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allegra
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Insgesamt 295 Bewertungen
Bewertung vom 16.01.2012
Herrmann, Elisabeth

Zeugin der Toten / Judith Kepler Bd.1 (6 Audio-CDs)


gut

Judith Kepler hat einen interessanten Beruf. Sie ist eine „Cleanerin“. D.h. sie ist eine Putzfrau, die darauf spezialisiert ist, Tatorte so zu reinigen, dass die betreffenden Wohnungen wieder bewohnt werden können. Bei einem Auftrag, wo sie die Wohnung einer Frau reinigen muss, die auf blutige Weise umgebracht worden ist, kommt sie zufällig an ein Dokument, das sie mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert: Es handelt sich um ihre eigene Akte aus dem Kinderheim „Juri Gagarin“, in dem sie noch zur Zeit der DDR zehn Jahre ihrer Kindheit verbracht hat. Aufgewühlt durch viele Erinnerungen, die wieder hoch kommen, versucht sie sich auf die Spuren ihrer Familie zu begeben. Dabei erfährt sie, dass ihre Familie in den letzten Jahren vor der deutschen Wiedervereinigung in Spionage verwickelt war. Ihre Eltern wollten Adressen von Stasi-Mitarbeitern in der BRD gegen einen Pass eintauschen, mit dem sie die DDR verlassen und nach Schweden reisen wollten.

Mir fiel es relativ schwer den Ermittlungen immer zu folgen, da ich mich einerseits mit Hörbüchern manchmal etwas schwer tue und nicht immer alles beim ersten Mal mitbekommen. Erschwerend für mich war auch, dass sehr viele Abkürzungen gefallen sind, die mir nicht geläufig sind.

Da mir die Thematik BRD/DDR nicht sehr vertraut ist und ich sehr selten Spionageromane lese, war ich mit dem Inhalt teilweise überfordert. Ich fand die Handlungen sehr spannend und auch sehr berührend, glaube aber nicht, dass ich alles richtig nachvollziehen konnte.

Ich verstehe nicht, weshalb dieses Buch ins Genre der Krimis eingeteilt wird. Diese Einteilung und die Wahl des Berufs der Hauptfigur Judith haben bei mir die Erwartung geweckt, dass es sich um einen Krimi mit einem großen Anteil an forensicher Aufklärung handelt. Das ist eindeutig nicht der Fall, es handelt sich um einen Spionagethriller, aus der Zeit des kalten Krieges. Spannend, aber unerwartet.

Die Stimme von Nina Petri fand ich sehr angenehm. Sie liest sehr ruhig und sachlich, das Hörbuch kommt ohne Geräuschkulisse oder Musik aus.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.01.2012
Schier, Petra

Die Gewürzhändlerin


sehr gut

Der Roman „Die Gewürzhändlerin“ von Petra Schier ist der Folgeroman von „Die Eifelgräfin“, erschienen im Jahr 2009 ebenfalls im rororo Verlag. Er erzählt eine in sich abgeschlossene Geschichte, so dass die Bände unabhängig voneinander gelesen werden können.
Die junge Bauerntochter Luzia und ihr Bruder Anton leben im Haushalt von Elisabeth von Manten. Luzia ist deren Leibmagd und enge Freundin. Die Familie verbringt den Winter in Koblenz, wo Graf Johann von Manten ein Stadthaus erworben hat.
Durch die anschaulichen Beschreibungen erhält der Leser ein sehr genaues Bild von Koblenz um 1350. Da die Geschichte im Umfeld des Wein- und Gewürzhändlers Martin Wied spielt, wird vor allem die Welt der Kaufleute und Händler vor dem inneren Auge zum Leben erweckt.
Die Familien von Elisabeth, Luzia und Martin Wied sind miteinander verbunden durch eine alte und machtvolle Reliquie in der Form eines silbernen Kreuzes. Sie sind zu gegenseitiger Hilfe verpflichtet. Als Martin in wirtschaftliche Schieflage gerät, holt er sich deshalb Luzia ins Haus, die ihm beim Gewürzhandel auf dem Koblenzer Markt hilft und so zur Gewürzhändlerin ausgebildet wird. Da Luzia von Elisabeth schreiben gelernt hat und sogar rechnen kann, ist es ihr möglich, diese Aufgabe mit großem Erfolg zu erfüllen. Martin und Luzia kommen sich mit der Zeit näher.

