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sommerlese
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Zu meinen Hobbies gehört Lesen einfach dazu. Meine Rezensionen erscheinen auch auf meinem Blog. Schaut doch bei Interesse mal rein! https://sommerlese.blogspot.com/
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Insgesamt 2785 Bewertungen
Bewertung vom 06.08.2024
Linke, Regina

Der kleine Hirtenjunge


sehr gut

Wunderschön illustrierte philosophische Lebensbetrachtung
Im Kösel Verlag erscheint "Der kleine Hirtenjunge", eine philosophische Erzählung von Regina Linke, die sie mit Illustrationen im Stil der traditionellen Gongbi-Malerei versehen hat.

"Manchmal braucht man nur ganz kleine Dinge tun. Und das kann alles verändern." Zitat S. 51

Ein kleiner Junge fühlt sich wie ein winziges Element in einer riesengroßen Welt. Doch dann entdeckt er mit seinen Freunden, dem Ochsen und dem Kaninchen, die wichtigen Dinge des Lebens. Diese Figuren stehen als Symbol für Taoismus, Buddhismus und Konfuzianismus und stellen die drei Säulen der chinesischen Philosophie dar. In Gesprächen tauschen sich die drei Hauptfiguren über die Liebe, Verbundenheit und Mitgefühl aus und strahlen damit Glück, Lebensfreude und Harmonie aus, die auch traurige Momente als Teil des menschlichen Lebens einschließen. Denn zum Glück gehören alle menschlichen Gefühle hinzu.

Regina Linke startet mit einem erklärenden Vorwort, sie hat das Buch wunderschön illustriert und zeigt traditionelle asiatische Landschaften, deren Anblicke einfach verzaubern. In ihren Bildern stellt sie die Freundschaft zwischen Kind, Ochse und Kaninchen dar und lässt die Liebe und Zusammengehörigkeit zwischen Großvater und Enkel sichtbar werden und die liebevolle Hilfe und Unterstützung zwischen Jung und Alt.

Inhaltlich rankt sich die fernöstlich wirkende Erzählung um Lebensfreude, Freundschaft, Mitgefühl und Verbundenheit. Wer diese Dinge für sich erkennt und lebt, führt ein glückliches Leben. Das sind die Grundpfeiler der Liebe und der Menschlichkeit.

Durch die fernöstlichen Lebensweisheiten ist das Buch sehr tiefgründig und auch wenn manches offensichtlich ist, ist es eher für Erwachsene geeignet als für Kinder.
Meisterhaft illustrierte philosophische Lebensbetrachtung über ein harmonisches Miteinander. Denn Glück kann man verdoppeln und sogar vervielfältigen, wenn man es teilt.

Ein zauberhaft illustriertes Buch zum Betrachten, Nachdenken und Innehalten.

Bewertung vom 05.08.2024
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


sehr gut

Menschliche Symbiose
Alina Bronskys Roman "Pi mal Daumen", das Buch erscheint im Kiepenheuer & Wisch Verlag.

Oscar Maria Wilhelm Graf von Ebersdorff ist 16 Jahre, hochbegabt und startet ein Mathematik Studium, bei dem er die auffällige Kommilitonin Moni kennenlernt. Sie ist 53 Jahre alt, mehrfache Großmutter und hat mehrere Jobs. Aber auch ihr liegt die Mathematik am Herzen und sie möchte sich noch spät beweisen.

Der Roman wird aus Oscars Sichtweise erzählt, der zunächst glaubt, Moni wäre keine Mitstudierende, sondern Kantinenpersonal und so belächelt er sich auch, als sie in den Vorlesungen auftaucht. Doch mit der Zeit erkennt er Monis liebenswerte und hilfreiche Art und staunt nicht schlecht, welche familiären Aufgaben und Jobs sie auch noch übernimmt. So unterschiedlich Oscar und Moni auch sind, sie bilden eine Arbeitsgruppe, von der beide profitieren und es entwickelt sich daraus sogar eine tiefere Freundschaft.

