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allegra
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Insgesamt 295 Bewertungen
Bewertung vom 29.02.2012
Boyne, John

Das späte Geständnis des Tristan Sadler


sehr gut

Ein Jahr nach Ende des ersten Weltkrieges reist der 21 jährige Tristan Sadler mit dem Zug von London nach Norwich mit einem Bündel Briefe im Gepäck. Er hat im 1. Weltkrieg in Frankreich gekämpft und möchte Briefe aus dem Besitz seines getöteten Freundes Will Bancroft seiner Schwester zurückbringen. Neben den Briefen trägt Tristan auch sehr belastende Erinnerungen aus dem Krieg mit, die er Wills Schwester Marian anvertrauen möchte.

Marian und Will sind als Kinder des Pastors von Norwich in einer sehr behüteten Umgebung aufgewachsen. Will verspürt die Pflicht in den Krieg zu ziehen und für sein Vaterland zu kämpfen. Er bringt jedoch sehr bald ein gewisses Verständnis für pazifistisches Gedankengut. Im Ausbildungslager im Jahre 1916 in Aldershot freundet sich Will mit dem 17 jährigen Tristan Sadler an, der mit seinem Alter geschwindelt hat, weil er unbedingt in den Krieg ziehen wollte. Obwohl ihre Freundschaft nicht ungetrübt bleibt, so kämpfen sie im Sommer bis Herbst 1916 in Frankreich doch Seite an Seite im Schützengraben.

Während der ganzen Zeit im Ausbildungslager sowie an der Front hatte Will regen Briefkontakt mit seiner Schwester Marian, so dass sie über viele Geschehnisse aus Wills Perspektive recht gut informiert ist. Tristan erzählt Marian auf recht schonungslose die Erlebnisse im Schützengraben aus seiner Sicht und bringt ihr die letzten Monate ihres Bruders nahe.

Nach 60 Jahren kommt es zu einer letzten Begegnung von Marian und Tristan, nach der Tristan seine Erlebnisse endgültig loslässt, indem er das Manuskript mit seinen Erlebnissen – seinem Geständnis - veröffentlicht.

Das Buch ist in sieben größere Abschnitte unterteilt, die abwechslungsweise im Kriegsgeschehen 1916 beziehungsweise in Norwich anlässlich des Treffens von Tristan und Marian im September 1919 spielen. Obwohl man schon recht früh Vermutungen hat, in welche Richtung der Roman führen könnte und durch Vor- und Rückblenden einzelne Aspekte aufgegriffen werden, so führt John Boyne dennoch in einem sehr ruhigen Erzählrhythmus durch das Leben der beiden Freunde von der Kindheit bis zu den letzten Wochen an der Front.

Die Bilder, die der Autor vor dem inneren Auge des Lesers heraufbeschwört, sind sehr eindringlich und nicht immer sehr angenehm. Ohne Effekthascherei wird auch die blutige und schmutzige Seite des Kämpfens im Schützengraben schonungslos dargestellt. Der Schwerpunkt liegt weniger auf der Spannung der Kampfhandlungen als auf der Stimmung, die herrscht, bestimmt unter anderem auch durch die täglichen Probleme mit Ernährung, Gesundheit Müdigkeit und Angst. Hautnah erlebt man mit, wie Kameraden und Vorgesetzte sterben oder den Verstand verlieren.

Die Charaktere der beiden Hauptfiguren Tristan und Will sind meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Boyne zeichnet sowohl ihre Gefühlsschwankungen als auch ihre Enttäuschungen sehr sensibel auf. Genau so haben mir die anderen Charaktere unter den Soldaten sehr gut gefallen. Mit der Figur der Marian hatte ich etwas Mühe. Ich empfand sie anfangs, als sie Tristan im Café trifft und gegen Ende, als sie ihn ihren Eltern vorstellt, recht zickig und unreif. Dazwischen war sie mir sympathischer aber irgendwie doch konturlos. Sehr gut hat sie mir aber ganz am Ende gefallen, als sie Tristan nach 60 Jahren noch mal trifft. Das war auch für mich als Leser irgendwie versöhnend.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Es bringt dem Leser auf sehr sensible Art das Leben von Soldaten im 1. Weltkrieg nahe und zeigt auch, wie die Daheimgebliebenen mit den Verlusten fertig werden müssen. Allerdings sehe ich das Buch weniger als typischen historischen Roman, da er nur wenige Informationen über politische und strategische Hintergründe des Krieges beinhaltet.

