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Andy
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Frankfurt am Main

Bewertungen

Insgesamt 60 Bewertungen
Bewertung vom 10.04.2025
Morishita, Noriko

Die Magnolienkatzen


gut

Angenehm wohlig wie ein Griff in weiches Katzenfell

Romane, und wie ich sie als Leser aufnehme, sind grundsätzlich auch davon abhängig, in welchen Umständen ich mich befinde. „Die Magnolienkätzchen“ hatte ich mir als Wochenlektüre für eine der stressigsten Arbeitswochen überhaupt ausgesucht. Eine Woche in der Termin auf Termin folgte und kaum Zeit zum Luftholen blieb. Der Roman begleitete mich in dieser Woche überragend. Er ist auf der einen Seite seicht und langweilig, denn die Handlung dreht sich in der Hauptsache um die ersten Wochen und Monate von einer Katzenmutter und ihren fünf Katzenbabys. Auf der anderen Seite strahlt dies auch eine sehr große Ruhe aus und die Lektüre hat mehr noch als sonst meditative Züge.

Wenn mir nun jemand die Aufgabe übertragen würde, über 250 Seiten dem Aufwachsen von fünf Katzenbabys zu widmen, würde ich die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen. Noriko Morishita macht das aber ganz vorzüglich. Ich konnte mir bis dato nicht vorstellen, welche Details rund um die ersten Schritte von Katzenbabys beobachtbar und beschreibbar sind. Die Autorin hat Augen und Ohren gespitzt und auch kleinste Details sprachlich nachgezeichnet. Über reine Details zu den Katzen geht sie darüber hinaus auch auf die Wirkung von Katzen als Gefährten der Menschen ein und zeichnet nach welche psychologischen Effekte sich ergeben. Man wird gerade hierdurch der Katzen auch über den Roman hinaus nicht überdrüssig, sondern sehnt sogar eher selbst eine solche Beziehung herbei. Insgesamt ist „Die Magnolienkatzen“ damit nicht der große literarische Wurf (aber wer hätte das auch gedacht und gewollt) sondern erfüllt wunderbar den Zweck eines Wohlfühlbuchs.

Bewertung vom 31.03.2025
Lorenz, Sarah

Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken


gut

Interessante Ansätze, wenig originelle Umsetzung

„Mit Dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken“ hätte ich so gerne viel mehr gemocht. Es ist ein Buch, dessen Autorin ich gerne in den sozialen Medien lese und mich deshalb sehr auf diesen Roman gefreut hatte. Am Ende habe ich den Zugang zu diesem Roman nie vollends gefunden. Elisa erzählt der von ihr bewunderten Dichterin Mascha Kaleko die „Highlights“ ihres Lebens. Es ist nicht besonders schlimm, dass ich mit dem Dialog zwischen Elisa und Mascha Kaleko und der Lyrik von Mascha Kaleko nichts anzufangen weiß. Dies ist ja nur ein kleiner Teil dieses Romans.
Was mich dann mehr bekümmert, ist meine Teilnahmslosigkeit bzgl. des Rests der Romanhandlung. So richtig Spannung wollte da nicht aufkommen. Ich fand die Personen auch nur bedingt interessant. Und insgesamt war die Lektüre dann auch manchmal eintönig und langweilig. Aber ganz schlecht war dann alles auch nicht. Ich kann den Hang zum Ausbruch und zu Punkkultur nachvollziehen und habe diese Teile sehr gerne gelesen. Hier verbirgt sich vieles, was in der Nuance sehr gut gefallen hat. Insgesamt hat mich das Gesamtpaket aber nicht überzeugt. Ich wünsche dem Buch, dass es andere so berührt, wie ich es für mich selbst gewünscht hätte.

