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jam

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Insgesamt 475 Bewertungen
Bewertung vom 19.01.2021
Mallery, Susan

Wer lieben kann, ist klar im Vorteil / Happily Inc Bd.5


ausgezeichnet

Willkommen zurück in Happily Inc!
Ich war ja vor einiger Zeit dabei, als aus „Weddings in a box“ „Weddings out of the box“ wurde, sprich beim ersten Band dieser Reihe. Und es war ein freudiges Wiedersehen hier im fünften Band rund um die Kleinstadt Happily Inc und ihre Bewohner!
Habe ich zwischendurch mal mit einem Buch aus einer anderen Reihe der Autorin gehadert, hat sie in „Wer lieben kann ist klar im Vorteil“ wieder eine Punktlandung hingelegt! Dieses Mal begleiten wir einen neueren Bewohner der kleinen Stadt, die von großartigen Hochzeiten lebt. Jasper, ein ehemaliger Soldat, der sein Trauma mit dem Schreiben bewältigt, und so ein recht erfolgreicher Autor wurde. Für seinen neuesten Roman möchte seine Lektorin eine Frau an der Seite des Helden.
Eine Figur, mit dem der sonst so wortgewandte Autor nicht zurechtkommt. Also beginnt er, auf seine bewährte Art sorgfältig zu recherchieren und beschließt, die Hochzeitsplanerin Renee als Vorlage zu nehmen und bei der Planung einer Hochzeit zu begleiten. So verbringen die beiden viel Zeit miteinander, doch auch Renee hat ihr Päckchen zu tragen und tut alles, damit sich die beiden emotional nicht zu nahe kommen.
Wie immer bei Susan Mallery sind die Bände dieser Reihe lose miteinander verbunden, auch ohne die Vorbände zu kennen, lassen sich ihre Bücher problemlos lesen. Als Wiederholungstäter habe ich mich dennoch sehr über ein Wiedersehen mit Pallas gefreut.
Renee ist eine sympathische junge Frau, die von und für wunderbare Hochzeiten lebt, selbst aber schon einige schlechte Erfahrungen gemacht hat und so davon überzeugt ist, dass die große Liebe existiert, aber für sie nicht möglich ist. Sie hat ein eher schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter und meint, aus der Vergangenheit die richtigen Schlüsse gezogen zu haben und sich deshalb von ihre und von Männern fernzuhalten.
Doch durch ihre wunderbaren Freundinnen und auch Jasper lernt sie, dass es sich lohnt, manchmal einen zweiten Blick zu riskieren und auch eine neuen Blickwinkel einzunehmen. So kann aus etwas Negativem durchaus auch etwas Positives entstehen… Ich mochte ihre Figur und deren Entwicklung, ihre Gabe zu diskutieren, reflektieren und zu verzeihen.
Wie meist in Happily Inc spielen auch in diesem Buch Tiere eine große Rolle, ob es rebellierende Zebras wie im ersten Band, streunende Hunde oder widerspenstige Katzen sind, sie alle finden ihren Platz – vor allem in meinem Herzen!
Susan Mallery hat mich wieder von der ersten bis zur letzten Seite gepackt, ich liebe diese kleine Hochzeitsstadt und ihre Bewohner, die alle etwas ganz besonderes mit einer bezaubernden Geschichte sind!
Fazit: Ein lockerer Liebesroman mit tollen Protagonisten in einer einfach magischen Stadt!

Bewertung vom 07.01.2021
Raab, Thomas

Helga räumt auf / Frau Huber ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

„Jeder weiß bereits alles und der eine möglicherweise mehr von dem anderen, als der andere von sich selbst. Herzlich willkommen in Glaubenthal!“
Kapitel 24

Der Zeugnistag steht bevor, die ruhige Zeit im Jahr, wenn die Glaubenthaler gen Süden reisen, bricht an… Normalerweise, denn diesen Sommer ist alles anders. Eine seit Jahren schwelende Familienfehde gerät außer Kontrolle und eine Spur von Leichen zieht sich durch den sonst so beschaulichen Ort.
Ihnen auf der Spur: die alte Huber Hanni, die sich nicht gerne was vordenken lässt, und sagen schon gar nicht.