Die sprachliche Ausdrucksweise hat mir sehr gut gefallen. Das Buch lässt sich sehr flüssig lesen. Die passende Wortwahl und der bildhafte Schreibstil der Autorin macht es einem leicht, sehr schnell ins mittelalterliche Koblenz der Händler einzutauchen. Die historische Karte vorne im Buch ergänzt durch ein ausführliches Personenverzeichnis erleichtert die Orientierung vor allem anfangs sehr. Die Hauptpersonen sind fiktiv, es kommen zwar sehr viele historisch verbürgte Personen im Roman vor, allerdings spielen die mit Ausnahme von Clarissa von Ders eine sehr untergeordnete Rolle. Meist bleibt es bei einer Erwähnung.
Das Ständebewusstsein war zu der Zeit noch sehr ausgeprägt. Luzia muss ihre bäuerliche Herkunft verleugnen, weil es sich sonst für Elisabeth nicht ziemen würde, sie als Leibmagd zu haben. Es war ebenfalls undenkbar, dass eine Bauerntochter lesen und rechnen lernt. Das wird im Buch immer wieder betont - für meinen Geschmack etwas zu häufig.

Das silberne Kreuz, das Luzia meistens um den Hals trägt, warnt sie vor gefährlichen Situationen durch vibrieren, summen und indem es sich erwärmt. Nachts unter ihrem Kissen bewirkt es, dass Luzia hellseherische Träume hat. Da ich derartige „Mystery-Elemente“ gar nicht mag, hat mich das vor allem am Anfang sehr gestört. Im Laufe der Geschichte tritt die Reliquie dann aber etwas in den Hintergrund zugunsten von Beschreibungen des Gewürzhandels und des Marktlebens, was mir sehr gut gefallen hat.

Das Cover finde ich sehr schön und bildet durch das kleine Medaillon mit dem Frauenbild eine Einheit mit dem Cover von „Die Eifelgräfin“. Allerdings passt der Ritter im Vordergrund nicht wirklich, da die Handlung dieses Bandes unter Kaufleuten spielt. Sehr schade finde ich, dass der Klappentext hinten auf dem Cover den Inhalt in sehr wesentlichen Zügen verrät. Den zweiten Abschnitt hätte man sich besser gespart.

Da diese Äußerlichkeiten meist marketingtechnische Gründe haben ziehe ich sie nicht in meine Bewertung mit ein und vergebe 4 Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.01.2012
Koschyk, Heike

Die Alchemie der Nacht


ausgezeichnet

Heike Koschyk hat es geschafft, mich mit diesem Roman zu verzaubern. Ich habe während der Lektüre des Buches geistig im Jena und in anderen deutschen Städten zur Zeit der Aufklärung geweilt. Es fiel mir sehr leicht, mich mit der fiktiven Hauptperson, der Apothekertochter Helene Steinhäuser, die an der Seite ihres Ehemannes des Mediziners Johann Vogt Umwälzungen in der Medizingeschichte miterlebt hat. Der größte Teil des Buches spielt in Jena. Das Leben im Umfeld der Universität ist geprägt von zahlreichen Studentenverbindungen, Landsmannschaften und Logen, die teilweise geprägt waren von mystischen Praktiken und gefährlichen Experimenten.

Vor der Aufklärung waren die Menschen zum großen Teil sehr abergläubig. Die medizinische Forschung sah sich vielen Vorurteilen gegenüber und führte einen dauernden Kampf gegen Quacksalber und Scharlatane.

Im Roman begegnen wir zahlreichen historischen Persönlichkeiten, unter anderem dem Arzt und Professor Christoph Wilhelm Hufeland sowie Samuel Hahnemann, der als Gründer der Homöopathie in die Medizingeschichte eingegangen ist. Sehr subtil und unaufdringlich erfährt man die Entstehungsgeschichte dieser Lehre die basiert auf der Idee, dass gleiches mit gleichem behandelt werden kann.
Neben den Theorien der Alchemie, vielen anschaulichen Beschreibungen des Apothekerhandwerks und den hygienischen Zuständen erfährt man auch ganz anschaulich, wie man mit Geisteskranken umgegangen ist.

