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michael24
Wohnort: 
Kempten

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 28.10.2024
Ein Funke nur, ein kleines Licht - Eine Geschichte über Liebe und Mut
Shan, Milla

Ein Funke nur, ein kleines Licht - Eine Geschichte über Liebe und Mut


ausgezeichnet

Wärmende Botschaft für alle Herzen dieser Welt
Das großformatige Kinderbuch "Ein Funke nur, ein kleines Licht" von Milla Shan und Anita Schmidt ist ein ideales Geschenk - vielleicht für Weihnachten - an die Leser ab 4 Jahren. Die zauberhaften Illustrationen zeigen sich bereits auf dem Cover, wo der weise Großvater mit seinem Mäuseenkel zusammen sitzt. Am Himmel strahlen die Sterne und der Zauber der kleinen Lichter reicht bis in die Mäusehöhle hinein. Liebevolle Impulse ziehen sich durch die Geschichte, die zeigen, dass der Zauber des Lebens in unseren Herzen wohnt.

Bewertung vom 22.10.2024
Unversehrt. Frauen und Schmerz
Biringer, Eva

Unversehrt. Frauen und Schmerz


ausgezeichnet

Ein wichtiger Schritt hin zu mehr Bewusstsein

Eva Biringer beginnt ihr Buch "Unversehrt – Frauen und Schmerz" mit der Leidensgeschichte ihrer eigenen Großmutter. Diese Einleitung, die auf den Tagebucheinträgen der Großmutter zurückgreift, legt den Grundstein für ein Thema, das Biringer mit einer Mischung aus persönlicher Empathie und analytischer Schärfe behandelt: den Umgang unserer Gesellschaft mit dem Schmerz von Frauen. Die Tagebucheinträge, die zahlreiche Symptome dokumentieren und dennoch immer wieder in Fehldiagnosen mündeten, spiegeln ein zentrales Problem wider, das sich durch das gesamte Werk zieht – die systematische Herabwürdigung weiblichen Schmerzes.

Biringer setzt in ihrem umfangreichen und sorgsam recherchierten Buch ein klares Zeichen. Sie verdeutlicht, wie tief patriarchale Strukturen in unser Gesundheitssystem und unsere Gesellschaft eingewoben sind und wie diese die Wahrnehmung von weiblichem Schmerz verzerren. Durch die Heranziehung wissenschaftlicher Studien und deren gründliche Analyse wird das Werk auch zu einem wichtigen sachlichen Beitrag, der aufzeigt, dass Schmerz bei Frauen häufig weniger ernst genommen wird – eine Tatsache, die durch die erschütternde Zahl belegt wird, dass auf einen schmerzmittelabhängigen Mann gut doppelt so viele Frauen kommen.

Das Buch zieht einen weiten Bogen von der Geschichte bis in die Gegenwart und zeigt, wie Frauen behandelt wurden und werden. Biringer beleuchtet nicht nur die biologische Seite der unterschiedlichen Schmerzerfahrungen von Frauen und Männern, sondern auch die gesellschaftlichen Erwartungshaltungen, die diese Unterschiede verstärken.

Trotz des ernsten Themas bleibt das Buch stets gut lesbar. Es ist keine trockene wissenschaftliche Abhandlung, sondern ein lebendiges und spannendes Werk, das Fakten und Emotionen gekonnt miteinander verbindet. Biringers feinfühlige Sprache macht es zu einer ansprechenden und aufrüttelnden Lektüre, die auch komplexe Themen zugänglich aufarbeitet.

"Unversehrt" ist ein wichtiger Beitrag zur feministischen Literatur und ein Muss für alle, die sich mit Geschlechterungleichheiten auseinandersetzen. Es ist ein Werk, das die Diskriminierung im Gesundheitssystem genauso beleuchtet wie die gesellschaftlichen Zwänge, die Frauen in ihrer Wahrnehmung und ihrem Ausdruck von Schmerz begrenzen.

