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hasirasi2
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Dresden

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Insgesamt 1229 Bewertungen
Bewertung vom 03.06.2023
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Die Revanche des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.2


sehr gut

Tragödie, Komödie oder Farce?

Weil das Leben an der Côte d’Azur teuer ist und die Unverbesserlichen gerne gut leben, haben sie den Gewinn von ihrem ersten Fall ein Jahr später fast alle schon durchgebracht. Ausgerechnet jetzt ermöglicht die von ihnen damals gefundene Urkunde der Familie Vicomte, weitreichende Veränderungen durchsetzen. Sie wollen aus Port Grimaud eine Residenz der Schönen und Reichen machen. Für das Fußvolk ist da kein Platz mehr. Wer sich die neuen Preise nicht leisten kann, soll (so schnell wie möglich) wegziehen. Das kann und will die Gruppe um Guillaume Lipaire nicht hinnehmen. Zum Glück gibt ihnen der geheimnisvolle Freund wieder hilfreiche Hinweise. „Vielleicht seid ihr die Unverbesserlichen, aber nicht die Unverzichtbaren. Ihr sollt zu den Untragbaren gemacht werden. Höchste Zeit also, die Unbesiegbaren zu werden!“ (S. 116) Aber wer ist er und woher weiß er so gut über sie und ihre Pläne Bescheid?!

Guillaumes Dreamteam ist zurück und muss sich ganz schön was einfallen lassen, um den Plan der Vicomtes zu vereiteln, aus Port Grimaud eine unabhängiges Fürstentum zu machen. „Wir sollten den Vicomtes noch mal ordentlich in die Suppe spucken, findet ihr nicht?“ (S. 79) Dazu besinnen sie sich auf ihre bewährten Fähigkeiten. Guillaume spielt den Anführer und schmiedet Masterpläne, anstatt sich die Hände schmutzig zu machen, aber dafür hat er ja seinen Zögling Karim. Ex-Legionär Paul kann endlich wieder seine militärischen Kenntnisse einsetzen. Delphine kümmert sich um das leibliche Wohl aller Beteiligten. Lizzy wickelt auch mit 85 noch die Männer um ihre Finger und Jaqueline empfiehlt die passenden Filmszenen zur Recherche für ihre Aktionen.

Volker Klüpfel und Michael Kobr haben ihre charmanten Gauner wieder auf Port Grimaud und die Vicomtes losgelassen und mich damit ziemlich gut unterhalten, auch wenn die Krimihandlung diesmal etwas sehr cosy ist (kleiner Spoiler, es gibt fast keinen Toten) und in der Mitte ein paar kleine Längen hat. Das Buch lebt von den skurrilen Figuren, ihren Kostümauftritten und aberwitzigen Plänen, die natürlich nicht immer aufgehen, auch wenn sie sehr ambitioniert und eigentlich recht ausgeklügelt sind. Aber die größte Fehlerquelle sind Kleinganoven nun mal selber. Dazu kommen die Streitigkeiten und das Misstrauen bezüglich der Identität des geheimnisvollen Tippgebers. Bei dem Insiderwissen kann das doch eigentlich nur einer von ihnen sein?! Das Autorenduo hält die Spannung auch hier bis zum Schluss.
Zum Charme der Reihe gehört auch, wie zwischen den Gruppenmitgliedern menschelt und dass sich neben Jacky und Karim noch ein Pärchen anbahnt. Zudem kann man sich beim Lesen mit einem gut gekühlten Rosé so wunderbar ans Mittelmeer träumen.

