Hermann Henselmann hat sich in der DDR als Chefarchitekt Ost-Berlins einen Namen gemacht. Sein Hauptprojekt war die Gestaltung der Stalinallee in Berlin, aber auch Entwürfe für Hochhäuser in Leipzig und Jena und den Berliner Fernsehturm gehen auf ihn zurück.
Privat war er ein schwieriger Mensch. Seine acht Kinder, die er mit seiner Frau Isi bekam, litten sehr unter dem cholerischen Vater, der schnell wütend wurde, was sich nicht selten auch in körperlicher Gewalt äußerte.
"Die Allee" ist eine chronologische Erzählung über das Leben des Ehepaar Henselmanns. Dabei ist Autorin Florentine Anders mehr als nur eine Biografin, sie ist die Enkelin Hermann Henselmanns.
Relativ nüchtern werden die Ereignisse, beginnend in der Vorkriegszeit bis zum Tod Henselmanns im Jahre 1995, erzählt. Die Autorin geht auf politische Verstrickungen genauso wie auf das architektonische Werk ihres bekannten Großvaters ein. Erschreckend kam bei mir immer wieder der Charakter und die Persönlichkeit Henselmanns an, sodass es mir schwerfällt sein städteplanerisches Vermächtnis entsprechend wertschätzen zu können. Trotzdem ist Florentine Anders mit diesem Buch ein wertvolles Werk mit viel geschichtlichem Hintergrund gelungen.
Eigentlich hatte Tommi vor endlich mit seinem Thriller voranzukommen. Doch seine Putzfrau Svetlana entdeckt am Waldrand ein kleines Mädchen, dass anscheinend alleine unterwegs ist und will ihr helfen. Die Mutter scheint jedoch unauffindbar zu sein und da Svetlana den Fähigkeiten der örtlichen Polizei nicht traut, nehmen die beiden die Ermittlungen kurzerhand selber auf.
"Wenn Ende gut, dann alles" ist ein humorvoller und kurzweiliger Krimi ohne dabei ins Lächerliche abzurutschen. Svetlana mit ihrem ukrainischen Akzent ist dabei an Authentizität kaum zu übertreffen, man kann sie sich bildhaft als lebendige Person vorstellen. Aber auch alle anderen Figuren sind sehr differenziert und ausgeformt dargestellt.
An einigen wenigen Stellen war mir die Geschichte etwas zu langatmig und ausschweifend, sodass die Spannung nicht durchgehend hochgehalten war.
Trotzdem ist Volker Klüpfel ein toller Krimi mit tollen Charakteren gelungen!
Christoph ist mitten in der Pubertät. Seine Welt wird bestimmt von Fußball, seinen Kumpels, Pickeln und dem Wunsch endlich eine richtige Freundin zu haben.
Für die hübsche Debbie würde er alles tun. Sie ist das Ziel seiner Träume. Und dann ist er da, der erste Kuss mit Debbie, der auch der erste Kuss in seinem Leben ist.
Ex-Profi-Fußballspieler Christoph Kramer hat mit "Das Leben fing im Sommer an" einen tollen Coming-of-age-Roman geschrieben. Der Schreibstil ist erwartungsgemäß nicht allzu komplex, was ich aber keinesfalls als störend empfinde, sondern passend zur Thematik und zum Setting. Dieses Buch macht Lust auf den Sommer, die Liebe und große Träume. Ich fand es sehr interessant eine Teenagerliebe aus männlicher Sicht zu lesen und konnte mich gut in die Situationen einfühlen. Ein gelungenes und zu enpfehlendes Sommerbuch!
Eine kaputte Steckdose, ein Puzzle-Liebhaber, ein Kronzeuge gegen die italienische Mafia, ein Buch und ein riesiger Zufall bilden die Grundlage für dieses geniale Buch.
Als Escher wegen eines Wackelkontaktes seiner Steckdose auf den Elektriker wartet, liest er ein Buch über einen Mafiaaussteiger. Darin liest der Mafiaaussteiger ein Buch über Escher, der auf den Elektriker wartet.
Dieses Buch hat mich auf seine einfache und doch geniale Weise gefesselt und fasziniert. Wolf Haas Schreibstil ist klar und präzise. Die Auflösung der Zusammenhänge kommt nicht plump daher, sondern bahnt sich langsam an, bis man ein Gefühl für die Komplexität der Ereignisse bekommt.
Das Cover ist in seiner Einfachheit und Verwirrung absolut passend zum Inhalt und man kommt an diesem gelben auffälligen Titel ebenso wie am gesamten Buch nicht vorbei.
Auf der Reise von Wien nach München sitzen sich der Autor Eduard Brünhofer und Therapeutin Catrin in einer Sitzgruppe im Zug wie zufällig gegenüber. Auf den forschen Vorstoß der unerschrockenen Catrin kommen sie schnell ins Gespräch, in ein sehr intimes Gespräch über Liebe, Leidenschaft und die persönlichen Ziele im Leben. Doch nichts ist wie es scheint und vielleicht war am Ende weniger der Zufall Schuld an dieser außergewöhnlichen Begegnung.
Daniel Glattauer sind mit "In einem Zug" genauso simple wie tiefgründige Dialoge gelungen. Die Sprache ist klar und geradlinig und lässt Raum für eigene Gedanken und Überlegungen zu diesem Gespräch.
Wer allerdings eine große Spannung erwartet, ist hier falsch. Aber genau deshalb, weil das Buch ohne eine komplexe und weit verzweigte Handlung auskommt, finde ich es so gelungen und ansprechend.
