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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
WillyShrub
Wohnort: 
St. Helier

Bewertungen

Insgesamt 52 Bewertungen
Bewertung vom 08.05.2023
Erinnere dich!
Reiter, Max

Erinnere dich!


sehr gut

Manipulation von Erinnerungen
Das Thema von Max Reiters Thriller "Erinnere dich!" ist die Erinnerung und die Manipulation derselben. Arno, Dozent an einer Hochschule in Berlin wird zu einem 20-jährigem Jubiläums Abiturtreffen in seiner Heimat eingeladen. Dabei wird wieder an die von ihm verdrängte Geschichte seiner damaligen Freundin Maja erinnert. Maja verschwand spurlos auf einer Bergtour der 4 Freunde der Abitourklasse und sollte nie wieder auftauchen.
Auf dem Treffen erscheint überraschend Majas Schester Anja, die in vielem ihrer Schwester ähnelt. Die Vier vereinbaren eine gemeinsame Wiederholung der Bergtour.
Gleichzeitig beginnen SMS-Nachrichten und anonyme Anrufe Arno zu bedrängen, sich an die damaligen Ereignisse zu erinnern und sich seiner Verantwortung zu stellen.
Der Roman erhält seine Spannung aus dem Wechsel von verschwommenen sich verändernden Erinnerungen sowie einer undeutlicher werdenden Sicht auf die Realität.
Interessanter Ansatz für einen Thriller, der meiner Meinung nach jedoch zu konstruiert und wenig glaubhaft ist. Deshalb vergebe ich 3,5 Sterne.

Bewertung vom 08.05.2023
Als Großmutter im Regen tanzte
Teige, Trude

Als Großmutter im Regen tanzte


sehr gut

Emotionale norwegische Familiengeschichte
Trude Teige schreibt über die Geschichte dreier Frauen einer Familie: Großmutter, Mutter und Tochter. Dir Großmutter Tekla verliebt sich in den deutschen Soldaten Otto, und als der Krieg endet haben diese "Deutschenmädchen" es wie in vielen von deutschen besetzten Ländern schwer. So entschließt sie sich mit ihrem Mann in dessen deutsche Heimat zu ziehen. Gleichzeitig ereignet sich in dessen Heimatort Demmin in Vorpommern bei Einzug der Roten Armee im Frühjahr 1945 ein Massensuizid. In dieser von der Autorin einfühlsam geschilderten Fluchtgeschichte um Überleben, Vergewaltigung, Plünderung und Mord, aber auch Liebe, Solidarität und Verständnis, verweben sich die Geschichten von Teklas Tochter und Enkelin Juni. Die Enkelin Juni stößt nach dem Tod der Großmutter auf Hinweise des unerzählten Deutschland-Geschichte der Tekla und beginnt zu recherchieren. Das Ergebnis ist dieser Roman, der als Rückblick aus Sicht der Enkelin aufgebaut ist.
Lesenswert und voller Empathie, aber auch schonungslos werden die Ereignisse der letzten Kriegstage und der Nachkriegszeit von der Autorin erzählt.

Bewertung vom 03.05.2023
Der Kuss des Kaisers
Neumeyer, Christine

Der Kuss des Kaisers


sehr gut

Historischer Kriminalroman im Wien des Jahres 1908
Die Handlung des historischen Krimialromanes von Christine Neumeyer findet im Jahre 1908 statt. Der Untergang der österreichischen Monarchie zeichnet sich bereits ab. So ist der Kriminalfall auch im Umfeld des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand im Schloss Belvedere angesiedelt. Die Ermittler Pospischil und Frisch ermitteln im Todesfall einer grausam zerstückelten Leiche, welche in einem Brunnen des Schlosses aufgefunden wurde, und der Kopf ist unauffindbar. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf das Umfeld der Bediensteten des Schlosses.
Der geschichtliche Hintergrund wird eingehend und detailliert dargestellt. Dabei wird der gesellschaftlich-soziale Hintergrund der Bevölkerung unter Einfluss einer hohen Kriminalitätsrate in der Großstadt Wien wiedergegeben.
Es ist ein unterhaltsamer Kriminalroman.