Bewertung vom 31.05.2023
Winkler, Franziska

Träume aus Eis


ausgezeichnet

Eiszeit

„Wir brauchen etwas Originelles, etwas Neues und anderes. Etwas, das ganz München, ja die ganze Welt, noch nicht gesehen hat.“ (S. 90/91)
Erna und Josef Pankofer eröffnen 1929 ihren kleinen Eissalon, doch die Konkurrenz ist groß. Nur wenige Straßen weiter bietet ein großes Kaffeehaus als Spezialität jetzt auch Eiscreme an, hergestellt von einem echten Italiener. Josef ist klar, dass seine Versuche mit neuen Sorten sie nicht weiterbringen, etwas Revolutionäres muss her. In einer Zeitschrift liest er, dass es in Amerika bereits Eis am Stiel gibt, und bei einer Reise nach Berlin kann er es zum ersten Mal kosten. Das Konzept überzeugt ihn und er will damit in München ganz groß rauskommen, doch die Herstellung ist weder einfach noch günstig. Ein weiteres „Problem“ sind die Töchter der Familie. Frieda, die Ältere, verliebt sich ausgerechnet in den Sohn eines Wettbewerbers und Lotte, die Jüngere, weiß noch nicht, was sie im Leben machen will.

Erna und Josef wollen, dass es ihren Mädchen mal besser geht, darum wagen sie die Selbständigkeit mit dem Eissalon. Josef ist ein sympathischer Eigenbrötler, immer mit dem Kopf in den Wolken und schon bei der nächsten Idee, bevor er die erste richtig umgesetzt hat. Seinem Vater gehört eine Großwäschereien, aber er hat seinen Sohn verstoßen, als der die in seinen Augen nicht standesgemäße Erna geheiratet hat. Erna ist das ausgleichende Element in der Familie, sie vermittelt zwischen Josef und ihren Töchtern und hält auch den heimlichen Kontakt zu ihrer Schwiegermutter. Frieda ist schon erwachsen und geht eigene Wege. Sie arbeitet in einem Kaufhaus und unterstützt mit dem Geld ihre Familie, die von dem Eisladen noch nicht leben kann. Lotte will es ihr gleichtun, ist allerdings viel zu ungeduldig, will immer mit dem Kopf durch die Wand und rennt im wahrsten Sinne des Wortes in ihr eigenes Unglück. Außerdem gibt es noch Fanny, die Haushälterin und gute Seele des Ladens. Sie alle könnten eine große glückliche Familie sein, wenn nicht diverse persönliche Dramen alles überschatten würden.

Franziska Winkler ist das Pseudonym der Autorin Nicole Steyer, die auch als Linda Winterberg und Anke Petersen schreibt. Ich habe schon einige historische Romane von ihr gelesen und war sehr gespannt auf die Entwicklung des JOPA-Steckerl-Eises. Allerdings bildet die hier lediglich den Rahmen für eine dramatische Familiengeschichte vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise, die mich nicht ganz überzeugen konnte. Einmal abgesehen von den wechselnden Namen und Altersangaben der Protagonisten oder Jahresangaben, sind auch andere Schnitzer drin, wie z.B. die unterschiedlichen Herkunfts- / Abstammungsangaben von Erna. Auch Josefs Konflikt mit seinem Konkurrenten in der Vergangenheit erschließt sich mir nicht so ganz. Und leider orientiert sich die Geschichte nur sehr grob an den historischen Fakten und Eckdaten zum Steckerl-Eis. Alles einzeln genommen, eigentlich kein Drama, aber in seiner Gesamtheit hat es mich beim Lesen leider dann doch gestört.