Bewertung vom 05.10.2024
Wer hat von meinem Keks genascht?
Astner, Lucy

Wer hat von meinem Keks genascht?


ausgezeichnet

Wer teilen kann hat viele Freunde

Das großformatige Buch "Wer hat von meinem Keks genascht" von Lucy Astner und Nadine v. Resch zeigt ein farbenfrohes, lustiges Miteinander der verschiedenen Tierarten auf dem Cover. In der Mitte steht etwas ratlos der Igel mit einem angebissenen großen Keks. Mit diesem Bild ist auch die Geschichte des Buches sehr gut dargestellt. Der Igel, der aus dem Winterschlaf erwacht ist, findet einen sehr großen Keks vor der Haustür. Da er gute Manieren hat, möchte er sich beim Essen nicht bekleckern und sucht zuerst eine Serviette. Bei der Rückkehr muss er feststellen, dass schon jemand anderes den ersten Biss genommen hat. Eine Suche nach dem vermeintlichen Keksknabberer beginnt. Das Kinderbuch beschreibt mit kindgerechten Bildern und Texten die überzogene Reaktion des Igels, der zu Beginn nicht vorhatte, den Keks mit anderen zu teilen. Erst durch die Integration der vielen Tiere merkt er, wie viel lustiger und schöner es ist, wenn man mit anderen teilen kann. Gemeinsam ist alles schöner und beim teilen, lernt man womöglich noch den einen oder anderen speziellen Herzensfreund kennen. Eine tolle Story, zu der man auch gut mit dem Kind ins Gespräch kommen kann. Am Ende gibt es noch ein kleines Rätsel zu lösen, was Beobachtung und Kombination schult. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 02.10.2024
Der Keine-Langeweile-Klub
Obrecht, Bettina

Der Keine-Langeweile-Klub


ausgezeichnet

Mit Fantasie wird das Leben bunt und nicht mehr langweilig

Das Cover zeigt verschiedene Kinder spielend im Garten - und genau das ist der Plan: Weg vom Computer, Handy oder Spiele-Konsole. Die Geschichte zeigt wunderbar, wie Kinder zusammen ihre Kreativität nutzen, um lustige Aktivitäten im Garten umzusetzen. Manches davon stößt zwar nicht gerade auf Begeisterung beim Nachbarn, aber der liefert am Ende selbst eine gute Idee für ein spannendes Projekt. Die Wörter und Sätze sind ideal zum Lesen üben, denn alles ist in großer Schrift und mit farblich erkennbaren Silben verfasst. Die Sprache ist absolut kindgerecht und die Geschichte ist mit vielen lustigen Momenten versehen. Am Ende eines jeden Kapitels gibt es eine Frage, die das Textverständnis prüft. Zum Schluss gibt es auch drei Quizfragen, die gleichzeitig unterhaltsam aber auch zur sprachlichen Übung dienen. Eine tolles Buch, um Kindern zu zeigen, wie man gemeinsam viel Spaß haben kann und dass jedes Kind mit der besten Eigenschaft ausgestattet ist: die Fantasie.

Bewertung vom 02.10.2024
Das große Spiel
Powers, Richard

Das große Spiel


sehr gut

Komplexe aber unterhaltsame Darstellung der Verbundenheit zwischen Mensch und Natur

In seinem Roman "Das große Spiel" entwirft Richard Powers ein komplexes, vielschichtiges Werk, das den Leser mit einer Vielzahl an Themen und Charakteren konfrontiert. Im Zentrum der Geschichte stehen vier sehr unterschiedliche Figuren, deren Leben durch die kleine Pazifikinsel Makatea im Jahr 2027 miteinander verwoben sind. Die Insel dient als symbolischer und geografischer Dreh- und Angelpunkt, an dem die verschiedenen Handlungsstränge zusammenlaufen und in einem eindrucksvollen Finale gipfeln.