In der Schule will niemand etwas mit ihm zu tun haben, Freunde hat er keine, seine Eltern haben ihre eigenen Probleme und gehen auf seine gar nicht ein. Alle nennen ihn nur "Klapper", weil seine Gelenke laut hörbar Klappern.
Und dann ist da plötzlich dieses neue Mädchen in seiner Klasse. Bär wird sie genannt, auch kein richtiger Name, weil sie ungewöhnlich groß und stark ist.
Bär ist die einzige, die von Klapper nicht abgestoßen zu sein scheint.
Kurt Prödel widmet sich in seinem Debütroman einem allgegenwärtigen und trotzdem unterschätzten Thema. Es geht um Jugendliche, die gesellschaftlich ausgegrenzt sind, die mit ihren Sorgen und Problemen von ihrer Umwelt nicht gesehen werden. Die Geschichte wird vordergründig recht emotionslos erzählt, erzeugt dafür aber umso mehr Emotionen beim Leser, die nicht immer positiv sind. Mir haben sich beim Lesen viele Fragen gestellt, auf die man die Antworten selbst bei sich und der Gesellschaft suchen muss.
Nach langer Ehe ist Marlene plötzlich Witwe. Ihr Mann Rolf hat bei schwerer Krankheit den Freitod gewählt.
Jetzt steht für Marlene die Welt still, auch sie will nicht mehr Leben, doch sich auch umzubringen, fällt ihr schwerer als gedacht. Als sie einen Handwerker für ihre defekte Dusche ruft, tritt ihr ehemaliger Schüler Jack in ihr Leben. Auf einmal ist sie nicht mehr alleine, nicht mehr nur für sich verantwortlich. Und dann ist da noch der Abschiedsbrief ihres Mannes, an den sie nicht so leicht herankommt...
"Von hier aus weiter" ist ein schonungslos ehrliches und gleichzeitig zärtliches Buch. Es gelingt Autorin Susann Pasztor sowohl die Trauer der Protagonistin, als auch ihre Wut, Verzweiflung und Aussichtslosigkeit zu transportieren. Trotz der depressiven Grundstimmung, die Marlene hat, gibt es auch humorvolle Szenen. "Von hier aus weiter" ist eine lebensbejahende und mutmachende Geschichte, die motiviert den Kopf nicht in den Sand zu stecken und sich und das Leben nicht aufzugeben.
Annemarie Paulsen erzählt autobiografisch von ihrem Leben als eins von neun Kindern auf einem Bauernhof in Schleswig-Holstein bis hin zur Landwirtin auf dem eigenen Hof und gefragten Agrarinfluencerin.
Dabei versucht sie dem Leser Einblick und Verständnis für ihre Welt durch Anekdoten aus der Familie, den Geschwistern, Nachbarn, Kommilitonen und dem weiteren Umfeld zu geben. Oftmals ist da auch eine große Portion Humor und Selbstironie dabei. Wichtig ist, dass sich hier über niemanden und keine Gruppe von Menschen zu irgendeinem Zeitpunkt lustig gemacht wird. Vielmehr geht es darum, über sich selbst lachen zu können und an den meisten Situationen das Positive sehen zu können.
Was fulminant begonnen hat, flaut im Verlaufe des Buchs leider ein bisschen ab. Eigentlich war von vornherein klar, dass das hohe Tempo und die Dichte an herausragenden Erlebnissen nicht gehalten werden kann. Trotzdem empfehle ich dieses Buch jedem, der sich mit Landwirtschaft und Landleben identifizieren kann.
Als in Sophies psychotherapeutischer Praxis eines Tages unter einem Vorwand die junge hübsche Amelie auftaucht und ihr auf besonders plumpe Art und Weise mitteilt, dass sie die Geliebte ihres Mannes ist, brennen bei Sophie die Sicherungen durch. Für mehrere ihrer Patienten endet dies tödlich. Sophie kämpft mit ihrem Gewissen und um die Liebe ihres Mannes.
Mordscoach ist ein Krimi der anderen Art. Es geht rasant vorwärts, man hastet fast durch die Kapitel von einem Ereignis zum nächsten. So kann zwar einerseits die Spannung nicht verloren gehen, andererseits könnte manche Episoden, gerade zum Ende hin, etwas üppiger ausgeschmückt werden.
Trotzdem kommt die Psyche der einzelnen Personen nicht zu kurz, genauso wie man es sich von einer Psychotherapeutin wünscht, werden die Handlungen gut analysiert. Ich habe mich insgesamt gut unterhalten gefühlt.
Anni hat alles, was sie sich gewünscht hat. Sie liebt ihren Freund, hat ein tolles Zuhause, ein gutes Verhältnis zu ihrer Stieftochter und Erfüllung im Beruf. Bis sie eines Tages der Anblick eines Plakats aus der Bahn wirft: darauf ist Lukas, der Schatten ihrer Münchner Vergangenheit, der sie nicht mehr loslässt.
"Neun Tage Wunder" ist ein wahrer Liebesroman, aber keine Schnulze. Der Schreibstil ist einfühlsam, aber nicht schwülstig und man hat nicht nach wenigen Kapiteln schon eine Idee wie die Geschichte ausgehen wird. Vielmehr geht es um tiefgründige Themen einer Beziehung und die zentrale Frage, was das Glück und glücklich sein überhaupt ausmacht. Zwischendurch sind immer wieder Rückblicke zu Annis Münchner Zeit eingestreut. Die Kapitel sind nicht nur aus ihrer Sicht, sondern auch aus der ihres Freundes geschrieben. Das hält die Spannung hoch.
Ich habe mich von diesem Buch sehr gut unterhalten gefühlt!
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