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H.8
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Kassel

Bewertungen

Insgesamt 49 Bewertungen
Bewertung vom 27.03.2025
Hagena, Katharina

Flusslinien


ausgezeichnet

Lebensgeschichte

In einer Seniorenresidenz an der Elbe lebt Margrit. Sie ist 102 Jahre alt und reflektiert viel über ihr Leben, ihre Kindheit und Jugend und das Leben ihrer Mutter. Margrit ist trotz ihres hohen Alters geistig noch topfit. Umso mehr sorgt sie sich um ihre Enkelin Luzie, die gerade das Abitur abgebrochen hat, weil sie eine traumatische Erfahrung machen musste. Margrits Fahrer Arthur, der sie zu ihren täglichen Ausflügen bringt, birgt ebenso ein Geheimnis, das ihn schwer belastet.

Autorin Katharina Hagena hat in ihren Roman "Flusslinien" ganz viel Lebensweisheit gepackt, die sie durch ihre Protagonistin Margrit wiedergeben lässt.
Sinnbild allen Ursprungs ist dabei die Elbe, die wie eine Lebensader auch die Geschichten von Margrit, Luzie und Arthur zusammen laufen lässt und der Geschichte als Anker und roter Faden dient.
Der Sprachstil ist eindringlich, ruhig und ausgeglichen. Die Dialoge verfügen über eine gewisse Portion Ironie und Wortwitz, was teilweise sehr auflockert.
Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen und ich kann es wärmstens weiter empfehlen.

Bewertung vom 24.03.2025
Schmidt, Dirk

Die Kurve


gut

Besonderes Team

Früher war Carl mal sowas wie ein Sozialarbeiter. Dort lernt er ein paar Teenager kennen - skrupellos, perspektivlos, aber nicht ganz hoffnungslos. Gemeinsam bauen sie ein besonderes Business auf: Carls Klienten haben das Problem und Carl und sein Team arbeiten an der Lösung. Dabei sind natürlich nur die wenigsten Aktionen legal. Egal ob es gilt einen alten Mafia-Boss zu schützen oder den vermeintlichen Mörder einer amerikanischen Millionärstochter zu finden - das Team aus "Der Kurve" macht es möglich.

Dirk Schmidt beginnt seinen Thriller sehr sprunghaft. Es wird von Kapitel zu Kapitel zwischen verschiedenen Stationen gewechselt und man sucht gedanklich nach den Zusammenhängen. Da ist es nicht einfach den Durchblick zu behalten, zumal nicht nur Sprünge zwischen Orten sondern auch zwischen den Zeiten gemacht werden. Nach der anfänglichen Orientierungsschwierigkeit, baut sich aber dennoch eine Spannung auf und man kann den beiden parallelen Handlungssträngen besser folgen.

Bewertung vom 18.03.2025
Gröschner, Annett

Schwebende Lasten


sehr gut

Kämpferin

Hannas Passion sind Blumen und was man daraus machen kann. Nachdem ihre Eltern früh gestorben sind, arbeitet sie bei ihrer Halbschwester im Blumenladen mit. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg heiratet sie Karl. Ihre neue Aufgabe scheint das Muttersein zu sein, sechs Kinder wird sie im Laufe ihres Lebens zur Welt bringen. Trotzdem wagt sie den Traum eines eigenen Blumenladens. Als ihr Mann bei einem Arbeitsunfall schwer verletzt ist, muss sie ihr Geschäft aufgeben. Über eine Putzstelle im Stahlwerk beginnt für sie eine neue Perspektive in der Männerdomäne der Kranführer.

Annett Gröschner erzählt uns hier die Geschichte der kämpferischen Hanna Krause, die eigentlich nie auffallen und etwas besonderes sein wollte und es trotzdem war. Eindrücklich wird ihr Leben, beginnend in ihrer Jugend bis hin zum Alter, beschrieben. Dabei sind ihr viele Steine in den Weg gelegt worden und sie musste einige Schicksalsschläge verkraften. Trotz allem hat sie sich nie unterkriegen lassen und einfach weitergemacht, nicht zuletzt wegen ihrer Familie aber auch wegen ihrem Stolz.
Ein tolles Buch, das aber ein etwas aussagekräftigeres Cover verdient gehabt hätte.

Bewertung vom 14.03.2025
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


sehr gut

Drei Generationen

Lucys Mutter Daria ist Halb-Polin und Halb-Libanesin. Seit Lucy heimlich von München nach Berlin in eine WG gezogen ist, hat sie keinen Kontakt mehr mit ihrer Mutter. Doch da steht eines Tages ihr altes Klavier in ihrem Zimmer, das nur ihre Mutter ihr geschickt haben kann. Das Klavier und alles was damit zusammenhängt, löst etwas in Lucy aus und sie begibt sich auf die Suche nach ihrer Herkunft, Identität und Antworten auf so viele Fragen.