Bewertung vom 29.05.2023
Oetker, Alexander

Sonntags am Strand


ausgezeichnet

Der Strandphilosoph

„Das waren sie, seine sechs Quadratmeter.“ (S. 13) Seit 41 Jahren betreibt Enzo zwischen April und Oktober ein Bagno an der italienischen Küste. Früher hat seine Frau jeden Mittag vorzügliche Pasta für die Gäste gekocht, seit ihrem Tod kocht er in Gedenken an sie. An diesem 15. August, Ferragosto, macht er zum ersten Mal ihre Pasta Carbonara. Für die Stammgäste ist damit klar, dass er langsam über ihren Tod hinwegkommt.
Sein Tag am Strand folgt festen Abläufen, genau wie der seiner meisten Gäste, die er zum Teil schon seit Jahren oder Jahrzehnten kennt. Da ist der Fischer Signor Conte, der den ganzen Sonntag bei ihm an der Bar verbringt. Da sind Felice und Alberto, die sich sehr lieben, aber anscheinend zu verschiedene Ansichten haben. Da ist Giacopo, gerade 16, der heimlich in eine Mitschülerin verliebt ist und sich ganz toll um seine jüngeren Geschwister kümmert, während sich seine Eltern immer heftiger streiten und ihre Ehe zu zerbrechen droht.

Alexander Oetkers „Sonntags am Strand“ lässt sofort Urlaubsgefühle aufkommen. Man spürt die Hitze, den Sand unter den Füßen und hat das Wellenrauschen im Ohr. Er beschreibt sehr ruhig ganz alltägliche Szenen, wie man sie selber schon erlebt oder gesehen und für die man sich im Nachhinein vielleicht auch geschämt hat, denn der Strand ist voll und alle bekommen die Streitigkeiten mit.
Er zeigt aber auch, was hinter den Problemen der Paare steht und dass man sich manchmal gegenseitig nur richtig ansehen und hinhören muss, um seinen Partner zu verstehen. Es ist also nicht nur eine leichte Sommerlektüre, sondern auch ein kleiner Beziehungsratgeber.

Die Geschichten gehen zu Herzen, ganz besonders die von Enzo, der mich am Ende zum Strahlen gebracht hat.

Bewertung vom 28.05.2023
Barns, Anne

Wo du mich findest


ausgezeichnet

Der Mann ihrer Träume

„Meine Welt stand Kopf, mein Rhythmus wurde ein anderer. Ich ging früh schlafen, träumte von dir, stand auf, um das Erlebte festzuhalten. Nacht für Nacht. Tag für Tag.“ (S. 27) Im Urlaub auf Rügen stolpert ein Mann über Sophies Hundeleine und sie verschüttet ihren Kaffee auf seinem Hemd. Sie wechseln ein paar freundliche Worte und gehen auseinander. Wochen später beginnt sie von dem Fremden zu träumen, von ihrem Leben mit IHM. Doch sie ist verheiratet. Sie flüchtet immer öfter immer früher aus dem Schlafzimmer, um diesen Träume nachzuspüren und sie aufzuschreiben. Bald muss sie sich der Frage stellen, ob ihre Ehe gescheitert ist und macht sich dafür auf die Suche nach dem Mann aus ihren Träumen.

Anne Barns neues Buch „Wo Du mich findest“ ist anders als ihre bisherigen „Frauenromane“, obwohl auch er an der Ostsee spielt, es um Verluste und Neuanfänge, Freundschaft und Familie und die Suche nach der wahren Liebe geht. Sie schreibt sehr poetisch und ruhig, lässt ihren Figuren viel mehr Raum, um sich zu entfalten, geht noch tiefer in deren Gedanken und Gefühle.

Sophies hat erst vor kurzem ihren Vater und ihre beste Freundin verloren und kann den Verlust nicht verarbeiten, ihr Ehe scheint daran gescheitert zu sein. Einzig ihre Träume von IHM geben ihrem Leben noch einen Sinn. „Zu wissen, dass du in meinen Träumen wartetest, gab mir Halt. Nur noch schlafen, einfach nie wieder aufwachen.“ (S. 44)

Anne Barns hat einen ungewöhnlichen Erzählstil gewählt und lässt Sophie in der Rückschau erzählen. Es ist eine wahnsinnige tolle, extrem berührende Geschichte, die man, obwohl sie relativ kurz ist, nicht mal so nebenher lesen kann, dazu geht einem Sophies Traurigkeit zu nah. Diese Schwermut begleitet sie auch auf Rügen noch eine gewisse Zeit, wird zum Glück aber immer seltener, weil die Suche nach ihrem „Traummann“ Ablenkung bietet und sie dabei neue Freunde findet, zur Ruhe kommt und zu sich selber findet.