Was habe ich den Vorgängerband „Walter muss weg“ genossen und mich auf ein denkwürdiges Wiedersehen in Glaubenthal gefreut! Und Thomas Raab hat nicht an Spitzfindigkeit und Wortgewandtheit verloren! Ob es der Eastwood Clint ist, der uns darauf stößt, dass auf dem Land der Nachname zuerst genannt wird, oder der liebevoll schimpfende Busfahrer, der seine Rotzpippn neuerdings gendert…
Alles kommt auf den Tisch, schmutzige Affären, sündige Pfarrer, häusliche Gewalt… und leider für mich ein wenig zu viele Verirrungen und Verstrickungen. Auch wenn sich die alte Huber dann mal eine Skizze macht, wer wie mit wem und was daraus wurde, irgendwie habe ich bis zum Schluss all die Verhältnisse, ob verwandtschaftlicher oder anzüglicher Natur, entschlüsseln können.
Dennoch begeisterte mich der Autor erneut mit seiner sprachlichen Begabung, seiner unglaublichen Beobachtungsgabe und seiner Fähigkeit, das ländliche Leben mit allen Höhen und Tiefen zu analysieren!
Seine Motive sind verständlich und glaubwürdig, auch wenn es schon fast eine einen Amoklauf erinnert, mit dem der Sommer eingeläutet wird.
Kleiner Wermutstropfen: Er wird immer wieder als Sommer 2020 erwähnt, obwohl zum Zeitpunkt des Erscheinens schon klar war, dass der Sommer 2020 auch im verschlafensten Nest nicht mit Kofferpacken begonnen hat.
Nichts desto trotz ist „Helga räumt auf“ eine vielschichtige Geschichte, über Glauben und glauben machen, über Freundschaft und Zusammenhalt und darüber, wie auch aus etwas Schlechtem was Gutes werden kann!
Fazit: Ein sprachlich wohlformulierter Krimi, der viel zwischen den Zeilen erzählt…

Bewertung vom 03.01.2021
Gerken, Britt

Auf Wolke Sieben sitzen auch nur Frösche (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Ich drückte ihm (Kalle der Schildkröte) einen Kuss auf die Nase, woraufhin er den Kopf ruckartig in den schützenden Panzer zurückzog.
Tom sah das aus den Augenwinkeln und lachte. „Der Prinz will wohl noch nicht erweckt werden, da musst du vorerst weiter mit mir vorliebnehmen.“
Kapitel 1
Ja, da hat Mitbewohner Tom wohl einen wunden Punkt erwischt bei Ylvi. Seit sie in ihrer Lieblingszeitschrift Modern Woman den Psychotest gemacht hat, ist sie sich sicher: Tom, ihr bester Freund seit Kindheitstagen, das ist mehr als nur Freundschaft!
Umso härter trifft es sie, als der auf einmal eine Frau mit in ihre eingespielte WG bringt, die gleich mal mit energetisierten Einhörnern Glanz in die Hütte bringt.
Also erfindet sie mal schnell einen neuen Freund – und Interessenten lassen nicht lange auf sich warten.
Ylvi ist Pharmareferentin, leider mäßig erfolgreich, denn irgendwie hat sie die Freude dran verloren. Umso kreativer ist sie bei ihren Torten – und deren Genuss. Ihr Gewicht befindet sich im dreistelligen Bereich, leider ist aber ihr Selbstwert nicht proportional zum Gewicht gewachsen und sie kann es kaum glauben, als sich die Männerwelt für sie interessiert.
Sie erinnert mich ein wenig an Bridget Jones, auf High Heels stolpert sie durchs Leben, kümmert sich um ihre geliebte Oma, versorgt den Zocker Tom und schwärmt heimlich für ihn.
Eine schicksalhafte Begegnung in Hamburg bringt Ylvi zum Träumen und sie bekommt Hilfe von ganz unerwarteter Seite.
Klingt jetzt wie die klassische Liebesgeschichte mit altbekanntem Ausgang – ist es aber nicht! Womit mich Autorin Britt Gerken besonders gekriegt hat: Ich war mir bis zu Letzt nicht ganz sicher, wohin uns die Geschichte führt. Immer wieder kommen Männer ins Spiel, nette, interessante, teilweise auch welche, wo meine Alarmglocken völlig zu Unrecht schrillten oder aber gänzlich versagten. Und das Ganze ohne dass die Glaubwürdigkeit gelitten hätte!
Fazit: „Auf Wolke sieben sitzen auch nur Frösche“ ist eine unterhaltsame, tortenboden-lockere Liebesgeschichte mit überraschenden Wendungen und unerwartetem Ausgang!