Die einzelnen Kapitel tragen als Überschrift jeweils den Schauplatz und das Jahr, was zur Orientierung in der Geschichte sehr hilfreich is. Die Beschreibungen der Orte und Personen empfinde ich als sehr gelungen. Die Autorin hat stellenweise eine schaurige, unheimliche Spannung geschaffen. Sie schafft es dabei durchweg wissenschaftlich und sachlich zu bleiben und kommt gänzlich ohne „Mystery-Elemente“ aus, wie man es im Moment leider immer häufiger auch in historischen Romanen findet.

Vorne im Buch ist ein historischer Stadtplan abgedruckt, hinten befinden sich ein Glossar, interessante zeitgeschichtliche Informationen zu einigen historischen Persönlichkeiten und ein kurzer Abriss über die Anfänge der Homöopathie.

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Es war nicht immer einfach zu lesen. Ich musste sowohl den Inhalten als auch dem geschichtlichen Kontext einiges an Aufmerksamkeit schenken. Es ist eindeutig kein schnelles Buch für zwischendurch, aber wenn man sich darauf einlässt, kann man sich damit wunderbar auf eine Zeitreise begeben durch ein Zeitalter, dass unsere heutige Kultur in allen Bereichen prägt.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.01.2012
Kernick, Simon

Fürchtet mich


sehr gut

„Fürchtet mich“ ist der zweite Teil der Serie um den Ex-Cop Dennis Milne, der die Seiten gewechselt hat und als Auftragskiller mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn, die Welt von wirklich bösartigen Gaunern befreit. Die Handlungen der bisherigen zwei Bände, „Gnadenlos“ und „Fürchtet mich“ sind in sich abgeschlossen und können voneinander unabhängig gelesen werden. Allerdings wird durch die Tatsache, dass Dennis Milne im vorliegenden Buch noch am Leben und auf den Philippinen untergetaucht ist, das Ende des ersten Bandes ein Stück weit vorweggenommen. Mehr wird aber nicht verraten, soweit ich das einschätzen kann. Im Idealfall ist natürlich wie immer zu empfehlen, die Reihenfolge einzuhalten.
Der dritte Teil der Serie trägt den Titel „Erlöst mich“ und erscheint im Mai 2012.

Der Einstieg in den Fall gelingt mühelos. In einer Rückblende wird im Prolog von einem Auftragsmord an einem Kinderschänder in Manila erzählt, durch den das Umfeld der weiteren Geschichte bereits etwas umrissen wird. Das Buch führt aus der Perspektive des Ich-Erzählers von den Philippinen ins winterlich, schmuddlige London, wo der Fall in einer rasanten Jagd praktisch im Alleingang von einem extrem widerstandsfähigen aber auch tragischen Helden gelöst wird.

Die Spannung bleibt über das ganze Buch hinweg konstant hoch, die Entwicklungen erfolgen Schlag auf Schlag und sind relativ unerwartet.
Die Beschreibungen der Handlungsorte sind gut gelungen. Sie sind nicht ausufernd und dennoch so, dass man sich die Stimmung an den Schauplätzen sehr gut vorstellen kann. Kernick ist zur Recherche für den ersten Teil auf die Philippinen gereist und ich denke, man spürt beim Lesen, dass er das Land lieben gelernt hat. Die Teile, die in London spielen sind relativ genau verortet, sodass man dem Plot praktisch auf dem Stadtplan folgen kann. Erinnerungen ans Brettspiel „Scotland Yard“ werden wach.

Die Handlung wird von zwei Hauptpersonen bestritten, die recht genau charakterisiert und beschrieben sind. Von den Nebenfiguren erhält man ein ausreichend genaues Bild, dass man sich die Geschehnisse vorstellen kann, wird jedoch nicht übermäßig mit Charakterstudien belastet, so dass das Buch mit seinen gut 440 Seiten sehr schnell gelesen werden kann. Die sehr flüssige sprachliche Ausdrucksweise und die Einteilung in überschaubare Kapitel tragen ebenfalls dazu bei, dass das Buch auch ein idealer Begleiter auf einer Reise sein kann, weil es einem nicht schwer fällt, für den Plot genügend Aufmerksamkeit aufzubringen.

