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Aischa

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Insgesamt 572 Bewertungen
Bewertung vom 05.03.2021
Spratte, Annette

Die Kannenbäckerin


sehr gut

Der Klappentext verspricht die Geschichte einer jungen Waisen, die während des 30jährigen Krieges das Töpferhandwerk erlernt. Beide Thematiken, das Handwerk wie der Krieg, interessierten mich sehr. Und die Kannenbäckerei, wie das Töpfern im südlichen Westerwald genannt wurde, nimmt auch breiten Raum in der Erzählung ein. Anschaulich und spannend zeichnet Autorin Annette Spratte den Lebensweg der jungen Waisen Johanna. Dass sich diese als Junge ausgibt ist nicht unbedingt sonderlich originell, aber gut und glaubhaft geschrieben. Etwas mehr Hintergrundinfos hätte ich mir jedoch zum Krieg gewünscht. Zwar erfährt man wieviel Angst und Leid die brandschatzenden, plündernden und vergewaltigenden Soldatentrupps bei der Landbevölkerung verursachten. Doch wer die Kriegsgegner waren und was überhaupt zu den Auseinandersetzungen geführt hatte bleibt leider völlig im Dunkeln. Auch die große Epidemie der Epoche, die Pest, kommt mir etwas zu kurz. Johanna verliert Eltern und alle Geschwister an den schwarzen Tod und muss aus ihrem Dorf fliehen, danach scheint diese Krankheit aber im Alltag der Menschen kaum eine Rolle zu spielen, dies ist nicht ganz stimmig.

Dafür erfährt der Leser einiges über die Stellung der Frau Anfang des 17. Jahrhunderts, über Hexenprozesse und auch darüber, dass eine Heirat aus Liebe zur damaligen Zeit die große Ausnahme darstellte.

Spratte schreibt unterhaltsam und berührend, ohne rührselig zu werden. Ihre Figuren wirken glaubhaft und entwickeln sich. Oft täuscht der erste Eindruck, wie im wahren Leben auch. Ein klein wenig gestört hat mich, dass der christliche Glaube der Protagonistin einen unerwartet großen Raum in der Geschichte einnimmt. Denn dies wird einerseits im Klappentext mit keinem Wort erwähnt, und andererseits wirkt es an mancher Stelle etwas missionarisch auf mich. So als ob die - tief gläubige - Autorin den ein oder anderen Leser ans Christentum heranführen möchte. Das ist durchaus legitim, sollte aber erkennbar sein, bevor man eine Kaufentscheidung über das Buch trifft.

Dennoch bietet die Kannenbäckerin spannende Lektüre. Es ist gut gemachte Unterhaltungsliteratur, die ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 28.02.2021
Brodnig, Ingrid

Einspruch!


gut

Das Cover dieses Ratgebers kommt etwas reißerisch daher, es verspricht "Strategien und Tipps", um Verschwörungsmythen und Fake News kontern zu können.

Doch fühle ich mich nach der Lektüre argumentativ gewappneter, um mit QAnon-Anhängern oder Impfgegnern zu diskutieren? Ehrlich gesagt nein, oder bestenfalls ein wenig.

Zwar erklärt Autorin Ingrid Brodnig anschaulich, was Verschwörungserzählungen so anziehend macht und dass niemand davor gefeit ist, manipuliert zu werden. Man erfährt viel über die Bedeutung von Emotionen in der Kommunikation, und Brodnig übt Kriktik daran, dass die großen Internet-Plattformen ihre Algorithmen nicht offenlegen, denn somit ist unabhängige Forschung dazu, wie Social Media unsere Meinungen beeinflussen, leider kaum möglich. Die Sprache ist - abgesehen von einigen überflüssigen Fachbegriffen - gut verständlich, Brodnig argumentiert schlüssig und gibt zitierte Quellen an. Dies alles hilft mir zwar dabei, zu verstehen, wie aus einem guten Freund nach und nach ein Attila-Hildmann-Verschnitt werden konnte. Doch wie ich dessen schräge Ansichten ändern kann, wie es mir gelingen soll, dass jemand Falschmeldungen auch als solche erkennt, das kommt leider in dem Buch zu kurz. Praktische Tipps machen nicht mehr als ein Viertel des Ratgebers aus, hier hatte ich mehr erwartet. Vor allem auch mehr Beispiele, Übungen etc.

Gut gefallen mir hingegen die comicartigen Illustrationen von Marie-Pascale Gafinen.