Besonders hervorzuheben ist die Figur der Meeresforscherin Evie Beaulieu, die als Pionierin in ihrem Feld eine zentrale Rolle einnimmt. Ihre persönliche und berufliche Zerrissenheit zwischen der Leidenschaft für den Ozean und den Erwartungen an ein traditionelles Familienleben ist eindringlich und glaubwürdig beschrieben. Powers gelingt es, Evies innere Kämpfe ebenso fesselnd zu schildern wie die Wunder der Meereswelt, die er mit beeindruckendem Detailwissen und bildhafter Sprache lebendig werden lässt. Die Beschreibungen ihrer Tauchgänge und der Unterwasserwelt gehören zu den stärksten Passagen des Romans und zeugen von Powers' fundierter Kenntnis des Meeres und seiner Bewohner.

Powers greift eine Vielzahl an Themen auf – von der Liebe und Freundschaft über Krankheit und Tod bis hin zu den drängenden globalen Herausforderungen wie Kolonialismus, Klimawandel und dem Fortschritt der Künstlichen Intelligenz. Besonders faszinierend ist dabei die Gegenüberstellung der Zerstörung der Natur und der immer schneller voranschreitenden technischen Entwicklungen. Powers regt den Leser auf subtile Weise zum Nachdenken über die ethischen und ökologischen Fragen unserer Zeit an.

Allerdings wird das Lesevergnügen durch die komplexe Struktur des Romans gelegentlich getrübt. Die Erzählweise, die verschiedene Perspektiven und Zeitebenen jongliert, kann mitunter verwirrend wirken und erschwert den Lesefluss. Die unterschiedlichen Erzählstränge und Zeitsprünge erfordern ein hohes Maß an Konzentration und Geduld, da sich die Zusammenhänge oft erst spät offenbaren – manche Leser könnten sich hier verloren fühlen. Doch wer bereit ist, sich auf dieses vielschichtige Geflecht einzulassen, wird am Ende mit einem Aha-Erlebnis belohnt, das die Puzzleteile zu einem großen Ganzen zusammenfügt.

Bewertung vom 30.09.2024
A Song to Drown Rivers
Liang, Ann

A Song to Drown Rivers


sehr gut

Legende aus fernen Zeiten - hautnah vermittelt

Der Roman "A Song to Drown Rivers" von Ann Liang begeistert schon auf den ersten Blick mit seinem kunstvollen Cover und dem Farbschnitt. Doch es ist nicht nur die äußere Gestaltung, die besticht, sondern vor allem die faszinierende Geschichte und die vielschichtigen Charaktere, die den Leser in ihren Bann ziehen.

Im Zentrum steht die Anti-Heldin Xishi, eine historische Figur, deren Schönheit sowohl Fluch als auch Segen ist. Liang schafft es meisterhaft, Xishi als eine komplexe, widerstandsfähige Protagonistin darzustellen, die sich durch ihre außergewöhnliche Intelligenz, Mut und Entschlossenheit auszeichnet. Ihr Weg vom einfachen Dorfmädchen zur Spionin in einem von politischen Intrigen und kriegerischen Auseinandersetzungen geprägten Umfeld wird mit einer beeindruckenden Tiefe und emotionalen Intensität geschildert.

Xishi schwankt zwischen ihrem Wunsch nach Rache und ihrer Sehnsucht nach Liebe, wobei eine spannungsgeladene Dynamik entsteht, die das zentrale Thema des Romans ausmacht. Liang stellt auf sehr einfühlsame Weise die komplexen Fragen nach Geschlechterrollen, gesellschaftlichen Erwartungen sowie dem Spannungsfeld zwischen persönlichem Glück und patriotischer Pflicht in den Vordergrund. Xishi widersetzt sich den ihr auferlegten Normen, hinterfragt die Rolle der Frau in einer patriarchalischen Gesellschaft und wird so zu einer Heldin für die Ewigkeit.