Bewertung vom 03.01.2021
Peichl, Martin

In einer komplizierten Beziehung mit Österreich


ausgezeichnet

„Und ich glaube, langsam verstehe ich ihre Theorie, dass man sich zu ähnlich beschädigten Menschen hingezogen fühlt, dass man in der Bar, im Club nicht nach attraktiven Menschen, sondern in erster Linie nach Menschen mit Kratzern, Sprüngen und Rissen sucht, nach Menschen, deren Beschädigungsgrad ungefähr dem eigenen entspricht.“
Seite 31
„In einer komplizierten Beziehung mit Österreich“, so verspricht uns der Titel… Oder ist es doch eine komplizierte Beziehung IN Österreich, die uns Martin Peichl hier serviert?
Auf jeden Fall war es für mich ein komplizierter Einstieg, ein auf und ab zwischen „Was will er mir sagen“ und melancholischem Wiedererkennen… In Kurzkapiteln, mit wiederkehrenden Protagonisten erzählt er uns Fragmente, manchmal nur Satzfetzen, Erinnerungsstücke… Vom Trip eines Freundes nach Tschernobyl, von einem der ruhigsten und lautesten Orte der Welt, von gesperrten Sandkästen, von Liebe und Hass und Herkunft. Was sie bedeutet, was sie mit uns macht. Wieviel von unserer Erinnerung ist echt, wie viel erträumt?
Besonders beeindruckt hat mich unter anderem, dass er auch schon die Zeit des Lockdowns, der leeren Straßen miteinbezieht. Denn ich frage mich schon seit einer Weile, wie lange Literatur noch funktioniert, ohne Masken und Abstand zu erwähnen…
Wenn man zwischen den Zeilen liest, das Buch wieder weglegt und etwas sacken lässt, so entdeckt man Einiges, auch sehr Privates aus dem Leben des Autors.
„Ich will die Wörter sehen, die dir im Hals stecken bleiben.“
Mit Sprüchen auf Bierdeckeln wie diesen läutet Martin Peichl seine Kapitel ein, fasst Kernaussagen zusammen und er lässt keine Wörter im Hals stecken, schmeißt uns all seine Gefühle vor die Füße… Es war eine herausfordernde Aufgabe, sie aufzusammeln, zu sortieren und letzten Endes so zusammenzufügen, dass das Bild für mich passt – und für einen anderen wohl keinen Sinn ergibt.
So grausig manche Abschnitte waren, so unverblümt die Erzählungen vom Leben früher, wie es halt war und der Liebe, wie sie halt ist, so sehr hat er mich letzten Endes berührt…
Ein Buch wie Turrinis „Rotznjagd“, wo man am Ende nicht weiß, ob man es bescheuert oder grenzgenial findet – oder beides!
Fazit: Eine komplizierte Beziehung zum Leben, wie es ist…

Bewertung vom 26.12.2020
McFarlane, Mhairi

Aller guten Dinge sind zwei (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Wie war es nur gekommen, dass Laurie wegen eines stecken gebliebenen Lifts in einem Schlafzimmer in North Hykeham lag und mit einem Kollegen im selben Bett schlief, wenn auch nicht mit ihm (…)?“
Seite 286