Und ohne zu viel verraten zu wollen, ich liebe das Ende, das so voller Hoffnung und Zuversicht ist, ohne kitschig zu sein. #herzensbuch #lieblingsbuch

Bewertung vom 27.05.2023
Scarpa, Dani

Der Fall San Marino / Italien-Krimi Bd.3


ausgezeichnet

Irrt sich der Mann, der nichts vergessen kann?

Endlich ist die Pandemie vorbei und das Hotel, das Paolo Ritter von seinem Bruder Felix geerbt hat und zusammen mit seiner Partnerin und Köchin Lucia führt, ist ausgebucht. Sein Leben als LKA-Ermittler scheint endgültig vorbei. Da taucht ein Gast auf und will eine Schneekugel zurückkaufen, die er Felix vor über 10 Jahren geschenkt hat. Paolo lehnt ab, er hängt an den Erinnerungsstücken, die ihm von seinem Bruder geblieben sind. Doch dann wird bei ihm eingebrochen und kurz darauf stürzt der neugierige Gast in San Marino vom berühmten Felsen Monte Titano – und plötzlich interessiert sich Interpol für das Hotel und Felix‘ Vergangenheit.

„Der Fall San Marino“ ist bereits der dritte Band mit dem „deutschen Monk“ mit dem episodischen Gedächtnis. Paolo hat sein altes Leben hinter sich gelassen und in Italien neue Freunde gefunden, die sich nicht an seinen Ticks stören. Er führt das Leben, um das er sein Bruder immer beneidet hat. Doch der Tote und der Agent von Interpol geben ihm zu denken. Was weiß er wirklich von Felix?

Paolo ist und bleibt ein Eigenbrötler. Weil er dem Mann von Interpol aus einem unbestimmten Gefühl heraus nicht traut, hält er Informationen zurück und stellt eigene Nachforschungen an. Als er dabei Felix‘ bestgehütete Geheimnisse entdeckt, muss der Mann, der nichts vergessen kann, seine Erinnerungen geraderücken.
Auch in seinem Privatleben bahnt sich eine Veränderung an. Seine Freunde sind der Meinung, dass er seine Beziehung zu Lucia endlich auf die nächste Stufe heben sollte, aber er hat Angst, sie mit seinen Schrullen auf lange Sicht zu enttäuschen.

Dani Scarpa hat einen extrem vielschichtigen und spannenden Fall konstruiert, der Paolo in die benachbarte Republik San Marino führt. Der Zwergstaat liegt mitten in Italien und war lange eine Steueroase und der ideale Ort für allerlei nicht ganz legale Geschäfte. Außerdem ist er für sein Mittelalterfestival berühmt, das in Paolos Ermittlungen bald eine zentrale Rolle spielt.

Wie schon in den ersten beiden Bänden kommt auch hier la Dolce Vita nicht zu kurz. Land und Leute werden sehr lebendig beschrieben und machen Lust auf Urlaub in Italien. Zudem lassen einem beim Lesen die regionalen Gerichte das Wasser im Mund zusammenlaufen. Am Ende des Buches gibt es das Rezept für Lucias frittata al basilico, das ihr unbedingt probieren müsst.

Mich hat der Krimi sehr wieder gut unterhalten. Ich bin schon gespannt auf Paolos und Lucias nächstes Abenteuer.