Bewertung vom 29.03.2025
Groschupf, Johannes

Skin City


sehr gut

Atmosphärische und spannende Berliner Räubergeschichte

Johannes Groschupfs Skin City ist kein klassischer Krimi oder Thriller und das ist gut so. Das Buch besticht einerseits dadurch, dass es im Genrevergleich kurz ist. Es wird durch Groschupfs Erzählkünste eine dichte Atmosphäre geschaffen, und eine Geschichte rund um 3 Hauptpersonen gewebt, deren Erzählperspektive Groschupf changierend einnimmt. Das Ganze spielt dabei in Berlin und an sich ist Skin City damit auch eine Ode an die Facetten der Hauptstadt.
Skin City hat mir dabei insgesamt sehr gut gefallen. Einerseits, weil es ein recht unbeschönigtes Bild der Realität zeichnet. Andererseits, weil es in diesem sehr schönen, bildlichen Kontext eine Geschichte erzählt, welche nicht langweilig oder ausgelatscht ist. Einen Haken hat das Buch dabei aber für mich, wenn man Groschupf durchgehen lässt, dass er manch logische Herleitbarkeit der knappen Erzählstruktur opfert (was funktioniert). Groschupfs Geschichte rankt sich um vorurteilsbelastete Personengruppen. Die Auseinandersetzung mit diesen Vorurteilen ist äußerst schwer in der Erzählstruktur, bei mir bleibt subjektiv jedoch hängen, wie schlecht die einzelnen Mitglieder der Gruppen teilweise wegkommen. Hier hätte ich mir einen aufgeklärteren Blick gewünscht. Das Buch habe ich dennoch gerne gelesen.

Bewertung vom 17.03.2025
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


ausgezeichnet

Freudvolle Auszüge einer Jugend
Ich würde ja auch gerne meine Klischees nicht wahrnehmen bzw. den Dingen offen gegenüber stehen. Im Falle von Christoph Kramers Debütroman ist mir das nicht gelungen. Ich hatte das Buch einige Zeit im Regal liegen, bevor ich es zur Hand nahm, weil ich eine große Enttäuschung erwartete. Ich mag Kramer und ich mag es grundsätzlich, wenn Fußballer etwas über den Rasen hinaus wirken. Das tut Kramer seit langem, indem er nicht mehr nur auf dem Rasen selbst glänzte sondern schon zu seiner aktiven Zeit als Analyst im Fernsehen eine gute Figur abgab. Mir war äußerst suspekt, dass dieser Kerl nun auch noch Bücher schreiben können sollte. Dazu gab er freimütig Christian Hubers „Man vergisst nicht, wie man schwimmt“ als Inspiration an. Das fand ich sehr gelungen und Kramer legte die Latte damit noch höher.
Und so nahm ich dieses Buch mit diesem wunderbaren Cover dann misstrauisch in die Hand und begann sorgenvoll die Lektüre. Und umso mehr ich mich in das Buch hinein las, umso mehr fragte ich mich, wann denn der Einsturz kommen möge. Kramers Hauptfigur, die seinen Namen trägt und einen wundern lässt, wie viel der Geschichte autobiografisch ist. Sehr geschickt, weil diese Verwunderung Humor beweist und den Lesespaß erhöht. Und mit Lesespaß geizt der Roman grundsätzlich nicht. Man baut mit den Charakteren schnell eine Verbindung auf, sie haben alle ihre Macken, sind aber dennoch sympathisch. Sprachlich einfach und klar führt der Roman durch die Geschichte mehrerer Tage von Chris Kramer & Friends und ich erkenne sofort die Parallelen zu meiner Jugendzeit und fühle mich nostalgisch verbunden. Das die Geschichte dabei wenig verkopft ist, freut mich zusätzlich. Und so werde ich das Buch freundlich weiterverleihen und empfehlen und es wird nicht nur mir Freude bereiten.

Bewertung vom 04.03.2025
Kempen, Sarah M.

Lichterloh - Stadt unter Ruß


sehr gut

Gelungene Kohle-Dystopie für die Jugend
Wenn man in Cleos Welt landet, dann fragt man sich schlagartig, was hier wohl schief läuft. Menschen leiden unter dem Kapitalismus. Energieversorgung, die nur über Kohle funktioniert, ist das gesellschaftlich prägendste Thema. Und in dieser Welt folgt man einer Jugendlichen, Cleo, deren Hoffnung, die Welt zu verbessern, dem Roman seine Spannungskurve gibt. Der Roman weißt dabei einige wohl gewollte Parallelen zu unserer Gesellschaft auf und lädt das jüngere Zielpublikum hierüber gezielt dazu ein, die ein oder andere echte gesellschaftliche Entwicklung zu hinterfragen bzw. sich vielleicht überhaupt damit zu beschäftigen.
Aber deswegen liest man, besser: ich, ja keine Bücher. Zumindest nicht in erster Instanz. Ich lese Bücher, weil mich schnell ein Erzählstil anspricht und ich eine Identifikationsebene mit den Charakteren finde. Bei Cleo ist es ihre helfende Art und ihr Optimismus, die mich sie schnell ins Herz schließen haben lassen. Cleos Geschichte ist zudem spannend und originell genug erzählt, so dass ich gerne am Ball geblieben bin. Der einzige Wermutstropfen, bei diesem insgesamt sehr guten Buch, ist das aus meiner Sicht etwas zu langsame Erzähltempo. Dies mag aber auch dem Fakt geschuldet sein, dass ich nicht Teil der Kern-Zielgruppe bin. Ich empfehle das Buch in jedem Fall gerne weiter.