Nach 18 Jahren Beziehung steht die Anwältin Laurie vor den traurigen Resten ihres Lebens. Aus dem Traum vom gemeinsamen Kind mit ihrem Dan wurde ein leerstehendes Haus und ein befürchteter Spießrutenlauf am gemeinsamen Arbeitsplatz.
Da bleibt sie im Lift ausgerechnet mit dem Schönling und Frauenhelden Jamie Carter stecken… Gemeinsam beschließen sie, eine Scheinbeziehung einzugehen, um Dan zu verletzen und Jamie berufliche Vorteile zu verschaffen…

Wo fange ich an? Laurie leidet sehr unter der Trennung, wir Leser durften über 100 Seiten mitfühlen, das war mir einfach zu viel und zu lang… Dann gewann die Geschichte an Fahrt, der fragwürdige Deal wird ausverhandelt und gekonnt auf Insta etc. in Szene gesetzt. Warum sich zwei Topanwälte sowas ausdenken und sich dabei auch noch einreden, das wäre privat und könnte beruflich keinerlei Konsequenzen haben, verstand ich bis zu Letzt nicht.
Bedingt durch ihren Plan verbringen die beiden viel Zeit miteinander. Ich muss sagen, der Schlagabtausch zwischen Jamie und Laurie hat mir gut aufgefallen und schnell war klar, dass die beiden eigentlich gut zusammenpassen.
Was nicht so zusammenpasste, waren die immer wieder eingestreuten ernsten Themen, die dann doch nie zu Ende gebracht wurden. Das fängt mit Lauries Herkunft an (ihre Mutter stammt aus Martinique), den Benachteiligungen am Arbeitsplatz als Frau im Allgemeinen, mit fiesestem Büroklatsch und Intrigen, sexuellen Übergriffen, schweren Verletzungen und Erkrankungen. Alles wird einmal kurz angeschnitten, aber nichts davon fertig verarbeitet. Da wäre mir ein paar Themen weniger lieber gewesen, wenn die dafür ausführlicher behandelt worden wären.
Und mitten drin Laurie, die als Anwältin wohl sagenhaft zu sein scheint, sich ansonsten aber bei jeder Herausforderung duckt und erst mal winselnd in einer Ecke versteckt. Daneben Jamie Carter (der in meinem Kopf aussieht wie „der Junge“ aus Ally McBeal), ein glatter Schönling, der seinen Ruf als Frauenheld pflegt und bei jeder Gelegenheit betont, dass es sowas wie Liebe nicht gibt und er nichts von dauerhaften Beziehungen hält – wir alle wissen, wie sowas ausgeht…
So kommt das Ende wenig überraschend, dafür ordentlich überzogen um die Ecke. Wieder werden die Drangsalierer belohnt, offensichtliche Verletzungen der Privatsphäre geflissentlich übersehen, um die Guten zu bestrafen und die Bösen zu belohnen…
Schön waren die Momente der Freundschaft, zwischen Laurie und Emily und auch Lauries Entwicklung. Denn ihr wird langsam klar, dass sie der Stein ist, auf dem Dan seine Festung bauen konnte und auch, wie viel sie dafür aufgegeben hatte und welche Stärken sie hat. Ihre persönliche Entwicklung hat noch mal einen Stern gerettet.
Fazit: Eine altbekannte Geschichte, mit langen Leidensphasen erzählt, dabei viele ernste Themen angeschnitten und nicht zu Ende geführt. Schade, denn so kam die witzige Grundidee und eine eigentlich sympathische Protagonisten nicht zur Geltung.

Bewertung vom 08.12.2020
Berg, Ellen

Willst du Blumen, kauf dir welche


ausgezeichnet

„Ich versuche es jetzt mit der Floros-Methode: Willst du Blumen, kauf dir welche! Willst du Männer, hol sie dir!“