Bewertung vom 01.05.2023
Fünf Winter
Kestrel, James

Fünf Winter


ausgezeichnet

Thriller während des Pazifikkrieges 1941-45
Detective Joe McGrady von der Honolulu Police ermittelt in einem brutalen Doppelmord. Es ist Dezember im Jahre 1941 und brisant, da ein Opfer Neffe des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte ist. Während der Spannungen der Auseinandersetzungen im pazifischen Raum verfolgt McGrady die Spur des Tatverdächtigen über Hongkong nach Japan als "einsamer Wolf", was an den Stil des amerikanischen Detektivromans erinnert. Schließlich gerät er als mutmasslicher Spion in Gefangenschaft, erhält jedoch die Unterstützung eines japanischen Diplomaten.
Rasant entwickelt sich der Kriminalfall im pazifischen Umfeld. James Kestrel beschreibt dabei umfassend den historischen Hintergrund. Dabei enthält der Roman ebenfalls die Inhalte einer Liebesgeschichte, Spionagestory, von kulturell-gesellschaftlichen Aspekten im fernen Osten und eines Antikriegs-Romanes.
Dem Autor gelang ein lesenswerter Thriller in einem komplexen Umfeld und in einem aus europäischer Sicht oft unbekannten Blickwinkel.

Bewertung vom 30.04.2023
Südlich von Porto lauert der Tod
da Silva, Mariana

Südlich von Porto lauert der Tod


sehr gut

Kriminalroman in Portugal
Mariana da Silva hat ihren ersten Kriminalfall um die Polizistin Ria Almeida in dem atlantischen Küstenort Torreira nahe Aveiro angesiedelt. Als Ria Almeidas Großvater stirbt, nimmt sie die Gelegenheit wahr anläßlich der Beerdigung eine berufliche Auszeit zu nehmen und zu den schwierigen Entwicklungen ihres Stuttgarter Polizeijobs Distanz zu gewinnen.
Dabei gerät sie in ihrem Heimatort in die Ermittlungen zu einem Todesfall, in dem jedoch die Leiche bald verschwindet. War es Mord oder ein Unfall? Sie hilft dem in solchen Ermittlungen unerfahrenen Dorfpolizisten João und greift fast ungewollt immer weiter in die Ermittlungen zum Fall ein. Man merkt wie sehr sie an ihrem Job als Ermittlerin hängt.
Es entstehen Spannungen mit den übergeordneten Stellen der Polizei, und auch im Fall selbst ereignen sich plötzliche und überraschende Wendungen. Nebenbei werden Landschaft, Menschen und Küche der nordportugiesischen Region um Aveiro dem Leser ausführlich vorgestellt.
Ein unterhaltsamer und spannender Kriminalfall mit Lokalkolorit.

Bewertung vom 30.04.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


ausgezeichnet

Lesevergnügen von Robert Seethaler
Lange habe ich auf neuen Roman von Robert Seethaler gewartet, und wieder hat er mir einige Stunden Lesegenuß geschenkt. Der Autor beschreibt diesmal die Geschichte eines Cafes, seines Betreibers, der Angestellten und Gäste im Wien der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Eindrücklich stellt der Autor das Milieu eines Arbeiterviertels in Wien vor. Der Gelegenheitsarbeiter Robert Simon erfüllt sich seinen Traum und eröffnet voller Hoffnung in seine Zukunft ein einfaches Café. Die im Viertel wohnenden und im Café verkehrenden Personen wie auch deren Geschichten werden einfühlsam und lebendig beschrieben. Dabei gelingt es dem Autor eine melancholische Atmosphäre zu erzeugen. Eine so entstehende leichte Morbitität passt sehr gut zu Wien.
Es liegt ein leiser und ruhiger Roman vor, der fast zur Mileustudie wird. Die enge persönliche Verbundenheit Seethalers mit Wien ist deutlich spürbar. Meine Erwartungen in das Buch wurden voll erfüllt.

Bewertung vom 14.04.2023
Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3
Seeburg, Uta

Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3


sehr gut

Historischer Kriminalroman um einen Spionagefall
In ihrem dritten Roman um den Münchner Ermittler Gryszinski führt uns Uta Seeberg in die Umgebung der Spionage in den Jahren 1896-1920. In München verschwindet ein Diplomat, der vermutlich Informationen zu Telegrafie-Techniken besessen hat.
Die Ermittlungen führen Gryszinski auf eine Reise quer durch Europa, und der Ausgang der Ermittlungen ist unerfreulich.
20 Jahre später folgt Fritzi, Gryszinskis Sohn, den selben Spuren auf derselben Reiseroute. Er hofft die Ermittlungen seines Vaters zu Ende zu führen.
Der Roman wechselt zwischen den Erzählebenen des Vaters und des Sohnes Fritzi. So ergeben sich zwischen den Ermittlungsaktivitäten beider direkte Zusammenhänge. Die historischen Hontergründe sind von der Autorin sorgfältig recherchiert worden. Uta Seeberg stellt das politisch-gesellschaftliche Umfeld in Frankreich, Deutschland und Russland dieser Zeit eingehennd vor.
Es ist ein spannender Kriminalfall in einer Zeit, in der sich die Auseinandersetzungen des ersten Weltkrieges bereits früh abzeichnen.