"Die Summe unserer Teile" ist ein bildstarker Roman über drei unabhängige und auf ihre Art und Weise zielstrebige Frauen aus drei verschiedenen Generationen. Alle drei haben sie in verschiedenen Welten gelebt und es schwer gehabt, aufeinander zu zu gehen und Verständnis füreinander aufzubringen. Es geht dabei um Familie, die Frage "Was wäre wenn... ?" und das Hadern mit der eigenen Geschichte. Die Sprache ist einerseits modern und leicht und trifft dabei andererseits den nötigen melancholischen Ton, um die Gefühle zwischen den Zeilen zu transportieren. Kein großer Familienepos, aber auch keine durchweg leichte Kost!

Bewertung vom 13.03.2025
Docherty, Madeline

Erdbeeren und Zigarettenqualm (eBook, ePUB)


gut

Schwieriger Schreibstil

Ella ist deine beste Freundin. Du kannst alles mit ihr teilen, nicht nur eure Studenten-WG. Dein Studium erfüllt dich nicht wirklich. Und erwachsen fühlst du dich auch noch nicht. Liebe und Sexualität sind schwierig, nicht zuletzt wegen diesen Schmerzen, die dich regelmäßig heimsuchen und dich um den Verstand bringen. Aber du scheust dich zum Arzt zu gehen und als du dich endlich überwinden konntest, sollst du operiert werden.

Das besonderste an diesem Buch ist die Erzählperspektive. Die Autorin lässt ihre Hauptfigur in der Du-Perspektive berichten, wodurch man direkt angesprochen und aktiv zum Nachdenken aufgefordert wird. Die zentralen Themen von "Erdbeeren und Zigarettenqualm" sind die Suche nach der eigenen Identität und Sexualität und die Endometriose als eine leider immer noch unterschätzte Erkrankung, die mehr Bewusstsein und Aufklärung in der Gesellschaft benötigt.
Mich hat der Schreibstil leider gar nicht angesprochen. Es wird rastlos durch die Ereignisse gehetzt. Auch das Gendern im Text habe ich eher als störend empfunden und ich hätte mich über klarer abgegrenzte Dialoge gefreut. Wichtige Themen wurden angesprochen, aber die Umsetzung ist ausbaufähig.

Bewertung vom 10.03.2025
Dean, Will

Die Kammer


ausgezeichnet

Atemberaubend

Ellen Brooke ist Sättigungstaucherin. Das bedeutet, dass sie sich gemeinsam mit anderen Tauchern in eine Druckkammer begibt, die den Druck auf dem Meeresboden in vielen Metern Tiefe simuliert. Die Taucher bleiben während ihres Arbeitseinsatzes gemeinsam in der engen Kammer eingeschlossen und dürfen diese erst nach einer mehrtägigen Dekompressionsphase wieder verlassen. Doch der aktuelle Einsatz vor der Küste Schottlands läuft alles andere als normal ab. Nach Ellens erstem Tauchgang ist einer ihrer fünf Kollegen tot und es soll nicht der letzte gewesen sein.

Dieses Buch ist atemberaubend und temporeich. Es verkörpert alles das, was ich mir unter einem Pageturner vorstelle. Einerseits wird wissenschaftlich exakt das Sättigungstauchen und die dahinterstehenden Gesetze der Physik für den Laien verständlich erläutert. Andererseits besteht permanent diese unterschwellige Spannung, die selbst dem Leser die Psyche einengt und damit perfekt die Enge in der Kammer widerspiegelt. Dabei kommen aber auch die Persönlichkeiten und Geschichten der Protagonisten nicht zu kurz.
Ich bin begeistert von diesem Buch und würde es sofort wieder lesen!

Bewertung vom 05.03.2025
Hoven, Elisa

Dunkle Momente


ausgezeichnet

Schwarz und Weiß

Bei einem Gewaltverbrechen ist es die Aufgabe der Verteidigung, sich mit der Tat und der Motive des Täters auf eine ganz andere, vielleicht noch intensivere, Art und Weise auseinanderzusetzen. Eine solche Strafverteidigerin ist Eva Herbergen. Sie hinterfragt die Taten, die Persönlichkeit und die Umstände des Angeklagten. Dabei ist die Schuldfrage auch bei Indizien und Beweisen nicht immer leicht zu klären.

In "Dunkle Momente" werden neun Fälle mit teilweise realem Hintergrund erzählt. Für Autorin Elisa Hoven ist es ihr Debüt. Hauptberuflich ist sie Professorin für Strafrecht und gibt dem Buch durch ihr fundiertes juristisches Wissen eine ganz besondere Note. Es wird deutlich, dass man niemanden in Schwarz und Weiß einteilen kann, es nicht nur eine Wahrheit gibt und somit Gerechtigkeit nicht immer rechtens ist.
Dieses Buch ist aufwühlend, spannend, erschütternd und regt zum Nachdenken an.