Ich fühlte mich durch dieses Buch sehr gut unterhalten. Ich empfand es durchwegs als spannend, auch wenn ich mich mit den Figuren nicht wirklich identifizieren konnte. Stellenweise fließt sehr viel Blut, ich hätte mir da teilweise etwas mehr Mitgefühl mit den Opfern und Tiefgang im Umgang mit der Thematik gewünscht.

Fazit: Ein wirklich spannendes Buch, das man schnell mal nebenbei konsumieren kann, nicht mehr - aber auch nicht weniger.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.12.2011
Beto, Isabel

Die Bucht des grünen Mondes


gut

Der Roman ist neben Prolog und Epilog gegliedert in drei größere Abschnitte. Im ersten Teil lernt der Leser die Berliner Fabrikantentochter Amely kennen und begleitet sie von Berlin quer durch den tropischen Dschungel in die laute und schrille Stadt Manaus, die zur Blütezeit des Kolonialismus das „Paris der Tropen“ genannt wird. Die Autorin zeigt mit sehr bildhaften Beschreibungen die Schönheit und Intensität des tropischen Amazonasgebietes und im Kontrast dazu die Auswüchse einer unglaublichen Dekadenz der gehobenen Kreise, die sich durch den unermesslichen Reichtum der Kautschukbarone entwickelt hat. Amely spürt sehr schnell den Widerspruch von Sein und Schein. In der besseren Gesellschaft kommt es nur darauf an, seinen Reichtum durchaus auch aufdringlich zu präsentieren, während menschliche Werte eine unbedeutende Rolle spielen. Isabel Beto ist in diesem Teil des Buches sehr gesellschaftskritisch und zeigt die unwürdigen Lebensbedingungen der ärmeren Bevölkerung schonungslos auf, die im Dienste der Kautschukbarone ausgebeutet werden und ein Sklavendasein fristen.

Im Mittelteil des Romans werden wir entführt zu einem Indiostamm der im Dschungel im Einklang mit der Natur lebt. Aber auch da ist nicht alles erfreulich, manche Eigenheit oder mancher Ritus erscheint uns sehr brutal und auch unmenschlich. Im Nachwort schreibt Beto, dass die geschilderte Alltagskultur des fiktiven Stammes der Yayasacu dem Stamm der Yanomaninachempfunden ist mit nur wenigen Ergänzungen, die der schriftstellerischen Freiheit entspringen.
Dennoch hatte ich beim Lesen den Eindruck, dass dieser Indiostamm sämtliche Klischees erfüllt, die ich irgendwann mal über Indios aus dem Amazonas gehört oder gelesen habe. Das ist allerdings mein rein subjektives Empfinden.
Ich habe mich beim Lesen dieses Teiles etwas schwer getan. Einerseits empfand ich viele Abschnitte als sehr langatmig aufgrund ausschweifenden „Liebesgesäusels“, andererseits war mir manches einfach zu abgefahren.

Im dritten Teil kehrt Amely zu ihrem Ehemann „in die Zivilisation“ zurück. Leider konnte dieser Teil nicht mehr an die Glaubwürdigkeit und die Atmosphäre des ersten Teils anknüpfen. Die Dialoge wirkten für mich aufgesetzt und unnatürlich. Das für Amely und ihre große Liebe glückliche Ende konnte mich nicht wirklich überzeugen.

Sprachlich hat mir der Roman sehr gut gefallen. Er ist angenehm flüssig und abwechslungsreich geschrieben. Manchmal schockiert die Autorin mit Ausdrücken wie „Neger“ und „Wilde“, andererseits beschwört sie fast märchenhafte Bilder herauf, die aber gleich wieder kontrastieren mit Gewalt und Brutalität. Mit sehr viel Sorgfalt wird eine Geräuschkulisse aufgebaut. So meint man im Hintergrund Grillenzirpen oder Aras zu hören und fühlt förmlich das bedrohliche Rascheln im undurchdringlichen Unterholz.