Das Buch hilft dabei, zu verstehen wie jemand dazu kommen kann, an Verschwörungserzählungen zu glauben. Für mehr reicht es meiner Meinung nach jedoch nicht.

Bewertung vom 24.02.2021
Ziebula, Thomas

Abels Auferstehung / Paul Stainer Bd.2


ausgezeichnet

Nachdem ich von "Der Rote Judas" vollauf begeistert war, hatte ich hohe Erwartungen an den zweiten Band rund um Kriminalinspektor Paul Stainer. Und Autor Thomas Ziebula hat mich auch diesmal nicht enttäuscht. Das Buch knüpft zeitlich direkt an den Vorgänger an, und schon nach wenigen Seiten erinnerte ich mich an die bereits bekannten Protagonisten, an Stainers Kriegsneurose und die Ermordung seiner Frau.

Das ist weniger meinem (eher unterdurchschnittlichen) Gedächtnis zuzuschreiben, als vielmehr der Kunst Ziebulas, seine Figuren und deren Handlungen äußerst ausdrucksstark zu schildern. Als Leser glaubt man sich umgehend ins Leipzig im Jahre 1920 zurückversetzt, ohne dies je selbst erlebt zu haben. Dabei hilft auch die hochwertige Ausstattung des Hardcovers, denn auf Vor- und Nachsatz ist ein historischer Stadtplan der Sachsenmetropole abgebildet.

Der Roman ist spannend, unterhaltsam, fesselnd, ein 1A-Krimi und darüber hinaus zugleich ein Sittengemälde der Nachkriegsjahre, die auf den ersten Weltkrieg folgten. Die Geschichte erzählt nicht nur die polizeilichen Ermittlungen, die auf die Morde folgten, sonder auch davon, wie Frauen urplötzlich ihre Jobs und somit auch Lebensgrundlage verloren, weil man sang- und klanglos statt ihrer Kriegsheimkehrer einstellte. Auch die politische Spaltung Deutschlands wird geschildert - vielleicht etwas weniger ausführlich als im ersten Band. Dafür bekommt man Einblick in studentische schlagende Verbindungen und journalistisches Arbeiten.

Besonders gut gefällt mir, wie akribisch Ziebula recherchiert. Dies schlägt sich zum Beispiel in der korrekten Wiedergabe der damaligen Tageslosungen der Herrnhuter Brüdergemeinde nieder, oder auch in der detailverliebten Schilderung der Interieurs historischer Cafés und Kneipen in Leipzig. Dies macht für mich einen Teil der Charmes dieses Romans aus und trägt erheblich zur Authentizität bei.

Auch sprachlich punktet "Abels Auferstehung": Glaubhafte Dialoge und ein den Figuren auf den Leib geschneiderter Duktus sind ganz nach meinem Geschmack. Kurze Fragmente aus dem anonymen Geständnis des Täters durchbrechen die ansonsten chronologische Erzählperspektive und bringen zusätzlich Abwechslung und Spannung.

Ein großer Lesegenuss; ich warte bereits jetzt ungeduldig auf Fortsetzung!

Bewertung vom 24.02.2021
Mayer, Gina

Die Schwimmerin


ausgezeichnet

Bestsellerautorin Gina Mayer erzählt von einem berührenden und zugleich Mut machenden Frauenschicksal. Protagonistin Betty wächst im zertrümmerten Nachkriegsdeutschland auf. Zerstört sind nicht nur die Städte, sondern auch Bettys Familie ist kaputt, der Vater tot, die Mutter darüber verzweifelt und kaum noch lebensfähig, doch Betty kämpft sich trotz mangelnder Unterstützung seitens ihrer Mutter tapfer durch. Bis sie eine traumatisierende Zeit in einem Heim erleben muss.

Jahre später versucht sie einen Neuanfang, sie will die Schatten ihrer Vergangenheit mit aller Gewalt abschütteln - kann dies gelingen? Was definitiv gelungen ist, ist der Aufbau des Romans. Er nimmt sich vieler schwerwiegender Themen an: des zivilen Widerstands gegen die Nationalsozialisten, des unfassbaren Schreckens der letzten Kriegsjahre, dem Aufbau der jungen Bundesrepublik mit alten Nazis, Fehlern, die in der Heimerziehung gemacht wurden oder auch der Frage, wie viel Ehrlichkeit eine Ehe verträgt. Und doch wirkt die Geschichte an keiner Stelle überfrachtet.

