Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Phoebe Caulfield

Bewertungen

Insgesamt 68 Bewertungen
Bewertung vom 22.07.2023
Fernweh im Paradies
Mücke, Matthias

Fernweh im Paradies


ausgezeichnet

eine Wiederbegegnung mit dem Hirschbeutel

Bisher kannte ich Matthias Mücke nicht. Aber mit dem Hörbuch "Fernweh im Paradies" erzählt er (so vermute ich) sein Erwachsenwerden und sein "Erwachen" in den 80er Jahren in der DDR. Dabei spielt der Kiez Prenzlauer Berg, mit seiner reichen Subkultur aus Künstlern (Literaten, Musikern, Malern, Schauspielern und versponnenen Aussteigern) eine zentrale Rolle. Wer selbst in der DDR aufgewachsen ist, hat mit Sicherheit damals von diesem mythischen Ort gehört.

Es sind die verschiedensten Figuren wie Gurke, Edmund bis hin zur Malerbrigade, die den Protagonisten auf seinem Weg begleiten, ihm begegnen und ihm neue Welten zugänglich machen. Wunderbar übrigens die rauchende Sachbearbeiterin im Amt, die für die Zuteilung von Wohnungen zuständig ist. Die Kulisse der 80er lebt vor dem inneren Auge auf - ob die Künstler-Partys in besetzten Wohnungen, der Alltag im sozialistischen Ausbildungsbetrieb, die Zugfahrten mit der Deutschen Reichsbahn, die beschriebene Kleidungsmode und erst recht der wiederkehrende Hirschbeutel😍.

Ein wunderbar Coming-of-Age Geschichte aus den DDR 80ern mit Herz- (und Stierblut😉) produziert, ein Hörvergnügen.

Bewertung vom 19.07.2023
Rattensommer
Pickel, Juliane

Rattensommer


gut

Ich hätte es so gern gemocht

Lou und Sonny sind engste Freundinnen. Dieser Rattensommer stellt ihre Freundschaft jedoch hart auf die Probe und verändert so vieles. Und dies nicht nur, weil Hagen Bender aus dem Gefängnis entlassen wird. Hagen Bender ist mitverantwortlich* für den Tod von Sonnys Mutter, eine furchtbare Bürde, die das Mädchen seitdem zu tragen hat.
Die Stärke von Juliane Bickel, die beeindruckend empathischen Schilderungen aus Teenie-Sicht, prägt auch wieder dieses Buch. So findet sie ungewöhnliche aber so treffenden Worte und Bilder für die turbulenten Gefühlswelten beider Mädchen. Allerdings war es mir persönlich irgendwann einfach zu viel: alles in allem hätte das Buch auch gern 50 Seiten kürzer sein können, es hätte der story keinen Abbruch getan. Und dann ist da auch diese Häufung von Problemkonstellationen (will hier nicht spoilern), die den ursprünglichen und auf dem Klappentext angekündigten Plot komplett in den Hintergrund treten lassen. Es scheint, als wollte das Buch zu viel auf einmal, die Handlungen hätten gut für zwei Bücher gereicht.
Nachdem ich von „Krummer Hund“ absolut begeistert war, hätte ich auch dieses Buch so gern gemocht. Aber spätestens ab der Hälfte des Buches, habe ich mich mehr durchgequält. Wobei die Zielgruppe des Buches Teenager sind und vielleicht lesen diese das Buch ganz anders, können leichter damit connecten.

*auch hier ist der Klappentext m.E. nach nicht korrekt, dort wird Hagen Bender als Mörder bezeichnet, was sich beim Lesen des Buches nicht bestätigt.

Bewertung vom 17.07.2023
Luftmaschentage
Becker, Anne

Luftmaschentage


ausgezeichnet

Madam muss man einfach lieben

Auch wenn Madam das Leben von Mats nicht gerade leicht macht. Aber dazu später mehr. Erst einmal kommt Ricci als „die Neue“ in die Klasse. Und obwohl sie doch so ganz das Gegenteil von Mats ist, werden die beiden enge Freundinnen, unterstützen sich gegenseitig und unternehmen eine coole Guerilla-Aktion an ihrer Schule. Nach und nach wird jedoch klar, dass Ricci etwas verheimlicht und verschweigt. Was steckt wirklich hinter ihrer großen Klappe?

Gleich mit dem ersten Kapitel, dem Kennenlernen von Mats und Ricci, hat mich Anne Becker für die Geschichte eingenommen. Leicht und empathisch erzählt sie die Geschichte zweier Außenseiterinnen, ohne dabei in Mitleid zu verfallen. Es sind die wunderbaren Figuren, der feine Humor und auf jeden Fall Madam auf ihrem Sofa, die einen immer wieder schmunzeln lassen, trotz einiger auch trauriger Lese-Momente.