Lena ist Buchhändlerin aus Leidenschaft – und noch leidenschaftlichere Leserin und Romantikerin. Doch die Hoffnung auf die große Liebe hat sie aufgegeben. Da kommt Autor Benjamin Floros und hält eine flammende Vorlesung zum Thema Online-Dating. Mit seiner Methode errechnet er für jeden den richtigen Partner, so sein Versprechen!
Darüber kann Lena nur lachen! Doch so provoziert schließt sie mit Benjamin Floros eine Wette ab: Er hilft ihr, DEN Mann zu finden!
Was so lustig und unterhaltsam beginnt, führt uns in eine Reihe von Dates, eines skurriler als das andere, und doch mit den alten Bekannten. Da hätten wir den Seitenspringer, den Schüchterne,… all die Charaktere, von denen man erwartet, dass sie sich auf diesen Plattformen herumtreiben. Lena stürzt wirklich von einem denkwürdigen Zusammentreffen zum nächsten. Und hinter all dem Benjamin Floros, der Lena immer weiter antreibt, obwohl sie eigentlich vor dem ersten Date schon genug hat von diesem Zirkus.
An Lenas Seite ihre schräg/liebenswürdige Tante Hilde und ihre Freundin Michelle. Sie hat etwas Witz in die Sache reingebracht, mit ihrer aufgebrezelten Optik. Auch wenn ich es manchmal befremdlich fand, dass sie als Grundschullehrerin nicht ein Fremdwort zu kennen bzw. richtig zu benutzen schein. Aber wenn sie die Buchhandlung betrat, war ein Lächeln in Sicht!
Ich fand Lena mit ihrer eigenbrödlerischen Art und ihrer Liebe zu Jane Austen entzückend. Aber sie ließ sich für meinen Geschmack zu sehr zum Spielball von Floros und Michelle machen, die eine steckte sie in unmögliche Klamotten, der andere liest ihre Chats mit und spart nicht mit Tipps, bis am Ende von ihrer großen Liebe gerettet wird.
Ich mag locker, leichte Liebesgeschichten und „Willst du Blumen, kauf dir welche“ fällt genau in diese Kategorie. Ellen Bergs gewohnt flotte Feder führt uns durch dieses Datingchaos. Dennoch gestaltete sich der Weg zum schnell identifizierten Traummann etwas zu lange.
Fazit: Eine locker-leichte Liebesgeschichte mit einigen Längen.

Bewertung vom 27.11.2020
Benz, Andreas

Mission: Weisse Weihnachten


ausgezeichnet

„Man muss die Dinge im Leben manchmal einfach machen. Einfach losgehen und darauf vertrauen, dass alles gut kommt“, sinnierte Inge.

Weihnachten steht vor der Tür… Doch die passende Stimmung will nicht so recht aufkommen im Seniorenheim Abendrot. Als dann auch noch Bewohnerin Maria eine schlimme Diagnose erhält, erzählt sie ihrer besten Freundin Frieda von ihrem Traum: Einmal noch weiße Weihnachten in den Bergen, bevor sie ihre Augen zum letzten Mal schließt…
Ihre Tischgenossen Hans, Luky und Inge wollen Maria diesen Wunsch so gerne erfüllen, doch eine Reise in die Berge kostet viel Geld, Geld, dass die Truppe nicht hat.