Mein Eindruck vom privilegierten Oscar hat sich im Laufe der Geschichte mit seiner persönlichen Entwicklung gewandelt. Anfangs ist er der typische Hochbegabte, der Mathe-Nerd, dessen Intellekt ihn anderen überlegen macht und der nur bestrebt ist, eine berühmte Mathekoryphähe kennen zu lernen. Zum Teil lassen sich bei ihm autistische Züge erkennen, denn im Umgang mit anderen Menschen geht er auf Distanz. Doch die auffällige, beliebte, lebensnahe und arbeitssame Moni zeigt ihm, wie das wahre Leben läuft. Sie lebt ihm andere Ebene vor und zeigt, dass auch Frauen im gehobenen Alter Fähigkeiten und Träume haben, für die sie bereit sind, alles zu geben. Im wahren Leben ist Moni diejenige, die ihm haushoch überlegen ist.

Mir war schnell klar, dass in diesem Buch Moni meine Lieblingsfigur ist, weil sie zwischenmenschliche Kontakte fest in ihr Leben einplant und auch für diese Menschen da ist. Das merkt Oscar am eigenen Leib und entwickelt gewisse Zugehörigkeitsgefühle, die manchmal auch Eifersucht aufzeigen.

Da sich Oscars Leben ja an der Uni abspielt, beeinhaltet der Roman auch mathematische Themen und so wird mit Formeln jongliert und Gedankengänge über vierdimensionale Politope erörtert oder über die Taylor-Formel diskutiert. Das habe ich persönlich inhaltlich eher ausgeblendet, Mathefreaks können sich hier aber sicher gedanklich inspirieren lassen. Mich haben diese Themen aber nicht von der Botschaft des Romans abgelent, der darauf abzielt, zu zeigen, wie sich Menschen auch trotz großer Unterschiede näher kommen, sich unterstützen und gegenseitig akzeptieren und schliesslich zu einem Wir-Gefühl kommen.

Es gibt viele Szenen, die sich interessant lesen lassen und dir mit Humor und Leichtigkeit die Entwicklung und Tiefe von menschlichen Kontakten aus verschiedenen Lebensmodellen sichtbar machen. Das ist es doch, was uns Menschen ausmacht!


Ein sehr unterhaltsamer Roman, der das zwischenmenschliche Leben in der Vordergrund rückt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.07.2024
Corinna Arauner

Die große Tierzählerei


sehr gut

Tierischer Wimmelspaß bei der weltweiten Tierinventur!
Bei ars Edition erscheint das Wimmelbuch "Die große Tierzählerei" von Corinna Arauner. Es ist ein Zähl- und Entdeckerbuch für Kinder ab sechs Jahren.

Für die Zoo-Tiere stehen alljährliche Inventuren an, das ist bei einigen Kleintieren für die Pfleger:innen immer eine wuselige Angelegenheit und es ist gar nicht so einfach, die Tiere alle zu entdecken.

In diesem großformatigen Wimmel-Zähl-Buch habt ihr die Möglichkeit, die Tiere nicht nur zu zählen, sondern auch viele Tierarten kennen zu lernen und zu erfahren, in welchem Lebensraum sie denn überhaupt leben.

Auf unserer Erde verteilt sich die Tierwelt auf viele Lebensräume und Klimazonen, die man in der großen Tierzählerei entdecken und besuchen kann.

Mach mit bei der Forschungsreise rund um den Globus, die an den Amazonas, nach Ägypten, in die Arktis, nach Afrika, Australien, Borneo, China, Indien, in den Himalaya und sogar in die Tiefsee führt. Unser Wald wird ebenfalls gezeigt und so ist die Vielzahl an Lebensräumen eine echte Reise um die Welt.

Die Aufgabe des Zählens ist nicht ganz einfach, aber du schaffst es sicher, den Überblick zu behalten und alle Zählaufgaben zu meistern. Am Ende des Buches gibt es zum Abgleich die entsprechenden Lösungen, so kannst du dich selbst überprüfen.

Das bunte Wimmelbuch ist schon von den naturgetreuen Tierillustrationen her ein wunderschönes Bilderbuch. Aber es steckt außerdem noch voller lustiger Zähl- und Suchaufgaben, die auch eine einfache Addition im Zahlenraum bis 100 erfordern. Damit können sich Kinder gut beschäftigen und lernen die Tierwelt und die Lebensräume näher kennen.

