.
Denn unsere Hauptdarstellerin Lia lässt sich nicht unterjochen. Sie wächst an dieser „Gefangenschaft“, die mehr Freiheiten bereit hält, als ich mir vorgestellt habe. Klar, trifft sie auch Entscheidungen, bei denen sich mir die Nackenhaare aufstellen, aber hey, gewöhnen wir uns endlich an die Kämpferin in ihr. Dafür nervte mich unser „Prinzchen“ Rafe. Liebe hin oder her, das „Geschmachte“ war an einigen Stellen einfach zu viel. Mir fehlte oft der Mann, der Soldat, der meiner Meinung nach zu kurz kam.
Neuer Schauplatz, neue Nebencharaktere! Auf Anhieb hat die liebenswürdige und unschuldige Aster mein Herz erobert. Sie brachte mich zum Lächeln. Ein Kind Vendas, obgleich sie erwachsen genug sein muss, um zu überleben. Dagegen bringen Calantha, Effiera und die Clans Geheimnisse mit sich. Lias Gabe wird so schnell zum religiösen Mittelpunkt. Kopf hoch, Antworten gibt es. Auch wenn sie nur häppchenweise geliefert werden und Verschwörungstheorien anregen.
Wer Pauline, Gwyneth und Berdi vermisst, wird belohnt! Die Autorin hat bedacht, dass kleine, zwischenzeitliche Ortswechsel nicht verkehrt sind. Eintönigkeit ausgeschlossen, danke Miss Pearson.
Schlussendlich ist es eine detailliert, emotional geschriebene Fortsetzung, in der Venda, die Gabe und Verrat im Mittelpunkt stehen. Viel Action darf dabei erst am Schluss erwartet werden, dann geschieht plötzlich alles auf einmal. Und ja, der Cliffhanger bleibt uns nicht erspart. Und schon geht das Warten auf Band 3 los.

Fazit: Die „Chroniken der Verbliebenen“ bleiben auf einem super Niveau. Wer Lust hat, das feindliche Gebiet und Lias Entwicklung zu verfolgen, sollte „Das Herz des Verräters“ unbedingt lesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.05.2017
Ich wollte nur, dass du noch weißt ...
Trunko, Emily

Ich wollte nur, dass du noch weißt ...


ausgezeichnet

Der Blog der siebzehnjährigen Emily Trunko, „dear my blank“, ist eine Weltsensation. Denn die Idee, nie verschickte Briefe, die jeder einsenden kann, zu veröffentlichen, schlug ein wie eine Bombe. Bisher spricht sie von mehr als 35000 Veröffentlichungen und es werden jeden Tag mehr.
Nun schafften es einige Briefe in ein Buch, dass im Februar 2017 vom Loewe Verlag publiziert wurde.

