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TontoM
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Wolsfeld
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Ich lese gern anspruchsvolle Literatur und Sachbücher.

Bewertungen

Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 19.02.2022
Krohn, Philipp;Löding, Ole

Sound of the Cities


ausgezeichnet

von ABBA bis ZAPPA



Die Musikjournalisten Philipp Krohn & Ole Löding haben 24 Musikmetropolen in Europa und den USA besucht, 250 Sehenswürdigkeiten der Musikkultur gesehen, sowie unzählige Interviews mit freundlichen und aufgeschlossenen Musikern, Produzenten und Kritikern geführt. Das Ganze runden 500 Songs ab.
Spannend und kenntnisreich berichten Krohn & Löding von ihren Reisen in Städte, in denen Musikgeschichte geschrieben wurde. Essentiell ist die Frage, wie Städte oder Regionen einen bestimmten Musikstil oder eine Musikszene prägen.
Ein Mixtape markanter Songs jeder Stadt sowie eine Liste der Pop-Spots lädt zum Entdecken ein. Die sorgfältige Auflistung der Interviews, ein umfangreiches Personenregister, Playlist und Auswahlbibliographie zeugen von einer leidenschaftlichen Beschäftigung mit dem schier unermesslichen Thema Musik, das eine logistische Meisterleistung verlangt, um all die Interviewpartner virtuell oder real zu treffen und ihre packenden Geschichten zu hören. Großes Verdienst von Krohn & Löding ist es, diese Vielzahl an Fakten zu einer schlüssigen Erzählung abzurunden, sich nicht zu wiederholen und die weitere Neugierde anzustacheln; denn es gibt so viel zu entdecken, selbst wenn aus zeitlichen oder finanziellen Gründen einige Städte fehlen.

Bewertung vom 22.11.2021
Park, David

Reise durch ein fremdes Land


ausgezeichnet

Bedrohliche Fremde
Der Anfang des Romans wirkt bedrohlich und verstörend. Tom fährt durch eine beängstigende Winterlandschaft von Belfast über Schottland in den Norden Englands nach Sunderland, um seinen erkrankten Sohn Luke für die Weihnachtstage heimzuholen. Tom fährt sehr aufmerksam und voll konzentriert, denn er muss Luke unbedingt sicher nach Hause bringen. Er ist in seine Gedankengänge vertieft. So wie er durch ein vom Schnee verhülltes fremdes Land fährt und auf sich selbst bezogen ist, versucht er die Entfremdung zu seinem älteren Sohn Daniel mit ihren letzten Konsequenzen zu ergründen. Wann hat er den Kontakt zu diesem verloren?
David Park beschreibt anschaulich und einfühlsam Toms Reise, wobei er Brexit und Nordirlandkonflikt diskret einfließen lässt. Stimmig und gelungen finde ich auch die Beschreibung Belfasts‘. Eine Playlist und eine Fotogalerie von Sonya Whitefield bereichern das Lesevergnügen, das bis zum Schluss spannend bleibt, ob Tom es wirklich schafft, Luke rechtzeitig abzuholen.

Bewertung vom 02.11.2021
Seifert, Nicole

FRAUEN LITERATUR


ausgezeichnet

Literatur nicht nur für Ladies

Die Amerikanistin Nicole Seifert hat ein grundlegendes Buch zur Frauenliteratur geschrieben. Am Beispiel eigener Lesehistorie hinterfragt sie, warum Bücher von Autorinnen quantitativ weniger in Schule, Studium oder Feuilleton vorkommen und diese dann wesentlich kritischer bewertet werden, schnell als trivial abgetan werden.
Seifert beschreibt am Beispiel der deutschen und anglo-amerikanischen Literaturszene die Mechanismen von Verlagswesen und Literaturkritik, die einem Buch zum Erfolg verhelfen. Angesichts der Vielzahl von Personen, die sie nennt, wünschte ich mir zur Vertiefung des Themas ein Personenregister, das nicht nur Einsteigern die weitere Recherche erleichtern würde.
Liegt der Schwerpunkt der Beschreibung auf der Schilderung des Literaturbetriebs der letzten fünfzig Jahren mit seinen prägenden Protagonisten und grundlegenden Studien, so liefert Seifert auch gründliche Analysen zu Werken wichtiger Autorinnen der letzten 250 Jahre (Laroche, Austen, Brontë, Droste-Hülshoff), die nicht vergessen wurden und deshalb nicht neu entdeckt werden mussten (Gabriele Reuter).Schwierig war und ist obendrein die Situation farbiger Autorinnen (Walker).
Ich vermisse die Jahreszahlen in der Leseliste, die eine Einordnung im literarischen und außerliterarischen Kontext erlauben.
Seifert unterstreicht mit ihren Hinweisen zur französischen und niederländischen Literatur, dass die beschriebenen Phänomene der Abwertung weiblichen Schreibens leider die Regel sind.
Das Buch ist wesentlich für den Einstieg und die vertiefende Beschäftigung mit dem Thema Frauenliteratur, denn es berücksichtigt relevante Studien und die Vergabepraxis für bedeutende Buchpreise. Schließlich zähle nur die Qualität …