Bewertung vom 14.04.2023
Das Bücherschiff des Monsieur Perdu
George, Nina

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu


ausgezeichnet

Wohlfühlgeschichte von Nina George
Der Roman "Das Bücherschiff des Monsieur Perdu" ist der zweite Band aus der Reihe um das Bücherschiff. Man kann es jedoch - wie ich - auch ohne die vorherige Lektüre des 1. Bandes "Das Lavendelzimmer" gut lesen.
Der Buchhändler Jean Perdu besitzt die Gabe, mit seinem Bücherschiff "Pharmacie Littéraire" empathisch auf die Bedürfnisse seiner Besucher einzugehen. Er entschließt sich seine Tätigkeit in Paris fortzusetzen und so fährt über die Kanäle Frankreichs zurück in seine Heimat Paris. Dabei verfasst er selbst eine "Enzyklopädie der kleinen Gefühle", die künftig als hilfreiches Nachschlagewerk für Buchhändler dienen soll.
Einfühlsam, warnherzig und interessant beschreibt Nina George die Protagonisten und Ereignisse des Romanes. Großartige emotionale Momente werden geschildert. Es war ergeifend die Veränderung die durch das Lesen der Bücher des literarischen Apotheker J. Perdu ausgelöst werden zu verfolgen.
Eine großartige (und aufbauende) Geschichte über die Kraft der menschlichen Beziehungen.

Bewertung vom 14.04.2023
Melody
Suter, Martin

Melody


sehr gut

Kurzweiliger und literarischer Roman
Martin Suter hat seinen Roman um die Geschichte des Nationalrates Dr. Peter Stotz und der Melody Alaoui angelegt.
Der junge Jurist Tom Elmer tritt eine Stelle an, in der er den Nachlass des Dr. Stotz sichten, sortieren und nach dessen Tod verwalten soll. Dr. Stotz ist einflußreich, reich, jedoch schwer erkrankt.
Tom zieht in die Villa des Dr. Stotz, und bei den gemeinsamen Zusammenkünften und Diners berichtet Dr. Stotz von seinem Leben, im Besonderen von seiner großen Liebe zu Melody.
Der Autor entwickelt von Beginn an die Spannung des Romans, indem er zwischen den Beobachtungen und Handlungen aus Sicht des Tom und der Perspektive der Berichte von Dr. Stotz wechselt. Daraus ergeben sich die überraschenden und spannungsreichen Wendungen der Geschichte.
Der Roman ist litererarisch, logisch schlüssig und durch die Volten im Handlungsablauf unterhaltam und kurzweilig.
Zusammgefasst: ein Lesegenuß, dessen Lektüre ich empfehlen kann.

Bewertung vom 31.03.2023
Tochter einer leuchtenden Stadt
Suman, Defne

Tochter einer leuchtenden Stadt


ausgezeichnet

Fesselnder Roman in der Levante Kleinasiens
Thema des Romanes ist in der Hauptsache die Zeit des Zerfalls des osmanischen Reiches gegen Ende des ersten Weltkriegs sowie die anschließende Verfolgung und Vertreibung der armenischen und griechischen Bevölkerungsgruppen durch die Türken.
Heterogen und vielfältig ist die Bevölkerung Smyrnas zu dieser Zeit: Türken, Griechen, Armenier Juden und Europäer leben in der blühenden Stadt Smyrna friedlich, jedoch nicht ohne Spannungen zusammen. Deutlich deuten sich bereits jetzt, bedingt durch die großen gesellschaftlichen Unterschiede der Bevölkerungsgruppen, die Spannungen der weiteren Geschichte an. Mit orientalisch ausladender und bildhafter Sprache schildert Defne Suman die bunte und vielfältige, aber auch brutale und zerstörende Umgebung und die Ereignisse dieser Zeit.
Der Roman wird aus der Sicht der Mädchen/Frauen aus den unterschiedlichen Familien wieder gegeben. So entsteht ein umfassendes Bild der Geschehnisse und der Region, die in der Katastrophe des großen Brandes von Smyrna 1922 mit der brutalen Ermordung und Vertreibung ganzer Bevölkerungsgruppen endet.
Fesselnde Lektüre für den historisch interessierten Leser.