Bewertung vom 25.05.2023
Irving, John

Der letzte Sessellift


gut

Mein Ein und Alles

Adam war ein absolutes Wunschkind. Er wurde von seiner Mutter vergöttert und verwöhnt, obwohl sie als Skilehrerin nur wenige Monate im Jahr zu Hause war. Sie ließ sich bei den Skimeisterschaften 1941 in Aspen schwängern, weil sie ein Kind nur für sich, ohne Mann und ohne Konsequenzen haben wollte. Also wächst Adam bei seinen Großeltern auf. Während Nana ihm Melvilles Moby-Dick vorliest, was in ihm den Wunsch weckt, selber Schriftsteller zu werden, spricht sein Großvater nie und vergreist immer mehr.
Die Frage nach seinem Vater begleitet Adam schon seit deiner Kindheit, doch erst als Erwachsener fährt er endlich nach Aspen, um ihn zu suchen und sich den Geistern der Vergangenheit zu stellen.

„… Schriftsteller können nicht aufhören zu schreiben.“ (S. 1079) legt John Irving Adam am Ende des Buches in den Mund und ich denke, dass er sich damit selber meint. Ich glaube nicht, dass er existieren kann, ohne zu schreiben, auch wenn es die immer gleichen Themen sind, die er in seinen Büchern verarbeitet: Sex, Familie, die Suche nach mindestens einem Elternteil, Geister, Sport, vor allem Ringen, und die Uni Exeter. Selbst die Bären haben wieder eine winzige Nebenrolle.

Wobei man das Wort Familie nicht zu eng fassen sollte. Die Mitglieder in Adams Familie sind nicht zwingend miteinander verwandt, sondern haben sich gefunden. Auch die Geister Verstorbener gehören dazu, die sich, sehr zum Schrecken von Adams Freundinnen, unter die Lebenden mischen.

Adam wächst im Umfeld starker Frauen auf. Seine Nana hält die Familie zusammen, seine Cousine outet sich schon früh als homosexuell und lebt das auch offen auf der Bühne aus, seine Mutter will keinen Mann außer Adam. Der kann bei so viel weiblicher Dominanz ja gar nicht selbständig werden und lässt sich selbst seine Frau von seiner Mutter aussuchen.

John Irving schreibt sehr sensibel und eindringlich über Themen, die er aus seiner Familie kennt: Homosexualität und die damit einhergehende Homophobie, Aids als Strafe Gottes und Transsexualität, über die Gefahren, denen sich die Betroffenen aussetzen, um so zu leben, wie sie wollen. „Adam, wir können Sicherheit nicht zum obersten Gebote in unserem Leben machen. Wir können nur die sein, die wir nun mal sind, und tun, was wir nun mal tun.“ (S. 292 / 293)
Er zeichnet auch ein sehr umfassendes Bild der gesellschaftlichen und politischen Strömungen und Entwicklungen in den USA in der Zeit von Adams Geburt bis heute, wie sich die verschiedenen Regierungen auf das Leben auswirkten.

John Irving kann richtig gut erzählen, aber er neigt zu Wiederholungen und zur Ausführlichkeit. Das hat es mir diesmal erschwert, durchzuhalten. Mir fehlte der rote Faden, bzw. schien er ihn zwischendrin verloren zu haben. Die Handlung plätschert seitenweise vor sich hin, es gibt zu viele Dopplungen und der literarische Kniff der integrierten Drehbücher hat mich einfach überfordert. Dazu kommen die ganzen Toten und Geister, der zu viele und ausführliche Sex. Ich war echt traurig, dass mich der emotionale Höhepunkt, die Erklärung für den Buchtitel, dann gefühlsmäßig nicht mehr erreichen konnte, weil er zu vorhersehbar und ich schon ausgelaugt war. Vielleicht war ich auch einfach nicht in der richtigen Stimmung für die 1088 Seiten. Darum werde ich das Buch in ein paar Jahren auf jeden Fall noch einmal lesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.05.2023
Risberg, Cina