Das Buch eignet sich sehr gut für unterwegs, um Kinder spielerisch zu beschäftigen und Wartephasen sinnvoll zu füllen. Es wird die Vielfalt der Tierwelt vorgestellt, dabei gibt es gibt interessante Tierarten zu entdecken und es macht Spaß die Tiere zu suchen, zu zählen und zu addieren. Außerdem wird damit die Rechenfähigkeit und Aufmerksamkeit geschult!

Mit diesem bunten Wimmel-Such-Zähl-Buch können Kinder viele Tierarten und ihre Lebensräume auf der Erde kennen lernen. Schönes Beschäftigungsbuch zum Suchen, Entdecken, Zählen und Staunen!

Bewertung vom 29.07.2024
Seidel, Claudia

Die Tierforscherin


sehr gut

Ein Leben für die Berggorillas
Bei Aufbau Taschenbuch erscheint Claudia Seidels Roman "Die Tierforscherin". Das Buch trägt den Untertitel: Sie sucht das Abenteuer und rettet die Tiere der Wildnis.

Die 31-jährige Ava bekommt die Chance ihres Lebens, sie reist in den Kongo, um die bedrohten Berggorillas zu erforschen. Dort angekommen wird sie mit der harten Realität des Lebens im Busch konfrontiert. Die Bewohner am Virunga-Gebirge bringen Ava Feindseligkeit entgegen. Sie sind arm und auf den Anbau von Pflanzen angewiesen, die Fläche wird ständig erweitert und sie roden immer mehr Waldflächen, die auch den Gorillas als Lebensraum dienen. Schon bald wird Avas Lager überfallen. Doch Ava ist stark und der direkte Kontakt zu den Menschenaffen stärkt alle Kräfte in ihr. Der Tierfotograf Jack hilft ihr aus einer brenzlichen Lage und sie verlieben sich ineinander. Aber Jack ist verheiratet...


Ava ist eine eigenwillige und mutige Frau und widmet sich vollen Herzens den Gorillas. Sie erforscht das Verhalten und die Laute der Tiere und bemüht sich, verletzte Tiere aufzupäppeln und die Wilderer von den Tieren fernzuhalten. Sie trotzt den Widrigkeiten des Dschungels und der Menschen, für die das Fleisch der Gorillas auch Nahrung bedeutet. Doch in gewisser Weise ist Ava auch recht naiv, denn sie begibt sich ohne Kenntnis der Gewohnheiten und politischen Situation in den Ländern und nur mit rudimentären Sprachkenntnissen nach Afrika. Zum Glück trifft sie auf Jack und als Helfer für die Suche nach den Standorten der Gorillas weisen ihr Guides den Weg. Diese Figuren sind im Roman meine Lieblingsfiguren, denn sie verkörpern genau das, was man sich unter einem Tierfreund und Ranger vorstellt. Sie lesen aus dem Dung der Tiere, finden ihre Schlafplätze und wissen die Stimmung der Tiere richtig einzuschätzen.


Mit großem Interesse habe ich Avas besondere Lebensumstände im Wald verfolgt, ich war gefesselt von der Suche nach den wandernden Gorillas, war begeistert von den Begegnungen mit den einzelnen Tieren und ihren Gewohnheiten. Claudia Seidel hat ihren Lesern auf ausführliche und authentische Weise die Verhaltensweisen der Tiere nahe gebracht und auch die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Tutsi und Hutu bekommen ihren Stellenwert in der Handlung. So kann man sich die schwierigen Zustände gut vorstellen und erlebt an Avas Seite die aufregende Zeit mit den Berggorillas.

Claudia Seidel wandert ein wenig auf den Spuren Dian Fosseys und lässt ihre Ava ähnliche Forschungen durchführen.

Ein fesselnder Roman über ein Leben nach dem Vorbild von Dian Fossey!

Bewertung vom 27.07.2024
Murray, Lily

Von Eintagsfliege bis Grönlandwal


ausgezeichnet

Wer weiß denn sowas?
Im Carlsen Verlag erscheint das Sachbilderbuch "Von Eintagsfliege bis Grönlandwal" von Lily Murray mit Illustrationen von Jesse Hodgson. Das Buch stellt die unterschiedliche Lebensdauer von Tieren vor und richtet sich an Kinder von fünf bis zehn Jahren.