Liang gelingt es, historische Begebenheiten mit einer tiefen Emotionalität zu verweben, sodass der Leser sowohl die Schönheit als auch die Grausamkeit der damaligen Zeit hautnah miterlebt. Die detaillierten Beschreibungen der Kleidung, Frisuren und Verhaltensweisen ermöglichen ein Eintauchen in die damalige chinesische Kultur. Besonders eindrucksvoll ist die Darstellung des Kriegsgeschehens – das Leid, der Tod und die Tragik der Kämpfe regen zum Nachdenken an.

Die Beziehung zwischen Xishi und Fanli bildet einen weiteren zentralen Erzählstrang. Inmitten von politischen Machenschaften und den Schatten des drohenden Krieges entfaltet sich eine emotionale Liebesgeschichte, die von der Spannung zwischen persönlicher Liebe und der Verpflichtung zum eigenen Land geprägt ist. Diese Verbindung macht die beiden Protagonisten menschlich und emotional greifbar, ihre Kämpfe und Entscheidungen wirken authentisch und mitreißend.

"A Song to Drown Rivers" ist weit mehr als nur eine Legendenerzählung. Er ist eine tiefgründige Reflexion über Krieg, Feindbilder und die menschliche Natur, eingebettet in eine tragische Liebesgeschichte. Für Liebhaber chinesischer Geschichte, Mythologie und einer bildhaften, poetischen Sprache ist dieser Roman eine klare Empfehlung.

Bewertung vom 06.09.2024
It's me oder Wie mein Leben plötzlich glitzerte
Andeck, Mara

It's me oder Wie mein Leben plötzlich glitzerte


ausgezeichnet

Das Leben ist einfach magisch

Mara Andecks Jugendbuch “It’s me oder: Wie mein Leben plötzlich glitzerte” bietet eine charmante Mischung aus Humor, Tiefgang und Fantasie, die junge Leserinnen direkt in den Bann zieht. In der Form eines witzigen Tagebuchromans erzählt die Autorin die Geschichte der 13-jährigen Gwinny, die sich inmitten typischer Teenagerprobleme befindet: Schule, Freundschaften, Familie und das Ringen um Selbstständigkeit.

Ein fantasievoller Twist kommt in die Geschichte, als Gwinny auf Noam trifft – eine Art “männliche Fee”, die ihr drei Wünsche und sieben Wochen Zeit gibt, um ihr Leben grundlegend zu verändern. Dieser magische Aspekt stellt den den "glitzernden, roten Faden" dar, der die Geschichte so einmalig und spannend macht . Die wöchentlichen Aufgaben, die Noam Gwinny stellt, führen sie auf eine Reise der Selbstreflexion. Stück für Stück erkennt sie, was sie wirklich im Leben ändern möchte und wie sie die Kontrolle über ihr eigenes Glück gewinnen kann.

Andeck gelingt es auf eine beeindruckend einfühlsame Weise, Themen wie Selbstfindung, familiäre Herausforderungen und die Frage nach dem eigenen Platz im Leben aufzugreifen. Gwinny ist eine sympathische und authentische Hauptfigur, mit der sich viele junge Leserinnen identifizieren können. Ihre Unsicherheiten, Wünsche und Sorgen sind nachvollziehbar, und die humorvolle Erzählweise bringt zusätzlich Leichtigkeit in die Geschichte.

Das Buch richtet sich vor allem an Mädchen, die sich in einer ähnlichen Lebensphase wie Gwinny befinden. Durch die realistischen und gleichzeitig fantasievollen Elemente schafft es Andeck, die Leserschaft zu ermutigen, sich mit den eigenen Wünschen auseinanderzusetzen und den Mut zu finden, das Leben selbst zu gestalten.