Bewertung vom 18.10.2021
Yates, Kit

Warum Mathematik (fast) alles ist


sehr gut

Mathematik – Das sind Muster

Kit Yates zeigt wie mathematische Muster unseren Alltag regulieren. Seine lebendigen Beispiele aus Medizin und Justiz warnen eindringlich, Statistiken und deren Interpretationen leichtfertig zu vertrauen. Algorithmen spielen nicht nur im E-Commerce eine wichtige Rolle, sondern können uns bei der Wahl der richtigen Supermarktkasse oder des Zugabteils zuverlässig helfen.
Yates schreibt seine Rechenexempel in einem anspruchsvollen gut lesbaren Stil, den nicht nur Mathefans schätzen. Mathematik ist aufregender und spannender, als sich mancher Mathelehrer erträumt.

Bewertung vom 29.08.2021
Wallace, David Foster

Roger Federer


ausgezeichnet

Fazination Tennis

David Foster Wallace spielte in seiner Jugend selbst erfolgreich Tennis. 2006 traf er in Wimbledon das junge Ausnahmetalent Roger Federer zu einem Einzelinterview. Foster Wallace skizziert die Entwicklung im Herrentennis und beschreibt die Faszination von Federers Spiel. Nicht nur für Tennisfans ist die Lektüre ein Genuss, sondern auch Nichttennispieler werden für das Spiel begeistert.
Foster Wallace schreibt rasant wie das Spiel, erklärt die Vorzüge des Livetennis gegenüber einer Fernsehübertragung und wechselt mühelos von den technischen Aspekten des Spiels zur Annäherung und Huldigung an die Persönlichkeit Federers.
Die zweisprachige Ausgabe ist ein besonderer Bonus für die Fans von Foster Wallace.

Bewertung vom 17.08.2021
Krogerus, Mikael;Tschäppeler, Roman

Machen


ausgezeichnet

5-4-3-2-1-Danke!

Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler erklären in ihrem handlichen blauen Ratgeber „Machen“, warum diesem ein seltsamer Zauber innewohnt. Die beiden Autoren stellen eine Vielzahl von Regeln vor, die nicht nur in der Geschäftswelt helfen, Projekte erfolgreich abzuschließen, sondern auch unseren Alltag erheblich erleichtern. Sie helfen schnell und effizient, Entscheidungen (Batching, Triage) zu treffen, uns zum Handeln aufzuraffen (5-Sekunden-Regel) oder verraten mit dem Matthäus-Effekt Spielregeln des Erfolgs. Mit einem „Danke“ statt einer „Entschuldigung“ drücken wir unsere Wertschätzung anderen gegenüber aus und bewegen sie schneller, uns zu helfen. Das Buch ist flüssig und unterhaltsam geschrieben und die Illustrationen vertiefen die Aussagen des Textes.
Das anspruchsvolle Kompendium bietet sich als kompakter Wegbegleiter an, der zuverlässig Hilfestellung beim MACHEN gibt. Im Anhang finden sich weiterführende Literaturangaben, im Textteil Querverweise, sodass Gelesenes schnell vertieft werden kann.. Ein Personenregister wäre hierbei auch nützlich. Die Lektüre hat mir ausgesprochen gut gefallen, wenngleich diese ohne Gendern schneller gewesen wäre. Aber das Gesetz der Umkehrung hilft sicher bei der Umsetzung!.

Bewertung vom 31.07.2021

Asado verbal


ausgezeichnet

Einblicke in eine ferne Welt
Timo Berger und Rike Bolte stellen in ihrer Anthologie junge argentinische Autoren vor, wie Fabián Casas, Pedro Mairal, Lucía Puenzo oder Félix Bruzzone deren Werke bereits auf Deutsch erschienen sind. Texte weiterer Autoren sind hier erstmals in deutscher Sprache abgedruckt. Sie erzählen von Besonderheiten des argentinischen Alltags mit seinem Tango, Reminiszenzen an bekannte Persönlichkeiten wie Eva Perón oder Carlos Menem und der Zuwanderung aus der ganzen Welt. Die Texte erzählen auch von globalen Einflüssen, die maßgeblich zwischenmenschliche Beziehungen verändern. Einige Texte sind komisch und heiter, andere verstörend. Bei einigen wünscht man sich eine Fortsetzung. Die Anthologie öffnet eine Tür zu einer Literatur, die noch viele Entdeckungen verspricht