Bei vielen Tieren wissen wir oft gar nicht, wie es um ihre Lebensdauer bestellt ist. Dieses Buch schafft Abhilfe, es erklärt genau, welche Tierart nur ganz kurz, länger oder am längsten lebt und warum das so ist. So weiß man heute, dass ein Glasschwamm unglaubliche 11.000 Jahre alt werden kann und ein Riesenkrake höchstens fünf. Doch von welchen Faktoren hängt die Lebensdauer ab? Und was gibt es sonst noch für interessante Besonderheiten über spezielle Tiere zu erfahren?

Nach einer interessanten Einleitung über die Lebensdauer von Tieren auf der Erde werden in dem großformatigen Buch 27 besondere Tierarten mit naturalistischen Illustrationen und verständlichen Texten vorgestellt, die nach ihrer Lebenszeit gestaffelt werden.

Wie ihr Name schon sagt, macht die Eintagsfliege den Anfang. Sie lebt nach ihrer Fortpflanzung höchstens einen Tag. Doch zuvor hat sie bereits bis zu zwei Jahre als Larve in einem Teich, See oder Fluss verbracht. Insofern hat auch sie ihr Leben durchaus gelebt und ihren Sinn der Vermehrung ihrer Art erfüllt.

Ameisenigel sind putzige Wesen, sie bilden Liebeszüge und wandern hintereinander her. Orang-Utans zählen zu unseren nächsten Verwandten, sie haben wie wir Menschen ein Bett und bauen sich jeden Abend ein neues Schlafnest in den Wipfeln großer Bäume.

Was wisst ihr über Grizzlybären oder Honigbienen? Wie sehen Labors-Chamäleons aus oder Opossums? In diesem Buch erfahrt ihr lehrreiche und erstaunliche Dinge und lernt Tiere kennen, die euch bisher vielleicht noch unbekannt sind, wie das merkwürdige Axolotl.

Ihr könnt über den komischen Namen des Kakapos lachen, ein ganz hübscher Vogel, der gar nicht fliegen kann. Was kann das Leistenkrokodil und wieviel Eier legt der Riesenkrake?

Die Tierwelt lädt mit ihrer unglaublichen Vielfalt zum Staunen ein und bietet immer wieder Neuigkeiten, die man auch als Erwachsener kaum glauben mag. So wusste ich zwar von der Langlebigkeit von Tiefseeschwämmen, aber dass sie bin zu 11.000 Jahren alt werden können, hätte ich ohne dieses Buch nie geglaubt. Und es gibt sogar ein unsterbliches Tier, doch mehr möchte ich hier lieber nicht verraten.

Seht euch die wunderschönen Bilder gemeinsam mit euren Eltern an und lasst euch die erstaunlichen Dinge vorlesen.


Ein großartiges Buch mit erstaunlichen Fakten über unterschiedliche Tiere und ihre Lebensdauer! Vieles wissen nicht mal die Erwachsenen! Gemeinsam können große und kleine Leute sich mit diesem Buch auf eine interessante Reise durch die Tierwelt machen.

Bewertung vom 27.07.2024
Pellini, Petra

Der Bademeister ohne Himmel


ausgezeichnet

Ein heiter-melancholischer Roman über das Leben!
Im Rowohlt Verlag erscheint Petra Pellinis heiter-melancholischer Roman "Der Bademeister ohne Himmel".

Linda ist fünfzehn und denkt über ihren Freitod nach. Doch die Nähe zu zwei Menschen hält sie davon ab. Ihr Freund Kevin, den die Probleme der Erde zur Verzweiflung treiben und der ehemalige Bademeister Hubert, 86 Jahre alt, der seine Wohnung nicht mehr verlässt und auf seine vor sieben Jahren verstorbene Frau wartet. Linda verbringt einige Nachmittage bei Hubert, um die polnische Pflegerin Ewa zu entlasten. Dabei erlebt sie die fortschreitende Demenz hautnah mit und versucht feinfühlig und unbefangen Huberts Vergessen mit positiver Leichtigkeit zu begegnen. Doch das Schicksal lässt sich nicht aufhalten!

"Wir gleichzeitig Lebenden sind füreinander von geheimnisvoller Bedeutung." Zitat

"Leben ist Geschenk, sagt Ewa." Zitat S. 51

Petra Pellinis Roman steckt voller Wärme und Menschlichkeit, er berichtet vom Leben und Sterben, vom Vergessen und zeigt eine außergewöhnliche Freundschaft zwischen einem jungen Mädchen und einem älteren Herrn mit Demenz.