„Ich wollte nur, dass du noch weißt...Nie verschickte Briefe“ ist etwas ganz Besonderes. Es sucht seinesgleichen.. Die Illustratorin Lisa Congdon, die auch für Harper Collins Publishing arbeitet, verlieh dem Buch zudem ein passendes Outfit. Kunterbunt, wie von Hand mit Filzstift gemalt und oft auch geschrieben, unterstreicht es die Einmaligkeit jeden Briefes.
Ein Hingucker in jeglicher Hinsicht.
Doch die Idee und der Zuspruch dahinter brachten mich dazu, das Buch zu lesen. Ich meine, jeder hat es doch schon mal getan, oder? Einen Brief angefangen und wieder zerknüllt, von vorn angefangen und dann doch nicht abgeschickt. Denn Ein Brief offenbart Gefühle. Was für Briefe finden ihren Weg nicht zum Empfänger, aber zu Emily Trunko?
Ich sage es euch: Es sind Briefe, die vielseitiger nicht sein können. Denn dieses Buch hatte viele Autoren! Jeder hat seinen Stil, seine Geschichte, kurz, lang, poetisch, chronologisch, chaotisch, wutentbrannt oder von Liebe erfüllt. So viele Emotionen auf einmal. Ich war überwältigt, musste mich auf jede Seite neu einlassen. Dennoch findet man sich selbst wieder und ist neugierig auf die Offenbarungen Anderer. Der Hinweis von Emily selbst, dass niemand allein ist, stimmt vollkommen. Aber keine Angst, ich habe mich nicht ganz verloren, trotz dass das Buch keine Seitenzahlen aufweist. Dafür ist es in Themen kategorisiert, z.B. „Verlust“, „Verrat“ und „Liebe“. Am besten gefielen mir „Liebes ich“ und „Liebe Welt“. Die Briefe an einen selbst, an das jüngere oder gegenwärtige Ich, eine Selbstoffenbarung, meist mit Ansporn gespickt. Oder die Briefe an alle bzw. eine bestimmte Personengruppe mit Bitten, Komplimenten oder Verständnis.Ich habe beim Lesen oft gedacht, wie wahr das doch alles ist. Auch wenn manche Geschichten eine gute Filmvorlage geben würden. Natürlich überschneiden sich dabei die kategorisierten Themen. Ich hätte den ein oder anderen Brief zu einem anderen Thema geschoben. Im Endeffekt ist es jedoch egal, denn jeden Brief ist einmalig.
Daher finde ich es gut, dass die Privatsphäre der Absender bzw. dem eigentlichen Empfänger geschützt werden, indem die Namen nur durch ihre Anfangsbuchstaben angedeutet werden.
Zu guter Letzt die Frage, warum sollte man das Buch lesen? Es liest sich flüssig, schnell, ist tiefgründig und jeder kennt die Gefühle, die sich in diesen Briefen widerspiegeln. Ein Buch, dass einen anspornt, sich entweder der Gemeinschaft von Emily Trunko anzuschließen oder den einen Brief doch noch zu verschicken...
Im Übrigen steht das nächste Buch „Deine letzte Nachricht. Für immer.“ in den Startlöchern. Ein weiteres Geschenk für die Welt :-)

Fazit: Berührend und einzigartig. Ein Geschenk für Mann und Frau, die Gefühle nicht scheuen und von Natur aus neugierig sind.

Bewertung vom 28.04.2017
Smoke
Vyleta, Dan

Smoke


sehr gut

„Smoke“ ist ein weiterer Roman des deutsch-kanadischen Autors Dan Vyleta. Nach seinen Erfolgen wie „Pavel und Ich“ oder „Der stumme Zwilling“ erfolgte nun die Veröffentlichung seines neuesten Meisterwerks im März 2016 über den carls´s books – Verlag. Die Geschichte führt uns in das Großbritannien vor über 100 Jahren. Der Adel herrscht über Arbeiter und Bauern, reich herrscht über arm und der Rauch über alles! Denn jeder Mensch, der lügt, betrügt, leidenschaftlich ist... aus ihm steigt der Rauch. Wer nicht raucht, handelt moralisch und korrekt. Wer nicht raucht ist diszipliniert und gut erzogen. Die Lehre von Rauch und Moral ist wie die Bibel der Menschen. Das lernen auch die ungleichen Freunde Charlie und Thomas in einem Internat, denn die Gesetze des Rauchs sind komplex! Doch der immerzu rauchende Thomas fängt an, die „Ehrlichkeit“ des Rauchs in Frage zu stellen. Und damit beginnt für die Beiden eine Reise, die unter die Oberfläche des Systems taucht.