Mittags gut kochen für eine Person


sehr gut

Lecker und schnell gemacht

Oft sind die Rezepte in Kochbüchern für 4 oder mehr Personen ausgelegt. Da wir nur zu zweit sind, muss ich dann immer umrechnen und ein Ei z.B. lässt sich nur schwer teilen. Leichter ist es natürlich, ein Rezept zu verdoppeln, darum war ich gespannt auf dieses Kochbuch.
Schon beim ersten Durchsehen habe ich die Rezepte markiert, die ich nachkochen möchte – einfacher wäre es gewesen, die zu markieren, die ich nicht kochen will, denn sie sehen alle sehr lecker aus und viele sind vegetarisch oder vegan.
Etwas irritiert hat mich nur, dass es doch recht viele Nudelgerichte sind (wobei man die wirklich super für nur einen kochen kann) und die Käsemengen sehr großzügig bemessen wurden, die habe ich ehrlich gesagt oft reduziert.
Zudem sind einige Rezepte für mehr als eine Portion ausgelegt mit dem Hinweis, die Reste einzufrieren oder am nächsten Tag zu essen – oder sich Freunde einzuladen. Dann sind sie nur nicht wirklich für eine Person …

Wir haben inzwischen schon fleißig nachgekocht und zu unseren bisherigen Favoriten gehören z.B. die Maissuppe, die schnell und einfach gemacht und sehr sättigend ist, und eine Tortilla, die durch den Tomaten-Kapern-Salat den letzten Pfiff bekommt und zum 5 Sterne-Rezept wird.
Falls ihr mal jemanden beeindrucken wollt, lege ich Euch die Süßkartoffelgnocchi mit schaumiger Käsesauce ans Herz – mein Mann hätte auch 3 Portionen davon verdrücken können.
Mein Highlight war die Pasta mit Karottenpesto, auch wenn da die Zubereitung etwas uneindeutig beschrieben wird – der Geschmack war spitze.

Mir gefällt, dass die schwedische Autorin Cina Risberg Resten den Kampf ansagt und z.B. Käseränder mitkocht, darauf wäre ich nie gekommen. Außerdem hat sie die Rezepte für ihr Lieblingsöle, -saucen und rettende Dips ins Buch aufgenommen, mit denen man jedem Gericht schnell noch das gewisse Etwas verleihen kann.

Die Rezepte stammen aus verschiedenen Kulturkreisen und passen zu den unterschiedlichen Jahreszeiten, für ausreichend Abwechslung ist also gesorgt. Neben Pasta und Kartoffelgerichten gibt es Suppen und Salate, Toast- bzw. Sandwichvarianten und Burger, verschiedenen Puffer und Omelette, Pizza und sogar süße Kleinigkeiten und Getränke für den perfekten Start ins Wochenende.

Mein Fazit: Ein schönes Kochbuch für Singles, das auch für Kochanfänger geeignet ist.

Bewertung vom 17.05.2023
Fitzek, Sebastian

Elternabend


ausgezeichnet

Große Ärsche auf kleinen Stühlen

„In flagranti von der Polizei bei einer Straftat erwischt zu werden war alles andere als ein erstrebenswertes Feierabenderlebnis.“ (S. 19)
Sascha Nebel will gerade einen SUV klauen, als eine extrem wütende Frau mit einem Baseballschläger auf den Wagen eindrischt. Und es wird noch schlimmer. Von hinten kommt eine „Fridays for Future“ Demo auf das Auto zu und von vorn die Polizei. Die Frau, Sascha nennt sie für sich „Wilma“ (frei nach Fred Feuerstein), lässt den Schläger fallen und flieht, und Sascha rennt hinterher.
Wenn er gewusst hätte, dass ihre Flucht auf dem schrägsten Elternabend aller Zeiten endet, hätte er sich sicher freiwillig gestellt. So aber finden er und Wilma sich plötzlich an kleinen Tische auf winzigen Stühlen inmitten völlig Fremder wieder und müssen die Eltern des 11jährigen Hector mimen, DEM Problemkind der Klasse 5b. Während sie noch verzweifelt versuchen herauszubekommen, welche Berufe ihre Alter Egos eigentlich ausüben und was Hector getan haben soll, braut sich das Unheil über ihnen zusammen. Zum einen suchen die Polizei und der Besitzer des zerstörten Wagens nach ihnen und zum anderen kochte die Wut der anderen Eltern immer höher.