Es ist keine neue Geschichte, die uns Andreas Benz hier erzählt. Ein Trupp Senioren, die einem todkranken Freund den letzten Wunsch erfüllen wollen und dafür einen verrückten Roadtrip starten, das kennt man schon aus einigen Büchern und Filmen.
Aber was „Mission: Weisse Weihnachten“ so besonders macht, sind die wirklich liebenswerten Protagonisten. Jeder von ihnen hat seine eigene Geschichte und bringt somit besondere Fähigkeiten ein, um diese zum Scheitern bestimmte Mission trotzdem voranzutreiben – und das mit allen Mitteln.
Als junger Mensch vergisst man ja manchmal, dass die „Alten“ nicht immer alt waren. Sie hatten und haben Wünsche und Träume wie jeder von uns, und sie haben viel bereits erlebt und viel zu erzählen. Das wird einem auch in dieser Geschichte bewusst, dass jeder, wirklich jeder Besonderes erlebt hat und wertvoll ist. Sei es die alternde Diva, der müde Casavona, der pedantische Lehrer, die pensionierte Reinigungskraft oder das Hausmütterchen. Es lohnt sich immer, hinzuhören und hinzusehen… Vor allem bei unserem rebellischen Trupp von Tisch 11 heißt es genau hinhören, denn viel Witz versteckt sich im Detail, oder aber auch in gezielten Running Gags, die nicht an Komik verlieren.
Und da wir uns mitten in der Schweiz befinden, wird schon mal „Hast du kalt?“ gefragt. Der Autor verzichtet bewusst darauf, die Geschichte aalglatt für alle verständlich zu machen, und bewahrt somit den speziellen schweizer Flair. Auch wenn ich als Österreicherin erst mal nachschlagen musste, wer denn Samichlaus und Schmutzli sind, hat mir gerade dieses Lokalkolorit gut gefallen!
Die Geschichte lebt von ihrem Witz, der Kreativität der Bewohner, die sich mit viel Einfallsreichtum aus den ausweglosesten Situationen retten. Dabei zeigen sie auch, dass man nie zu alt sein kann: Weder dafür, noch etwas dazuzulernen noch, um richtig Spaß zu haben!
Was mir persönlich an dieser Stelle wichtig ist: Natürlich ist die Geschichte ein gutes Stück weit weg von der Realität, und lebt von Übertreibung, auch was die Beschreibungen der Verhältnisse im Seniorenheim angeht. Mir ist klar, dass – außerhalb dieses Buches - die Mitarbeitenden in solchen Heimen das Herz am rechten Fleck haben, und nicht nur jetzt zur Coronazeit Übermenschliches leisten, um ihren Bewohnern einen schönen, liebevollen und würdigen Lebensabend zu zaubern! Danke!
Fazit: Ein bekannter Plot in einem gefühlvoll-witzigen schweizer Winterkleid voller Überraschungen!

Bewertung vom 19.11.2020
Schendel, Katharina

Casanova muss sterben / Hummelstich Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Und dabei hätte es so ein schöner Tag werden können. Ein Tag voller Papierkram, frisch gespitzter Bleistifte und knusprig geröteter Grünkernbratlinge. Doch nun belästigte ihn dieses naive Landei Grüneis schon wieder mit einer Leiche. Zum Kuckuck aber auch!“
Kapitel 5

Der arme Kriminalhauptkommissar Kurt Pfeiffer! Aber auf den ersten Blick ist der Fall sonnenklar. Dirty Harry, für seine zahlreichen Affären berühmt-berüchtigt, wurde tot aufgefunden. Schon lange plagte ihn ein Herzleiden, und auch der herbeigerufene Apotheker ist sich sicher: Da hat sich wohl einer überanstrengt!
Da kommt Bea von Maarstein gerade Recht. Gemeinsam mit Dorfpolizist Sven Grüneis sieht sie sich das genauer an. Und findet Beweise dafür, dass Harry bedroht wurde.
Entgegen Pfeiffers Anordnung ermitteln die beiden auf eigene Faust…
Meine Meinung:
Was für ein ruhiges Örtchen, dieses Hummelstich! Da feiern die Grüneis noch gemütlich Beas Rückkehr, die Landfrauen versammeln sich, Hummelstich wird gebacken… Aber hinter den Kulissen brodelt es. Dirty Harry hatte seine Finger nicht nur an zahlreichen Frauen sondern auch in dubiosen Geschäften, und nebenbei terrorisieren Hühner die Bewohner, und nur Beas Papagei, der glaubt, ein Mensch zu sein, weiß Bescheid.
Für mich war es der erste Besuch dort, und ich habe mich bei dem Kurzkrimi gut amüsiert! Bea ist eine 63jährige Witwe, die mit ihrem Bücherbus durch die Lande zieht und durch ein Erbe in Hummelstich gelandet ist. Sie ist weltoffen, belesen und ein wenig exzentrisch – und damit supersympathisch! Sie sieht genauer hin als Dorfpolizist Grüneis, stellt die richtigen Fragen und findet bald eine heiße Spur.
Ihr Papagei ist eine Nummer für sich, denn auch er weiß, wie man gute Fragen stellt, oder kryptische Antworten gibt, und wenn es hart auf hart kommt, kann er auch schon mal hand- äh, krallengreiflich werden.
Was besonders auffällt: Die Kapitelnummerierung zieht sich auch durch die Kapiteltitel (zB Kapitel 19. Neun Lilien, zehn Rosen), das habe ich so noch nicht gesehen!
Ich schau sicher wieder mal in diesem Örtchen vorbei, es scheint dort immer was zu passieren – und es gibt immer was zu lachen!
Fazit: Ein unterhaltsamer Kurzkrimi mit interessanten Persönlichkeiten!