Bewertung vom 19.02.2025
Anders, Florentine

Die Allee


sehr gut

Star-Architekt

In den 1930er Jahren lernt der junge aufstrebende Architekt Hermann Henselmann die zehn Jahre jüngere Isi kennen, deren Traum es ist auch Architektin werden zu können. Als Isi volljährig ist, heiraten die beiden. Anstatt eine eigene Karriere zu beginnen, bekommt Isi insgesamt acht Kinder mit Hermann und unterstützt ihn bei allen seinen beruflichen Vorhaben. Nach dem Krieg wird er erst Direktor der Bauhaus Universität in Weimar, später Vorreiter der Stadtplanung Ost-Berlins.

"Die Allee" beschreibt die Geschichte einer Familie von ihren zarten Anfängen bis zum Tod des Patriarchs sozusagen von innen heraus, denn Autorin Florentine Anders ist die Enkelin Hermann Henselmanns. Ihre Mutter Isa war eins der acht Kinder der Henselmanns. Allerdings litten die Kinder unter ihrem berühmten Vater sehr. Er war jähzornig, cholerisch und schnell wütend. Dabei schreckte er auch vor Gewalt gegenüber den Kindern nicht zurück. Seiner Frau, mit der er bis zu seinem Tod im Alter von 95 Jahren verheiratet war, war er untreu, hielt seine Affären nicht mal vor ihr geheim.
Hinter solchen Charakterzügen geraten die Entwürfe für prägende Gebäude wie den Berliner Fernsehturm schnell ins Hintertreffen und schmälern aus meiner Sicht den Ruhm als bekannter DDR-Architekt immens.
Nichtsdestotrotz ist "Die Allee" flüssig und spannend zu lesen und informiert über ein großes Stück deutscher Architektur- und Familiengeschichte.

Bewertung vom 18.02.2025
Kapitelman, Dmitrij

Russische Spezialitäten


sehr gut

Muttersprache

Im kleinen Magasin von Dmitrijs Eltern in Leipzig scheint die russische Welt noch heil zu sein. Die Kunden freuen sich über ihr russisches Kleinod und das Heimatgefühl, das die sowjetischen Waren bei ihnen auslösen. Dabei hadert Dmitrij aktuell mit seiner Muttersprache mehr denn je. Denn in seiner Geburtsstadt Kiew, ist die russische Sprache seit Putins Angriffskrieg nicht mehr gern gehört. Umso mehr schmerzt es ihn, wenn seine Mutter russische Propaganda schaut und die Augen vor der Realität verschließt.

"Russische Spezialitäten" ist ein herzerwärmender Roman über die Liebe zur Heimat und die Spaltung der russisch-ukrainischen Welt. Dabei trifft Kapitelman meiner Meinung nach genau den richtigen Ton in einer Mischung aus Wehmut, Verbundenheit und Realität.
Das zentrale Element ist immer wieder die Sprache und die Bedeutung, die dahinter steht, die so oft vieldeutig ist und dabei auch so viel Schaden anrichten kann. Wer bei diesem Buch nur Melancholie erwartet, irrt sich. Denn es ist dem Autor gelungen zu seinem Scharfsinn auch eine ordentliche Prise Humor mit einfließen zu lassen und auf viele Anekdoten trotz aller Tragik mit einem zwinkernden Augen zu schauen.

Bewertung vom 12.02.2025
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


ausgezeichnet

Jugenderfahrungen

Am ersten Tag der großen Ferien steht der 15-jährige Christoph Kramer auf einer Party seiner großen Liebe Debbie gegenüber. Der schüchterne Junge tut sich schwer Debbie seine Gefühle zu gestehen und doch kommt es irgendwie zu seinem ersten Kuss überhaupt. Dabei schien Debbie doch immer so unerreichbar für ihn. Meint sie es wirklich ernst?

Der frühere Fußballprofi und Weltmeister Christoph Kramer schreibt über seine persönlichen Erfahrungen als Teenager im Jahrhundertsommer 2006. "Das Leben fing im Sommer an" ist ein gefühlvolles und atmosphärisches Buch über Teenagersorgen, die erste Liebe und die scheinbar unendliche Freiheit der Jugend. Die Charaktere der Jugendlichen werden vielschichtig dargestellt. Tiefgründige Dialoge darf man nicht erwarten, wären aber auch in diesem Zusammenhang unpassend. Mir hat das Buch insgesamt sehr gut gefallen und dadurch Lust auf den Sommer bekommen!