Das düster, neblige Cover von„Smoke“ hat mich nicht dazu gebracht, das Buch zu lesen. Ich habe mir das Buch zu Gemüte geführt, weil die Thematik wahnsinnig interessant ist: Jede Sünde geht in Rauch auf... Nur, wie wird die Sünde definiert? Mord und Totschlag? Oder nur der Gedanke daran? Der Autor hat sich ein vielschichtiges, religiös und politisch angehauchtes System ausgedacht. Denn Rauch ist nicht nur Rauch, nein, es wird in verschiedene Arten unterteilt, hat seine eigenen Regeln, Bücher, Lehren. Ich gebe zu, dass hatte ich mir glatt einfacher vorgestellt. Aber das Buch macht es einem, auch Dank des Aufbaus, nicht gar zu schwer.
Es gibt 6 riesige Kapitel, die sich wiederum durch Leseabschnitte in verschiedenen Perspektiven präsentieren. Die Geschichte wird sowohl durch einen (personalen) Erzähler, als auch von den Haupt- und Nebendarsteller aus der Ich-Perspektive erzählt. Das macht es sehr abwechslungsreich. Besonders gefällt mir, dass jede Person, die aus der Ich-Perspektive erzählt, ihre eigenen Wortschatz, Dialekt und Intellekt mitbringt. Niemand liest sich identisch. Und wir sprechen hier von vielen Personen, die der Autor zum Leben erweckt.
Schön ist, dass die chronologische Abfolge der Geschichte erhalten bleibt. Es wird also nicht ein und dieselbe Situation aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird.
Als guter Einstieg wurde das Internat der Jungen gewählt, um den Leser mit dem Rauch und den Hautprotagonisten Charlie und Thomas bekannt zu machen. Die bildlichen, tiefgründigen Beschreibungen haben mein Kopfkino und die Emotionen hochfahren lassen und ich bin mir sicher, dass man sich gut im Charlie- oder im Thomas-Team wieder finden kann. Denn unterschiedlicher können die Freunde kaum sein: Der warmherzige und reiche Charlie, ein zukünftiger Earl. Und Thomas, einer vom niedrigen Adel, verarmt und mit viel Wut im Herzen.
Das Internat bleibt nicht der einzige Ort, der besucht wird. Es folgen mehrere typisch britische Stationen, die im Verlauf Antworten geben oder neue Fragen aufwerfen. Themen wie Diskriminierung, Gewalt, der Wunsch nach Veränderung, Freiheit und Liebe sind in dieser geschichtlichen Epoche der entsprechende Zündstoff. Der Autor hat definitiv sein umfassendes Wissen zur britischen Geschichte, Literatur, Architektur und einen Hang zum Thriller einfließen lassen. Denn diese Welt wirkt trotz der Faszination Rauch nicht realitätsfremd. Kurzum: Die Story ist kein leichter Urlaubsschmöker, sondern soll zum Nachdenken anregen. Und ja, die ein oder andere Passage habe ich zweimal gelesen um es vollumfänglich zu verstehen. Das würde ich, aber nicht als Manko einstufen. Nur die letzten 250 Seiten. Diese brachten wenig neue Orte, Rätsel und Meinungen. Teilweise kam es mir wie eine Art Festigung des Themas vor. Das zog das Ende der Geschichte leider künstlich in die Länge.

Fazit: Wer düstere Fantasy mit britischer Geschichte erleben möchte und sich gern mit komplexen Fragestellungen auseinandersetzt, für den ist „Smoke“ genau das Richtige.