Wie schon in „Der letzte erste Tag“ hat mich Sebastian Fitzek zum Lachen und fast auch zum Weinen gebracht, denn die Geschichte geht viel tiefer, als der Klappentext und das Cover ahnen lassen.

Sascha ist ein Kleinkrimineller mit der Seele eines verstörten Kindes und dem Wissen eines Psychologen im Körper eines brutalen Boxers. Bis vor wenigen Jahren war ein kreuzbraver Werbetexter, doch dann hat sich sein Leben radikal geändert.
Wilma gibt nichts von sich preis, arrangiert sich aber erstaunlich gut mit der Situation und steigert sich so in die Rolle als seine Frau rein, dass sie sogar einen handfesten Ehestreit anzettelt.

Sebastian Fitzek schildert zum Teil sehr absurde Situationen, bei denen man trotzdem denkt, dass er sich die nicht ausgedacht haben kann. Und auch bei den Schülereltern hat man das Gefühl, dass man ihnen (leider) schon mal begegnet ist. Ein weiteres Highlight sind die beiden Polizisten, über die ich hier nicht zu viel verraten will – nur so viel vielleicht: auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.
Außerdem merkt man dem Buch an, dass er sonst Thriller schreibt. Bis zuletzt weiß man nicht alles über die Hinter- und Beweggründe seiner Protagonisten und fiebert mit ihnen mit.

„Elternabend“ ist ein sehr spannendes und unterhaltsames Buch mit einem ernsten, berührenden Hintergrund. Ich hoffe, Tatjana Kruse ist mir nicht böse, dass ich dem Buch das Prädikat „Krimödie“ verleihe. Lesehighlight.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2023
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Der große Coup des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.1


ausgezeichnet

Trésor d’Or

„Port Grimaud kam Guillaume Lipaire manchmal weniger wie eine Stadt vor, die man ins Wasser gebaut hatte, sondern eher wie Wasser, in das ein bisschen Stadt gestreut worden war.“ (S. 5) Als er noch Wilhelm Liebherr hieß und mehrere Apotheken besaß, träumte Guillaume von einem geruhsamen Lebensabend in einer kleinen Villa des malerischen südfranzösischen Küstenörtchens, doch jetzt lebt er hier in einer winzigen Schuhschachtel und betreut als Guardien verschiedene Feriendomizile. Und verdient sich was dazu, indem er diese heimlich vermietet, wenn die Eigentümer nicht da sind. Aber er ist nicht der einzige Gauner in Port Grimaud.
Der Wassertaxifahrer Karim Petitbon stammt aus armen Verhältnissen und träumt von einer eigenen Jacht, also erledigt nebenbei gut bezahlte „Spezialaufträge“ und legt jeden Cent zurück.
Delphine Berté betreibt den einzigen Handyladen im Ort und findet immer wieder Möglichkeiten, ihren Kunden mehr als nur die Reparaturkosten für ihre Geräte abzuknöpfen.
Paul Quenot war früher bei der Fremdenlegion. Jetzt arbeitet er als Gärtner und züchtet neben Rosen noch ein ganz besonderes Gewächs, an dem er und die Eisverkäuferin Jaqueline Venturino gut verdienten.
Und dann ist da noch Lizzy Schindler. Die 84jährige macht keinen Hehl aus ihren diversen Männerbekanntschaften und den vielen Geheimnissen, die sie durch ihr langes Jetset-Leben kennt.