Die beiden Zeitstränge, die im Abstand von rund 20 Jahren spielen, bringen Spannung in die Erzählung. Sehr sympathisch und authentisch wirkt es, wenn die Autorin ihren Figuren lokalen Dialekt in den Mund legt.

Bettys Schicksal - leider kein Einzelschicksal - hat mich sehr berührt, ich habe mit ihr mitgefühlt und gelitten und dabei einiges über die dunkle deutsche Vergangenheit gelernt, die mitnichten mit dem Ende des Naziregimes vorbei war, sondern noch weit in die Wirtschaftswunderzeit hinein reichte.

Bewertung vom 24.02.2021

Mordsmäßig Münchnerisch


ausgezeichnet

Zwanzig kleine Leckerbissen präsentiert Herausgeberin Ingrid Werner in dieser Anthologie mit Münchner Stadtteilkrimis. Nein, genaugenommen sind es vierzig kleine Häppchen, denn zu jeder Kurzgeschichte gibt es quasi als Nachtisch noch ein einfach nachzukochendes Rezept eines bayerischen Gerichts, das im jeweiligen Krimi erwähnt wird. Ob Fleischpflanzerl, Steckerlfisch, Hollerküchl oder Leberknödelsuppe - der geneigte Leser kann nach der Lektüre seinen heimischen Speiseplan um bayerische Klassiker erweitern.

Die Kriminalgeschichten sind so unterschiedlich wie die AutorInnen. Es werden Morde aus Eifersucht oder aus Rache verübt, es wird geschossen, erdolcht und in Beton gegossen. Ein gemeinsamer Nenner - neben dem Tatort München - sind hingegen die überaus liebenswerten Protagonisten. Ob es das Handtaschen-Nannerl, eine "jahrelang unentdeckte Fachkraft für Wohnungseinbrüche" oder der untergetauchte "Graf Porno" ist, ein ehemaliger Produzent von Lederhosen-Sexfilmchen, irgendwie schaffen es die Autoren, dass ich für fast jeden der kleinen und auch größeren Verbrecher Sympathien entwickelte. Die Storys sind unterhaltsam, jedoch nicht oberflächlich. Gute Charakterstudien sind ebenso enthalten wie Sozialkritik. Anhand weniger Seiten wird nicht nur der Kriminalfall geschildert, sondern auch skizziert, wie es dazu kommen konnte.

Auch die Ausstattung des Paperbacks lässt nichts zu wünschen übrig: In einem schematischen Stadtplan sind die Stadteile eingezeichnet, in denen die jeweiligen Tatorte liegen und als Anhang gibt es Kurzbiografien der Autoren und Autorinnen. Die abgerundeten Ecken machen das Buch zum perfekten Zeitvertreib für unterwegs, denn sie sind robust und stoßen sich praktisch nicht ab.

Fazit: Kleine Geschichten, große Schreibkunst, gewürzt mit charmantem Lokalkolorit der wunderschönen Isarmetropole. Als Zugabe gibt es noch Rezepte bayerischer Schmankerl - mehr geht nicht!

Bewertung vom 19.02.2021
Rose, Tarik;Riedl, Matthias

Iss besser


sehr gut

Ich kenne die NDR-Kochsendung nicht, auf der dieses Buch basiert, und auch ansonsten habe ich noch nicht von den beiden Autoren gehört: Profikoch Tarik Rose und Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl. Und dennoch hätte ich auf die sehr umfangreiche Vorstellung der beiden zu Beginn dieses Kochbuchs verzichten können. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Hilfreich sind hingegen die knapp formulierten Infos zu den sogenannten "Küchenlieblingen", zehn ausgewählten gesunden Lebensmitteln. Auch die Fachbegriffe zu gesunder Ernährung werden verständlich erklärt, und einfach umzusetzende Gesundheitstipps runden die Einleitung ab.

Die über 60 Rezepte sind in fünf Kapitel gegliedert (Vorspeisen, Vegetarisches, Fisch, Fleisch und Desserts) und sehr übersichtlich und ansprechend präsentiert. Personenanzahl, Nährwertangaben, je ein ganzseitiges Foto und Tipps vom Küchenprofi oder Ernährungsdoc erleichtern das Nachkochen. Statt der Icons, die angeben, ob das Gericht besonders eiweiß-, ballaststoff- oder vitaminreich ist, hätte ich Angaben zur Zubereitungsdauer hilfreicher gefunden.