Bewertung vom 19.11.2020
Habekost, Britta;Habekost, Christian

Winzerfluch / Elwenfels Bd.2


ausgezeichnet

„Für uns gebbt´s ke Fremde. Fer uns gebbt´s nur Mensche, die wo eigentlich nach Elwefels gehöre, egal wie die aussehen und wo ihre Wurzeln liegen. Un des Schicksal sucht die fer uns aus, weeschwieschmään?“ – Seite 227

Und das Schicksal hat wieder zugeschlagen… Denn es bringt Carlos Herb zurück nach Elwefels, an den Ort seiner Sehnsucht. Und das keine Minute zu früh, denn es ist ein Mord geschehen und eine seiner liebsten Bewohnerinnen ist die Hauptverdächtige! Ob der Privatdetektiv da helfen kann?
Als wäre das nicht genug, haben es sich Soldaten im Wald bequem gemacht, Truppenübung in der Nähe eines mystischen Platzes, der für die Dorfbewohner eine ganz besondere Bedeutung hat…

Was bin ich froh, dass es bei mir nicht so lange gedauert hat wie bei Carlos, bis ich zurück nach Elwefels gekommen bin! Mir sind sie schon abgegangen, die vielen eigenwilligen Charaktere, die Sätze, über die man zwei bis drei Mal nachdenken muss – und das nicht nur wegen des Dialektes! „Winzerfluch“ ist die Fortsetzung von „Rebenopfer“, das man unbedingt gelesen haben muss. Nicht wegen der Hintergrundinformation, auch Neueinsteiger werden mit Winzerfluch gut zurechtkommen, sondern einfach, weils so extrem gut ist!
Ich hatte ein wenig Respekt vor dem zweiten Teil, denn der erste Band hat mich so von den Socken gehauen, dass ich mich gefragt habe, ob meine hohen Erwartungen erfüllt werden.
Diese Fortsetzung ist von Beginn weg spannender, aber dem Autorenduo ist es dennoch gelungen, das, was ich an Rebenfels so liebe, wieder zu transportieren!
„Elwenfels – das war eine Insel im Kopf wie bei anderen Menschen solche Orte wie Mittelerde, Narnia oder Hogwarts“ (frei nach Seite 18)
Denn Elwenfels ist besonders, erinnert ein wenig an ein kleines gallisches Dorf, inklusive alter Magie und zauberhaften Tränken. Und obwohl es mit dem Rest der modernen Welt nicht so viel zu tun hat, dringen die Einflüsse von außen doch durch und bringen Gutes wie Schlechtes. Menschen, die dorthin gehören und solche, die Gewalt bringen und Verdächtigungen säen. Die es dennoch nicht schaffen, die Bewohner zu entzweien sondern sie erst recht zusammenschweißen.
Denn ob die verwirrte Frau im Wald mit Hausfuchs, der aus Hamburg geflohene Eventmanager, ein Friedhofsgärtner mit Reggeavibes oder ein Pfarrer, der eher durch Bandshirts auffällt als durch seine Proffession – sie alle gehören zu Elwenfels wie Woin in Dubbe. Und an dem wird wieder nicht gespart, auch nicht an Dialektausdrücken, für die es praktischerweise ein kleines Glossar am Ende gibt.
Fazit: Und so ist Winzerfluch für mich die perfekte Mischung aus Spannung, Humor und Mystik mit vielen Botschaften, über die man gerne länger nachdenken kann!