Die Charakterisierung der Personen hat mir leider weniger gut gefallen. Amely macht zwar durchaus eine Entwicklung durch, sie blieb mir aber bis zum Schluss unnahbar und ich fand ihr Handeln teilweise nicht nachvollziehbar. Das gleiche gilt für die männlichen Protagonisten, die für mich mit Ausnahme meines Lieblingscharakters, des Herrn Oliveira, zu eindeutig auf der Schwarz/Weiß Skala einzuordnen sind.

Obwohl ich mich nach dem ersten Drittel etwas durch dieses Buch durchkämpfen musste, haben mir einzelne Aspekte sehr gut gefallen. Mir wurde ein weiterer Mosaikstein der deutschen Kolonialgeschichte eindrücklich näher gebracht. Ich habe auch viel gelernt über die Geschichte des Kautschuks, die sich in unseren Breitengraden direkt auf die Automobilindustrie auswirkte.
Einen Extrapunkt gibt es für die gesellschaftskritischen Aspekte, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Ich sehe bei der ausbeuterischen Gewinnung des Rohkautschuks durchaus Parallelen zu heutigen menschenunwürdigen Zuständen in Coltan-Minen im Kongo, bei der Produktion von Billigkleidung in Asien und in manch anderem Bereich.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.12.2011
Henneberg, Marion

Das Amulett der Wölfin


sehr gut

Im Roman „Das Amulett der Wölfin“ erzählt Marion Henneberg die Geschichte der jungen Adolana, einer fiktiven Figur, die durch ihre Liebe zum geheimnisvollen Ritter Berengar zwischen die Fronten der Welfen und Staufer gerät. Eingebettet in die historisch bewegende Zeit zwischen 1133 und 1140 erlebt der Leser sowohl mittelalterliches Leben bei Hofe als auch Belagerungen, Schlachtszenen und viel Freundschaft und Liebe. Die wichtigste historisch verbürgte Person im Roman ist Richenza, die Frau Lothar III von Süpplingenburg, der jedes Mittel recht ist, wenn es um das Wohl ihrer Familie und den Erhalt ihres Geschlechts geht. Ebenso begegnet man eher am Rande vielen wichtigen Personen wie den Staufern Konrad III sowie Friedrich II aus dessen Ehe mit der Welfentochter Judith Friedrich Barbarossa hervorgeht. Der spielt aber in diesem Roman für einmal keine Rolle.

Die Beschreibungen der Wohngebäude sowie der Landschaften sind sehr anschaulich, Liebesszenen sind vorwiegend dezent beschrieben, was ich sehr angenehm empfinde. Ich konnte mir die wichtigsten Personen gut vorstellen und ihre Handlungen meist nachvollziehen.

Vom Sprachstil her hat mir das Buch ausgezeichnet gefallen. Die verschiedenen Handlungsstränge und Schauplätze sind immer klar voneinander abgesetzt.
Da meine historischen Kenntnisse aus dieser Zeit jedoch etwas dürftig sind, hatte ich einige Mühe mit dem Verständnis. Vor allem in der ersten Hälfte war ich oft nicht sicher, wer jetzt zu wem gehört, weil unheimlich viele historische Fakten im Buch miteinander verwebt sind.

Als Ergänzung befindet sich vorne im Buch eine Stammtafel mit den wichtigsten Welfen und Staufern und hinten eine chronologische Auflistung der historischen Ereignisse. Das war zwar hilfreich, allerdings hätte ich mir ein ausführlicheres Personenverzeichnis gewünscht, aus dem die Zugehörigkeit ersichtlich ist, sowie ob es sich um eine fiktive oder historische Figur handelt. Ebenfalls etwas vermisst hatte ich eine historische Karte.

Für mich war das Buch recht anspruchsvoll, dennoch oder gerade deswegen, habe ich sehr viel davon profitiert. Durch meine unterstützenden Recherchen ist mir die Herkunft Friedrich Barbarossas nun nicht mehr schleierhaft und ich bin um eine herrliche Geschichte aus Baden-Württemberg reicher: Im nächsten Sommer werde ich bestimmt mal einen Ausflug nach Weinsberg machen und mir den Schauplatz der wunderbaren Geschichte um die Burg Weibertreu anzuschauen.