Bewertung vom 16.06.2021
Daas, Fatima

Die jüngste Tochter


sehr gut

Brisantes Tabuthema

Gebetsmühlenartig leitet Fatima Daas die Abschnitte ein, bis auf einen, und beschwört den Namen einer symbolischen Figur des Islam. Sie beschreibt mit diesem Stilmittel ihre innere Zerrissenheit zur nachfolgenden Beschreibung ihres Lebens in einer algerischen Familie in der Banlieue von Paris. Die Verhaltensregeln in der Küche, dem Königsreich ihrer Mutter; sind symptomatisch für das Leben einer Muslimin im Allgemeinen. Fatima Daas verhält sich anders als ihre älteren Schwestern. Sie erzählt von ihrem Versuch der Selbstfindung, wenn sie wegen ihrer homosexuellen Gefühle professionelle Hilfe beim Iman oder Psychologen sucht. Homosexualität gibt es nicht im Islam. Fatima folgt dem Rat des Iman, um durch das Gebet auf den rechten Lebensweg zu finden. Vergeblich. Sie schreibt über ihre Liebesbeziehungen, die kompliziert sind wie alle Liebesbeziehungen. Ihr Buch gleicht Tagebuchaufzeichnungen, die Struktur in ihr Leben bringen sollen und der Reflexion dienen. Niemandem wagt sie sich anzuvertrauen. Es gibt jedoch eine Person in ihrer Familie, die durchaus sehr gut Bescheid weiß über Fatima.
Das Buch stellt keine leichte Lektüre dar. Es überzeugt mit seinen Darstellungen des zermürbenden öffentlichen Transportes im Großraum Paris – eine weniger glamouröse Facette des Leben an der Seine - oder dem Besuch bei den Verwandten in Algerien.
Das Buch stand wochenlang auf der französischen Bestsellerliste – berechtigterweise.

Bewertung vom 22.05.2021
de Padova, Thomas

Alles wird Zahl


ausgezeichnet

Alles wird Zahl – Die faszinierende Welt der Mathematik

Thomas De Padova zeichnet ein lebendiges Bild der Renaissance in den oberitalienischen Städten (Venedig, Florenz, Bologna) und dem süddeutschen Nürnberg. Sie sind eng miteinander verbunden durch Handel, Kultur- und Wissenstransfer.
Buchdruckkunst, Erfindung der Zentralperspektive in der Malerei und Erschaffung einer mathematischen Formelsprache befördern den Ideenaustausch. Deutsche Buchdrucker verbreiten den Buchdruck in Italien und italienische Papiermacher bringen die Technik der Papierherstellung nach Deutschland.
Padova stellt herausragende Vertreter beider Regionen vor, die wesentlich die Wissensentwicklung in der Renaissance voranbrachten. Der bedeutende Mathematiker und Astronom Regiomontanus übersetzt und korrigiert Übertragungen aus dem Griechischen ins Lateinische und erschließt damit Wissen der Antike, Indiens und des arabisches Raumes. Die venezianische Buchführung benutzt konsequent indisch-arabische Zahlen und prägt damit die moderne doppelte Buchführung. Vielfältige Rechenoperationen der Algebra werden erst durch diese uns heute gebräuchlichen Zahlen möglich.
Padova beschreibt Leonardo Da Vincis und Albrecht Dürers Beschäftigung mit Malerei und ihr intensives Interesse für die Mathematik, das sich auch in bedeutenden bis in die heutige Forschung wirkenden Lehrwerken niederschlägt. Spannend schildert Padova, wie Cardano und Stifel mit anderen Mathematikern um ihr Wissen konkurrieren und dieses in ihren Büchern festhalten. Beide sind Astrologen und recht umtriebig in verschiedenen Wissensgebieten und Berufen (Medizin, Theologie). Die Gültigkeit oder Lösung einiger Probleme konnte erst in den vergangenen Jahrzehnten gefunden und bewiesen werden.
Leider beenden Krankheiten, Seuchen wie die Pest oder Kriege jäh vielversprechende ehrgeizige Forschungs- und Druckprojekte.
Das Buch ist überaus anschaulich und faktenreich geschrieben – Wissenschaftsgeschichte fesselnd und faszinierend.

Bewertung vom 15.05.2021
Heer, Carina

Unnützes Wissen Literatur


ausgezeichnet

Abwechslungsreicher Spaziergang durch die Weltliteratur

Carina Heer kennt sich in der Welt der Bücher aus, sie hat kein Lieblingsbuch, aber sehr viele Lieblingsbücher, deshalb lädt sie uns zu einem unterhaltsamen und abwechslungsreichen Spaziergang durch die Weltliteratur ein. Der Buchtitel ist ironisch gemeint, denn ihr faktenreiches Buch birgt interessante Details, die zum weiteren Schmökern einladen.
In Victor Hugos Les Misérables gibt es einen Satz mit 823 Wörtern. Goethe traf zweimal persönlich Napoleon, der auch seinen Werther gelesen hat. Die Startauflage des ersten Harry-Potter-Bands betrug 500 Exemplare. Der Mörder John Lennons trug bei seiner Festnahme J.D. Salingers Kultbuch Der Fänger im Roggen bei sich. Im kleinsten Buch der Welt, dem japanischen Shiki no Kusabana (Blumen der Jahreszeiten) sind die Buchstaben nur 0,01 mm groß. Ein Leser verliert sein Interesse an einem Buch meist auf Seite 18. Am 2. Mai ist Gedenktag der heiligen Wiborada, der Schutzpatronin der Bücherfreunde. Seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 steigen die Verkaufszahlen von Albert Camus Die Pest. Pro Buch soll Johannes Mario Simmel eine Schreibmaschine verschlissen haben. David Bowie besaß einen Koffer für 1500 Bücher, den er mit auf Reisen nahm. Tolstois Krieg und Frieden hat 1536 Seiten.