Unbedingte Leseempfehlung. Ich jedenfalls habe mich auch gleich nach den übrigen Büchern von Anne Becker umgeschaut und werde „Luftmaschentage“ bestimmt noch ein zweites Mal lesen.

Bewertung vom 08.07.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


gut

Solider Plot - ohne große Überraschungen

Sanne, Gitti und Petra – drei Schwestern, vom Wesen sehr unterschiedlich. Aber alle sind im gleichen (Eltern)haus aufgewachsen. Und somit verbindet eine jede auch ihre eigene Geschichte und ihren eigenen Weg eben mit diesem Haus, was nun seit Kurzem leer steht. Die Eltern sind, nicht ganz so freiwillig, eher gedrängt von Sanne, in eine altersgerechte Wohnung gezogen. Die Frage danach, wie diese neue Situation auf das Verhältnis der Schwestern wirkt und wie jede von ihnen ihr eigenes Leben neu sortieren muss – darum geht es in diesem Familienroman.

Die Autorin lässt die Geschichte aus den verschiedenen Perspektiven der Schwestern erzählen. Darüber haben die Leser_innen die Chance in den Alltag und das Gefühlsleben der jeweiligen Figur einzusteigen und gleichzeitig entsteht ein mehrschichtiges Familienporträt. Die erste Hälfte des Buchs habe ich gern und zügig gelesen. Zum Ende hin wurde mir der plot allerdings ein bisschen dünne, als ob der Roman hier zügig zum Ende hat kommen müssen, schade.

Ich denke, das gelungene Cover funktionierte prima, um die Zielgruppe des Buchs direkt zu erreichen – der Retrocharm des orangen Porzellans, von Mokka und Blümchenmuster. Für mich ich haben sich meine Leseerwartungen allerdings nicht ganz erfüllt – auf dem letzten Viertel der Geschichte ist dieser irgendwie die Luft ausgegangen.

Bewertung vom 18.06.2023
Wofür wir arbeiten
Prainsack, Barbara

Wofür wir arbeiten


sehr gut

ein wunderschön gestaltetes Buch - ein Hingucker

Hatte mir unter dem Buch etwas anderes vorgestellt. Die Herleitung vom Begriff Arbeit und wie sich diese im Laufe der Zeit verändert, fand ich prima, ein gelungener roter Faden.

Allerdings beschränken sich dann die vorgestellten Alternativen für Arbeit im 21. Jahrhundert auf die 4-Tage-Woche und das bedingungslose Grundeinkommen. Hier hatte ich mir mehr Optionen erwartet. Allerdings fand die jeweiligen Argumentation sehr hilfreich, um mir ein eigenes Bild von diesen neuen Arbeits- bzw. Erwerbsformen zu machen.

Klar gepunktet hat das Buch allerdings mit einer wunderbaren Gestaltungen - von der Schrifttype über den farbigen Schnitt und das Layout im Innern. Kann man sehr schön verschenken.

Bewertung vom 04.06.2023
Wechselhafte Jahre - Schriftstellerinnen übers Älterwerden

Wechselhafte Jahre - Schriftstellerinnen übers Älterwerden


gut

mit Gelassenheit Älter werden

Der Sammelband von Bettina Balaka versammelt die Texte und Sichtweisen verschiedener Künstlerinnen und Autorinnen jenseits von 50+ .

Deren Berichte spiegeln die Vielfalt weiblicher Perspektiven wieder - den eigenen Veränderungen oder den Beobachtungen an anderen Frauen, unterschiedlichster Lebensläufe oder den Erfahrungen des Älterwerdens.

Obwohl ich nicht alle Texte als gleich zugänglich empfand, habe ich bis zum Schluss die Beschreibungen weiblicher Lebenswege einfach sehr spannend, berührend und oft auch tröstlich gefunden. Weil eben alle in ihrem Leben auch durch Täler und harte Zeiten gehen mussten. Und dann für das letzte Lebensdrittel als gereifte und gelassene Frauen oft endlich einen ganz eigenen Weg zu finden und zu genießen.

Bewertung vom 22.05.2023
Anti
Luftvogel, Lisei

Anti


gut

In diesem Buch erzählt die Autorin vom Aufwachsen des Mädchens Maja im Umfeld links-alternativer, studentenbewegter Eltern in den 70er Jahren im Ruhrgebiet. Als Leser_in erfährt man so einiges darüber wie sich Majas Alltag zwischen Schule, Nachbarschaft und den Lebensmodellen der Eltern gestaltet. Definitiv ein Stück deutscher Geschichte, das erzählt werden muss.