5 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.12.2011
Fey, Stephanie

Die Gesichtslosen / Carina Kyreleis Bd.1


sehr gut

Der Thriller setzt ein mit der Rückkehr von Carina Kyreleis aus Mexiko in ihre Heimatstadt München. Er ist eingeteilt in die ersten 7 Tage nach ihrer Ankunft, eingerahmt von Prolog und Epilog, jeweils aus einem größeren zeitlichen Abstand. Die einzelnen Tage werden eingeleitet durch ein literarisches Zitat, das sich jeweils einen zentralen Aspekt des jeweiligen Abschnitts aufgreift, das man aber erst im Nachhinein wirklich verstehen kann. Es lohnt sich manchmal zurück zu blättern.

Die Geschichte spielt auf zwei verschiedenen Zeitebenen. Einmal wird in Rückblenden die Erlebnisse von Rosa erzählt, einer Sekretärin des bayrischen Innenministeriums die in den letzten Jahren der DDR einen so genannten Romeoagenten der Stasi mit brisanten Informationen versorgt. Dabei geht es um das bis heute ungeklärte Attentat auf Alfred Herrhausen, dem Chef der Deutschen Bank im November 1989.

In der Gegenwart wird uns Carinas Familie näher gebracht. Ihr Vater ist Polizeihauptkommissar in München und klärt den Fall eines Serientäters auf, der seinen Opfern das Gesicht abzieht. Da Carina Spezialistin für Gesichtsrekonstruktionen ist, packt ihr Vater die Gelegenheit beim Schopf, um mit seiner Tochter zusammen zu arbeiten.

Ich hatte den Thriller innerhalb weniger Tage durchgelesen. Für mich war er durchweg spannend, auch wenn mir der absolute Gänsehauteffekt dann doch etwas gefehlt hat. Die eingeführte Gerichtsmedizinerin als Ermittlerin zusammen mit ihrem Vater, dem granteligen, in persönlichen Gefühlsdingen fast etwas trotteligen Polizisten finde ich eine viel versprechende Konstellation für weitere Folgen. Obwohl, das Buch in München spielt, ist es keineswegs überfrachtet mit Lokalkolorit, was mir persönlich sehr entgegenkommt. Teilweise hätte ich mir sogar etwas mehr Erklärungen gewünscht. So musste ich mich erst etwas vertraut machen mit einigen Schauplätzen, z.B. der „Glyptothek“ und dem alten botanischen Garten. Ich hätte den Inhalt auch ohne Recherchen verstanden, ich finde es jedoch immer angenehm, wenn ich mit Hilfe von Bildern oder Beschreibungen etwas mehr von der Atmosphäre mitbekomme.
Dieser für mich erfrischend moderne Thriller ist sprachlich angenehm flüssig geschrieben. Die Ausdrucksweise hat auf mich teilweise etwas einfach gewirkt, dennoch ist das Buch durchwegs sauber formuliert. Der sorgfältig konstruierte Plot führt am Ende die einzelnen Erzählstränge zu einem für mich unerwarteten Ganzen zusammen, sodass die Spannung bis zuletzt da ist.
Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und bin auf ein spannendes zeitgeschichtliches Thema, der DDR-Spionage im Westen, aufmerksam gemacht worden.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.11.2011
Winkelmann, Andreas

Bleicher Tod


ausgezeichnet

Der Thriller „Bleicher Tod“ von Andreas Winkelmann hat mich gleich vom Prolog an bis zum Schluss gefesselt.

Das Ermittlerduo Nele Karminter und Anouschka Rossberg wurden bereits in "Tief im Wald und unter der Erde" eingeführt. Im Laufe dieses Thrillers wird immer wieder Bezug darauf genommen. Ich fand es für das Verständnis nicht störend, dass ich den ersten Teil der Serie nicht gelesen habe. Allerdings wäre es sicher von Vorteil, wenn man die Bände in der richtigen Reihenfolge lesen würde, da mir das Ergebnis des ersten nun vorweg genommen wurde.