Ein Roman über Freundschaft, enttäuschte Liebe, Mut, Feigheit, Schuld, das viel Raum für eigene Gedanken lässt und kein Urteil über die Beteiligten Personen fällt.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.02.2012
Hoffman, Jilliane

Mädchenfänger / Bobby Dees Bd.1 (6 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Im Leben der jungen Elaine Emerson läuft es nicht rund. Durch einen Umzug musste sie ihre Schule wechseln und hat dadurch viele ihrer Freunde und Bezugspersonen verloren. In der neuen Schule hat sie unter den Schülern noch kaum Kontakte geknüpft. Dazu sacken ihre Noten in den Keller. Lainey ist ein unscheinbares Mädchen, nicht besonders hübsch, trägt Brille und sehnt sich nach Aufmerksamkeit. Da es auch in ihrer Familie wenig Grund zur Freude gibt, findet Lainey Trost im Internet. Sie lernt in einem Chat Zach kennen, einen angeblich 17 jährigen Jungen, der ihr sehr viel Verständnis entgegenbringt und ihr die Aufmerksamkeit schenkt, die sie sonst in ihrem Leben vermisst. Doch von diesem Zach geht große Gefahr aus. Zach lässt nicht lange auf sich warten und will Lainey im „Real life“ treffen. - Ein Date, ein richtiges Date - Elaine ist im siebten Himmel. Sie erzählt niemandem von diesem Treffen, damit sie nicht ihr Gesicht verliert, falls das Date ein Reinfall wird.
Zach ist ein Psychopath, der es auf junge Mädchen abgesehen hat. Er entführt Lainey und hält sie an einem vorerst nicht näher bezeichneten Ort gefangen.

Das ist die Ausgangslage, wenn Bobby Dees, Special Agent bei der Abteilung gegen Kinderkriminalität seine Ermittlungen aufnimmt. Er ist emotional besonders von dem Fall betroffen, weil vor einem Jahr seine Tochter Cathy verschwunden ist und er seither nichts mehr von ihr gehört hat. Sehr schnell wird klar, dass es sich um einen Serientäter handelt und Bobby befürchtet, dass auch seine Tochter zu den Opfern gehören könnte.

Die Ermittlungen werden begleitet von Einschüben aus Dees Privatleben. Er ist mir als sehr sympathischer Ermittler erschienen, der trotz der schweren persönlichen Belastung sein Bestes gibt, um der jungen Elaine zu helfen. Die polizeilichen Ermittlungen werden unterbrochen durch Schilderungen aus der Perspektive von Elaine beziehungsweise des Täters. Man erlebt Elaines Ängste mit, ihre Verzweiflung, ihren Hunger hautnah mit. Ich fand diese Passagen sehr ergreifend und war der Autorin dankbar, dass sie keine sexuellen Misshandlungen beschrieben hat. Elaine ist mir als Hauptperson sehr ans Herz gewachsen. Sie ist ein ganz normales Mädchen, das auch mal hübsch sein und im Mittelpunkt stehen möchte und dafür leider auch einen großen Fehler begeht.

Das Thema Sicherheit im Internet hat sich unter Eltern von 10 – 18 jährigen Kindern zum Dauerbrenner entwickelt. Es vergeht kaum ein Elternabend, wo nicht mindestens eine Präventionsveranstaltung angekündigt oder eine Lerneinheit vorgestellt wird. Auch am heimischen Esstisch ist nicht selten Thema, wer welche knapp bekleideten Fotos auf sein Facebook Profil geladen hat. Allein schon aus diesem Grund finde ich dieses Buch sehr empfehlenswert. Es zeigt die Gefahren ungeschminkt auf, ohne Schuldzuweisungen in Richtung der Opfer.

Ich fand dieses Hörbuch durchgehend spannend. Bis zum Schluss hat mich die Frage nicht losgelassen, ob es mit Elaine und Cathy ein gutes Ende nimmt. Der Schluss hat mir ganz besonders gut gefallen – Gänsehaut und Tränchen!

Das Audiobook wird gelesen von Andrea Sawatzki. Ihre Stimme passt sehr gut zu einem Buch, in dem ein Mädchen die Hauptperson ist. An einigen Stellen fand ich, dass sie den Text etwas heruntergeleiert hat, ein bisschen wie ein Nachrichtensprecher. Ich hätte gerne etwas mehr Gefühl in der Stimme gehört.