Bewertung vom 16.04.2017
Paper Princess - Die Versuchung / Paper Bd.1
Watt, Erin

Paper Princess - Die Versuchung / Paper Bd.1


weniger gut

Das Buch wanderte aufgrund der guten Leseprobe in mein Bücherregal. Die Geschichte der 17-jährigen Ella Harper, die tough und nicht auf den Mund gefallen ist, hatte es mir angetan. Es klang wie eine moderne Aschenputtel-Geschichte. Ella (man könnte auch mal wieder Cinderella daraus machen) ist arm, allein und versucht sich mit einem miesen Stripjob und Lügen durchs Leben zu kämpfen. Dann taucht auf einmal Cullum Royal in ihrer Schule auf und behauptet ihr Vormund zu sein. Der stinkreiche Typ bringt sie in sein luxuriöses, aber auch emotional kaputtes Reich. Mit dem Kennenlernen seiner 5 Söhne beginnt eine Geschichte aus Intrige, Erotik und einem Katz- und Mausspiel.
Im Buch lernt man sehr viele Personen kennen. Mal abgesehen von Ella und den Royals, bei denen für mich vor allem Reed und Easton im Mittelpunkt stehen, gibt es diverse Nebendarsteller. Und sie erfüllen alle ein Klischee: Die intriganten High School – Zicken, die Sportskanonen, die jedes Mädchen bekommen, die beste Freundin, die eine Außenseiterin ist und Daddy´s viel zu junge Barbie-Freundin. Ich fand das sehr schade. Diese Prototypen machen es vorhersehbar, denn sie entspringen nun mal immer dem selben Schema. Die Autorinnen haben es natürlich versucht aufzupeppen. Leider ist das nicht wirklich gelungen, manchmal ist weniger doch mehr. Ellas neue Freundin Valerie kam zuerst als kleine Außenseiterin ohne Vorurteile daher, die lieber ihre Ruhe haben wollte und später ist sie das exhibitionistische Partygirl. Authentisch ist das nicht. So kam es mir dann letztendlich auch bei Ella vor. Die Abschnitte, bei denen sie als Mauerblümchen dargestellt wird, haben mich absolut nicht überzeugt. Nicht mit ihrer Vergangenheit und der großen Klappe. Dafür hat mich Easton Royal überzeugt. Harte Schale und weicher Kern, der sich im Laufe des Buches zeigt. Ein toller Kerl.
Die Story selbst hatte am Anfang ihre Stärken. Ellas Hintergrund, ihre Flucht, ihr Überlebensinstinkt, alles wird aus Ihrer Perspektive heraus beschrieben. Das hatte etwas Besonderes. Bis zu dem Katz- und Mausspiel mit den Jungs. Mein Gott war das nervig. Ella war der Sündenbock für alle Familienprobleme. Normale Dialoge? Fehlanzeige! Es waren kindische und niveaulose Streitereien zwischen ihr und (meist) Reed Royal. Kein Tiefgang. Und wenn es mal soweit war, dass man dachte, jetzt wird es vernünftig, oh nein, dann wird die Szene unterbrochen. Meist durch billig wirkende Erotik. Selbst wenn Ella ständig „ein Ziehen zwischen ihren Beinen“ in Reeds Nähe verspürte. Ein Prickeln kam da nicht auf, es störte einfach nur. Zu viele kurze und abgehackte Szenen machen die Geschichte zwar schnelllebig und abwechslungsreich, aber braucht man das, wenn es um Liebe geht? Mir war nicht klar, das Sex so eine oberflächliche Rolle spielen würde. Ich kenne gute Bücher in der Kategorie Young und New Adult wie Anna Todds „After“-Reihe oder Jamie McGuires „Beautiful Disaster“. In diesen Beispielen hat man das Zusammenspiel Liebe und Erotik gut umgesetzt. „Paper Princess“ ist dagegen enttäuschend.
Die Emotionen kamen leider erst zum Schluss rüber. Als die Wogen sich glätteten, wurde es automatisch besser, tiefgründiger und man kaufte den Personen das dann endlich ab. Lieber spät als nie und ich hoffe, dass es im 2. Band so weiter geht.

Fazit: Die Erotik ist oft fehl am Platz und nicht tiefgründig genug. Dennoch ist die Story flüssig zu lesen und jeder findet seinen Teenie-Lieblingscharakter wieder.

Bewertung vom 08.04.2017
Der Kuss der Lüge / Die Chroniken der Verbliebenen Bd.1
Pearson, Mary E.