Bei diesem Buch gibt es viele Szenen, die ich sehr gern gelesen habe. Linda ist jung, aber auf ihre Weise des Lebens müde, doch die Freundschaft zu Kevin, Hubert und Ewa zeigen ihr, wie lebenswert das Leben doch ist. Linda erzählt, wie sie Personen oder Stimmungen in ihrer Umgebung wahrnimmt und das wird intensiv beschrieben. Man könnte meinen, dass diese Szenen ein wenig ins Nebensächliche abdriften können, doch das ist nicht der Fall. Durch ihre Sichtweise wird es häufig humorvoll und auch nicht langweilig. Man merkt, wie sie Hubert lieb gewinnt und wie sie hofft, dass er noch lange aufmerksam und Herr seiner Sinne bleibt. Jedes Lachen von ihm tröstet nicht nur Linda, sondern auch mich. Es ist ein Roman über das Vergessen, eine Demenz, die voran schreitet und unaufhaltsam die Persönlichkeit eines Menschen erlöschen lässt. Das muss man hinnehmen und aushalten, im Leben wie im Roman!

Dieses Buch hat mir sehr gut gefallen, denn es bekommt mit seinen liebenswerten Figuren eine besondere Aura, die berührend, erheiternd und auch melancholisch wirkt. Die Leichtigkeit und der Humor, mit dem Linda dem alten Bademeister Hubert gegegnet und Gefühle für ihn entwickelt, ist berührend und schön zugleich. Er vergisst immer mehr und Linda lässt in ihren Erzählungen seine Erinnerung an die Arbeit im Freibad aufleben und lernt ihn durch seine Bemerkungen und Fotos kennen und schätzen. Die versierte und dennoch etwas spezielle polnische Pflegerin Ewa ist ein Lottogewinn für jeden, der Pflege in Anspruch nehmen muss. Mit ihr verbindet man Fürsorge, Empathie und jede Menge duftenden Apfelkuchen. Ihr Sprachschatz sorgt immer wieder für lustige Wortschöpfungen und man kann sie einfach nur gern haben.

Die Tragik der Themen wie Depression, Trauer und Tod werden ernsthaft und gefühlvoll behandelt und gewinnen durch die menschliche Nähe und Freundschaft auch positive Aspekte. Wenn ein Mensch nicht allein gehen muss, sondern gefühlvoll begleitet wird, ist das ein schöner Tod.

Bei dieser berührenden Geschichte wollte ich nicht, dass sie endet, denn das Ende ist vorhersehbar. Der Roman beschreibt eine Lebensphase, die zeigt, was am Ende des Lebens noch bleibt und wirft damit die Frage nach der Würde des Lebens auf.


Mit ganz viel Menschlichkeit, Humor und Nächstenliebe zeigt dieser Roman, wie man Menschen begegnen kann und muss. Hat mich mit seiner Leichtigkeit trotz ernster Themen sehr berührt!

Bewertung vom 24.07.2024
Boos, Verena

Die Taucherin


sehr gut

Auf der Suche nach den Wurzeln
Im Kanon Verlag erscheint der Roman "Die Taucherin" von Verena Boos.

Amalia Faller ist seit Kindertagen eng berfreundet mit Marina in Valencia. Als Marina verschwindet, reist Amalia vom Schwarzwald nach Valencia und beginnt mit der Suche nach ihrer Freundin. Die toughe Kletterin Amalia entdeckt bei ihrer Recherche Spuren, die sie ihre eigenen Erinnungen in Frage stellen lässt. Sie stösst auf ein Geheimnis, das beide Frauen eng verbindet, aber auch Zustände aufdeckt, die ein dunkles Kapitel in Spanien und Deutschland sichtbar machen.

Für diesen Roman braucht man etwas Geduld, anfangs konnte ich nicht gänzlich in die Geschichte eintauchen, zuviele Fragen blieben offen und die Handlung dreht sich um eine Kletterpartie in ungängigen Felsen. Wer sich fürs Klettern interessiert, wird in die Beschreibungen einzelner Handgriffe und die Funktion der Füße gut eintauchen können. Für mich ist das eine völlig fremde Welt, die sich mir nicht erschliesst. Doch dann stellt die Handlung unterschiedliche Figuren vor, die mit ihren Hintergründen sehr interessant zu verfolgen sind und sogar dunkle Geheimnisse offenbahren.