Auf der Verpackung meiner Ausgabe steht, dass dieses Hörbuch Unterhaltung für 940 km bietet. Ob es jetzt wirklich so weit reicht, kann ich nicht bestätigen, aber es eignet sich auf jeden Fall, um nebenher zu hören. Es ist sprachlich nicht sehr anspruchsvoll, die Geschichte wird relativ geradlinig erzählt, die Einschübe aus den anderen Erzählperspektiven sind klar abgesetzt und dennoch wird ein sehr spannender Thriller zu einem absolut aktuellen und wichtigen Thema geboten. - Unterhaltung mit „Message“ - so habe ich es gern!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.02.2012
Goga, Susanne

Die Sprache der Schatten


gut

Aschenputtel im Berlin des ausgehenden 19. Jahrhunderts

Der Roman erzählt die Geschichte der jungen Rika, die aus einfachsten Verhältnissen stammend vom wesentlich älteren Textilunternehmer Conrad Hesse geheiratet wird. Für Rika ist Conrad nicht die große Liebe, dennoch führt sie eine gute, erfüllte Ehe mit ihm. Nach dessen Tod beginnt für Rika als junge Witwe mit den beiden Stiefkindern Anna und Alexander, die nur wenig jünger als sie sind, ein vollkommen neuer Abschnitt ihres Lebens. Sie ist sehr interessiert in Kunst und wird durch ein Geschenk Alexanders auf den Maler Anthonis aufmerksam, der seinen Lebensunterhalt durch das Anfertigen von Scherenschnitten verdient. Sie spürt, dass ihn ein Geheimnis umgibt und stellt ihre eigenen Nachforschungen an.

Susanne Goga zeichnet mit diesem Roman ein sehr farbiges und vielschichtiges Bild der Industriellengesellschaft Berlins. Als Leser erlebt man die Anfänge der Konfektionsmode anschaulich mit. Kleidung wird nicht mehr in Einzelanfertigung vom Schneider entworfen und genäht sondern sie wird als Massenanfertigung in verschiedenen Größen industriell produziert. Vor dem Hintergrund einer sehr rigiden gesellschaftlichen Ordnung werden erste Schritte zur Emanzipation der Frauen sowie die Auswirkungen eines aufkeimenden Antisemitismus eindrücklich spürbar.

Obwohl alle Hauptpersonen des Romans fiktiv sind und nur wenig konkrete historische Fakten Eingang in die Handlung finden, hat mir das Buch sehr viel geschichtlich wertvolle Eindrücke vermittelt. Die bildliche Sprache und der stringente Aufbau der Geschichte machten das Lesen für mich zum entspannenden Vergnügen.

Etwas weniger geglückt war für mich der Showdown gegen Ende, das war mir zu nah an einer typischen Auflösung eines mittelmäßigen Laientheaters. Mit ein paar Seiten mehr, hätte man das bestimmt eleganter lösen können.

Das Sittengemälde der industriellen Gesellschaft wäre für mich noch vervollständigt, wenn die sozialen Unruhen im Zusammenhang mit den Aufständen der Näherinnen in den Fabriken etwas mehr ausgeführt wären. Das ist mir etwas zu kurz gekommen.

Ich habe in diesem Buch einige Stunden gepflegte Unterhaltung gefunden und vergebe 3,5 Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.02.2012
Toyne, Simon

Sanctus


sehr gut

== Eigene Gedanken zum Inhalt ==

In einer Kleinstadt in der Türkei bewacht ein geheimnisumwitterter Orden ein nicht näher erklärtes „Sakrament“. Nur sehr wenige Mönche, die sogenannten Sancti werden dabei ins innerste Geheimnis des Ordens und damit des gesamten christlichen Glaubens eingeweiht. Was bewachen die Mönche? Gibt es ein Geheimnis, das das Christentum in seinen Festen erschüttern kann?

Genau dem versucht die junge Journalistin Liv Adamsen auf die Spur zu kommen, da sie erfahren muss, dass ihr seit acht Jahren vermisster Bruder, ums Leben gekommen ist, indem er sich von der Spitze der Zitadelle gestürzt hat. Er war einer der Sancti und hat seiner Schwester eine geheimnisvolle Botschaft hinterlassen. Der Autor schickt den Leser an der Seite Livs mit auf die Reise, diese Rätsel zu entschlüsseln.