Ein Saisonkalender zu Gemüsen und Salaten und ein hervorragendes Rezept- und Stichwortverzeichnis runden das Buch ab.

Alle von mir bisher getesteten Rezepte waren unkompliziert zuzubereiten und haben ausgezeichnet geschmeckt. Die Gerichte überzeugen mit wenigen Zutaten in origineller Kombination, mit frischen Kräutern und pfiffigen Gewürzen.

Das Buch bringt gesunde Abwechslung auf den heimischen Speiseplan, ich kann es wirklich empfehlen.

Bewertung vom 19.02.2021
Reichold, Klaus

Warum Bayern ein orientalisches Land ist und andere weiß-blaue Wahrheiten


ausgezeichnet

Sie sind ein "Zuagroaster", ein "Preiß", der frisch ins größte deutsche Bundesland gezogen ist und möchten sich im Selbststudium das Wichtigste über ihre bayerische Wahlheimat aneignen? Oder Sie sind gebürtiger Bajuware und wollen ihren Besuchern von jenseits des Weißwurst-Äquators mit originellen historischen Anekdoten unterhalten?

Dann ist dieses liebevoll gestaltete Hardcover des Historikers Klaus Reichold die perfekte Hilfestellung für Sie: Kurzweilig, pointiert und voller überraschender Details galoppiert der Autor durch die bayerischen Lande. Er erzählt von Herzog Max, der seinen Namen in den Tempel von Abu Simbel ritzte, oder dass die Statue der Bavaria am Rand der Münchner Theresienwiese aus eingeschmolzenen türkischen Kanonen gegossen wurde. Neben kuriosen Fun Facts bekommt der Leser auch noch etwas Nachhilfe in bayerischer Mundart.

Reichold schreibt kurzweilig, äußerst unterhaltsam und stets mit einem Augenzwinkern, gerade so, als ob er nicht nur die Geschichte, sondern auch sich selbst nicht "bierernst" nimmt.

Ich habe viel gelacht, noch mehr gelernt und kann dieses bajuwarisch-literarische Kleinod nur wärmstens empfehlen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.02.2021
Pesarini, Eileen

NATURAL SWEETS - das Backbuch


gut

Eileen Pesarini, bekannt durch die Schoko-Nussriegel "Lini´s Bites", hat ihr erstes Backbuch verfasst. Rein optisch gibt es nichts auszusetzen: "Natural Sweets" ist ein modernes, hochwertiges Hardcover, das durch klare Struktur und sehr ansprechende großformatige Fotos besticht.

Leider setzt sich der positive Eindruck für mich nach dem Test einiger Rezepte nicht durchweg fort. Fairerweise muss ich natürlich sagen, dass die Bewertung eines Backbuchs immer auch Geschmackssache ist, in sehr viel größerem Maße als etwa bei Romanen.

Aber hier gab es Kekse, die nach dem Backen noch ganz klebrig waren, Teig, der mit den angegebenen Mengen einfach viel zu feucht war, um ihn wie beschrieben zu einer Rolle zu formen und "Sweets", die für meinen Gaumen definitiv viel zu süß geraten sind. Auch hält der Inhalt in meinen Augen nicht das, was der (Unter-)Titel verspricht: Natural Sweets - zuckerfrei. Da denke ich an Obstsalat, frische Früchte in verschiedenen Variationen. Obst kommt jedoch fast nur im Kuchen, als Marmelade oder getrocknet vor. Das ist zwar auch lecker, aber nicht ansatzweise so gesund wie frisches Obst, denn die meisten Vitamine gehen bei der Verarbeitung durch die Hitze verloren.

Und ein Rezept als zuckerfrei zu bezeichnen, weil kein raffinierter Zucker verwendet wurde, ist schlichtweg falsch. Weder der eingesetzte Kokosblütenzucker noch diverse Sirups lasse ich als gesunde Alternative gelten, sorry.

Für etliche Rezepte braucht man leider einen Food-Prozessor, mangels desselben konnte ich diese nicht testen.

Die über 100 Rezepte decken eine große Bandbreite ab, vom süßen Frühstück über Muffins, Kuchen, Snacks und Nachspeisen bis hin zur Weihnachtsbäckerei. Gerade Neuveganer oder Naschkatzen mit einer Glutenunverträglichkeit finden in diesem Buch sicher einige für sie passende Leckereien. Für mich reicht es leider nur für eine mittlere Bewertung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.02.2021
Saunter, Mick

Tief im Keller (eBook, ePUB)


sehr gut

Aufgemerkt - hier kommt frischer Wind ins Krimigenre!