Bei diesem Roman brauchte ich eine Weile, bis mich die Geschichte wirklich fesseln konnte. Die Lektüre ist nicht einfach, es gibt intensiv erzählte Szenen, die aber erst zum Ende hin eine klare Aussage bekommen.

Verena Boos Erzählstil ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber mir gefällt ihre ausführliche und bildhafte Beschreibung von Handlungsorten, Stimmungen und Situationen, die die Geschichte klarer machen und mich als Leserin tief in das Geschehen eintauchen lassen. Die Szenen ihrer Figuren leben von Dialogen und Handlungen, in die spanische Sätze eingebaut werden. Protagonistin Amalia legt mit ihren offen gestellten Fragen den Finger auf die Probleme, auf die das Buch inhaltlich abzielt.

Verena Boos erzählt mittels der engen Freundschaft zweier Frauen eine berührende Familiengeschichte, die zwischen dem Schwarzwald und Valencia eng verknüpft ist. Man mus sich auf diese Geschichte einlassen und ihr Zeit geben, bis sie ihren Sog entfaltet. Doch das Durchhalten lohnt sich definitiv, im letzte Drittel konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen und wurde mitgerissen von der Suche nach den Gründen von Marinas Verschwinden. Marina, die Taucherin, ist für Amalia wie eine Schwester. Als Marina verschwindet, macht sich Amalia auf die Suche und findet Tatsachen heraus, die ihre Welt auf den Kopf stellt. Sie taucht in Marinas Welt ein und entdeckt was diese herausgefunden haben muss. Anfangs sind die Spuren, Enthüllung und Beweise nur Verdachtsfälle, doch dann stellt sich heraus, es geht um reale Fälle verschleppter Kinder und Adoptionen gegen den Willen der Mutter, oftmals als Todesfall getarnt. Die Tatsache, dass hier Verbrechen stattgefunden haben, liest sich dramatisch und man mag sich die Tragweite der Folgen für Kinder und Eltern kaum ausmalen. Es wird hier die Entdeckung von Verbrechen an Menschenrechten angeprangert, die auch von Kirchenoberen mitgetragen wurden. Offiziell zum Wohle der Kinder, aber es war auch eine Geschäftsidee und sollte auch eine Umerziehung bewirken.

Eine bewegende Geschichte, die ein dunkles Kapitel zwischen Deutschland und Spanien sichtbar macht.

Bewertung vom 21.07.2024
Tessendorf, Petra

Tod im Strandhaus


gut

Solider Krimi mit interessanter Schilderung einer Sturmflut
Der Kriminalroman "Tod im Strandhaus" von Petra Tessendorf erscheint im Emons Verlag, es ist der dritte Band der Reihe um Kommissar Paul Lupin.

Am Strand von Graswarder in Heiligenhafen findet Paul Lupin einen Toten, kurz darauf ist er verschwunden. Er ruft seinen Freund Kommissar Heimdahl zu Hilfe, der ihn zu einer Teilnahme an einer Fastenwanderkur in der benachbarten Strandvilla überredet, um dort Hinweise auf den Toten zu finden.

Es gibt eine Spur, die in die siebziger Jahre zum legendären Hippiefestival in Heiligenhafen führt, bei dem auch Pauls Vater auf der Bühne stand. Brisant wird es, als ein weiterer Todesfall geschieht. Was ist hier los und wer hat ein Motiv zum Töten?

Mir war nicht bewusst, dass "Tod im Strandhaus" der dritte Band der Reihe um Paul Lupin ist. Deshalb hatte ich auch einige Mühe, in das Buch hinein zu finden.