Der englische Originaltitel heißt ebenfalls „Sanctus“. Der Homepage zum Thriller ist zu entnehmen, dass es sich bei „Sanctus“ um den Auftakt einer Trilogie handelt. Der zweite Teil mit dem englischen Titel „The key“ wird 2012 erscheinen.


== Mein persönlicher Eindruck ==

Der Debütroman „Sanctus“ von Simon Toyne verdient die Einteilung ins Genre der Thriller durch und durch. Innerhalb der ersten 10-15 Seiten ist man mitten im Geschehen drin. Dabei bleiben die Charakterisierung der wichtigsten Personen und ihre Stellung nicht auf der Strecke, so dass die Geschehnisse nachvollziehbar sind. Die kurzen Kapitel und die häufigen Perspektivwechsel tragen ihren Teil zur Aufrechterhaltung der Spannung bei.
Ich habe es sehr genossen, mitzurätseln und zu spekulieren, in welcher Richtung die Auflösung zu finden sein könnte. Dabei bin ich wiederholt mit meinen Spekulationen vollkommen falsch gelegen. Das Ende war für mich somit schlüssig, aber keineswegs absehbar.

Der Thriller ist in der deutschen Übersetzung sehr einfach zu lesen. Ich habe mich teilweise etwas amüsiert über „neudeutsche“ Ausdrücke wie „downgeloadet“ oder „resettet“, aber das tat dem Lesegenuss keinen Abbruch.
Da ich eine sehr sachlich und nüchtern veranlagte Person bin, waren für mich gegen Ende etwas zu viele mystische Elemente vorgekommen. Ein paar offene Wunden weniger, die sich wundersam schließen, wären in diesem Falle mehr gewesen. Das Buch ist so rasant und das Ende so unerwartet, dass es Effekthascherei gar nicht nötig hat.

Insgesamt hat mir der Thriller wirklich gut gefallen, auch wenn ich lieber etwas weniger Mystery habe.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2012
Nesbø, Jo

Die Larve / Harry Hole Bd.9 (6 Audio-CDs)


sehr gut

Für Eltern ist es immer eine der größten Ängste, dass die Kinder ins Drogenmilieu abrutschen könnten. Diese Ur-Angst nimmt Nesbø in diesem Krimi auf. Er lässt seinen Helden Harry Hole diese schlimmste Qual durchleben: Nachdem Hole, ein typischer Anti-Held bei der Osloer Polizei beruflich gescheitert und nach Bangkok ausgewandert ist, muss er nach 3 Jahren erfahren, dass sein Sohn Oleg in Untersuchungshaft sitzt, weil es für einen Mord an einem jungen Drogendealer angeklagt wird. Hole kehrt nach Oslo zurück und versucht Olegs Unschuld zu beweisen. Ein erstes eingehendes Studium der Ermittlungsakten entmutigt ihn jedoch, weil alle Indizien gegen Oleg sprechen. Erst als er Oleg besser kennen lernt und dieser ihn "Papa" nennt, schmilzt die harte Schale dahin und Harry stürzt sich im Alleingang in die Ermittlungen. Dabei helfen ihm Kontakte aus seiner Zeit bei der Polizei, derer er sich teilweise schon fast skrupellos bedient.
Harry Hole ist eine sehr ambivalente Figur. Einerseits verspürt er Liebe und Verantwortung gegenüber seinem Sohn und seiner großen Liebe Rakel, Olegs Mutter. Auf die andere Seite wendet er Tricks an, droht und erpresst gnadenlos, um an sein Ziel zu kommen. Etwas übertrieben fand ich, dass er praktisch "unkaputtbar" mit lebensgefährlichen Verletzungen noch immense körperliche und mentale Leistungen vollbringt.
Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt. Während die gegenwärtige Haupthandlung aus Harry Holes Perspektive von einem allwissenden Erzähler dargeboten wird, stellt ein anderer Strang einen inneren Monolog des sterbenden Gustos dar, des Drogendealers der angeblich von Oleg erschossen wurde. Im Hörbuch ist das sehr schön dargestellt, in dem die Haupthandlung von Achim Buch gelesen wird und Gustos Einschübe von Rafael Stachowiak, der sie mit seiner jungen, zerbrechlich wirkenden Stimme wunderbar gefühlvoll interpretiert.
Anfangs war ich durch die beiden Erzählstränge etwas verwirrt, doch im Laufe der Handlung finden sie immer mehr zueinander und ergänzen sich. Dabei ist der Schluss, wenn die Kirchenglocken ausklingen auf gefühlvolle und geschickte Weise, zumindest teilweise offen gelassen. Mehr möchte ich zum Inhalt nicht verraten.
Was mir besonders gefällt an diesem intelligent aufgebauten Krimi ist der gesellschaftskritische Aspekt. Neben Einblicken in die Drogenszene, wird man konfrontiert mit Verrat, Korruption in Polizeikreisen aber auch bis in die höheren Kreise der Politik.