Zugegeben: Der Anfang macht es einem nicht unbedingt leicht, dieses Buch zu mögen, die ersten Seiten nach dem Prolog ziehen sich ganz schön in die Länge. Aber wer durchhält, wird reichlich belohnt: Mick Saunter zeichnet seine Figuren mit Ecken und Kanten, fernab von Stereotypen lässt er ihnen Raum, sich zu entwickeln. Und dies macht die Story nicht nur glaubwürdig, sondern hält auch so manche Überraschung für den Leser bereit.

Major Manner vom LKA Salzburg hat nicht nur mit einem persönlichen Trauma, sondern im vorliegenden Fall auch noch mit den Widrigkeiten grenzübergreifender polizeilicher Ermittlungen zu kämpfen. Eine Spur führt ins Umfeld einer offenen Behinderteneinrichtung. Dieses Setting wird sehr präzise und authentisch geschildert, was nicht weiter verwundert, wenn man weiß, dass der Autor viele Jahre lang mit Menschen mit Behinderungen gearbeitet hat.

Es kommt keine Langeweile auf, hier ein wenig BDSM-Szene, dort eine Prise alpenländisches Brauchtum - ich fand die Mischung originell, spannend, interessant und vor allem anders als so viele gängige Krimis, die derzeit den Markt überschwemmen. Neben Spannung kann Sauters auch Humor: Bei einer geradezu slapstickartigen Szene habe ich schier Tränen gelacht.

Neben dem etwas langatmigen Einstieg gilt meine Kritik vor allem der miserablen Korrektur. Zahlreiche Fehler wurden von den gleich zwei Lektoren übersehen. Schade, dies störte meinen Lesegenuss erheblich und hat den ansonsten wirklich guten Roman einen Bewertungspunkt gekostet. Dennoch warte ich bereits jetzt voller Ungeduld auf die angekündigte Fortsetzung!

Bewertung vom 25.01.2021
Schmid, Eva-Isabel

Paracelsus - Auf der Suche nach der unsterblichen Seele


sehr gut

Basel im Jahre ... ja, in welchem Jahr eigentlich? Seltsamerweise taucht in keiner der 440 Seiten dieses historischen Romans über den Arzt und Naturphilosophen Theophrastus Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus, eine Jahreszahl auf. Auch eine Zeittafel, ein Glossar oder ein Personenregister, eigentlich Standard in vergleichbaren Büchern, sucht man vergebens. Und so muss, wer nicht entsprechend geschichtlich bewandert ist, die Hintergrundinfos mühsam selbst recherchieren, schade.

Davon abgesehen ist Eva-Isabel Schmid, selbst praktizierende Hausärztin, mit diesem Erstlingswerk eine spannende, überzeugende Geschichte gelungen. Besonders angetan haben es mir die Beschreibungen des damaligen Stands der Medizin und deren Verflechtung mit der Theologie. Aber auch die Geschichte der Stadt Basel wird sehr unterhaltsam dargestellt. Die Protagonisten, allen voran Paracelsus und seine Freunde, erfahren eine nachvollziehbare Entwicklung, die Kapitel rücken abwechselnd verschiedene der Hauptfiguren in den Mittelpunkt und sorgen dadurch für Abwechslung und Spannung. Interessanterweise ist der titelgebende Protagonist nicht unbedingt ein großer Sympathieträger, der seine Leidenschaft für die Medizin oft über alles andere stellt.

Ich hatte nicht so viel okkultistische Mythologie erwartet; Hexen, Dämonen und Zauberer sind nicht so wirklich mein Ding. Allerdings passt es zugegebenermaßen in die Zeit, und letztlich war Paracelsus ja auch Alchemist.

Auch sprachlich habe ich ein paar kleine Kritikpunkte: Manche Dialoge der Freunde wollen so gar zum damaligen Sprachduktus passen und das mehrfach erwähnte Bildungsbürgertum entstand in Europa erst im 18. Jahrhundert, dürfte also im Basel des jungen Paracelsus kaum als Begriff aufgetaucht sein.

Der große Cliffhanger am Ende funktioniert - ich warte voller Vorfreude und Spannung auf die Fortsetzung.