Bewertung vom 02.03.2025
Würger, Takis

Für Polina


ausgezeichnet

Sehr erinnerungswürdig!

Ich habe eine klare Meinung zu Takis Würgers neuem Roman „Für Polina“ vom Cover weg, über die Leseprobe bis hin zum kompletten Werk. Ich mag dieses Buch sehr. Dies liegt sowohl an den Charakteren, an den Kernmotiven als auch an der Handlung des Buchs. Hannes, Polina, Fritzi und Co. habe ich alle schnell ins Herz geschlossen, weil sie interessant und vielseitig und vor allem liebenswert sind. In Handlung geht es um Themen wie Erfüllung, Liebe und Heimat unter den unterschiedlichsten Vorzeichen. Die Handlung führt die Charaktere von ihrer Heimat auf dem niedersächsischen Land, über Hamburg, Istanbul und München wieder zurück zum Ursprung. In der Zwischenzeit passieren so viele denkwürdige und tiefgreifende Dinge, die Spuren hinterlassen und Richtungen verändern.
Insgesamt hat die Lektüre unter diesen Voraussetzungen einfach nur viel Spaß gemacht. Es war immer spannend, wie die Geschichte weiter verläuft und am Ende weiß man immer noch nicht genau, wie man diesen Zwischenpunkt einordnen soll, der zum Ende erreicht wurde. Insgesamt bisher eines der Lese-Highlights in 2025!

Bewertung vom 23.02.2025
Wagner, Tobias

Death in Brachstedt


ausgezeichnet

Was für eine berührende Geschichte!
Tobias Wagner erzählt in „Death in Brachstedt“ die Geschichte der Halbwaise Leo, nachdem sein Vater verschwindet. Zusammen mit seinem besten Freund Henri macht es sich auf, einen Kurzfilm zu drehen und eine Party zu veranstalten. In einem zweiten Erzählstrang wird eingewoben, was in der Zwischenzeit mit seinem Vater passiert. Dies klingt erstmal recht banal. Tobias Wagner ist dabei handwerklich sehr geschickt vorgegangen. Er hat die Geschichte einerseits mit popkulturellen und anderen Details aufgeladen. Allein dieser Aspekt macht Spaß. Auf der anderen Seite schafft er es, ein ordentliches Spannungslevel über die gesamte Geschichte zu bewahren.
Das Buch hat ein jüngeres Zielpublikum. In diesem Zusammenhang gefällt mir sehr, wie seriös Tobias Wagner mit ernsthaften Gefühlen umgeht. Mir gefällt zudem, dass er trotz des Zielpublikums sich nicht vor schwierigen Themen weg duckt, sondern diese im Buch sogar eine prominente Rolle einnehmen (Trigger Warnung an Trauernde). Insgesamt hat mich das Buch dann sehr an ähnliche Bücher für Erwachsene erinnert wie Christian Hubers „Man vergisst nicht, wie man schwimmt.´“ Das habe ich damals auch sehr gemocht. Und „Death in Brachstedt“ ist mindestens genauso gut. Volle Empfehlung meinerseits!

Bewertung vom 09.02.2025
Blake, Katherine

Not your Darling


sehr gut

Spaß und Spannung in Hollywood

Loretta ist eine Power-Frau. Als sie nach Los Angeles kommt, weiß sie das noch nicht. Ihre Geschichte, die von Katherine Blake erzählt wird, ist ein modernes Märchen. Sie muss unterschiedlichste Widrigkeiten überwinden. Nachdem die Handlung nach einer Weile – und das Buch hat am Anfang seine Längen – in Schwung gekommen ist, surft man auf der Spannungskurve mit. Lorette gerät immer wieder in unangenehme und verzwickte Situationen, als sie sich im Machtgefüge von Hollywood versucht zu bewegen. Hinter den glänzenden Fassaden steckt viel Lug und Betrug.