Für sensiblere Leser würde ich den Krimi nicht unbedingt als Bettlektüre empfehlen. Es mangelt nicht gerade an tragischen Todesfällen, dennoch würde ich ihn nicht zu den blutrünstigeren zählen.

Für mich war "Die Larve" das erste Buch der Harry Hole Reihe. Ich hatte aber keinerlei Verständnisschwierigkeiten. Die vereinzelten Rückblenden sind klar erklärt, mir fehlte somit nichts an Vorwissen.

Was mich ein bisschen geärgert hat, was aber leider gar nicht selten ist bei Hörbuchfassungen:
Ich habe das Buch auf meinem mp3-Player gehört und musste dazu die CDs auf meinen PC ziehen. Dabei ist mir aufgefallen das bei den Albuminformationen der Name des Autors in drei verschiedenen Schreibweisen steht. Das ist eine Kleinigkeit und tut dem Hörvergnügen selbstverständlich keinen Abbruch. Dennoch zeigt es ein bisschen mangelnde Sorgfalt bei der Produktion des Hörbuchs.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.01.2012
Wells, Dan

Ich will dich nicht töten / John Cleaver Bd.3


weniger gut

===Eigene Worte zum Inhalt===

Dieser Band ist der dritte Teil einer Trilogie um John Cleaver. In diesem Teil ist er 16 Jahre und zum ersten Mal verliebt sich ein Mädchen in ihn. Da seine Mutter ein Bestattungsunternehmen führt und er häufig im Betrieb mithilft, ist er tagtäglich mit dem Tod in Kontakt.
Seit mehreren Jahren wird die Stadt von Serienkillern heimgesucht und John verfolgt diese Killer, die er als Dämonen erkennt. In diesem Teil beginnt seine Jagd auf einen Killer, der seine Opfer quält und auf merkwürdige Weise drapiert. Gleichzeitig kommt es in der Stadt zu mehreren Selbstmorden von jungen Mädchen.

John erkennt einen Zusammenhang zwischen diesen Selbstmorden und den blutrünstigen Morden. Da er den Serienkiller über ein Jahr lang studiert hat, hat er sich zum Ziel gesetzt, die Stadt von diesem Killer bzw. diesem Dämon zu befreien. Ob das gelingt möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.


===Meine persönliche Meinung zum Buch===

Ich empfand das Buch insgesamt als sehr schwerfällig zu lesen. Alle paar Seiten fabuliert John über den Dämon. Dass er ihn „Niemand“ nennt sollte den Geschehnissen vermutlich eine komische Note verleihen. Ich fand es am Anfang ganz in Ordnung, mit der Zeit war es aber abgenutzt und ich fand es nur noch nervig.

Die Figuren fand ich als durchwegs flach. Leider bin ich mit keiner warm geworden. Von der Person her, hätte mir die Mutter am nächsten stehen müssen. Aber ihre Gespräche mit John kamen mir sehr künstlich vor. Als Mutterfigur ist sie mir gar nicht glaubwürdig erschienen. Und mit John konnte ich mich gar nicht identifizieren. Seine Gedanken hatten für mich die Komplexität der Gedanken eines Grundschulkindes kombiniert mit größenwahnsinnigen Fantasien eines Teenies, wie er an der Seite der Polizei die Welt rettet.

Die Dialoge sind teilweise in Ordnung – so wie junge Leute halt miteinander sprechen. Stellenweise wirken sie aber sehr aufgesetzt und hinterlassen einen stümperhaften Eindruck. Man kann vielleicht sagen, dass Dan Wells sich einer sehr rasanten Sprache bedient. Für mich eindeutig ein Euphemismus, für mich ist der sprachliche Ausdruck einfach nur bescheiden.