Aufgrund der vielen Figuren war es mir nicht möglich, sie alle gleich gut einordnen zu können. Ich hätte mir der Einfachheit halber ein Personenregister gewünscht, das ich mir selbst angelegt habe, um den Überblick nicht zu verlieren. So konnte ich mich mit den Personen besser arrangieren und habe mein Hauptaugenmerk auf die Ermittlungen gesetzt. Das war allerdings nicht so einfach, immer wieder stören nebensächliche Handlungen den Lesefluss, was mich bei Krimis einfach stört. Der Fall führt auch in die Vergangenheit in die 70er Jahre, diese Szenen sorgen für abwechslungsreiche Einblicke, wobei ich die entscheidenden Puzzleteile lange Zeit nicht mit den aktuellen Morden verbinden konnte. Unter den Personen wurden Paul und sein Vater Johann mir mit Abstand am sympathischsten. Mich hat es gewundert, das Johann angeblich demente Züge haben soll, mir erschien er doch recht klar und geistig sehr fit. Zwischen Vater und Sohn gibt es ein paar humorvolle Dialoge, den angekündigten schwarzen Humor habe ich aber vermisst.

Der Erzählstil lässt sich leicht lesen, die bildhaften Beschreibungen der Landschaft, der Natur und der Stimmungen während der Wettereskapaden an der Ostsee sind der Autorin besonders gut gelungen.

Auf eindringliche Weise werden hier die Folgen der Sturmflut beschrieben, die Zerstörung und Überflutung der Häuser an der Wasserkante werden deutlich sichtbar gemacht und man ahnt, wie hoch die Schäden ausfallen.

Die Spannungskurve verläuft auf einem unterschwelligen Level, die Ermittlungen nehmen viel Raum ein und die Tatvorgänge versteht man erst im Nachhinein.

Dieser solide geschriebene Ostseekrimi lässt bildhaft die Landschaft am Meer der Ostseeküste sichtbar werden und der Krimifall führt in die wilden 70er Jahre.

Bewertung vom 19.07.2024
Sellano, Luis

Portugiesischer Pakt / Lissabon-Krimi Bd.9


gut

Konnte mich leider nicht überzeugen!
"Portugiesischer Pakt" heißt der 9. Band der Henrik Falkner-Reihe von Luis Sellano, die in Lissabon spielt und im Heyne Verlag erscheint.

Henrik Falkner führt ein Antiquariat in der Altstadt von Lissabon und da das Geschäft mit alten Büchern nicht so gut läuft, das Gebäude aber renovierungsbedürftig ist, freut er sich über jeden Auftrag, den er bekommen kann. Nun soll er gegen ein großzügiges Honorar für einen Kunden Bücher aus dem Nachlass des kürzlich verstorbenen Senhor Monteiro erwerben. Doch der Auftrag hat einen Haken, denn es stellt sich heraus, dass der Tote höchstwahrscheinlich Opfer eines Mordes wurde. Als dann auch noch Henriks Auftraggeber spurlos verschwindet, ermittelt Henrik und findet eine Spur, die in die Siebzigerjahre führt. als Portugal sich im politischen Umbruch befand.

Henrik lebt als ehemaliger deutscher Ermittler in Lissabon und führt das Antiquariat seines Onkels weiter. Der lukrative Auftrag zum Kauf von Büchern aus einem Nachlass führt Henrik zu einem neuen Fall, denn sein Auftraggeber, Dr. Tavares, verschwindet kurze Zeit später. Auch seine Lebensgefährtin Helena Gomes ermittelt als Polizistin in diesem Fall und erhält über Henrik einige Informationen, die weit in die Siebzigerjahre zurück führen.


Der Erzählstil Luis Sellanos ist gewohnt flüssig, wortgewandt und zeigt die Vorgänge in lebendiger, bildhafter und zeitgemäßer Weise. Interessant sind in den Krimi eingebundene geheinmisvolle Tagebucheintragungen aus den 1970er Jahren, in denen ein Student von den politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen und Verfolgungen berichtet. Dieser interessante Blickwinkel macht für den Leser das Zeitgeschehen und die Situation der Bürger Portugals in der Zeit nach der Nelkenrevolution sichtbar, was für mich den wichtigsten Faktor des Buches darstellt.

Die Beziehung zwischen Henrik und Helena Falkner ist zur Zeit sehr angespannt. Helena kümmert sich liebevoll um ihre Tochter, der Spagat mit ihren beruflichen Einsätzen ist immer ein Drahtseilakt. Ab und zu übernimmt Henrik die Beaufsichtigung, aber eher wie ein unbeteiligter Dritter, Gefühle für das Kind sind kaum erkennbar. Das könnte man mit seinen psychischen Problemen erklären und auch seine Schussverletzung macht ihm noch zu schaffen.