Der Kuss der Lüge / Die Chroniken der Verbliebenen Bd.1


ausgezeichnet

„Der Kuss der Lüge“ ist der Beginn der „Chroniken der Verbliebenen“ und erzählt die Geschichte von Prinzessin Lia von Morrighan, die sich von Tradition, Glauben und Verantwortung abwendet um ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Das Buch der amerkanischen Autorin Mary E. Pearson ist erstmals im Februar 2017 im Lübbe Verlag erschienen.
Bei mir war es mehr ein Kauf nach Cover als nach Geschichte. Das Hardcover mit der blonden jungen Frau, die einen Blumenkranz auf den Kopf trägt und sich mitten auf dem Feld umdreht sieht fantastisch und gleichzeitig auch dramatisch aus. Dazu der zunehmend sich verdunkelnde Himmel und 2 Figuren im Hintergrund, die nicht wirklich fröhlich wirken. Als Topping gab es innen noch eine Karte dieser neuen Welt mit ihren verschiedenen Reichen (die sehr nützlich war, um die Wege der Geschichte nachvollziehen zu können).
Am Anfang des Lesens kam der erste Dämpfer, da die Protagonistin dunkles Haar hat. Klingt jetzt kleinlich, aber ich mag es nicht, wenn das Cover in so einem Detail abweicht.
Ansonsten ging die Geschichte mit einem typischen Klischee los: Die mutige, freiheitsliebende Prinzessin soll zu Gunsten des Landes zwangsverheiratet werden. Natürlich lässt sie sich das nicht gefallen! Da wäre sie in der Welt der Literatur, insbesondere der Märchen, nicht die Erste. Aber die Autorin schaffte es, eine neue Welt mit eigener Geschichte, Tradition, Glaube, Magie und Völker zu entwickeln. Ich finde, das hat dem Klischee sehr gut getan.
Das Buch ist mit über 500 Seiten und vielen Kapiteln umfangreich gestaltet. Es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Zum einen von Lia, die das Risiko nicht scheut, kein Blatt vor dem Mund nimmt und sich doch nichts sehnlicher wünscht als ein echtes zu Hause und die echte Liebe. Zum Anderen aus der Perspektive des Prinzen und des Attentäters, die Lia auf der Spur sind und sie auch finden. Ich lernte also die Charaktere Schritt für Schritt kennen. Zumindest dachte ich das. Denn es bleibt im Buch durch die Abschnitte des „Prinzen“ und des „Attentäters“ oder auch genannt „Kaden“ und Rafe“ offen, wer denn nun das blaue Blut in sich trägt und wer der Meuchelmörder ist. Die Autorin legt gekonnt eine Fährte. Und ich sage es gleich: Ich bin darauf rein gefallen und war dann sehr überrascht. Definitiv ein großer Punkt für die Autorin!
Während des Lesens kam mir auch immer wieder das Wort „liebevoll“ in den Sinn. Die Menschen und ihre Beziehungen spielen eine große Rolle und das ist sehr liebevoll erzählt. Lia mit ihrer besten Freundin Pauline, die Frauen, die sie in Terravin kennen lernen, die Liebe, die sich zu Jemanden entwickelt. Das nimmt natürlich Platz ein. So wird über die Hälfte ausschließlich aus Lias neuem Leben heraus berichtet. Damit es dennoch nicht langweilig wird, gibt es noch ein paar unerwartete Situationen. Dabei soll der Leser den Titel auch nicht vergessen. Denn die Lüge ist allgegenwärtig. Nicht nur die Prinzessin lügt, um sich und ihr neues Leben zu schützen! Manchmal wünschte ich mir mehr Ehrlichkeit. Es gab die ein oder andere Situation, in dem Lia schon eher die Wahrheit hätte sagen können.
Auch Themen wie Religion, Glaube und Pflicht sind der Hauptprotagonistin anfangs egal. Genau das wollte sie hinter sich lassen. Genau das hat sie drangsaliert, gedemütigt und ihr die Freiheit genommen. Es stellt sich die Frage, ob sich jeder einfach seiner Verantwortung entziehen kann? Ich denke, es soll dem Leser zum Nachdenken bringen. Und ich sage: Nein, man darf sich dem nicht entziehen. Und so wird es auch Lia lernen müssen.

Ein sehr guter Beginn einer neuen Chronik mit einer neuen, sich langsam erschließenden Welt. Wer sich verschiedene Völker, tiefgründige Hauptdarsteller, Rätsel und zwischenmenschliche Beziehungen wünscht, dem kann ich die Chroniken der Verbliebenen wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 28.03.2017
Die flammende Welt / Die unsichtbare Bibliothek Bd.3
Cogman, Genevieve