Und das Ende: Das sollte ja jetzt die Auflösung einer ganzen Reihe darstellen. Sonst würde man wohl nicht von einer Trilogie sprechen. Für mich handelt es sich aber um ein offenes Ende das in keiner Weise alle aufgeworfenen Fragen beantwortet.

Ich muss dem Buch zugute halten, dass ich die ersten beiden Bände nicht gelesen habe und deshalb den Inhalt nicht wirklich würdigen kann. Aber da ich dieses Buch so zäh empfunden habe, belasse ich es dabei. Ebenfalls war mir nicht bewusst, dass es sich um einen paranormalen Thriller handelt. Deshalb ein Extra-Gnadensternchen. Das Buch ist lesbar, aber für mich kein Genuss.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.01.2012
Janson, Brigitte

Die Tortenbäckerin


sehr gut

Der Roman spielt in Hamburg, Ende des 19. Jahrhunderts zur Zeit Kaiser Wilhelms ll und seiner expansiven Weltpolitik. Die Zeit ist gerade in einer Hansestadt wie Hamburg, die vom Handel aus Übersee lebt, eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs, verbunden mit technologischem wie medizinischem Fortschritt. Große Schiffe, wie die im Roman erwähnte Potosi, die Salpeter aus Chile transportiert, legen im Hamburger Hafen an. Auf den Straßen fahren neben den Pferdefuhrwerken immer mehr Automobile, wohlhabende Bürger beleuchten ihre Häuser mit Elektrizität und die ersten Brillen werden getragen.
Brigitte Jansons Erstlingswerk spielt im Dienstmädchenmilieu. Die Protagonisten sind anständige, einfache Leute, die für ihren Lebensunterhalt sehr hart arbeiten müssen. Es werden auch soziale Probleme aufgezeigt wie Kinder, die auf der Straße leben, uneheliche Kinder, die nicht in den Genuss der soeben eingerichteten Sozialversicherung kommen sowie Alkoholismus.
Die Protagonistin, Greta, die anfangs als Küchenhilfe im Hause Hansen arbeitet, hat ihren Vater früh verloren hat und muss ihre kranke Mutter miternähren. Erschwerend kommt hinzu, dass sie auch noch für eine uneheliche Tochter sorgen muss, von deren Existenz niemand etwas erfahren darf und die bei einer unfreundlichen Familie untergebracht ist. Als sie ihre Arbeitsstelle verliert, ist sie verzweifelt.
Glücklicherweise lernt Greta den Fuhrunternehmer Siggo kennen. Er ergreift die Initiative und vermittelt Greta Arbeit als Leihköchin in verschiedenen Haushalten. Mit Siggos Hilfe gelingt es Greta ein eigenes kleines Unternehmen zu gründen.

Meine Meinung:
Ich habe den Roman sehr gerne gelesen, die Sprache ist gefällig, hat einen angenehmen Rhythmus ist aber eher einfach gehalten. In historischen Romanen ziehe ich es eigentlich vor, wenn auch etwas Wortschatz aus der betreffenden Zeit mit einfließt. Da die Geschichte aber noch nicht vor sehr langer Zeit spielt, wirkt dich Sprache dennoch authentisch. Die Geschichte ist unterhaltsam und gefühlvoll, teilweise auch echt rührend. Allerdings ist es für mich etwas unglaubwürdig, dass sich am Ende fast alles in Wohlgefallen auflöst. Das war für mich etwas zuviel „happy end“ und geht schon etwas in die Richtung schnulzig.
Im Nachwort beschreibt die Autorin die berührende Geschichte ihrer Großmutter, die sie zum vorliegenden Roman inspiriert hat. Beim Lesen spürt man den Respekt und die Bewunderung, die Brigitte Janson für das entbehrungsreiche Leben ihrer Großmutter aufbringt, auch wenn die Geschichte um Greta Voss nicht viele Berührungspunkte damit aufweist.
Der Titel und die Aufmachung werden meiner Meinung nach dem Roman nicht wirklich gerecht. Man erwartet bei dem Cover eher einen mittelalterlichen Roman nach dem Standardmuster „Die *irgendeine Berufsbezeichnung*in“. Wer das erwartet, wird vermutlich enttäuscht. Die Tatsache, dass Greta Voss Tortenbäckerin wird, ist eher Nebensache. Viel mehr Raum nimmt die Entwicklung der Liebe von Greta zu Siggo ein.