Was soll ich zu dem Buch sagen? Ich mag die Reihe, aber dieses Mal ist mir die Handlung einfach zu undurchsichtig, die Figuren sind nicht greifbar und damit wird es leider nicht sehr spannend. Besonders gestört hat mich das Tatmotiv in der Vergangenheit, diese Begründung hat mich einfach nicht überzeugt. Und auch Henriks Figur konnte mich dieses Mal nicht wirklich packen. Seine ständige Tabletteneinnahme und seine psychisch begründete Lethargie und ewigen Angststörungen passen nicht zu jemandem, den ich als Ermittlerfigur interessiert verfolge.


Wer die Reihe bisher gelesen hat, sollte auch diesen Band nicht auslassen, um die Vorgänge weiter zu verfolgen. Mich konnte der Krimi inhaltlich nicht ganz überzeugen. Gerade so drei Sterne!

Bewertung vom 18.07.2024
Lindemann, Johanna

Aylin, Leon und das Geheimnis der Rabenmagie


sehr gut

Wenn Raben den Weg kreuzen, liegt Zauberei in der Luft!
Johanna Lindemanns Bilderbuch "Aylin, Leon und das Geheimnis der Rabenmagie" enthält Illustrationen von Stefanie Klaßen und erscheint im Carlsen Verlag.

Aylin ist mit ihrer Mama Layla gerade wieder umgezogen, wie so oft, denn Mama hat einen sehr wichtigen Job, mit ständig wechselnden virtuellen Videokonferenzen und ist beruflich sehr engagiert. In ihrer Freizeit entspannt Layla bei französischer Musik und sie liebt die französische Küche. Finanziell geht es ihnen gut, doch reicht das aus, um glücklich zu sein?

Durch die häufigen Wohnortwechsel fällt es Aylin schwer, neue Kontakte zu Freunden aufzubauen und so spielt sie lieber allein in ihrer eigenen Welt, in der sie am Tablett als Zoodirektorin imaginäre Zoowelten aufbaut und das Ziel hat, bestmögliche Besucherrekorde zu erreichen.

Auch Leon ist gerade umgezogen, sein Vater Pascal konnte die Miete der alten Wohnung nicht mehr bezahlen und die finanziellen Nöte machen Pascal schwer zu schaffen. Er ist oft traurig und deprimiert und das merkt auch Leon sehr deutlich. Pascal hatte mal ein französisches Restaurant und trauert diesem nun hinterher. Leons Lieblingstiere sind Raben und aus einem schlauen Buch weiß er sehr viel über diese Vögel.

Sowohl Leon als auch Aylin werden von einem mysteriösen "Klack, Klack, Klack" am Fenster hinaus gelockt. Beide entdecken ein niedliches Vogeljunges und überlegen, wie sie dem Küken helfen können. Darüber entsteht eine enge Freundschaft, die sich für beide positiv entwickelt.

Die Geschichte wird sehr kindgerecht und verständlich erzählt und erreicht mit den beschriebenen Alltagssorgen viele Kinder, die diese Situationen selbst täglich erleben. Beschrieben werden Themen wie fehlende Freunde, Umzug in eine fremde Stadt, Armut und sozialer Abstieg, alleinerziehende Elternteile, die kaum Zeit für ihre Kinder haben oder in einer Depression nicht in der Lage sind, sich ausreichend um ihre Kinder zu kümmern. Außerdem geht es um ein Leben mit Tablett und Handy anstatt Toben im Freien und Spielen mit Freunden.

Die gezeigten Probleme überlagen die Geschichte nicht, viel mehr wird die Story mit Fantasie, etwas Magie und jeder Menge Wissen über Raben spannend aufgelockert. Außerdem sorgen Stefanie Klaßens farbenfrohe und liebenswürdige Illustrationen dafür, dass man die Geschichte sehr gut vor Augen hat und in diese Story gut eintauchen kann. Und die Rabenmagie verleiht dem Ganzen einen besonderen Zauber, der sehr schön über dieser wundervollen neuen Freundschaften liegt und einen schönen Neuanfang einläutet.

Dieses Kinderbuch dreht sich um Freundschaft, Vertrauen und Zusammenhalt und bringt wissenswerte Informationen über Raben mit, die mit einer Spur Magie zu einer Geschichte versponnen werden.