Die klare Erzählweise, die gerade in der zweiten Hälfte die Spannung hoch hält hat mir gut gefallen. Ich habe das Buch als gelungene Unterhaltung und Ablenkung vom Alltag wahrgenommen und bin am Ende im Lesestrudel gelandet, weil ich unbedingt wissen wollte wie es weitergeht. Ich mochte Loretta. Ich mochte auch die antikapitalistischen und anti-patriarchalen Töne im Buch. Die große Gesellschaftskritik ist es nicht. Aber originell und auch ein bisschen böse. Ich empfehle es für das Lesevergnügen am Wochenende gerne weiter.

Bewertung vom 01.02.2025
Wiesböck, Laura

Digitale Diagnosen


sehr gut

Wichtiges Thema, sinnvoll aufbereitet liefert TOP-Insights

„Digitale Diagnosen“ ist ein tolles Sachbuch. Es beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen sozialen Medien und der Diagnose von psychischen Erkrankungen. Mich hat dies sofort angesprochen, weil interessante Fragen untersucht werden. Beispielhaft kann man hier nennen: Führt die Nutzung von sozialen Medien dazu, dass mehr psychische Krankheiten diagnostiziert werden? Wer nimmt diese Diagnosen vor? Wenn man Wiesböcks Ausführungen zu diesem Thema liest, dann merkt man diesen an, dass sie sich fundiert mit diesem Thema beschäftigt hat. Sie schafft es zudem ihre Erkenntnisse sachlich präzise und trotzdem nicht überbordend lang darzustellen. Manche Sachbücher haben die Neigung, dass sie komplexe Themen zu sehr vereinfachen. Auf der anderen Seite gibt es die Sachbücher, die zwar sehr genau ein Thema auseinandernehmen, dabei aber auch den Leser sehr ermüden und das Ganze unnötig in die Länge ziehen. Wiesböck gelingt dieser Spagat wunderbar. Wenn man ihr in diesem Zusammenhang überhaupt etwas vorwerfen will: Das Buch hat keinerlei Selbsthilfe-Charakter. Keinerlei: wer sein eigenes Risiko reduzieren will, sollte… . Einerseits ist das lobenswert, bei der Schwemme von Büchern, die direkte Verhaltenshinweise in den Mittelpunkt des Ganzen stellen. Auf der anderen Seite hätten die aufbereiteten wissenschaftlichen Erkenntnisse auch in eine wissenschaftliche fundierte Do and Don’ts Liste am Ende des Buchs einfließen können. Insgesamt ist dies Meckern auf sehr hohem Niveau. Ich werde Digitale Diagnosen weiterempfehlen!

Bewertung vom 25.01.2025
Bußmann, Nina

Drei Wochen im August


gut

Ein Sommer ohne Spannung

Ein Sommerroman im Winter. Zwei interessante Hauptfiguren mit Elena und Eve. Beziehungsdynamiken, spannende äußere Einflüsse, Geheimnisse und Ungeklärtes. Insgesamt ein Setting, was sehr vielversprechend aussah. Eine Sprache, die klar und direkt klang und gut lesbar daher kommt. Aus vielen guten Grundideen wird aber dann trotzdem kein überzeugendes Ganzes. Dies liegt an mehreren Gründen. Die Handlungsstränge sind und werden nicht klar und so ergibt sich kein richtiger Spannungsbogen. So ergeben sich auch viele Hänger, weil die anekdotischen Teile der Handlung das Gesamtkonstrukt nicht tragen. Die Details sind nicht kunstvoll genug, um die leere Leinwand genug zu füllen und ein ansprechendes Kunstwerk zu schaffen.
Und so bleibt für dieses Buch ein bisschen die Enttäuschung über nicht erfüllte Versprechen. Warum entwickeln sich die Handlungspfade nicht anders? Warum werden die Charaktere nicht greifbarer? Ich persönlich habe nicht den Zugang gefunden, den ich mir gewünscht hätte und erlebe die erste Lektüre-Enttäuschung des Jahres 2025.