Bewertung vom 05.09.2024
9 Grad
Kolb, Elli

9 Grad


gut

Selbstfindung durch Grenzerfahrung

Elli Kolbs Roman "9 Grad" ist eine tiefgehende Erzählung über Freundschaft, Krankheit und den Umgang mit persönlichen Krisen. Im Mittelpunkt stehen die drei Freunde Josie, Rena und Anton, die seit Kindertagen durch dick und dünn gehen. Ihr Leben nimmt eine dramatische Wendung, als Rena ihnen während eines gemeinsamen Saunabesuchs mit anschließendem Eisbaden von ihrer schweren Krankheit erzählt. Diese Offenbarung wirft nicht nur bei Rena, sondern auch bei ihren beiden Freunden Fragen über das Leben, den Tod und die eigene Verwundbarkeit auf.

Josies Weg steht dabei besonders im Fokus. Nach dem schockierenden Geständnis ihrer Freundin taucht sie tiefer in ihre eigenen emotionalen und physischen Herausforderungen ein. Ihre zufällige Begegnung mit Lee, einem Mann, der an Depressionen leidet, bringt eine neue Dimension in ihr Leben.

Eine der eindrücklichsten Metaphern des Buches ist das Eisbaden. Diese Aktivität, die für Josie zunächst eine neue Erfahrung ist, entwickelt sich zu einem zentralen Element ihrer persönlichen Heilung. Das Eisbaden symbolisiert sowohl die Suche nach Kontrolle und Selbstfindung als auch den Mut, sich den eigenen Ängsten und Grenzen zu stellen. Josie entdeckt dadurch nicht nur ihren Körper neu, sondern lernt auch, sich selbst zu akzeptieren – eine beeindruckende Reise, die vielen Leserinnen und Lesern unter die Haut gehen wird. Gleichzeitig spiegelt das kalte Wasser die emotionale Kälte wider, die in den Leben der Charaktere präsent ist, und verstärkt das Gefühl der Einsamkeit und des Schmerzes, das sie durchzieht.

Elli Kolb spricht in dem Roman ernste Themen wie Depression, Essstörungen und den gesellschaftlichen Druck, einem bestimmten Körperbild zu entsprechen, feinfühlig an.
Persönlich fand ich die Geschichte mitunter zu überfrachtet mit unterschiedlichen Themen, ohne jenen den nötigen Rahmen zu schenken, damit man sich als Leser darauf einlassen kann. Hier wurde von der Autorin so viel gleichzeitig behandelt, so dass mir stellenweise die Tiefe gefehlt hat. Obwohl das Buch einen faszinierenden Schreibstil und viel Potenzial aufweist, hätten einige Themen ausführlicher behandelt werden können.

Insgesamt ist "9 Grad" jedoch ein beeindruckender Roman, der seine Leser auf eine emotionale Reise mitnimmt.

Bewertung vom 01.09.2024
Aus dem Haus
Böttger, Miriam

Aus dem Haus


sehr gut

Irgendwie gehört doch jeder in Behandlung...

Miriam Böttgers Roman "Aus dem Haus" ist eine Mischung aus alltäglichem Chaos und tiefgründiger Familienpsychologie. Im Zentrum steht das HAUS in Kassel, das nicht nur der Wohnort der Familie, sondern fast schon eine eigene Figur im Roman ist. Es ist ein Ort, der den Mitgliedern jegliche Lebensfreude raubt, sie aber gleichzeitig in einer beklemmenden Art und Weise zusammenhält.

Die Erzählung, die aus der Sicht einer namenlosen Ich-Erzählerin geschildert wird, verläuft scheinbar ereignislos und doch voller emotionaler Geladenheit. In kurzen, prägnanten Kapiteln wird der Umzug der Eltern aus dem ungeliebten Haus beschrieben, wobei die Rückblicke auf die Vergangenheit allmählich offenbaren, dass das Haus zwar Auslöser für die familiären Spannungen sein könnte, jedoch nicht deren Ursache. Im Gegenteil, der Umzug in eine neue Umgebung zeigt, dass die Probleme der Familie tiefer liegen und sich nicht durch einen Ortswechsel beheben lassen.