Die flammende Welt / Die unsichtbare Bibliothek Bd.3


gut

In 444 Seiten muss Irene, ihres Zeichens Bibliothekarin bzw. Bücherjägerin der unsichtbaren Bibliothek, mit ansehen wie ihre geliebte Bibliothek in großer Gefahr schwebt. Es wird von Vernichtung gesprochen! Natürlich wird sie mit ihrem Lehrling Kai alles versuchen um die vermeintliche Bedrohung zu verhindern. Nur wer ist dafür verantwortlich? Wurde die Bibliothek verraten? Wie kann das Ende verhindert werden?
Ich dürfte das Buch im Rahmen einer Leserunde lesen.
Für mich stand vor allem im Vordergrund: Kann ich dem Buch folgen ohne die Vorgänger gelesen zu haben?
Das Cover ist ansprechend wie die Vorgänger gestaltet. Der Hintergrundton in Sepia, am Rand, angedeutet zum Titel, „angebrannt“. Die Stadtkarte Londons aus dem 19. Jahrhundert und der auf einem Buch sitzende Drache geben bereits Hinweise zum Inhalt des Buches. Der Titel rundherum verschnirkelt, da haben wir das erste Kaufargument.
Die ersten Seiten sollen wohl einen Vorgeschmack auf die Möglichkeiten der Parallelwelten im Buch geben. Teilweise sarkastisch werden Warnungen für Reisende aus der Bibliothek ausgesprochen. Für mich verwirrend. Warum kommt das am Anfang? Sollen die Warnungen ernst oder spaßig sein? Die Fragen blieben für mich übrigens offen.
Auch der Prolog in Form eines Briefes wirft am Anfang Fragen auf, so dass einem der Einstieg nicht erleichtert wird. Detektiv Vale weist teilweise auf Ereignisse des voran gegangenen Bandes hin. Ohne diesen vorher gelesen zu haben, konnte ich dem leider nicht vollständig folgen.
Dann ging die Geschichte los und zwar ohne große Vorgeschichte war ich in einer Mission der Bibliothekarin Irene und ihrem Lehrling Kai. Das macht die ersten Seiten wieder gut.
Die Autorin beschreibt von Anfang an sehr detailliert. Ich wusste immer, wo sich die Personen aufhielten, in welchen Jahrhundert oder zu welcher Tageszeit, wie sich die Personen fühlten und welche Besonderheiten wahr genommen wurden. Das klingt jetzt langatmig, ist es aber nicht. Denn es wird aus der Sicht der Bibliothekarin Irene beschrieben. Sie verpackt es in ihren Gedanken mit einem Schuss Sarkasmus und anderen Gefühlsregung. So dass ich als Leser dabei bin und mir die Vorstellung erleichtert wird.
Die Geschichte beginnt mit einem häufigen Szenenwechsel. Wir befinden uns einmal im viktorianischen London, dann mal wieder in der unsichtbaren Bibliothek und im Winterpalast in St. Petersburg. Gefühlt grenzt es an einer Reizüberflutung, wenn man bedenkt, dass sich alles um die Bibliothek in Parallelwelten abspielt. Für den einen abwechslungsreich. Für mich too much. Die zwischenmenschlichen Beziehungen hätten mehr zur Geltung kommen müssen. Es gab viele Winks auf auf Streitigkeiten, auf familiäre Zusammenhänge etc., aber keine Erklärungen dafür. Wieder wird klar, dass das Kennen der Vorbände von Vorteil wäre.
Erst im mittleren Teil des Buches kommt es mehr zu Dialogen, die sehr schnippisch und fordernd sein können. Man trifft auf Gespräche zwischen Mensch und Werwolf, Elfe und Mensch, Drache und Elfe. Das hat die Autorin definitiv drauf. Entweder der Leser lächelt in sich hinein oder schüttelt den Kopf und denkt „das kann nicht wahr sein“. Darüber hinaus wird zum Nachdenken angeregt, denn das ein oder andere Fremdwort taucht auf oder es wird mit Allegorien gearbeitet.
Worauf Miss Cogman weiterhin Wert gelegt hat, ist die Besonderheit der geheimnisvollen „Sprache“ und die „Bibliothek“ an sich. Denn diese Worte sind im Buch durchweg fett gedruckt. Und damit einem nicht langweilig wird: Bestimmte Betonungen in Irenes Gedanken oder so eine Art Selbstgespräche sind kursiv gedruckt. Schlau bin ich nicht daraus geworden, welchen Mehrwert das wirklich hat.
Zum Ende hin habe ich die Seiten förmlich verschlungen. Der letzte Kampf gegen das Böse ist immer ein „Seiten-Inhalierer“.
Fazit: Ein gelungener Fantasy-Roman. Allerdings empfehle ich die Vorbände gelesen zu haben, da sich nicht alle Hintergründe von allein klären.

Bewertung vom 12.03.2017
Der Klang deines Lächelns
Atkins, Dani

Der Klang deines Lächelns


sehr gut

„Der klang deines Lächelns“ ist der 3. Roman der britischen Autorin Dani Atkins und wurde im November 2016 durch die Droemer Knaur - Verlagsgruppe publiziert.
Es handelt von zwei jungen Frauen, die hofften, sich nie wieder zu begegnen. Doch das Schicksal meinte es anders, als Beide die schlimmsten Stunden ihres Lebens gemeinsam an einem Ort verbringen müssen: Im Wartezimmer eines Krankenhauses. Denn sowohl Ally´s Mann Joe, als auch Charlotte´s Mann David schweben in Lebensgefahr.