In diesem Buch geht es um einen oder mehrere Täter, die junge Frauen entführen und auf grausame Weise langsam umbringen. Die Protagonisten und ihr Umfeld werden in einzelnen Handlungssträngen auf sehr klare Weise eingeführt. Durch immer schnellere Perspektivwechsel werden die einzelnen Stränge im Laufe des Geschehens miteinander verwoben und finden zu einem unerwarteten Ganzen. Dabei bleiben der oder die Täter bis zum Schluss unerkannt. Andreas Winkelmann beschreibt schonungslos, was der brutale Täter seinen Opfern angetan hat. Für schwache Nerven würde ich das Buch deshalb eher nicht empfehlen. Es fließt reichlich Blut, aber wesentlich beklemmender empfand ich die Ängste der jungen Frauen sowie die Ungewissheit der Ermittler und Angehörigen, die der Autor sehr eindrücklich zu vermitteln mag.

Die Charaktere im Buch empfinde ich als sehr glaubwürdig in ihren Handlungen. Sie zeigen Schwächen, aber auch Entwicklungen. Ebenfalls in der Beziehung von Nele und Anouschka lässt sich eine Entwicklung feststellen, die neugierig auf den nächsten Teil macht.

Das Buch ist inhaltlich keineswegs als seichte Lektüre zu verstehen. Unaufdringlich wird man mit Fragen konfrontiert, die einen durchaus mal innehalten und grübeln lassen: Häusliche Gewalt, problematische Eltern-Kind Beziehungen, Gefahren in den Medien sowie wirklich beklemmende Informationen über Erscheinungsbild und die Häufigkeit von Soziopathen. Dabei kommt das Buch keinesfalls moralisierend daher, sondern regt ganz subtil zum Denken an.

Ein Thriller mit klassischen Krimiqualitäten zum Mitraten. Bitte mehr davon!!

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.11.2011
Läckberg, Camilla

Meerjungfrau / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.6


sehr gut

In diesem Roman wendet sich Camilla Läckberg, im Gegensatz zu ihren früheren Bänden einem düstereren Stil zu, wie er für Krimis aus dem skandinavischen Raum typisch ist. Dennoch ist die Leichtigkeit aufgrund des Privatlebens des Ermittlerteams immer noch da, auch wenn diese Aspekte etwas zugunsten des eigentlichen Plots in den Hintergrund rücken.

Auf zwei zeitlichen Ebenen, die im Laufe der Entwicklungen mehr und mehr zusammen finden, wird die Geschichte von vier Freunden erzählt, die von ihrer Vergangenheit eingeholt werden. Drei davon sind zusammen in Fjällbacka aufgewachsen und der Bibliothekar Christian, der soeben seinen Debütroman veröffentlichte, hat den Freundeskreis später vervollständigt. Der Titel von Christians Buch heißt „Meerjungfrau“ und es von Anfang klar, dass dieses Buch oder die Figur der Meerjungfrau in der Geschichte eine Rolle spielen wird. Das Motiv „Wasser“ wird immer wieder aufgegriffen, sei es beim Baden am Strand, dem bedrohlich dargestellten Springturm von Fjällbacka und an manchen anderen Stellen, die ich an dieser Stelle nicht verraten möchte.

Aus verschiedenen Perspektiven kommt man den Hauptcharakteren auf der Opfer/Täterseite und ihren Familien schrittweise näher. Psychologisch sehr geschickt und subtil lässt Camilla Läckberg den Leser in die Psyche der Protagonisten schauen. Dazwischen sind, kursiv gedruckt, kurze Einschübe aus der Vergangenheit, die mir anfangs rätselhaft vorkamen, die aber immer mehr mit den aktuellen Geschehnissen in Verbindung traten.

Ich empfand den Krimi als sehr sorgfältig konstruiert, mit viel Liebe zum Detail, was die Ausarbeitung der Personen betrifft und am Ende als Ganzes abgerundet - selbstverständlich mit einem cliffhanger ausgestattet, so dass ich jetzt schon weiß, dass ich beim nächsten Band wieder dabei sein werde.

Der Roman ist aufgrund des ausgereiften Sprachstils der Autorin auf jeden Fall ein Gewinn. Inhaltlich lebt er von der Ungewissheit und der Spannung. Ich kann zukünftigen Lesern deshalb nur empfehlen, vorher nicht allzu viele ausschweifende Rezensionen zu lesen. Ich bin sicher, dass mir das Buch nicht halb so gut gefallen hätte, wenn ich die Richtung vorher gekannt hätte, die die Ermittlungen gegen Ende des Buches einschlägt.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.