Besonders eindrucksvoll ist die Figur der Mutter, die unter Migräne und einer lähmenden „Zeitpanik“ leidet – eine ständige Angst vor dem unaufhaltsamen Verstreichen der Lebenszeit. Ihre pessimistische Grundhaltung beeinflusst das gesamte Familiengefüge, wobei alle anderen Familienmitglieder in den Hintergrund treten. In dieser Dynamik offenbart sich die zentrale These des Romans: „Eigentlich ist jede Familie eine Sekte für sich.“ Diese Erkenntnis zieht sich durch die gesamte Handlung und zeigt, wie jede Familie ihre eigene kleine Welt mit eigenen Regeln und Strukturen bildet – oft auf Kosten der individuellen Bedürfnisse.

Böttger gelingt es, die Absurdität und zugleich die Realität familiärer Beziehungen mit einer herrlich ironischen Erzählweise darzustellen. Die Ich-Erzählerin beschreibt die Ereignisse mit einem sarkastischen Unterton, der dem Leser oft ein Schmunzeln entlockt, während man gleichzeitig die Tragik der Situationen körperlich spüren kann.

Persönliches Fazit: Ich könnte mir die Geschichte als fortlaufende Kolumne besser vorstellen. Das Buch ermüdet irgendwann durch den vorherrschenden Ton der Negativität. Von daher - trotz all der genial formulierten Tiefgründigkeit - "nur" vier Sterne.

Bewertung vom 20.08.2024
Winterwölfe
Jones, Dan

Winterwölfe


sehr gut

Hier taucht man hautnah in die dunkle Vergangenheit ab

Dan Jones gelingt es mit "Winter Wölfe", die Leser/innen erneut tief in die Welt des 14. Jahrhunderts zu entführen, einer Zeit, die von Krieg, politischen Intrigen und brutaler Gewalt geprägt war. Der Roman setzt die Geschichte der Essex Dogs fort, einer Gruppe von Söldnern, die trotz ihrer verringerten Zahl weiterhin mit den harten Realitäten des Kriegslebens konfrontiert sind.

Schon zu Beginn des Romans wird man schnell wieder in die Handlung hineingezogen. Jones ruft dabei wichtige Elemente des ersten Bands kurz und prägnant in Erinnerung, ohne den Lesefluss mit langwierigen Wiederholungen zu stören. Stattdessen baut er neue Spannung auf und führt uns tiefer in das gefährliche Leben der Protagonisten ein.

Die Loyalität unter den Soldaten wird immer wieder auf die Probe gestellt, was in dramatischen Konfrontationen gipfelt, die nicht nur das Überleben der Charaktere, sondern auch ihre moralischen Überzeugungen auf die Probe stellen. Die komplexen Beziehungen und die ständige Bedrohung durch Verrat und Tod verleihen der Erzählung eine intensive Atmosphäre, die den Leser fesselt.

Historische Ereignisse spielen eine zentrale Rolle in "Winter Wölfe" und beeinflussen die persönlichen Geschichten der Charaktere auf vielfältige Weise. Der Hundertjährige Krieg bildet den Hintergrund für die Erzählung, und Jones zeigt eindrücklich, wie diese turbulente Zeit die Leben der Menschen formte und ihre Entscheidungen beeinflusste. Die detaillierte Schilderung des Lebens im mittelalterlichen Frankreich bereichert die Erzählung zusätzlich und lässt die Leser/innen tief in die historische Kulisse eintauchen.

Die detaillierte Darstellung der historischen Hintergründe und die Einordnung der fiktiven Ereignisse in den Kontext der realen Geschichte machen "Winter Wölfe" zu einem wertvollen Roman für alle, die an dieser Epoche interessiert sind.

Das Cover des Buches, das einem Wappen ähnelt, passt hervorragend zum Inhalt und verstärkt den Eindruck, dass man hier ein Werk in den Händen hält, das sich intensiv mit der Vergangenheit auseinandersetzt. Insgesamt stellt "Winter Wölfe" die Brutalität des Krieges ungeschönt dar und regt damit auch zum Nachdenken an.Hier taucht man hautnah in die dunkle Vergangenheit ab