Als Guillaume den Hinweis auf einen Trésor d’Or (Schatz) findet, schmiedet er einen Plan, wie er an das ganz große Geld kommt. Dumm nur, dass er den nicht allein durchziehen kann und so nach und nach die anderen Kleinkriminellen mit ins Boot holen muss. „Das könnte der Coup unseres Lebens werden. Ich hab’s im Urin, wenn’s wirklich um was es geht.“ (S. 121)

Das Autorenduo Volker Klüpfel und Michael Kobr hat sich aus dem Allgäu an die Côte d’Azur gewagt und seine Sache sehr gut gemacht. Der Krimi um die charmanten Gauner ist nicht nur spannend, sondern auch sehr witzig und unterhaltsam und lässt einen beim Lesen vom Mittelmeer träumen.

Vom ersten Hinweis ausgehend, sucht Guillaumes bunt gemischte Truppe nach weiteren und durchkämmt wie bei einer Schnitzeljagd Port Grimaud und die nähere Umgebung. Dabei kommen ihnen ihre verschiedenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu Gute und sie werden trotz diverser Eifersüchteleien und Streitereien am Ende sogar echte Freunde. „Immer für alles eine Lösung, was?“ „Klar, man darf das Leben nicht zu ernst nehmen.“ (S. 54)
Allerdings ist ihnen die adelige Familie dicht auf den Fersen, denen der Schatz nach deren Ansicht nach eigentlich gehört, und die dafür zur Not auch über Leichen gehen würde …

„Die Unverbesserlichen – Der große Coup des Monsieur Lipaire“ ist eine Hommage an Louis de Funès und wunderbares Kopfkino – ich hoffe, das Buch wird verfilmt. Ich habe nämlich zu jeder Figur schon eine Schauspielerin bzw. einen Schauspieler im Kopf und würde gern sehen, wie die Pläne der kleinen Gauner immer wieder schiefgehen und sie ihre Fehler auf sehr amüsante Art und Weise ausbügeln.

Bewertung vom 16.05.2023
Gill, Sasha

Asiatisch vegan


sehr gut

Vielfältige asiatische Gerichte, vegan umgesetzt

Ich liebe die asiatische Küche und koche oft und gern vegan, darum war ich auf das Kochbuch auch sehr neugierig. Die Aufmachung ist hochwertig und die Rezepte, aufgegliedert in „Indien“, „Thailand“, „Singapur und Malaysia“, „China“ und „Japan“, werden durch sehr ansprechende Fotos präsentiert.

Los geht es mit einem Blick in den der asiatische Vorratsschrank und Grundrezepte bzw. -techniken, wie z.B. ein Tofuersatz aus Kichererbsenmehl oder gepresster Reis und verschiedenen Soßen. Dadurch ist das Buch theoretisch auch für Kochanfänger geeignet, wenn sie sich von den zum Teil doch sehr zeit- und materialaufwändigen Rezepten nicht abschrecken lassen. Denn obwohl Sasha Gill für ihre Rezepte und das Buch damit wirbt, dass die meisten wenig Zeit und Zutaten benötigt, findet man kaum ein Gericht mit weniger als 15 Zutaten, meist sind es sogar noch mehr. Allerdings sind das hauptsächlich Gewürze und Soßen, ich hatte mir mehr frisches Obst und Gemüse erhofft. Zudem sind sich einige Rezepte sehr ähnlich und unterscheiden sich wie z.B. der Mapo- und der Teriyaki-Tofu nur durch die verwendete Soße. Außerdem hat mich etwas gestört, dass oft auf getrockneten Ingwer und Knoblauch zurückgegriffen wird, wo man doch heute frischen in jedem Supermarkt kaufen kann.

Aber bittet lasst Euch von meinen kleinen Kritikpunkten nicht abschrecken, das Buch bietet wirklich vielfältige asiatische Gerichte, die man bei Bedarf mit etwas mehr Obst und Gemüse oder frische Gewürze aufpeppen kann.