Die erste Hälfte des Buches hat mich durchaus abgeholt. Danach wurde es mir jedoch zu wiederholend bzw. wurden in meiner Wahrnehmung die verschiedenen Begebenheiten lediglich aneinandergereiht, es fehlte mir einfach ein roter Faden. Die Charaktere blieben für mich alle sehr blass. Dabei wäre es doch gerade das Spannende gewesen, mehr über das Innenleben der verschiedenen Personen zu erfahren. Dann alle kommen doch irgendwoher und haben ihre Vorstellungen und Wünsche ans Leben.

Bewertung vom 13.05.2023
Elternabend
Fitzek, Sebastian

Elternabend


sehr gut

Von Herrn Fitzek hatte ich bislang noch kein Buch gelesen, Psycho/Horror ist irgendwie nicht so meins. Aber schreiben kann der Mann halt. Und daher war das Buch ein Garant für gute Unterhaltung, ohne schlaflose Nächte zu verursachen, ich wurde nicht enttäuscht.

Am Anfang gab es fast ein wenig zu viel des Guten (Humors). Aber das Figuren-Set des Romans ist vielseitig und für jeden was dabei. Natürlich ist der/die/das ein wenig überspitzt, aber wunderbar komisch zu lesen, kicher kicher. Und so gleitet man gut unterhalten recht flink durch das Buch.

Die Botschaft am Ende hätte es für meinen Geschmack nicht unbedingt gebraucht. Aber wenn einige Lesende die ein oder andere neue Info für sich mitnehmen, umso besser.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.05.2023
Wolf
Stanisic, Sasa

Wolf


ausgezeichnet

Wunderbar skurril, lustig und herrlich andersig

Auf Ferienlager mit Mücken, Bäumen und anderen Kindern hat Kemi so überhaupt keine Lust, denn die „Natur lehnt er ab“. Allerdings bleibt ihm keine Wahl, Mutter muss in der Ferienwoche arbeiten und so ist die Sache beschlossen: 1 Woche Ferienlager im Wald.

Und Kemi ist nicht der einzige Außenseiter. Mit Jörg, in Kemis Augen auch etwas „speziell“, nämlich andersig, teilt er sich die Hütte. Neben diesen beiden verleben es noch eine ganze Reihe andersiger Figuren eine Woche im Ferienlager. Was Kemi und Jörg an Erlebnissen und Herausforderungen in der Wildnis zu meistern haben – oh manno, alles nicht so einfach.

Herrlich unterhaltsam und skurril, was Sasa Stanisic da an Camp-Bewohner_innen aufbietet. Und eine Sprache, wie man sie so wohl nicht häufig in Jugendbüchern findet – verschroben, lustig, ein absolutes Lesevergnügen. Und wäre das noch nicht genug - die tollen und ebenso lustigen Illustrationen von Regina Kehn sind der absolute i-Punkt.

Bewertung vom 03.04.2023
Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1
Bonetto, Andrea

Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1


sehr gut

Commissario Vito Grassi erbt das Haus seines Vaters in Ligurien und entschließt sich, das trubelige Rom für das etwas provinziellere La Spezia zu verlassen. Und bereits an seinem ersten Arbeitstag stolpert er hinein in seinen ersten Fall.

Andrea Bonetto (das Pseudonym eines deutschen Lektors) versteht es, seine Leserschaft schnell und routiniert in den Bann der Geschichte zu ziehen. Das Geschriebene wirkt weder gedrechselt noch hochgeistig verstiegen. Die Figuren sind zwar nicht sonderlich vielschichtig ausgearbeitet, aber sie überzeugen und die „richtigen“ von ihnen wirken sympathisch. Lokalkolorit entsteht durch die Schilderungen bekannter italienischer Szenerien - wie z.B. die Szenen im Café und regelmäßig eingestreute bekannte italienischen Redewendungen oder Formulierungen. Als Leser_in fühlt man sich quasi an der Seite Grassis unterwegs in Ligurien.

Der Fall an sich: nun ja, ein groß-komplexes Meisterwerk an falschen Fährten, mit tiefenpsychologisch ausgestaltet Figuren und unerwarteten Wendungen, ist es nicht. Wer eine solide italienische Krimistimmung für ein paar Stunden im Sonnenstuhl oder auf dem Sofa sucht, wird nicht enttäuscht sein.