Da keine historisch verbürgten Personen im Buch erscheinen, kann man es nicht wirklich irgendwo festmachen, so kann es leicht in Vergessenheit geraten. Ich würde mir etwas mehr konkrete historische Ecksteine wünschen. Es handelt sich hier um einen gefühlvollen, schönen Roman, ideal um ein Wochenende abzuschalten; weltbewegend ist er aber nicht.

Meine Prognose ist, dass es in einigen Jahren von Brigitte Janson einen Roman gibt von einer Parfummacherin namens Leni zur Zeit der Weimarer Republik. Ich würde ihn auf jeden Fall gerne lesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.01.2012
Neuhaus, Nele

Schneewittchen muss sterben / Oliver von Bodenstein Bd.4


gut

Das Buch stand während Monaten auf den Spitzenplätzen der Bestsellerlisten, begegnete einem in Riesenstapeln in jeder Buchhandlung und wird allgemein mit großer Begeisterung gelobt. Ich habe mich beim Lesen gut unterhalten gefühlt. Durch häufige Perspektivwechsel die durch cliffhanger voneinander abgesetzt sind, wird die Spannung durchgehend hoch gehalten, teilweise driftet die Spannung aber auch in Folge der vielen Personen in Hektik ab. Der Krimi liest sich so leicht, dass man ihn sich locker auch in einer unruhigen Umgebung zu Gemüte führen kann; eine ideale Lektüre für die S-Bahn.
Insgesamt hat mich das aber leider nicht wirklich befriedigt. Obwohl die Hauptpersonen durchaus mit einer gewissen Tiefe charakterisiert werden, empfinde ich das ganze Buch als eher oberflächlich. Die Protagonisten werden relativ früh und gut und böse eingeteilt und es ist relativ bald absehbar, wer als Bösewicht die Strippen zieht.

Vom Sprachlichen her ist es mir zu einfach gehalten. Der Schreibstil ist sehr gerade aus, sehr anschaulich, lässt aber wenig Spielraum für eigene Vorstellungen und Gedanken.
Inhaltlich sehe ich den einzigen Anspruch darin, dass eine Vielzahl von Personen eingeführt werden, von denen ich aber am Ende nicht sicher bin, ob sie einfach offene Enden darstellen oder ob es sich um cliffhanger handeln soll und sie in späteren Bänden wieder aufgegriffen werden.
Die Motive für die Morde sind sexueller Natur bzw. Habgier und Geltungssucht. Ich hoffe nicht, dass im Taunus die Strafdelikte tatsächlich in dieser Reihenfolge vorkommen, aber auch für einen Krimi ist es für mich etwas zu dick aufgetragen. Die Dorfgemeinschaft ist sehr flach beschrieben, das Volk ist als boshaft, schwatzhaft, relativ ungebildet und unsympathisch beschrieben.

Generell werden mir zu viele Klischees und Sehnsüchte bedient. Die Protagonisten sind relativ jung angesichts des beruflichen Erfolgs, den sie bereits errungen haben. Oliver von Bodenstein, ist adlig; seine Eltern besitzen ein Gut mit Pferdezucht. Er ist verheiratet mit einer erfolgreichen Frau, und obwohl sie zusammen ein Baby haben, können sich beide Ehepartner beruflich frei entfalten und brauchen offensichtlich kaum Rücksicht auf familiäre und häusliche Pflichten zu nehmen. Pia Kirchhoff, liiert mit dem Direktor des Opelzoos, ist vom Beruf her zeitlich sehr engagiert und schafft es dennoch nebenbei einen kleinen Bauernhof zu betreiben, was die aktuelle Sehnsucht nach dem Landleben auf eine ziemlich kitschige Weise bedient. Dazu fahren alle wichtigen Personen natürlich noch adäquate Luxuskarossen, was mir persönlich etwas zu sehr in die Richtung „Schleichwerbung“ geht.

Ein solider Regionalkrimi, der lockere, gute Unterhaltung bietet. Aber vermutlich nicht unbedingt ein Buch, an das ich mich noch nach Jahren erinnern werde.

7 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.