Ich hatte bereits die vorherigen Romane „Die Achse meiner Welt“ und „Die Nacht schreibt uns neu“ der Autorin verschlungen. Dani Atkins schreibt hoch emotional, dramatisch und vergisst es trotzdem nie, dem Leser ab und an ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, damit die Tränen wieder trocknen.
Dementsprechend waren meine Erwartungen an das Buch recht hoch. Das Cover deutete schon daraufhin, dass Freundschaft eine tragende Rolle spielen wird. Zwei Frauen, auf einer Notenzeile nebeneinander sitzend, die Eine legt der Anderen den Arm auf die Schulter. Passend zur Notenzeile der Titel: Der KLANG deines Lächelns. Die Cover lehnen aneinander an, ein Wiedererkennungswert der Autorin.
So etwas finde ich immer clever. Das Buch selbst ist mit über 450 Seiten umfangreich. Manchmal schrecken mich viele Seiten ab und ich wusste, dass es dramatisch wird. Zuerst war ich enttäuscht. Keine Geschichte aus der Ich-Perspektive? Der unparteiische Erzähler stellt kurz vor, wie es überhaupt dazu kommt, dass die Geschichte hauptsächlich in einem Krankenhaus spielt. Zu meiner Beruhigung ging es dann aber zu den beiden Hauptprotagonisten über! Das Buch ist in Kapitel eingeteilt, die wiederum die einzelnen Situationen einmal aus Ally´s und einmal aus Charlotte´s Sicht beschreiben. Und nicht nur das, man reist mit den Beiden immer wieder in die Vergangenheit, z.B. „Ally 8 Jahre früher“ oder einfach nur „Ally“ in der Gegenwart.
Für mich zog sich diese Vorgehensweise wie ein roter Faden fast bis zum Schluss. Ich konnte mich sehr gut in die Geschichte hineinfühlen, denn Charlotte und Ally beschreiben sehr bildlich, wie es in Ihnen aussieht. Trotz, dass es so ein Schicksal an sich nicht geben sollte, kam es mir nicht unrealistisch vor. Die Autorin hatte sich vorher eindeutig mit den angesprochen Themen beschäftigt. Die Beschreibung der Orte, der Personen und Gefühle kamen nicht von ein paar Folgen Grey`s Anatomy. Ich steckte mittendrin: Auf der Intensivstation, saß bei David oder bei Joe, litt mit den Angehörigen und war froh, dass niemand allein war.
Nur das allein, ließ mich natürlich nicht weiter lesen. Drama allein reicht einfach nicht. Es waren die Hinweise, die gelegt wurden. Hinweise auf Geheimnisse. Natürlich hatte ich immer eine Vorahnung. Irgendwo bediente sich Ms. Atkins doch von dem ein oder anderen Klischee. Auch wenn es nur der homosexuelle beste Kumpel oder die harte Schale einer Businessfrau war. Aber lag ich damit immer richtig? Die Frage mürbte mich, da es verschiedene Antworten zu geben schien. Das gefiel mir. Vor allem waren es mehrere Puzzle, die man zusammenfügen dürfte. Das und die unvorhergesehenen, gefühlvollen Explosionen sind ein Wahnsinns Cocktail. Gott sei Dank werden die Rätsel bis zum Schluss enträtselt.
Zwei Kritikpunkte muss ich leider noch erwähnen: Einer Sache blieb die Autorin am Ende nicht mehr treu. Die Erinnerungen, die sonst zu einzelnen Leseabschnitten definiert waren, wurden in die gegenwärtige Abschnitte integriert. Für mich als Leser nicht ganz nachvollziehbar, da es vorher eine gute Gliederung ergeben hat. Ein weiterer Kritikpunkt ist die deutsche Übersetzung an sich. Es gab ein paar grammatikalische Fehler und Wortdoppelungen, die einfach nur ärgerlich sind.

Fazit: Ein hoch emotionales Drama - Auch wenn es übertrieben erscheint, dass einem das Schicksal so beutelt, verliert es an keinem Zeitpunkt den realistischen Aspekt. Ich empfehle es Frauen, die einen Faible dafür haben.